Urteil des BGH vom 10.08.2010

BGH (stpo, vereinigung, bildung, munition, besitz, verurteilung, freiheitsstrafe, strafkammer, durchführung, beurteilung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 251/10
vom
10. August 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung eines Verbrechens u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag und mit Zustimmung
des Generalbundesanwalts sowie nach Anhörung des Beschwerdeführers am
10. August 2010 gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4
StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
Landgerichts Köln vom 8. Dezember 2009
a) werden - soweit es den Angeklagten betrifft - die
Vorwürfe der (tateinheitlichen) Bildung einer krimi-
nellen Vereinigung sowie im Fall II. 1 der Urteils-
gründe der Vorwurf des (tateinheitlichen) unerlaub-
ten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe
aus der Strafverfolgung ausgeschieden und diese
auf die verbleibenden Tatteile beschränkt,
b) wird das vorgenannte Urteil - soweit es den Ange-
klagten betrifft -
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der
Verabredung eines Verbrechens des besonders
schweren Raubes in zwei Fällen, davon in ei-
nem Fall in Tateinheit mit Führen einer halbau-
tomatischen Kurzwaffe und mit Besitz von Mu-
nition schuldig ist,
bb) im Strafausspruch mit den zugehörigen Fest-
stellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
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Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bildung einer kriminellen
Vereinigung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz und Führen einer halbautoma-
tischen Kurzwaffe und dem Besitz von Munition (Fall II. 1), sowie wegen der
Verabredung eines Verbrechens in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Bildung
einer kriminellen Vereinigung (Fälle II. 4 und 5) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich
der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Re-
vision.
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Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teiler-
folg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. a) Der Senat hat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Vor-
würfe der Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Besitzes einer halbau-
tomatischen Kurzwaffe gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung
ausgenommen und diese auf die verbleibenden Tatteile beschränkt.
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b) Diese Verfahrensbeschränkung und eine unzutreffende Beurteilung
des Konkurrenzverhältnisses hinsichtlich des festgestellten Verstoßes gegen
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das Waffengesetz im Fall II. 5 führt zu der aus der Beschlussformel ersichtli-
chen Änderung des Schuldspruchs.
Im Fall II. 5 war die Verabredung des Überfalls auf den Geldboten des
Wettbüros nicht mit der geraume Zeit vor der geplanten Tat getroffenen Ab-
sprache beendet, sondern dauerte bis zu deren Durchführung an. Nach den
Feststellungen führte der Angeklagte die geladene Schusswaffe, die er "im Vor-
feld" des geplanten Überfalls vom Mitangeklagten B. ausgehändigt erhalten
hatte, am Tattag mit sich und überließ sie, nachdem er sie zuvor entladen und
die Munition in seinem Fahrzeug verwahrt hatte, zur Durchführung des bevor-
stehenden Überfalls einem weiteren Mittäter. In Anbetracht dieser Umstände
liegt eine natürliche Handlungseinheit vor mit der Folge, dass im Fall II. 5 die
Verbrechensverabredung in Tateinheit steht mit dem Führen einer halbautoma-
tischen Kurzwaffe und dem Besitz von Munition (BGH, Beschluss vom 4. Janu-
ar 1994 - 1 StR 785/93).
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Infolge der abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses im
Fall II. 5 und der Verfahrensbeschränkung entfällt die Verurteilung im Fall II. 1.
§ 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht ent-
gegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen
können. Mit der Änderung des Schuldspruchs stellt der Senat zugleich klar,
dass sich der Angeklagte bei den Taten II. 4 und 5 jeweils der Verabredung ei-
nes Verbrechens des besonders schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StPO)
schuldig gemacht hat; denn bei beiden Raubüberfällen war die Bedrohung der
Tatopfer mit geladenen Schusswaffen geplant (BGH, Urteil vom 10. September
1986 - 3 StR 287/86, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 1).
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c) Da die Verurteilung im Fall II. 1 gänzlich in Wegfall gerät und in den
Fällen II. 4 und 5 durch die Verfahrensbeschränkung die Verurteilung wegen
tateinheitlich begangener Bildung einer kriminellen Vereinigung entfällt, hat der
Strafausspruch insgesamt keinen Bestand. Der Senat kann nicht ausschließen,
dass die Strafkammer auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs für die
beiden verbleibenden Taten mildere Einzelstrafen festgesetzt und auf eine
günstigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
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2. Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass der Regelstrafrah-
men für das Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe gemäß § 52 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b WaffG sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe und nicht
- wie das Landgericht an mehreren Stellen des Urteils ausführt - sechs Monate
bis 15 Jahre Freiheitsstrafe beträgt.
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Becker von Lienen Sost-Scheible
Hubert Mayer