Urteil des BGH vom 08.05.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 132/12
Verkündet am:
8. Mai 2013
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 313, 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2
Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen Ausgleichsan-
sprüche wegen finanzieller Zuwendungen (hier: Darlehensraten) des einen Partners
für den Erwerb und Umbau eines im Alleineigentum des anderen Partners stehenden
Wohnhauses grundsätzlich insoweit nicht in Betracht, als die Leistungen nicht deut-
lich über die Miete hinausgehen, die für vergleichbaren Wohnraum aufzuwenden wä-
re.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 - XII ZR 132/12 - OLG Bremen
LG Bremen
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-
Monecke, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des
Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 9. Juni 2011
aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers gegen das Urteil der
4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 19. November 2010
wegen eines Betrages in Höhe von 28.500
€ nebst Zinsen (Ar-
beitsleistungen des Klägers) zurückgewiesen worden ist.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsver-
fahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ausgleichsansprüche nach Been-
digung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien geltend.
Die Parteien lebten von 1995 an in nichtehelicher Lebensgemeinschaft
zusammen. Am 13. Dezember 1996 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren.
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Ende 1996 erwarb die Beklagte eine Immobilie zu einem Kaufpreis von
64.000 DM zu Alleineigentum. Zur Finanzierung nahm sie einen Kredit in Höhe
von 80.000 DM auf. An der Immobilie wurden in der Folgezeit erhebliche Reno-
vierungsarbeiten durchgeführt, außerdem wurde ein Anbau errichtet. An den
Arbeiten wirkte der Kläger mit. Die Parteien, die zunächst bei der Mutter der
Beklagten gewohnt hatten, zogen 1998 in das Haus ein. Bis Oktober 2000 floss
das Gehalt des vollschichtig erwerbstätigen Klägers auf das Konto der Beklag-
ten, von dem die Kreditrate für die Immobilie in Höhe von monatlich 340
€ be-
zahlt wurde. Ab November 2000 unterhielt der Kläger ein eigenes Konto, von
dem er bis einschließlich Dezember 2004 monatlich 409,03
€ auf das Konto der
Beklagten überwies. Anfang 2005 kam es nach der Trennung der Parteien zum
Auszug des Klägers aus dem Haus.
Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 65.537,55
€ nebst Zinsen
begehrt. Er hat geltend gemacht, das Haus habe als Familienheim genutzt wer-
den sollen. Wegen eines für ihn bestehenden Schufa-Eintrags hätten die Par-
teien beschlossen, dass die Beklagte Alleineigentümerin werden solle. Aus for-
mellen Gründen sei sie auch Alleinkreditnehmerin geworden. Die Parteien seien
sich aber einig gewesen, die Kreditkosten jeweils hälftig zu tragen. In der Zeit
von Januar 1997 bis Dezember 2004 habe er die Kreditrate allein gezahlt. Au-
ßerdem habe er erhebliche Renovierungsarbeiten an dem Haus durchgeführt.
Insofern habe er mindestens 1.900 Stunden aufgewandt, für die ein Stunden-
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€ anzusetzen sei, da er gelernter Tischler sei. Für Baumaterial ha-
be er Aufwendungen in Höhe von 10.491,71
€ getätigt. Aufgrund seiner Leis-
tungen sei der Wert des Hauses auf mindestens 110.000
€ gestiegen.
Die Beklagte hat vorgetragen, bei den Zahlungen des Klägers habe es
sich um dessen Beitrag zu den Lebenshaltungskosten gehandelt. An den Re-
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novierungsarbeiten habe er sich nur in sehr geringem Umfang beteiligt und an
Material allenfalls Kleinteile finanziert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers,
mit der er sein Begehren in Höhe von 43.266,95
€ nebst Zinsen weiterverfolgt
hat, ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich seine zugelassene Revisi-
on.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Um-
fang Erfolg.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor die-
sem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November
2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
I.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in
FamRZ 2012, 463 veröffentlicht ist, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne von der Beklagten keinen Ausgleich verlangen. Rück-
forderungsansprüche nach Schenkungsrecht bestünden nicht. Zuwendungen
zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die der Verwirkli-
chung der Lebensgemeinschaft dienten, fehle regelmäßig der Schenkungscha-
rakter. Auch gesellschaftsrechtliche Ansprüche des Klägers schieden aus. Die-
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se würden voraussetzen, dass zwischen den Parteien zumindest konkludent ein
Gesellschaftsvertrag zustande gekommen sei. Darauf könne schon deshalb
nicht geschlossen werden, weil der Kläger bereit gewesen sei, mit seinen Leis-
tungen einen Wert zu schaffen, der von den Parteien nur gemeinsam habe ge-
nutzt werden, ihnen jedoch nicht gemeinsam habe gehören sollen.
