Urteil des BGH vom 17.01.2002
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 434/00
Verkündet am:
17. Januar 2002
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR: ja
BNotO §§ 15 Abs. 2, 19 Abs. 1 Satz 1 und 3; BGB § 839 H Abs. 3
a) Ist eine notarielle Urkunde aus vom Urkundsnotar zu vertretenden Gründen
inhaltlich fehlerhaft, hat jener den Eintritt eines Schadens möglichst durch
umgehende Nachbesserung (Berichtigung, Ergänzung, notfalls Neubeur-
kundung) zu vermeiden. Zusätzliche Gebühren stehen ihm dafür nicht zu (im
Anschluß an BGH, Urt. v. 10. Februar 1994 - IX ZR 109/93, NJW 1994,
1472, 1473).
b) Hat der Auftraggeber in einem solchen Fall dem Urkundsnotar keine Gele-
genheit gegeben, die erforderliche Berichti-
gung/Ergänzung/Neubeurkundung vorzunehmen, kann er die Kosten einer
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Neubeurkundung durch einen anderen Notar grundsätzlich nicht als Scha-
den geltend machen.
c) Das Unterlassen einer Erinnerung ist für einen Schaden nicht kausal, wenn
feststeht, daß der Notar der Erinnerung nicht abgeholfen hätte.
BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - IX ZR 434/00 - OLG Schleswig
LG Lübeck
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats
des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig
vom 19. Oktober 2000 aufgehoben.
Soweit mit der Klage Ersatz für Nachbeurkundungskosten in Höhe
von 2.681,80 DM nebst Zinsen verlangt wird, wird sie abgewie-
sen. Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und
Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens -
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin kaufte zur Urkunde des verklagten Notars vom 8. Sep-
tember 1995 zwei Grundstücke in den neuen Ländern. Verkäuferin des einen
Grundstücks war die Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin; Verkäufer des
anderen Grundstücks war die Ehefrau zusammen mit ihrem Bruder. Die Ver-
käufer waren bei Abschluß des Kaufvertrages vom 8. September 1995 noch
nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Ehefrau des Geschäfts-
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führers der Klägerin wurde erst am 29. Juli 1996 als Eigentümerin des einen
Kaufgrundstücks eingetragen; wann sie und ihr Bruder als Eigentümer des
zweiten Kaufgrundstücks eingetragen wurden, ist nicht vorgetragen. Die Kauf-
grundstücke mußten noch vermessen werden. Um die Erlangung der erforder-
lichen Teilungsgenehmigung wollte sich die Klägerin selbst bemühen. Sie be-
auftragte damit den Vermessungsingenieur.
Auf den Kaufgrundstücken wollte die Klägerin ein Bauvorhaben mit acht
Wohnungen durchführen, die als Wohnungseigentum veräußert werden soll-
ten. Der Beklagte beurkundete am 9. Oktober 1995 die Teilungserklärung der
Klägerin.
Anschließend kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschieden-
heiten über die Gestaltung der Wohnungskaufverträge. Nach den Vorstellun-
gen der Klägerin und ihres Steuerberaters sollten die Wohnungserwerber eine
Bauherrengemeinschaft bilden. Sie sollten den Kaufpreis gemäß den Bestim-
mungen der Makler- und Bauträgerverordnung entsprechend dem Baufort-
schritt in Raten bezahlen, wobei die Eintragung einer Auflassungsvormerkung
zu ihren Gunsten Fälligkeitsvoraussetzung sein sollte. Der Beklagte war der
Meinung, daß der Bau für eine Vermarktung im Bauherrenmodell schon zu weit
fortgeschritten sei, und schlug statt dessen die Wahl des Ersterwerbermodells
vor. Die Klägerin ließ die Kaufverträge schließlich gemäß ihren Vorstellungen
von einem anderen Notar beurkunden.
Am 13. September 1995 und nochmals am 24. Juli 1996 beantragte der
Beklagte beim Grundbuchamt die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin.
