Urteil des BGH vom 21.01.2003
BGH (sparkasse, wechsel, kenntnis, zpo, folge, aussteller, kauf, dispositionen, rechtsfrage, sittenwidrigkeit)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XI ZR 295/02
vom
21. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der  XI. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofs  hat  durch  den  Vorsitzenden
Richter  Nobbe,  die  Richter  Dr. Müller,  Dr. Joeres,  Dr. Wassermann  und
die Richterin Mayen
am 21. Januar 2003
beschlossen:
Die Beschwerde gegen  die  Nichtzulassung  der  Revisi-
on  in  dem  Urteil  des  9. Zivilsenats  des  Oberlandesge-
richts Stuttgart vom  10. Juli  2002  wird  auf   Kosten  der
Beklagten zurückgewiesen.
Der  Gegenstandswert  für  das  Beschwerdeverfahren
beträgt 160.000
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
1.  Entgegen  der  Ansicht  der  Beklagten  erfordert  die  Sicherung  ei-
ner  einheitlichen  Rechtsprechung  (§ 543  Abs. 2  Satz 1  Nr. 2  Alt. 2  ZPO)
die  Zulassung  der  Revision  nicht.  Die  von  der  Beklagten  geltend  ge-
machte  Divergenz  zwischen  dem  Berufungsurteil  und  den  Entscheidun-
gen  der  Oberlandesgerichte  Koblenz  (NJW -RR 1987,  40 f.)  und  Hamm
(W M 1995,  1618 ff.)  in  der  Frage,  ob  die  Diskontierung  eines  Wechsels
eines  konkursreifen  Akzeptanten  schon  dann  als  sittenwidrig  anzusehen
- 3 -
ist,  wenn  die  diskontierende  Sparkasse  von  der  drohenden  Zahlungsun-
fähigkeit  des  Akzeptanten  Kenntnis  hat,  oder  ob  erst  hinzutretende  Um-
stände,  wie  etwa  Eigennutz  der  Sparkasse  oder  Täuschung  des  Wech-
selausstellers  über  die  Kreditwürdigkeit  des  Akzeptanten  die  Sittenwid-
rigkeit  begründen,  ist  nicht  entscheidungserheblich.  Das  Berufungsge-
richt  hat  die  Zwischenfeststellungswiderklage  der  Beklagten  nicht  nur
deshalb  abgewiesen,  weil  es  ein  sittenwidriges  Verhalten  der  Klägerin
verneint  hat,  sondern  - unabhängig  davon -  auch  deshalb,  weil  es  den
nach  § 826  BGB  erforderlichen  Schädigungsvorsatz  der  Klägerin  nicht
für gegeben erachtet hat.
2. Die Rechtssache hat, anders als die Beklagte meint, auch keine
grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie  wirft  kei-
ne  entscheidungserhebliche,  klärungsbedürftige  und  klärungsfähige
Rechtsfrage  auf,  die  sich  in  einer  unbestimmten  Vielzahl  von  Fällen
stellen  kann.  Ob  bei  einer  Sparkasse  der  nach  § 826  BGB  erforderliche
Schädigungsvorsatz  vorliegt,  wenn  sie  in  Kenntnis  der  Konkursreife  des
Akzeptanten  einen  von  ihm  eingereichten  Wechsel  diskontiert  und  mit
Hilfe  des  gutgeschriebenen  Diskonterlöses  seinen  Überweisungsauftrag
zugunsten  des  Wechselausstellers  ausführt,  ist  keine  Frage  von  grund-
sätzlicher  Bedeutung,  sondern  eine  solche  des  Einzelfalles.  Die  Diskon-
tierung  eines  später  nicht  eingelösten  Akzeptantenwechsels  hat  grund-
sätzlich  nur  zur  Folge,  daß  der  Aussteller  die  (Wechsel-)Summe  zurück-
zahlen  muß,  die  er  nicht  erhalten  hätte,  wenn  der  Wechsel  nicht  diskon-
tiert  worden  wäre.  Mit  anderen  Schäden  des  Ausstellers  etwa  aus  der
Weiterbelieferung  des  Akzeptanten  oder  aus  anderen  Dispositionen
rechnet  die  diskontierende  Sparkasse  nicht  unbedingt  und  nimmt  sie
nicht  grundsätzlich  billigend  in  Kauf.  Das  gilt  insbesondere  dann,  wenn
- 4 -
die  Sparkasse,  wovon  hier  nach  ihrem  unwiderlegten  Vortrag  auszuge-
hen  ist,  das  dem  W echsel  zugrunde  liegende  Rechtsverhältnis  nicht
kennt.
Nobbe                                        Müller                                       Joeres
Wassermann                                    Mayen