Urteil des BGH vom 06.02.2006

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 136/04 Verkündet
am:
6.
Februar
2006
Boppel
Justizamtsinspektor
als
Urkundsbeamter
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, 157 B
a) Wird im Dienstvertrag des Vorstandsmitglieds einer Sparkasse diesem für - im
Einzelnen näher geregelte - Fälle der Beendigung des Dienstverhältnisses eine
Versorgung "nach beamtenrechtlichen Vorschriften nach Maßgabe der für Beamte
auf Zeit jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes" ge-
währt, so liegt darin in der Regel eine Vollverweisung auf die entsprechenden Be-
amtengesetze.
b) Sieht ein solcher Dienstvertrag mit fünfjähriger Laufzeit bei einer - zulässig verein-
barten - außerordentlichen Kündigung durch die Sparkasse im Fall einer Fusion
die Zahlung der Versorgung "vom Zeitpunkt des Ausscheidens bis zum normalen
Ablauf des Dienstverhältnisses" vor, so steht dem - einem entlassenen Beamten
auf Zeit gleichgestellten - Vorstandsmitglied auch nach beamtenversorgungsrecht-
lichen Maßstäben kein über die vertraglich festgelegte Begrenzung hinausgehen-
der Versorgungsanspruch zu.
BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 136/04 - OLG Dresden
LG Leipzig
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Caliebe und Dr. Reichart
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 27. Mai 2004 im Kosten-
punkt und insoweit aufgehoben, als der Klage in Abänderung des
erstinstanzlichen Urteils gemäß den in der Berufungsinstanz ge-
stellten Hauptanträgen zu 1, 3 und 4 stattgegeben worden ist.
Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer
des Landgerichts Leipzig vom 18. Dezember 2003 wird hinsicht-
lich aller Hauptanträge zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass
die zu Lasten des Klägers im Landgerichtsurteil ergangene Kos-
tenentscheidung auf die erstinstanzlichen Kosten des Rechts-
streits beschränkt wird.
Im Übrigen wird die Sache zur Verhandlung und Entscheidung
über den erstmals im zweiten Rechtszug gestellten Hilfsantrag
sowie über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfah-
rens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
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Der Kläger wurde im Alter von 39 Jahren aufgrund eines am 15. Juli
1991 mit der Kreissparkasse B. abgeschlossenen Dienstvertrags ab
15. August 1991 für die Dauer von fünf Jahren als Mitglied ihres Vorstands an-
gestellt. Mit Wirkung vom 1. April 1994 vereinigten sich die Kreissparkassen
B. und G. mit der Beklagten; diese trat aufgrund der Fusionsvereinba-
rung in die mit den Bediensteten der beiden fusionierten Sparkassen abge-
schlossenen Dienst- und Arbeitsverträge ein. Mit Schreiben vom 12. April 1994
kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis des Klägers zum 30. April 1994 un-
ter Berufung auf § 8 Abs. 2 des Dienstvertrages (DV); danach gilt für den Fall,
dass der Kläger bei einer Fusion nicht als geschäftsleitendes oder stellvertre-
tendes Vorstandsmitglied verwendet werden kann, die Umbildung der
Kreissparkasse für beide Teile als wichtiger Grund (§ 626 BGB) zur Kündigung
des Dienstverhältnisses. Aufgrund der vom Kläger erhobenen Kündigungs-
schutzklage steht rechtskräftig fest, dass dessen Anstellungsverhältnis zwar
nicht außerordentlich zum 30. April 1994, wohl aber mit Wirkung einer ordentli-
chen Kündigung zum 31. Mai 1994 beendet wurde.