Die Teilungserklärung reichte er nicht ein. Mit Schreiben vom 18. April 1996
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forderte die Klägerin den Beklagten dazu auf; ob dem entsprechende (fern-)
mündliche Erinnerungen vorausgegangen waren, ist streitig. Mit Schreiben vom
19. April 1996 lehnte der Beklagte die Einreichung der Teilungserklärung ab,
weil die Klägerin noch nicht als Eigentümerin eingetragen sei. Dies sei Voraus-
setzung für die Anlegung der Wohnungsgrundbücher. Mit der weiteren Bear-
beitung der Angelegenheit beauftragte die Klägerin den Notar, der die Woh-
nungskaufverträge beurkundet hatte. Dieser fragte mit Schreiben vom 20. Juni
1996 bei dem Beklagten an, wann mit der Einreichung der Teilungserklärung
zu rechnen sei; über eine Antwort des Beklagten ist nichts bekannt. Mit Schrei-
ben vom selben Tage nahm der andere Notar beim Grundbuchamt die zuvor
von ihm gestellten Anträge auf Eintragung von Auflassungsvormerkungen zu-
gunsten der Wohnungskäufer zurück.
Am 17. Februar 1997 ließ die Klägerin durch einen dritten Notar eine
neue Teilungserklärung beurkunden. Die Klägerin wurde am 16. Juni 1997 als
Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten im Wege des Scha-
densersatzes auf Zahlung eines in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 31. März 1998
entstandenen Zinsschadens in Höhe von 138.667,54 DM und der Kosten der
Neubeurkundung der Teilungserklärung in Höhe von 2.681,80 DM in Anspruch.
Zur Begründung des Zinsschadens weist sie darauf hin, wegen der Weigerung
des Beklagten, die Teilungserklärung einzureichen, hätten zunächst die Woh-
nungsgrundbücher nicht angelegt und die für die Käufer vorgesehenen Auflas-
sungsvormerkungen nicht eingetragen werden können. Vor dem 17. Juli 1997
habe sie, die Klägerin, über die von den Wohnungskäufern bereits eingezahl-
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ten Kaufpreise nicht verfügen können und das Bauvorhaben zwischenfinanzie-
ren müssen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
ihr dem Grunde nach stattgegeben. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte
die Aufhebung dieses Urteils und die Zurückweisung der Berufung der Kläge-
rin.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und teilweise zur Klageabweisung,
im übrigen zur Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Der Beklagte habe zunächst die ihm obliegende Amtspflicht verletzt, für
einen fehlerfreien Inhalt der Teilungserklärung zu sorgen. Darin sei die Summe
der Miteigentumsanteile größer als ein Ganzes angegeben (nämlich 1.000,62
zu 1.000); außerdem habe die Teilungserklärung keine Eintragungsbewilligun-
gen und Eintragungsanträge enthalten. Ferner habe der Beklagte pflichtwidrig
eine zügige Vollziehung der Urkunde verhindert. Seine Weigerung, vor Eintra-
gung der Klägerin als Eigentümerin deren Teilungserklärung beim Grundbuch-
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amt einzureichen, sei unberechtigt gewesen, weil es ausgereicht hätte, wenn
die Klägerin im Zeitpunkt der Anlegung der Wohnungsgrundbücher Eigentüme-
rin gewesen wäre. Im Hinblick auf den bekannten damaligen Bearbeitungsstau
bei den Grundbuchämtern in den neuen Ländern hätte der Beklagte seiner
Pflicht, vermeidbaren Verzögerungen bei der Vollziehung der von ihm errich-
teten Urkunde vorzubeugen, nur durch die sofortige Einreichung der Teilungs-
erklärung - verbunden mit zeitlich gestaffelten Eintragungsanträgen - genügt.
Die Pflichtverletzungen des Beklagten seien für den entstandenen
Schaden ursächlich gewesen. Soweit andere Notare bei der Nachbearbeitung
ebenfalls fehlerhaft gearbeitet hätten, werde der haftungsrechtliche Zusam-
menhang zwischen den Pflichtverletzungen des Beklagten und dem Schaden
dadurch nicht unterbrochen.
