Urteil des BGH vom 25.02.2000, 1 StR 355/00
BGH (mutter, hauptverhandlung, familie, flucht, linie, bedrohung, person, bruder, vernehmung, aufklärungspflicht)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 355/00
vom
5. September 2000
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. September 2000 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 25. Februar 2000 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der
Senat:
Die Revision trägt zutreffend vor, daß die (verstorbene) Mutter der Verletzten vor der Familienrichterin ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Protokolls die Tat im Kerngeschehen deutlich abweichend geschildert hat. Dieses Beweismittel unterliegt aufgrund der Verfahrensrüge auch der revisionsgerichtlichen Prüfung, ohne daß dazu eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung erforderlich wäre.
Das Landgericht hat diese Diskrepanz aber erkannt, gewürdigt und erklärt. Ergänzend ("Dazu kommt") zu den schon "aus sich heraus glaubhaften" Angaben der Verletzten hat das Landgericht auch auf die Kon-
stanz der Tatschilderung durch die Verletzte abgehoben. In diesem Zusammenhang werden - unsystematischerweise, da es nicht um die (konstanten) Angaben der Verletzten ging - auch die Angaben der Mutter im
Scheidungsverfahren gewürdigt. Deren dortige Angaben hat das Landgericht aber ersichtlich nicht als Bestätigung der Angaben der Verletzten
zum Kerngeschehen angesehen. Das zeigt schon die Einleitung der
Würdigung, wonach dort die Tat - nur - "Erwähnung fand". Die Diskrepanz zu dem von der Verletzten geschilderten Kerngeschehen muß das
Landgericht aber gesehen haben, nachdem es die Angaben der Mutter
als "zurückhaltendes Aussageverhalten" eingestuft hat, das zur Person
der Mutter passe. Sie habe sich aus Angst vor dem Angeklagten und vor
dem Auseinanderbrechen der Familie "stets darum bemüht, von den
wahren Verhältnissen der Familie möglichst wenig nach außen dringen
zu lassen". Mit "Erwähnung" sind daher in erster Linie die Angaben der
Mutter zu dem von der Verletzten geschilderten Randgeschehen gemeint, nämlich die Aggressionen des Angeklagten, auch durch Bedrohung mit dem Beil, und die Art und Weise der Flucht der Familienmitglieder nach der Tat.
Seine Aufklärungspflicht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang
nicht verletzt. Zur Vernehmung der Familienrichterin war es nicht gedrängt, da nicht zu erwarten war, daß diese über das Vernehmungsprotokoll hinaus weitere Angaben machen konnte. Die Verletzte kann über
ihre eigenen Angaben vor der Familienrichterin als Zeugin berichtet haben. Daß sie auch Angaben zu dem Verfahren vor dem Familiengericht
gemacht hat, liegt schon deshalb nahe, weil sie, ebenso wie ihr Bruder,
zu dem dortigen Aussageverhalten der Mutter befragt worden ist (UA
S. 24).
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