In einem weiteren - bis in die Revisionsinstanz geführten - Vorprozess
(II ZR 372/99) hat der Kläger neben der Zahlung ausstehenden Gehalts für Mai
1994 Versorgungsbezüge seit dem 1. Juni 1994 eingeklagt und die Feststellung
der Anpassung dieser Versorgungsbezüge entsprechend § 70 BeamtVG be-
gehrt. Die Parteien haben in jenem Verfahren im Wesentlichen darüber gestrit-
ten, ob dem Kläger nach der in § 6 DV getroffenen, auf beamtenrechtliche Ver-
sorgungsregeln verweisenden Versorgungsregelung ab dem Wirksamwerden
der Kündigung zumindest bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze für Beamte
volles Ruhegehalt zusteht. § 6 Abs. 1 DV lautet:
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"Bei Eintritt der Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Buchstabe a),
b) und e), bei Kündigung durch die Sparkasse in Anwendung der
Regelung der §§ 7 Abs. 3, 8 Abs. 2 sowie bei einem Dienstunfall
(§ 31 BeamtVG) erhält Herr L. (Kläger) Versorgung nach beam-
tenrechtlichen Vorschriften nach Maßgabe der für Beamte auf Zeit
jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes.
Bei einvernehmlicher Auflösung des Vertragsverhältnisses kann
Versorgung gezahlt werden. ...
Bei Kündigung durch die Sparkasse in Anwendung der Regelung
gem. § 8 Abs. 2 wird die Versorgung vom Zeitpunkt des Ausschei-
dens bis zum normalen Ablauf des Dienstverhältnisses gezahlt."...
Das Landgericht hat dem Kläger ein Ruhegehalt nur bis zum (hypotheti-
schen) Ablauf der vereinbarten fünfjährigen Vertragslaufzeit zugesprochen.
Nachdem das Berufungsgericht demgegenüber auf die Berufung des Klägers
der Klage nahezu in vollem Umfang stattgegeben hatte, hat der Senat durch
Urteil vom 3. Dezember 2001 (II ZR 372/99, WM 2002, 332) das landgerichtli-
che Urteil wiederhergestellt.
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Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger - wiederum gestützt auf
§ 6 DV - mit vier Klageanträgen die Feststellung:
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(1.) der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung künftiger Versor-
gungsbezüge ab Vollendung des 65.
Lebensjahres nach
Maßgabe des Dienstvertrags in Verbindung mit den einschlä-
gigen Regelungen des BeamtVG,
(2.) der Verpflichtung zur Dynamisierung der Versorgung gemäß
§ 70 BeamtVG,
(3.) der Höhe des Ruhegehaltssatzes zum 31. Mai 1994, sowie
(4.) des Anspruchs auf beamtenrechtliche Beihilfe.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat
der Kläger für den Fall der Erfolglosigkeit seiner nunmehr als Hauptbegehren
weiterverfolgten Klageanträge zu 1 bis 4 hilfsweise die Feststellung der Ver-
pflichtung der Beklagten begehrt, ihm nach Maßgabe seines Dienstvertrags in
Verbindung mit den Bestimmungen des BetrAVG Altersruhegeld, Invaliditäts-
und Hinterbliebenenversorgung einschließlich Beihilfen bei Eintritt des Versor-
gungsfalles zu gewähren.
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Das Oberlandesgericht hat - unter Zurückweisung der Berufung hinsicht-
lich des Dynamisierungsantrags zu 2 - der Klage gemäß den Anträgen zu 1, 3
und 4 stattgegeben und im Übrigen "für die Beklagte" die Revision zugelassen.