Ein haftungsausschließendes Mitverschulden ergebe sich nicht daraus,
daß die Klägerin dem Beklagten keine Gelegenheit gegeben habe, die Mängel
der Teilungserklärung selbst zu beheben. Dadurch wären die Zinsbelastungen,
welche die Klägerin hauptsächlich als Schaden geltend mache, nicht vermie-
den worden. Die Haftung des Beklagten sei auch nicht gemäß § 19 Abs. 1
Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Da er die mit Schrei-
ben vom 18. April 1996 ausgesprochene Aufforderung der Klägerin, die Tei-
lungserklärung umgehend beim Grundbuchamt einzureichen, abgelehnt habe,
müsse angenommen werden, daß er auch vorherigen (fern-)mündlichen Erin-
nerungen keine Folge geleistet hätte. Der Klägerin könne nicht zum Vorwurf
gemacht werden, daß sie erst im Februar 1997 eine neue Teilungserklärung
habe beurkunden lassen, denn es sei schwierig gewesen, einen anderen Notar
dafür zu gewinnen. Die Entscheidung der Klägerin, sich zwecks Berichtigung
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und Vollziehung der Teilungserklärung eines anderen Notars zu bedienen, sei
richtig gewesen, weil eine zwangsweise Durchsetzung der vom Beklagten ver-
weigerten Amtstätigkeit in einem Verfahren nach § 15 BNotO mehr Zeit in An-
spruch genommen hätte.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen
Punkten stand.
1. Soweit die Klägerin die Kosten der Neubeurkundung der Teilungser-
klärung als Schaden geltend macht, ist die Klage bereits jetzt abweisungsreif,
weil dieser Teil des Schadens durch eine selbständige Entschließung der Klä-
gerin verursacht wurde, die durch das haftungsbegründende Ereignis nicht
herausgefordert war und für die kein rechtfertigender Anlaß bestand (vgl. BGH,
Urt. v. 6. Juni 1997 - IX ZR 163/96, WM 1997, 1901, 1903; v. 6. Juli 2000
- IX ZR 88/98, WM 2000, 1808, 1810; v. 29. März 2001 - IX ZR 445/98, WM
2001, 1204, 1206).
Nach der Behauptung des Beklagten hat dieser von den angeblichen
Mängeln der Teilungserklärung (vgl. dazu unten 2 c) erst nach dem 12. Juli
1997 erfahren. Dem ist die Klägerin nicht - zumindest nicht substantiiert - ent-
gegengetreten. Sie hat vielmehr geltend gemacht, sie habe, nachdem sie von
dritter Seite auf die Mängel hingewiesen worden sei, "prompt reagiert" und
durch einen dritten Notar eine neue Teilungserklärung beurkunden lassen;
schneller hätte auch der Beklagte nicht tätig werden können.
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Wenn die Teilungserklärung fehlerhaft beurkundet worden war - was an
dieser Stelle zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann -, mußte sich die
Klägerin deswegen zunächst an den Beklagten wenden, damit er die Fehler
behebe. Eine derartige Erinnerung war gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m.
§ 839 Abs. 3 BGB Voraussetzung für eine Haftung des Beklagten. Nach den
genannten Vorschriften tritt die Ersatzpflicht eines Notars nicht ein, wenn der
Verletzte es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines
Rechtsmittels abzuwenden. Der Begriff des Rechtsmittels ist weit zu fassen.
Darunter fallen selbst Erinnerungen und mündliche Vorhaltungen (BGH, Urt. v.
9. November 1989 - IX ZR 261/88, WM 1990, 115; v. 13. Mai 1997 - IX ZR
123/96, WM 1997, 1398, 1400), sofern sie zum Ziele haben, das amtspflicht-
widrige Verhalten zu ändern und dadurch einen Schaden abzuwenden.
Hätte die Klägerin den Beklagten auf die angeblichen Fehler aufmerk-
sam gemacht, wären die Kosten einer Neubeurkundung nicht entstanden. Nach
der unwiderlegten Behauptung des Beklagten hätte dieser etwaige Mängel der
Urkunde umgehend beseitigt. Das hätte die Klägerin - im Gegensatz zu der
Neubeurkundung durch den dritten Notar - nichts gekostet, weil der Beklagte,
wenn die von ihm beurkundete Teilungserklärung tatsächlich fehlerhaft war, zu
einer "Nachbearbeitung" ohne zusätzlichen Gebührenanspruch verpflichtet
gewesen wäre. Ein Notar, der eine Amtspflichtverletzung begangen hat, ist ge-
halten, nach Möglichkeit Maßnahmen zu treffen, um einen Schadenseintritt zu
verhindern (vgl. zur Anwaltshaftung BGH, Urt. v. 10. Februar 1994 - IX ZR
109/93, WM 1994, 1114, 1116 = NJW 1994, 1472, 1473; v. 21. September
2000 - IX ZR 439/99, WM 2000, 2437, 2439 = NJW 2000, 3560, 3562).