Der Kläger habe gegen die Beklagte auch keine bereicherungsrechtli-
chen Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt
der Zweckverfehlung. Auf den täglichen Bedarf der Gemeinschaft gerichtete
Leistungen, die, wie die Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse oder die
Entrichtung der Miete für die gemeinsam benutzte Wohnung, das Zusammen-
leben in der gewollten Art erst ermöglicht hätten, seien von einem Ausgleich
grundsätzlich ausgenommen. Deshalb stehe dem Kläger ein Anspruch in Höhe
von 13.914,95
€ wegen Zahlung der monatlichen Raten auf das von der Be-
klagten zur Finanzierung der Immobilie aufgenommene Darlehen nicht zu. Zwar
sei die genaue Trennlinie zwischen nicht auszugleichenden Leistungen einer-
seits und deutlich darüber hinausgehenden und deshalb einem Ausgleich unter-
liegenden Leistungen andererseits unklar. Aber jedenfalls dann, wenn es um
monatliche Zins- und Tilgungsleistungen eines Partners auf ein von dem ande-
ren Partner aufgenommenes Darlehen zur Finanzierung der in dessen Alleinei-
gentum stehenden und von den Partnern und deren Kind gemeinsam genutzten
Immobilie gehe, die nicht deutlich das Maß dessen überstiegen, was für die
Anmietung vergleichbaren Wohnraums aufzuwenden gewesen wäre, schieden
Ausgleichsansprüche aus. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Kreditraten
offenkundig zumindest nicht deutlich über dem Betrag liegen, den der Kläger an
Miete für entsprechenden Wohnraum hätte aufwenden müssen. Nach der von
den Parteien gewählten Aufgabenverteilung hätte es dem Kläger oblegen, auch
für die Miete aufzukommen, ohne dass er deshalb für die Zeit des Zusammen-
lebens der Parteien nachträglich einen Ausgleich hätte verlangen können. Der
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Umstand, dass von dem Kläger erbrachte Tilgungsleistungen zu einer Vermö-
gensmehrung auf Seiten der Beklagten geführt hätten, rechtfertige kein anderes
Ergebnis. Aus denselben Erwägungen scheide insoweit auch ein Ausgleichsan-
spruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313
BGB) aus. Denn auch dieser komme hinsichtlich der im Rahmen des täglichen
Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen nicht in Betracht.
Ein Ausgleichsanspruch des Klägers in Höhe von 852,60
€ wegen der
behaupteten Materialeinkäufe lasse sich ebenfalls weder aus § 812 Abs. 1
Satz 2 Alt. 2 BGB noch aus § 313 BGB herleiten. Auch insoweit scheitere ein
Anspruch bereits daran, dass die behaupteten Leistungen nicht über das Maß
dessen hinausgingen, was im Rahmen des Zusammenlebens in einer nichtehe-
lichen Lebensgemeinschaft als üblich anzusehen sei.
Schließlich könne der Kläger auch weder nach Bereicherungsrecht noch
wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Zahlung von 28.500
€ wegen von
ihm erbrachter Arbeitsleistungen verlangen. Den Beweis dafür, die von ihm be-
haupteten 1.900 Arbeitsstunden geleistet zu haben, habe er nicht geführt. Die
vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme habe nicht ergeben, in wel-
chem konkreten - oder zumindest eine Schätzung nach § 287 ZPO ermög-
lichenden - Umfang der Kläger tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht habe.