Die Beklagte verfolgt mit diesem Rechtsmittel ihren Antrag auf vollständige Kla-
geabweisung weiter. Der Kläger hat hinsichtlich des abgewiesenen Antrags auf
Dynamisierung der Versorgung - unselbständige - Anschlussrevision eingelegt.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist - anders als das Anschlussrechtsmittel
des Klägers - begründet und führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden
landgerichtlichen Urteils hinsichtlich sämtlicher Hauptanträge. Im Übrigen ist die
Sache zur Verhandlung und Entscheidung über den Hilfsantrag des Klägers an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
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Der Zulässigkeit der vorliegenden Klage stehe die rechtskräftige Abwei-
sung der Klage im Vorprozess nicht entgegen, weil sich jene Entscheidung
- nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien und der entscheiden-
den Gerichte - auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des
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Klägers beschränkt habe. Dieser habe bei interessengerechter Auslegung des
Dienstvertrages einen Versorgungsanspruch gegen die Beklagte ab Vollendung
seines 65. Lebensjahres. § 6 DV könne nur so verstanden werden, dass in des-
sen Abs. 1 Satz 1 die allgemeinen Voraussetzungen bestimmt würden, unter
denen der Kläger Anspruch auf Altersruhegeld habe, während dessen Satz 5
dem Kläger für den Fall einer fusionsbedingten Kündigung gemäß § 8 Abs. 2
durch die Beklagte lediglich einen zusätzlichen Versorgungsanspruch für den
Zeitraum zwischen dem kündigungsbedingten Ende des Dienstvertrags und
dem Zeitpunkt seines regulären Auslaufens zugebilligt werde. Ein völliger Aus-
schluss jeglichen Anspruchs auf Ruhegehalt ab Vollendung des
65. Lebensjahres sei schon deshalb unbillig, weil andernfalls die Beklagte es
sogar bei anderen Ruhegehaltstatbeständen des Vertrages in der Hand gehabt
hätte, dem Kläger - selbst im Falle des Weiterbestehens des Vertrags - durch
einseitige Kündigung kurz vor Erreichen des ruhegehaltsfähigen Alters einseitig
berechtigte Ansprüche zu entziehen. Schließlich sei ein Ausschluss jeglichen
Ruhegehalts im Fusionsfall auch nicht damit in Einklang zu bringen, dass dem
Kläger selbst bei außerordentlicher Kündigung der Beklagten aus einem in sei-
ner Person liegenden wichtigen Grund gemäß § 7 Abs. 3 DV der Altersruhe-
geldanspruch erhalten geblieben wäre. Im Übrigen lägen die sonstigen forma-
len Voraussetzungen des Ruhegehaltsanspruchs ab Vollendung des
65. Lebensjahres, wie sie der Kläger mit den Hauptanträgen geltend gemacht
habe, - mit Ausnahme der Dynamisierung - vor.
II. Diese Beurteilung hält hinsichtlich der Zuerkennung eines Ruhege-
haltsanspruchs nach beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen ab Vollen-
dung des 65. Lebensjahres durch den Kläger entsprechend den Feststellungs-
hauptanträgen zu 1, 3 und 4 revisionsrechtlicher Nachprüfung ebenso wenig
stand, wie schon im Vorprozess (II ZR 372/99) die von demselben Gericht ver-
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tretene Ansicht, die Beklagte schulde dem Kläger eine Versorgung bereits ab
einem früheren Zeitpunkt.
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1. Lediglich im prozessualen Ansatz ist dem Berufungsgericht darin zu
folgen, dass die vorliegende Klage nicht bereits als unzulässig abzuweisen ist,
weil die jetzt geltend gemachten Versorgungsansprüche ab dem 65. Lebensjahr
- entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht schon im Vorprozess rechtskräftig
aberkannt worden sind. Zwar enthielt der Feststellungsantrag des Klägers im
Vorprozess, soweit er dort abgewiesen worden ist, keine ausdrückliche zeitliche
Begrenzung auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres; eine
solche Beschränkung war aber nach dem damaligen Vorbringen des Klägers
gewollt und ist dementsprechend von den im Vorprozess damit befassten Ge-
richten aller Instanzen - einschließlich des erkennenden Senats - so verstanden
und auch rechtlich so behandelt worden.
2. Demgegenüber ist die Auslegung des Berufungsgerichts, mit der es
aus den einschlägigen Vertragsklauseln des Dienstvertrags, insbesondere des-
sen § 6, einen mit Vollendung des 65. Lebensjahres beginnenden Ruhege-
haltsanspruch des Klägers nach beamtenversorgungsrechtlichen Maßstäben
ableiten will, rechtlich nicht haltbar. Sie steht in unüberbrückbarem Widerspruch
zu der Auslegung derselben Vertragsklauseln durch den Senat im Vorprozess,
die keinen Raum lässt für einen über die in § 6 Abs. 1 Satz 5 DV festgelegte
Begrenzung - und die in diesen Grenzen durch das Landgerichtsurteil im Vor-
prozess rechtskräftig zuerkannten Beträge - hinausgehenden Versorgungsan-
spruch auf entsprechender beamtenrechtlicher Grundlage.