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Daß die Klägerin es unterlassen hat, den Beklagten zu einer Behebung
der angeblichen Mängel der Urkunde aufzufordern, war schuldhaft. Der Nicht-
gebrauch eines Rechtsmittels ist dann fahrlässig, wenn der Verletzte die nach
seinem Bildungsstand und seiner Geschäftsgewandtheit gebotene Sorgfalt
nicht beachtet (BGH, Urt. v. 9. November 1989 - IX ZR 261/88, aaO; v. 13. Mai
1997 - IX ZR 123/96, aaO). Da die Klägerin als Bauträger tätig ist, mußte ihr
geläufig sein, daß ein Notar, dem behebbare Mängel einer Beurkundung vor-
geworfen werden, nicht für die durch die Einschaltung Dritter verursachten Ko-
sten haftbar gemacht werden kann, wenn er zuvor nicht zur Behebung dieser
Mängel aufgefordert worden ist. Im übrigen war die Klägerin schon damals
rechtlich beraten. Daß sie die von dem Beklagten gefertigte Teilungserklärung
nicht aus eigener Sachkunde überprüfen konnte und sie deshalb - wie das Be-
rufungsgericht gemeint hat - ohnehin Rechtsrat hätte einholen müssen, recht-
fertigt es nicht, den Beklagten mit den Kosten der neuen Beurkundung zu bela-
sten. Ob er der Klägerin die Kosten der anderweitigen Rechtsberatung hätte
ersetzen müssen, kann dahinstehen, denn diese Kosten werden nicht geltend
gemacht. Daß die zur Schadensabwehr oder Schadensminderung an sich ge-
botene Einschaltung des Beklagten wegen dessen vorherigen Verhaltens un-
zumutbar gewesen sei, hat die Klägerin nicht dargetan.
2. Hinsichtlich des geltend gemachten Zinsschadens sind die Voraus-
setzungen einer Haftung des Beklagten nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
a) Es kann derzeit schon nicht davon ausgegangen werden, daß der
Beklagte durch eine verzögerte Sachbehandlung seine Amtspflichten verletzt
hat.
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aa) Allerdings sind die dazu von der Revision erhobenen Bedenken un-
begründet.
(1) Die Revision argumentiert zum einen, der Beklagte habe keinen Auf-
trag gehabt, die Teilungserklärung beim Grundbuchamt einzureichen. Dieser
Standpunkt ist unzutreffend. Der Notar, der eine Willenserklärung beurkundet
hat, die beim Grundbuchamt einzureichen ist, muß dies von Amts wegen ver-
anlassen (§ 53 BeurkG). Außerdem hat das Berufungsgericht festgestellt, daß
der Beklagte "mit ... der grundbuchlichen Vollziehung der Teilungserklärung
beauftragt war". Diese Feststellung wird von der Revision nicht angegriffen.
(2) Zum andern weist die Revision darauf hin, der Beklagte sei zu Recht
der Meinung gewesen, er könne zu einem Zeitpunkt, in dem eine Einflußnahme
auf die Gestaltung des betreffenden Bauvorhabens nicht mehr möglich sei,
keine "Verträge vollziehen", die auf eine Vermarktung der zu errichtenden
Wohnungen im Bauherrenmodell hinausliefen. Indes hat schon das Berufungs-
gericht mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß es bei der Einreichung der
Teilungserklärung nicht um den Vollzug der - zunächst noch gar nicht abge-
schlossenen - Kaufverträge ging.
bb) Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, daß die
Voreintragung des Eigentümers, der gemäß § 8 WEG Wohnungseigentum be-
gründen will, im allgemeinen nicht Voraussetzung für die Einreichung der Tei-
lungserklärung beim Grundbuchamt ist. Insofern erinnert auch die Revision
nichts.