Fest stehe vielmehr, dass außer dem Kläger noch zahlreiche weitere Personen
aus dem Umfeld beider Parteien an den Arbeiten beteiligt gewesen seien. Wel-
chen Anteil der Kläger daran tatsächlich gehabt habe, habe nicht geklärt wer-
den können. Vor diesem Hintergrund sei nicht einmal feststellbar, ob die Ar-
beitsleistungen des Klägers deutlich über das Maß dessen hinausgegangen
seien, was das tägliche Zusammenleben im Rahmen einer nichtehelichen Le-
bensgemeinschaft erfordert habe, geschweige denn ob und gegebenenfalls
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inwieweit sie zu einem messbaren und noch vorhandenen Wertzuwachs auf
Seiten der Beklagten geführt hätten.
II.
Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nach-
prüfung stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings einen Ausgleichsan-
spruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft ver-
neint.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Ausgleich
nach den §§ 730 ff. BGB in Betracht kommen, wenn die Partner einer nichtehe-
lichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten ei-
nen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Eine rein faktische Willensüber-
einstimmung reicht für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beur-
teilende Zusammenarbeit dagegen nicht aus. Die Anwendung gesellschafts-
rechtlicher Regeln kann in Frage kommen, wenn die Partner die Absicht verfolgt
haben, mit dem Erwerb oder dem Umbau einer Immobilie einen - wenn auch
nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die
Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt, sondern ihnen nach ihrer
Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (Senatsurteile BGHZ 177, 193 =
FamRZ 2008, 1822 Rn. 18 ff. und vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ
2011, 1563 Rn. 14 jew. m.w.N.).
b) Nach den getroffenen Feststellungen sind die Vorinstanzen zutreffend
davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen, unter denen ein gesellschafts-
rechtliches Zusammenwirken der Partner in Betracht zu ziehen ist, hier nicht
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vorliegen. Wenn die Parteien, wie hier, einen Zweck verfolgen, der nicht über
die Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, beste-
hen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen. Denn in
diesem Punkt haben die Partner regelmäßig keine über die Ausgestaltung ihrer
Gemeinschaft hinausgehenden rechtlichen Vorstellungen (Senatsurteile BGHZ
177, 193 = FamRZ 2008, 1822 Rn. 22 und vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 -
FamRZ 2011, 1563 Rn. 16). Abgesehen davon hat der Kläger bewusst die for-
mal-dingliche Alleinberechtigung der Beklagten akzeptiert, da wegen seiner
Schufa-Eintragung auch die Finanzierung über ein von der Beklagten allein
aufgenommenes Darlehen erfolgen sollte. Gegen die betreffende Beurteilung
erhebt auch die Revision keine Einwendungen.
2. Einen Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) hat das Berufungsgericht allerdings mit
unzutreffenden Erwägungen in vollem Umfang abgelehnt.
a) Ein solcher Anspruch kommt in Betracht, soweit gemeinschaftsbezo-
genen Zuwendungen die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Le-
bensgemeinschaft werde Bestand haben (Senatsurteile BGHZ 177, 193
= FamRZ 2008, 1822 Rn. 40; BGHZ 183, 242 = FamRZ 2010, 277 Rn. 25 und
Urteil vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563 Rn. 19). Die Rück-
abwicklung hat allerdings nicht zur Folge, dass sämtliche Zuwendungen bei
Scheitern der Beziehung auszugleichen wären. Auszuscheiden sind zunächst
die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ohne die Erwartung des Fort-
bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen.
Ebenso zu beurteilen sind die Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den
laufenden Kosten beiträgt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt. Er kann
insofern nicht bessergestellt werden als derjenige Partner, dessen Aufwendun-
gen den täglichen Bedarf decken oder der sonst erforderlich werdende Beiträge
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übernimmt (Senatsurteile vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563
Rn. 19 und vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 261/04 - FamRZ 2008, 247, 249).
b) Als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen kommen die Leistung der
monatlichen Kreditraten sowie die Bezahlung von Baumaterial in Betracht.
aa) Einen in Höhe von 13.914,95
€ geltend gemachten Ausgleichsan-
spruch wegen der Finanzierungsleistungen hat das Berufungsgericht mit der
Begründung verneint, die Zuwendungen hätten dem Zweck gedient, das Zu-
sammenleben in der gewünschten Art zu ermöglichen und seien deshalb von
einem Ausgleich auszunehmen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Er-
folg.