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a) Danach hat auch hier zu gelten, was der Senat schon seinerzeit im
Vorprozess zur rechtlichen Bedeutung dieser Versorgungsregelungen wie folgt
ausgeführt hat:
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"Die Vertragsklausel [scil.: des § 6 Abs. 1 Satz 1 DV] hat vielmehr
nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Bedeutung einer abschlie-
ßenden Aufzählung der vertraglich festgelegten Fallkonstellatio-
nen - Ablauf der Vertragszeit, Feststellung der dauernden Dienst-
unfähigkeit, Tod des Klägers, Dienstunfall, außerordentliche und
fusionsbedingte Kündigung seitens der Sparkasse -, bei deren
Vorliegen der Kläger Anspruch auf Versorgung nach beamten-
rechtlichen Vorschriften, und zwar nach Maßgabe der für Beamte
auf Zeit jeweils geltenden Bestimmungen des BeamtVG haben
soll. Mit dieser allgemeinen und uneingeschränkten Verweisung
haben die Parteien unmissverständlich zum Ausdruck gebracht,
dass sich die näheren Einzelheiten - wie insbesondere Art und
Umfang der Versorgung in den verschiedenartigen Fallkonstellati-
onen - uneingeschränkt nach diesen in Bezug genommenen Ge-
setzen regeln. ...
§ 6 Abs. 1 Satz 5 DV gewährt bei fusionsbedingter Kündigung der
Sparkasse dem Kläger einerseits Versorgung bereits ab dem Zeit-
punkt des Ausscheidens, andererseits begrenzt sie den Zahlungs-
zeitraum unmissverständlich bis zum - hypothetischen - normalen
Ablauf des Dienstverhältnisses. …
Auch aus den in § 6 Abs. 1 Satz 1 DV in Bezug genommenen
Vorschriften des BeamtVG für Beamte auf Zeit … ist ein lebens-
langer Versorgungsanspruch für die Zeit nach Ablauf der Dienst-
zeit nicht abzuleiten. Nach § 66 Abs. 1 BeamtVG gelten für die
Versorgung der Beamten auf Zeit grundsätzlich die Vorschriften
über die Versorgung der Beamten auf Lebenszeit entsprechend,
mithin - da im vorliegenden Fall Anderweitiges nicht bestimmt ist -
die §§ 4 ff. BeamtVG; damit bestehen im Normalfall - sieht man
von den Ausnahmefällen der Dienstunfähigkeit und der Versor-
gung im Todesfall ab - Versorgungsansprüche erst ab der Regel-
altersgrenze, also der Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 4
Abs. 2 BeamtVG). Soweit nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 BeamtVG auch
den in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten Ruhege-
halt zu gewähren ist, ist der Kläger nach dem Vertrag nicht einem
derartigen Beamten gleichgestellt zu erachten. Nach der für Zeit-
beamte weiterhin gültigen Vorschrift des § 96 Abs. 1 BRRG
zwar durch (Landes-)Gesetz bestimmt werden, dass ein Zeitbe-
amter mit Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand tritt. Ist dies ge-
setzlich nicht vorgesehen, so ist er gemäß § 96 Abs. 2 BRRG mit
dem Zeitpunkt des Ablaufs der Amtszeit entlassen, sofern er nicht
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im Anschluss an seine Amtszeit erneut in dasselbe Amt für eine
weitere Amtszeit berufen wird. … Auch nach § 130 Abs. 2 Satz 4
BRRG [scil.: - sofern man diese für die Umbildung von Behörden
vorgesehene Regelung entsprechend anwenden wollte -] endet
die Zeit einer Versetzung der Beamten auf Zeit in den einstweili-
gen Ruhestand aus Anlass der Umbildung von Körperschaften mit
Ablauf der Amtszeit; sie gelten in diesem Zeitpunkt nur dann als
dauernd in den Ruhestand versetzt, wenn sie bei Verbleiben im
Amt mit Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand getreten wären
- was hier beim Kläger ersichtlich bei einem dann erreichten Alter
von erst 44 Jahren nicht der Fall gewesen wäre.
Danach lässt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
aus dem Wortlaut der Versorgungsregelungen in § 6 Abs. 1
Satz 1, 5 DV ein Anspruch des Klägers auf laufende Versor-
gungsbezüge über den in Satz 5 genannten Zeitraum hinaus nicht
ableiten."
b) An dieser Beurteilung hält der Senat auch im vorliegenden Folgepro-
zess weiterhin fest.