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cc) Indes hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ob die Einreichung
der Teilungserklärung dem wahren Willen und den wohlverstandenen Interes-
sen der Klägerin entsprach. Wenn die Klägerin - dem Rat ihres Steuerberaters
folgend - eine Bauherrengemeinschaft bilden wollte, war eine Vorratsteilung
des künftigen Gemeinschaftsgrundstücks gemäß § 8 WEG möglicherweise
nicht der richtige Weg; statt dessen war an eine Teilung durch die Bauherren
oder ihre Treuhänder gemäß § 3 WEG zu denken (vgl. Weitnauer, WEG
8. Aufl. Anh. § 3 Rn. 3).
dd) Im übrigen hat das Berufungsgericht nicht bedacht - und insofern
greift die allgemeine Sachrüge der Revision durch -, daß im vorliegenden Fall
nicht einmal das Grundstück gebildet war, auf dem das Wohnungseigentum
entstehen sollte. Nach § 1 Abs. 4 WEG kann Wohnungseigentum nicht an
mehreren Grundstücken begründet werden. Soll die Eigentumswohnanlage
mehrere Grundstücke betreffen, so müssen diese entweder nach § 890 Abs. 1
BGB vereinigt werden oder es muß gemäß § 890 Abs. 2 BGB eine Bestand-
teilszuschreibung erfolgen. Daß das zuständige Grundbuchamt eine Teilungs-
erklärung, die ein noch gar nicht existierendes Grundstück betraf, entgegenge-
nommen hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ebensowenig hat es
festgestellt, wann das gemäß § 1 Abs. 4 WEG bestehende Hindernis beseitigt
worden ist. Schließlich ist auch nicht festgestellt, daß der Beklagte über die
Beseitigung dieses Hindernisses unterrichtet worden ist und es danach immer
noch abgelehnt hat, die Teilungserklärung beim Grundbuchamt einzureichen.
Außerdem bedurfte die Abwicklung des Kaufvertrages vom 8. Septem-
ber 1995 nach dem eigenen Vortrag der Klägerin einer Teilungsgenehmigung
nach § 19 BauGB. Angeblich konnte selbst der wiederholte Eintragungsantrag
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vom 24. Juli 1996 wegen Fehlens dieser Genehmigung nicht vollzogen werden.
Für deren Fehlen war der Beklagte aber nicht verantwortlich, weil die Klägerin
insoweit den Vermessungsingenieur beauftragt hatte. Wann die Teilungsge-
nehmigung erteilt worden ist, hat die Klägerin - obwohl der Beklagte dies mo-
niert hat - nicht vorgetragen.
b) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kann - wie die Revision
zu Recht geltend macht - auch nicht davon ausgegangen werden, daß das Zu-
rückhalten der Teilungserklärung durch den Beklagten für den Zinsschaden der
Klägerin ursächlich geworden ist.
aa) Zutreffend ist zwar die Ansicht des Berufungsgerichts, daß ein et-
waiges Fehlverhalten der weiteren von der Klägerin bemühten Notare für den
Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und
dem Schaden unerheblich ist (vgl. BGH, Urt. v. 26. April 2001 - IX ZR 453/99,
WM 2001, 1246, 1247).
bb) Indes spricht gegen den Ursachenzusammenhang, daß nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts (S. 19 f der Gründe) der von der Kläge-
rin in Anspruch genommene Überziehungskredit bereits am 7. Mai 1997 durch
Abbuchung vom Festgeldkonto entlastet werden konnte. Damals waren aber
weder die Klägerin als Eigentümerin eingetragen (diese Eintragung erfolgte
erst am 16. Juni 1997) noch die Auflassungsvormerkungen zugunsten der
Wohnungskäufer, die nach dem Vortrag der Klägerin Voraussetzung für die
Möglichkeit waren, über die eingezahlten Kaufpreise zu verfügen.
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cc) Legt man den Vortrag der Klägerin zugrunde, daß sie (nur) bei
rechtzeitiger Einreichung der Teilungserklärung beim Grundbuchamt durch den
Beklagten die Zwischenfinanzierung vor dem 17. Juli 1997 hätte ablösen kön-
nen, so fehlen dazu tragfähige Feststellungen.
Die Ablösung der Zwischenfinanzierung setzte voraus, daß die Klägerin
über die von den Wohnungskäufern gezahlten Kaufpreise verfügen konnte.
Das konnte sie nach dem Kaufvertrag vom 8. September 1995 erst, wenn zu-
gunsten der Wohnungskäufer Auflassungsvormerkungen eingetragen waren.