(1) Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zu-
wendungen zurückerstattet oder Arbeitsleistungen ausgeglichen werden müs-
sen, ist zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat,
dem anderen diese Leistungen zu gewähren. Ein korrigierender Eingriff ist
grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der
durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glau-
ben nicht zuzumuten ist. Insofern ist es sachgerecht, auf den Maßstab der Un-
billigkeit zurückzugreifen, der für den Ausgleich von Zuwendungen unter Ehe-
gatten gilt, die im Güterstand der Gütertrennung leben. Das Merkmal der Unbil-
ligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in
Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeu-
tung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Ein-
zelfalls (Senatsurteil vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563
Rn. 23).
Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin ins-
besondere von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art
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und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und
noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie von den Einkommens- und Ver-
mögensverhältnissen ab (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 84, 361, 368 = FamRZ
1982, 910, 912 und vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563
Rn. 24).
(2) Danach hat das Berufungsgericht zu Recht in seine Beurteilung ein-
bezogen, dass die Höhe der monatlichen Darlehensraten nach den getroffenen
Feststellungen die für gemieteten Wohnraum aufzubringende Miete nicht deut-
lich überstiegen hätte. In dieser Größenordnung sind Wohnkosten aber zu dem
Aufwand zu rechnen, den die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt und der des-
halb von einem Ausgleich auszunehmen ist. Dem steht nicht entgegen, dass
mit der Zahlung der Kreditraten ein Vermögenszuwachs bei der Beklagten ein-
getreten ist. Dieser betrifft allein den in den monatlichen Raten enthaltenen Til-
gungsanteil. In welcher Höhe Tilgungen erfolgt sind, hat das Berufungsgericht
nicht festgestellt, ohne dass die Revision rügt, dass Vortrag des Klägers über-
gangen worden sei. Schon deshalb ist der Umfang einer Vermögensmehrung
nicht ersichtlich. Abgesehen davon ist der Tilgungsanteil erfahrungsgemäß ge-
ring, so dass von einem erheblichen Vermögenszuwachs auch aus diesem
Grund nicht ausgegangen werden kann. Dann ist die tatrichterliche Würdigung,
aus Gründen der Billigkeit sei auch insoweit kein Ausgleich vorzunehmen, revi-
sionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(3) Die Revision ist ebensowenig begründet, soweit die Zahlungen der
Kreditraten durch den Kläger den Zeitraum vor dem Einzug in das Haus der
Beklagten betreffen. Insoweit handelt es sich allerdings nicht um Aufwendungen
für Leistungen, die die Gemeinschaft täglich benötigte, sondern der Aufwand
diente dem Erwerb und dem Umbau des im Alleineigentum der Beklagten ste-
henden, erst künftig zu beziehenden Hauses. Zwar war der Kläger nach seinem
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Vorbringen finanziell allein in der Lage, die Zahlungen vorzunehmen, da er im
Gegensatz zu der Beklagten über Einkommen aus einer vollschichtigen Er-
werbstätigkeit verfügte. Bei einer solchen Fallgestaltung können sich während
des Bestehens einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Einkommensver-
hältnisse der Partner dahin auswirken, dass der Partner mit dem höheren Ein-
kommen in größerem Umfang als der andere zu den Kosten der gemeinsamen
Lebensführung und einer geplanten Veränderung der gemeinsamen Wohnsi-
tuation beiträgt. Soweit er damit aber einen Vermögenszuwachs des anderen
bewirkt hat und die Geschäftsgrundlage hierfür weggefallen ist, gebieten es
Treu und Glauben nicht generell, die Vermögenszuordnung mit dem Hinweis
auf die während der Zeit des Zusammenlebens günstigeren Einkommensver-
hältnisse des Zuwendenden beizubehalten (Senatsurteil vom 6. Juli 2011
- XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563 Rn. 25). Vielmehr ist insbesondere unter
Berücksichtigung des Vermögenszuwachses durch die betreffenden Leistungen
zu entscheiden, ob und inwieweit dem Zuwendenden die Aufrechterhaltung der
hierdurch geschaffenen Vermögensverhältnisse zuzumuten ist.