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Die danach in den Versorgungsregelungen - speziell in § 6 Abs. 1 Satz 5
DV - vorgeschriebene Begrenzung der Versorgungsansprüche wird nicht da-
durch wieder hinfällig, dass der Kläger irgendwann das 65. Lebensjahr vollen-
det. Denn er steht - entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Beru-
fungsgerichts - mit Ablauf der (fünfjährigen) Amtszeit bei der Beklagten einem
entlassenen Beamten auf Zeit im Sinne des § 96 Abs. 2 BRRG gleich und kann
als solcher - sofern er nicht zwischenzeitlich anderweitig entsprechenden Be-
amtenstatus auf andere Weise wiedererlangt hat und die weiteren versorgungs-
rechtlichen Vorgaben erfüllt sind - nicht mehr, wie erforderlich, aus dem aktiven
Status eines - dem Beamten vertraglich gleichgestellten - Sparkassenvorstan-
des in den Ruhestand treten.
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Diese aufgrund der Auslegung des Senats im Vorprozess bereits vorge-
gebene rechtliche Konsequenz hat der Senat in seinem Urteil vom 19. Januar
2004 (II ZR 303/01, DStR 2004, 466, 467) nochmals bekräftigt: Er hat auch in
jenem Fall die Bezugnahme auf die beamtenrechtlichen Versorgungsregeln als
Vollverweisung angesehen, kraft derer der Begünstigte Altersruhegeld nur be-
anspruchen kann, wenn er am Ende seiner Amtszeit die Regelaltersgrenze be-
reits erreicht hat.
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Eine solche eindeutige Vertragsregelung kann nicht durch - vom Ober-
landesgericht angestellte - bloße Billigkeitserwägungen in ihr Gegenteil verkehrt
werden. Insbesondere lässt sich nicht aus den Versorgungsregelungen ablei-
ten, dass der Kläger - wie das Berufungsgericht offenbar meint - bei Zugrunde-
legung der Auslegungsgrundsätze des Senats aus dem Vorprozess im Falle
des fusionsbedingten unverschuldeten Ausscheidens schlechter gestellt würde
als bei einer sparkassenseitigen Kündigung aus wichtigen, in seiner Person
liegenden Gründen gemäß § 7 Abs. 3 DV. Abgesehen davon, dass eine solche
Vertragsregelung, die dem betreffenden Vorstand eine - dann sogar lebenslan-
ge - Versorgung ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens aus einem von ihm zu
vertretenden wichtigen Grund in jedem Fall - also losgelöst von einem Vergleich
mit der hier vorliegenden Konstellation - gewährt, unverständlich wäre, weil sie
eine Vertragswidrigkeit nicht nur honorieren, sondern geradezu provozieren
würde, ist dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen eine
derartige grobe - zudem nach beamtenrechtlichen Vergleichsmaßstäben aus-
geschlossene - Unbilligkeit auch nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht
übersieht nämlich bereits, dass in der abschließenden Aufzählung von Versor-
gungsansprüchen in § 6 Abs. 1 DV der Fall einer Beendigung des Dienstver-
hältnisses durch Kündigung (§ 7 Abs. 1 c DV) gerade nicht erwähnt wird. In An-
betracht dieses Umstands und vor dem Hintergrund der sonstigen Regelungs-
fälle des § 6 DV ist die dortige Einbeziehung des Falles der "Kündigung durch
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die Sparkasse in Anwendung der Regelung der §§ 7 Abs. 3, 8 Abs. 2" nur so zu
verstehen, dass damit allein der Sonderfall der fusionsbedingten Kündigung
seitens der Sparkasse gemeint ist, der sich lediglich als Anwendungsfall einer
sparkassenseitigen Kündigung aus wichtigem Grund darstellt und deshalb nicht
nur § 8 Abs. 2 DV, sondern gleichzeitig die Grundregelung des § 7 Abs. 3 DV
mit der jeweiligen ausdrücklichen Nennung des § 626 BGB in Bezug nimmt. Nur
ein solches, aus dem Gesamtzusammenhang der Vertragsbestimmungen ab-
geleitetes Verständnis des Sonderfalles der fusionsbedingten Kündigung, der
eine Pensionsberechtigung nach beamtenversorgungsrechtlichen Maßstäben
nur in dem begrenzten zeitlichen Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 5 DV gewährt,
entspricht einer beiderseits interessengerechten Auslegung.