Zuvor mußten die Wohnungsgrundbücher angelegt sein. Vor der Bildung des
Grundstücks war das nicht möglich (siehe oben a cc).
Bevor die Auflassungsvormerkungen für die Wohnungskäufer eingetra-
gen werden konnten, mußte die Klägerin außerdem selbst als Eigentümerin
eingetragen sein (§ 39 GBO). Dies wiederum setzte die Voreintragung derjeni-
gen voraus, von denen die Klägerin die Kaufgrundstücke erworben hat. Die
Ehefrau ihres Geschäftsführers wurde am 29. Juli 1996 als Eigentümerin des
einen Kaufgrundstücks eingetragen. Wann sie und ihr Bruder als Eigentümer
des zweiten Kaufgrundstücks eingetragen wurden, ist nicht vorgetragen wor-
den. Derzeit kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß dies erst am
16. Juni 1997 oder kurz vorher geschah.
c) Nach Auffassung des Berufungsgerichts haben auch inhaltliche Män-
gel der Teilungserklärung zum Entstehen des Zinsschadens beigetragen. Die-
se Mängel sind teils nicht vorhanden; teils ist ihre Kausalität für den Zinsscha-
den nicht einwandfrei festgestellt.
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aa) Die Teilungserklärung war zwar fehlerhaft insofern, als die darin
ausgewiesenen Miteigentumsanteile sich nicht auf 1000 zu 1000, sondern auf
1000,62 zu 1000 addierten. Indes hat der Beklagte geltend gemacht, daß er
den "offenbaren Schreibfehler" hätte berichtigen können; notfalls hätte er "um-
gehend" eine etwa erforderliche Ergänzungsurkunde gefertigt. Mit diesem Vor-
bringen hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
bb) Die Teilungserklärung enthielt außerdem keinen Eintragungsantrag
und keine Eintragungsbewilligung. Das war - entgegen der Ansicht des Beru-
fungsgerichts - nicht ohne weiteres fehlerhaft, weil die Flurstücke, auf denen
das Wohnungseigentum gebildet werden sollte, noch einer Vermessung be-
durften (vgl. § 28 GBO). Nach deren Abschluß hatte die Klägerin eine Identi-
tätserklärung abzugeben. Bei dieser Gelegenheit konnten auch die Eintra-
gungsbewilligungen nachgeholt und die Eintragungsanträge gestellt werden.
Allerdings war die Teilungserklärung, solange die Bewilligungen und die Anträ-
ge noch ausstanden, nicht zur Vollziehung geeignet. Sowohl der Eintragungs-
antrag als auch die Eintragungsbewilligung sind jedoch nicht beurkundungsbe-
dürftig und können deshalb auch durch gesonderte Erklärung erfolgen. Die
Eintragungsbewilligung muß lediglich entweder vor dem Grundbuchamt abge-
geben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewie-
sen werden (§ 29 GBO). Der Eintragungsantrag ist als solcher formfrei. Zu sei-
ner Abgabe ist im allgemeinen der Notar ermächtigt (§ 15 GBO). Daß die zu-
nächst fehlenden Erklärungen (Bewilligungen und Anträge) nicht kurzfristig
- noch vor dem 1. Juli 1996 - hätten nachgeholt werden können, hat das Beru-
fungsgericht nicht festgestellt.
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cc) In erster Instanz hat die Klägerin des weiteren bemängelt, die in der
Teilungserklärung enthaltene Regelung Ziffer III 12 a, wonach es für die Ent-
ziehung des Wohnungseigentums genügen sollte, daß ein Wohnungseigentü-
mer mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen zur Lasten- und Kostentragung
länger als sechs Monate mit mindestens DM 2.000 in Verzug ist, sei nicht ein-
tragungsfähig gewesen, weil sie gegen § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG verstoßen ha-
be. Danach sei zwingend erforderlich, daß der Mindestbetrag des Rückstands
"drei vom Hundert des Einheitswertes seines Wohnungseigentums übersteigt".
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob diese Beanstandung berechtigt ist.
Da nicht festgestellt ist, wie hoch sich die Einheitswerte des Wohnungseigen-
tums belaufen, ist dem Senat eine abschließende Beurteilung nicht möglich.