Auch in dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht einen Ausgleichsan-
spruch zu Recht abgelehnt. Eine noch vorhandene Vermögensmehrung der
Beklagten, auf die ein Ausgleich begrenzt ist, kann auch insofern allenfalls im
Umfang des in den Kreditraten enthaltenen Tilgungsanteils liegen. Dieser Anteil
ist, wie bereits ausgeführt, nicht festgestellt. Er würde aber bezüglich des hier in
Rede stehenden Zeitraums ebenfalls keine Größenordnung erreichen, der er-
hebliche Bedeutung zukommt, so dass die Beibehaltung der durch die Zahlun-
gen des Klägers geschaffenen Vermögensverhältnisse nicht unbillig ist.
bb) Soweit der Kläger einen Ausgleichsanspruch wegen der Bezahlung
von Baumaterial in Höhe von 852,60
€ weiterverfolgt, bleibt seine Revision da-
gegen erfolglos. Die Annahme des Berufungsgerichts, solche Leistungen gin-
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gen nicht über das Maß des Üblichen hinaus und seien deshalb nicht aus-
gleichspflichtig, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auf-
fassung der Revision hat das Berufungsgericht die genannten Aufwendungen
auch nicht isoliert betrachtet, sondern die Situation mit derjenigen bei einem
Zusammenleben in gemieteten Räumen verglichen. Auch dann wären im Laufe
der Jahre neben der Miete Aufwendungen für Renovierungsarbeiten und der-
gleichen angefallen. Die Gesamtbelastung des Klägers wäre in diesem Fall so-
mit vergleichbar gewesen.
c) Soweit das Berufungsgericht einen Ausgleich wegen der Arbeitsleis-
tungen des Klägers abgelehnt hat, begegnet die Entscheidung allerdings
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
aa) Hinsichtlich der Arbeitsleistungen handelt es sich zwar nicht um ge-
meinschaftsbezogene Zuwendungen in dem vorgenannten Sinne. Derartige
Leistungen können begrifflich nicht als Zuwendung angesehen werden, weil es
nicht zu einer Übertragung von Vermögenssubstanz kommt. Gleichwohl können
Arbeitsleistungen nach dem Scheitern einer Lebensgemeinschaft zu Aus-
gleichsansprüchen führen, weil sie wirtschaftlich betrachtet ebenso eine geld-
werte Leistung darstellen wie die Übertragung von Vermögenssubstanz (Se-
natsurteil vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563 Rn. 20).
Nach der Rechtsprechung des Senats kann deshalb davon auszugehen
sein, dass Arbeitsleistungen nach einer stillschweigenden Übereinkunft mit dem
anderen Partner zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft erbracht werden
und darin ihre Geschäftsgrundlage haben. Das kann in Betracht kommen, wenn
die Arbeitsleistungen erheblich über bloße Gefälligkeiten oder das, was das
tägliche Zusammenleben erfordert, hinausgehen und zu einem messbaren und
noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben
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(Senatsurteile BGHZ 177, 193 = FamRZ 2008, 1822 Rn. 41 ff. und vom 6. Juli
2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563 Rn. 21).
Das Berufungsgericht hat einen solchen Anspruch verneint, weil nicht
feststellbar sei, dass die Arbeitsleistungen deutlich über das Maß des Üblichen
hinausgegangen sei. Mit dieser Begründung kann ein Anspruch indessen nicht
in vollem Umfang versagt werden.
bb) Entgegen der Rüge der Revision musste das Berufungsgericht aller-
dings nicht die Großmutter der Beklagten zu der klägerischen Behauptung ver-
nehmen, die Parteien hätten im Rahmen der Trennung eine Vereinbarung ge-
schlossen und schriftlich fixiert, nach der der Kläger keine Ausgleichsansprüche
wegen seiner Investitionen und Arbeitsleistungen geltend machen werde, wäh-
rend die Beklagte ihn von den Unterhaltskosten für das gemeinsame Kind frei-
zustellen habe. Dabei kann dahinstehen, ob der Vortrag hinreichend substanti-
iert und deshalb einer Beweisaufnahme zugänglich war. Selbst wenn das Vor-
bringen als richtig unterstellt wird, lässt sich daraus nicht entnehmen, von wel-
chem Umfang oder Wert der Arbeitsleistungen des Klägers die Parteien ausge-
gangen wären.
cc) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht
habe die Beweisaufnahme über den Umfang der Arbeitsleistungen des Klägers
unter Verstoß gegen § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht wiederholt. Die behaupteten
Widersprüche in der Beweiswürdigung erforderten dies nicht, vielmehr hätte
das Berufungsgericht eine abweichende Würdigung vornehmen können, soweit
es nicht die Glaubwürdigkeit der Zeugen anderweitig beurteilt.