Auf den - im Übrigen nicht entscheidungstragenden - Hinweis des Senats
im Revisionsurteil des Vorprozesses auf das Erhaltenbleiben von "Versor-
gungsanwartschaften hinsichtlich einer Regelaltersversorgung … nach Maßga-
be der versorgungsrechtlichen Vorschriften" kann das Berufungsgericht seine
abweichende Auslegung zu der - in jenem Urteil unmittelbar zuvor - nochmals
hervorgehobenen Gleichsetzung des Beklagten mit einem nach Ablauf der Ver-
tragszeit entlassenen Zeitbeamten nicht stützen. Die Formulierung besagt im
Kontext nichts anderes als das, was der Senat bereits an anderer Stelle jenes
Urteils im Zusammenhang mit der Bewertung der beiderseitigen Interessen
ausgeführt hatte. Danach war auch dem berechtigten Interesse der Beklagten
Rechnung zu tragen, "dem bei Vertragsschluss erst 39-jährigen Kläger im Falle
fusionsbedingter Kündigung nicht ohne Gegenleistung bis an sein Lebensende
eine nicht unerhebliche Versorgung zahlen zu müssen, sondern derartige An-
sprüche auf eine Übergangszeit bis zum Ablauf der normalen Vertragszeit zu
begrenzen und im Übrigen lediglich für die erreichten "normalen" Versorgungs-
anwartschaften aufkommen zu müssen".
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Dem hat die Beklagte - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - mittler-
weile dadurch entsprochen, dass sie - wie gesetzlich vorgeschrieben - eine sog.
Nachversicherung des Klägers im Rahmen des gesetzlichen Rentenversiche-
rungssystems vorgenommen hat.
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3. Die Anschlussrevision hat danach - unabhängig davon, ob bereits die
von der Beklagten gegen die Zulässigkeit ihrer Einlegung erhobenen Bedenken
durchgreifen - keinen Erfolg, weil der Kläger für die Zeit nach Erreichen der Re-
gelaltersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) keinen Versorgungsan-
spruch nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gegen die Beklagte hat und
demzufolge die von ihm mit dem Anschlussrechtsmittel verfolgte Dynamisierung
eines solchen Anspruchs von vornherein ausscheidet.
III. 1. Da das Berufungsgericht - von seinem rechtlichen Ausgangspunkt
her konsequent - über den Hilfsantrag des Klägers auf Feststellung der Ver-
pflichtung der Beklagten zur Gewährung einer vertraglichen Altersversorgung
nach Maßgabe der Bestimmungen des BetrAVG nicht entschieden hat, ist die
Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es - nach
der rechtskräftigen Abweisung des Hauptantrags - die hierzu erforderlichen
Feststellungen treffen kann.
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2. Die hilfsweise Geltendmachung dieses Anspruchs erst in zweiter In-
stanz war entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unzulässig, sondern - als
"Minus" im Verhältnis zu den Hauptanträgen - sachdienlich. Ob eine derartige,
vom Kläger vorgetragene "Hilfsregelung" von etwaigen Versorgungsansprüchen
nach dem BetrAVG dem Gesamtzusammenhang des Vertragswerks entnom-
men werden kann, unterliegt zunächst der tatrichterlichen Würdigung.
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Freilich wird sich das Berufungsgericht - sofern es zur Annahme der Er-
teilung einer entsprechenden Versorgungszusage gelangen sollte - mit dem von
der Beklagten in der Revisionsbegründung erhobenen Einwand auseinanderzu-
setzen haben, dass eine derartige Zusage nach dem Einigungsvertrag außer-
halb des zeitlichen Geltungsbereichs des BetrAVG im Beitrittsgebiet gelegen
haben könnte (vgl. Anlage I, Kap. VIII, Sachgeb. A, Abschn. III, Nr. 16 Einig
Vertr; vgl. dazu Sen.Urt. vom 25. Juli 2005 - II ZR 237/03, WM 2005, 1754).
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Goette Kurzwelly Münke
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 18.12.2003 - 11 O 4056/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 27.05.2004 - 7 U 66/04 -