Urteil des BGH vom 09.10.2012
BGH: treu und glauben, bindungswirkung, anfechtung, kartellvertrag, zusammenarbeitsvertrag, wettbewerber, rationalisierung, begünstigung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
KVZ 27/12
vom
9. Oktober 2012
in dem Kartellverwaltungsverfahren
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2012 durch den
Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Meier-Beck sowie die Richter Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und
Dr. Löffler
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde
in dem Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts
Düsseldorf vom 6. Juni 2012 wird auf Kosten der Beschwerdefüh-
rer zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf
500
.000 € festgesetzt.
Gründe:
Es kann offen bleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig ist
oder ihrer Zulässigkeit ein Verstoß gegen Treu und Glauben unter dem Ge-
sichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens entgegensteht. Sie ist nämlich
jedenfalls unbegründet. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Be-
deutung auf, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 74
Abs. 2 GWB).
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Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob das
Zielunternehmen und sein bisheriger Mehrheitsgesellschafter materiell durch
die Freigabe einer Übernahme durch einen Wettbewerber beschwert sind,
wenn diesem Zusammenschluss eine vertragliche Vereinbarung zugrunde liegt,
deren Wirksamkeit im Streit steht, ist durch die Rechtsprechung hinreichend
geklärt. Der Senat hat im Hinblick auf einen zwischen Wettbewerbern zum
Zwecke der Rationalisierung und Kostenersparnis geschlossenen Zusammen-
arbeitsvertrag entschieden, dass eine kartellbehördliche Erlaubnis dieses Ver-
tragsschlusses die Vertragsparteien nicht belastet, sondern lediglich begünstigt.
Ihnen bleibt es unbenommen, zu entscheiden, ob sie von der Begünstigung
Gebrauch machen wollen oder nicht; die Erteilung der Erlaubnis zwingt sie
nicht, den Kartellvertrag zu praktizieren. Eine eventuelle Bindungswirkung ergibt
sich allein aus dem privatrechtlichen Vertrag, nicht aber aus der Erteilung der
kartellamtlichen Erlaubnis. Wendet sich ein Vertragspartner mit der Beschwerde
gegen diese Erlaubnis, fehlt es deshalb an der für die Zulässigkeit des Rechts-
mittels erforderlichen materiellen Beschwer (BGH, Beschluss vom 31. Oktober
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1978 - KVR 7/77, WuW/E BGH 1562 - Air-Conditioning-Anlagen). Diese Grund-
sätze gelten auch im Hinblick auf die im Streitfall maßgebende Anfechtung ei-
ner kartellamtlichen Entscheidung, einen Zusammenschluss nicht zu untersa-
gen (§ 40 Abs. 2 GWB).
Tolksdorf
Meier-Beck
Kirchhoff
Bacher
Löffler
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.06.2012 - VI-Kart 6/12 (V) -