Die Rügen gegen die Beweiswürdigung führen ebenfalls nicht zum Er-
folg. Die Beweiswürdigung ist Aufgabe des Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich
nur auf die Einhaltung gesetzlicher Beweisregeln, Vermutungen und anerkann-
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ter Grundsätze, rechtliche Möglichkeit, Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit
sowie auf Verstöße gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze überprüfbar
(BGH Urteil vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98 - NJW 1999, 3481, 3482). Solche
Verstöße zeigt die Revision nicht auf. Ihr Vortrag läuft vielmehr darauf hinaus,
ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu set-
zen.
Soweit die Revision ausführt, das Näheverhältnis der Zeugen zu der je-
weiligen Partei sei nicht gewürdigt worden, wird damit kein revisionsrechtlich
beachtlicher Fehler aufgezeigt. Das Berufungsgericht konnte dem Landgericht
in der Annahme folgen, das Gericht habe sich nicht von der Wahrheit oder Un-
wahrheit einzelner Zeugenaussagen überzeugen können. Dabei durfte das Be-
rufungsgericht in seine Beurteilung einbeziehen, dass auch die der Beklagten
nahe stehenden Zeugen die Mitarbeit des Klägers bestätigt haben bzw. - so der
Zeuge O., ein Onkel der Beklagten - dass dieser bei allen Arbeiten mitgeholfen
habe. Davon, dass die gegen die Behauptung des Klägers sprechenden Aus-
sagen inhaltlich widersprüchlich seien, brauchte das Berufungsgericht nicht
auszugehen. Die Angaben der Mutter der Beklagten, die Zeugen F., D., M., B.
und O. hätten die Hauptarbeit geleistet, kann eine Erklärung darin finden, dass
mehrere Helfer ein größeres Ausmaß an Arbeit zu bewältigen vermögen als der
Kläger allein. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist danach rechtlich
möglich.
dd) Das Berufungsgericht hat sich nicht in der Lage gesehen, einen be-
stimmten Arbeitsumfang des Klägers festzustellen. Ausschlaggebend dafür war,
dass nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme
zahlreiche Personen auf der Baustelle gearbeitet hatten. Diese Begründung
schließt es indessen nicht aus, einen Mindestumfang der Arbeitsleistungen zu
schätzen. Vor einer Prüfung, ob nicht unter diesem Gesichtspunkt
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- gegebenenfalls unter Berücksichtigung der gesamten für die Anbau- und Re-
novierungsarbeiten erforderliche Anzahl von Stunden - ein Mindestanteil, der
auf den Kläger entfällt, angesetzt werden kann, ist die volle Abweisung des
Ausgleichsanspruchs nicht gerechtfertigt.
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg dagegen, dass das Be-
rufungsgericht auch einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB abge-
lehnt hat.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt zwischen Partnern einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft auch ein Bereicherungsanspruch wegen
Zweckverfehlung in Betracht, soweit Leistungen in Rede stehen, die über das
hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht und die bei
einem oder beiden Partnern zur Bildung von der Beendigung der Lebensge-
meinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben (Senatsurteile
BGHZ 177, 193 = FamRZ 2008, 1822 Rn. 34 ff.; BGHZ 183, 242 = FamRZ
2010, 277 Rn. 32 ff. und vom 6. Juli 2011 - XII ZR 190/08 - FamRZ 2011, 1563
Rn. 30 ff.).
b) Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Dass es auszu-
gleichende Leistungen nicht hat feststellen können, unterliegt den bereits aufge-
führten Bedenken.
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4. Danach kann das angefochtene Urteil in dem aus der Entscheidungs-
formel ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der
Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Fest-
stellungen und der tatrichterlichen Beurteilung bedarf. Die Sache ist deshalb
insoweit an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Dose
Weber-Monecke
Klinkhammer
Günter
Botur
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 19.11.2010 - 4 O 2420/08 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 09.06.2011 - 5 U 50/10 -
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