Nach dem Vortrag der Klägerin spricht allerdings mehr dafür, daß die Urkunde
insofern fehlerfrei war. Wenn 2.000 DM weniger waren als 3 % der Einheits-
werte, wovon die Klägerin auszugehen scheint, war die Entziehung des Woh-
nungseigentums an einen geringeren als den im Gesetz vorgesehenen Rück-
stand geknüpft. Das wird jedoch als zulässig angesehen (vgl. Bär-
mann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl. § 18 Rn. 50; Staudinger/Kreuzer, BGB 12. Aufl.
§ 18 WEG Rn. 25; MünchKomm-BGB/Röll, 3. Aufl. § 18 WEG Rn. 10; Pa-
landt/Bassenge, BGB 61. Aufl. § 18 WEG Rn. 8; Sauren, WEG 3. Aufl. § 18
Rn. 13).
Möglicherweise war die Regelung in anderer Hinsicht zu beanstanden.
Die Verzugsdauer von mindestens sechs Monaten, die nach der Teilungserklä-
rung zur Einziehung berechtigen sollte, war länger als in § 18 Abs. 2 WEG vor-
gesehen. Nach einer in der Literatur vertretenen Meinung dürfen die Voraus-
setzungen gemäß § 18 Abs. 2 WEG nicht eingeschränkt werden (Pa-
landt/Bassenge, Sauren, jeweils aaO; a.A. BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl. § 18
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WEG Rn. 26; Niedenführ/Schulze, WEG 5. Aufl. § 18 Rn. 22; Weitnauer/
Hauger/Lüke, WEG 8. Aufl. § 18 Rn. 12). Der Bundesgerichtshof hat dazu noch
nicht Stellung genommen. Dazu gibt auch der vorliegende Fall keinen Anlaß.
Wenn die Teilungserklärung mit dem in Ziff. III 12 a vorgesehenen Inhalt nicht
eintragungsfähig gewesen sein sollte, schuldete der Beklagte, um einen Scha-
denseintritt zu verhindern, auf Ersuchen der Klägerin die umgehende - und un-
entgeltliche - Vornahme einer den Fehler vermeidenden Änderungsbeurkun-
dung. Daß dies nicht vor dem 1. Juli 1996 hätte geschehen können, steht nicht
fest.
dd) Entsprechendes gilt, falls die Teilungserklärung auch - wie die Klä-
gerin geltend gemacht, das Berufungsgericht indessen ebenfalls offengelassen
hat - hinsichtlich der Zuordnung von Sondernutzungsrechten an Stellplätzen
und Garten fehlerhaft gewesen sein sollte.
d) Liegen die oben genannten Voraussetzungen einer Haftung des Be-
klagten vor, ist diese auch nicht wegen Nichtgebrauchs eines Rechtsmittels
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, falls die Klägerin gegen die Wei-
gerung des Beklagten, die Teilungserklärung beim Grundbuchamt einzurei-
chen, nicht erinnert habe, schade das nichts. Denn der Ausschluß der Notar-
haftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB greife nur
dann ein, wenn das versäumte Rechtsmittel auch Erfolg gehabt hätte. Da der
Beklagte das "Mahnschreiben" der Klägerin vom 18. April 1996 abschlägig be-
antwortet habe, sei daraus zu folgern, daß er auf vorherige mündliche Erinne-
rungen nicht anders reagiert hätte.
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Demgegenüber rügt die Revision, für die Ursächlichkeit des Unterlas-
sens von Erinnerungen an die Adresse des Beklagten komme es nicht darauf
an, wie dieser sich verhalten hätte, wenn die Klägerin tatsächlich bei ihm vor-
stellig geworden wäre. Vielmehr beurteile sich die Ursächlichkeit in diesem
Falle - der allgemeinen Regel entsprechend - danach, wie der Beklagte nach
Meinung des Regreßgerichts richtigerweise auf die Erinnerungen hin hätte
reagieren müssen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Allerdings ist - worauf die Revision hin-
weist -, wenn es für die Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung darauf an-
kommt, wie die Entscheidung eines Gerichts ausgefallen wäre, grundsätzlich
nicht darauf abzustellen, welche Entscheidung im konkreten Fall zu erwarten
gewesen wäre, sondern wie die Entscheidung richtigerweise hätte ergehen
müssen (st.Rspr., vgl. BGHZ 133, 110, 111 f.; für gebundene Entscheidungen
der Verwaltung vgl. BGHZ 124, 86, 95 f.; BGH, Urt. v. 21. September 1995
- IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 49). Für die Amtshaftung nach § 839 BGB ist
jedoch anerkannt, daß der Nichtgebrauch eines Rechtsmittels nicht als scha-
densursächlich angesehen werden darf, wenn feststeht, daß der pflichtwidrig
handelnde Beamte auch auf eine Gegenvorstellung hin seine Rechtsauffas-
sung oder sein tatsächliches Verhalten nicht geändert hätte und daß auch eine
Dienstaufsichtsbeschwerde erfolglos geblieben wäre (BGH, Urt. v. 18. Januar
1986 - III ZR 77/84, NJW 1986, 1924, 1925; v. 5. Februar 1987 - III ZR 16/86,
BGHR § 839 Abs. 3 BGB - Kausalität 1; v. 21. April 1988 - III ZR 255/86, NJW
1989, 96, 99). Für die Notarhaftung hat der Senat die Frage bisher offengelas-
sen (vgl. Urt. v. 13. Mai 1997 - IX ZR 123/96, NJW 1997, 2327, 2329). Er be-
antwortet sie nunmehr - jedenfalls für eine an die Adresse des Notars gerich-
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tete Erinnerung - im selben Sinne wie der Amtshaftungssenat. Wollte man den
allgemeinen Grundsatz, demzufolge die - nach Ansicht des Regreßrichters -
richtigerweise zu treffende Inzidenzentscheidung für die Ursächlichkeit maßge-
bend ist, auf die Frage übertragen, wann das Unterlassen einer derartigen Er-
innerung schadensursächlich ist, wäre dieses immer für den Schaden kausal.
Denn "richtigerweise" muß die Erinnerung an einen pflichtvergessenen Notar
Erfolg haben. Er ist zu pflichtgemäßem Handeln verpflichtet und hat alles zu
tun, damit den Beteiligten aus seinen Amtshandlungen kein Schaden erwächst.
Aus diesen Gründen würde die Anwendung des erwähnten allgemeinen
Grundsatzes hier zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung des Verletzten
führen. Deshalb ist jener Grundsatz auch für die Notarhaftung dahin einzu-
schränken, daß das Unterlassen der Erinnerung nicht für den Schadenseintritt
ursächlich ist, wenn feststeht, daß der Notar dem mit der Erinnerung verbun-
denen Begehren nicht entsprochen hätte.
Im Streitfall hat das Berufungsgericht festgestellt, daß der Beklagte
"auch gegenüber früheren ... Anmahnungen eine ablehnende Haltung einge-
nommen" hätte. Diese Feststellung hat die Revision nicht angegriffen.
e) Auch die Rüge der Revision, es bestehe eine anderweitige Ersatz-
möglichkeit in Gestalt eines Anspruchs gegen den Steuerberater der Klägerin,
bleibt ohne Erfolg. Der Steuerberater war weder wegen der Einreichung der
Teilungserklärung noch wegen ihrer inhaltlichen Mängel eingeschaltet.
- 20 -
III.
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Hin-
sichtlich der Beurkundungskosten ist die Klage abzuweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1
ZPO). Im übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird erneut zu prüfen haben, ob der Be-
klagte die Teilungserklärung beim Grundbuchamt hätte einreichen müssen und
ob er dadurch, daß er das unterlassen hat, oder durch inhaltliche Mängel der
Teilungserklärung einen Zinsschaden der Klägerin verursacht hat.
Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch der Frage nachgehen
müssen, ob die Klägerin sich ein etwaiges Verschulden ihrer neuen - anwalt-
lichen und notariellen - Berater als Mitverschulden (§ 254 Abs. 2 BGB) anrech-
nen lassen muß. Das kommt dann in Betracht, wenn die Klägerin den neuen
Berater beauftragt hat, einen erkannten oder wenigstens für möglich gehalte-
- 21 -
nen Fehler des Beklagten zu beheben (vgl. BGH, Urt. v. 20. Januar 1994
- IX ZR 46/93, WM 1994, 948, 950; v. 13. März 1997 - IX ZR 81/96, WM 1997,
1392, 1395; v. 3. Mai 2001 - IX ZR 46/00, WM 2001, 1675, 1677).
Kreft Stodolkowitz Ganter
Raebel Kayser