Urteil des BGH vom 13.10.2005

BGH (stpo, hauptverhandlung, frist, freiheitsstrafe, rüge, strafkammer, verkündung, raum, form, stv)

5 StR 432/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 13. Oktober 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Totschlags u. a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Oktober 2005
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten S und Si
wird das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 4. Mai 2005
gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgeho-
ben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als
Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zu-
rückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Totschlags in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und den
Angeklagten S zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs
Monaten sowie den Angeklagten Si zu einer Freiheitsstrafe von sechs
Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der
Angeklagten haben mit einer übereinstimmend erhobenen Verfahrensrüge
Erfolg.
Dem liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Das Landgericht hat
nach den Schlussvorträgen sowie dem jeweiligen letzten Wort der Angeklag-
ten die Hauptverhandlung am 31. Hauptverhandlungstag, dem 20. Ap-
ril 2005, unterbrochen und Termin zur Fortsetzung auf den 4. Mai 2005 fest-
gesetzt. An diesem Tag fand lediglich die Urteilsverkündung statt.
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Damit hat das Landgericht die sich aus § 268 Abs. 3 Satz 2 StPO er-
gebende Frist nicht eingehalten, denn zwischen der Hauptverhandlung am
20. April 2005 und der Hauptverhandlung am 4. Mai 2005 lagen 14 Tage. Die
Frist des § 229 Abs. 2 StPO findet hier keine Anwendung, da nur noch die
Urteilsverkündung ausstand (vgl. BGH NStZ 2004, 52 m.w.N.; BGH, Be-
schluss vom 28. Juli 1999 – 5 StR 683/98, wistra 1999, 428).
Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
„Die von beiden Beschwerdeführern übereinstimmend erhobene For-
malrüge muss erfolgreich sein, da das Urteil nicht innerhalb der durch § 268
Abs. 3 Satz 2 StPO bestimmten Frist verkündet wurde.
Die Rüge ist in rechter Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Ins-
besondere ist auch ausgeführt, dass die Voraussetzungen von § 268 Abs. 3
Satz 3, § 229 Abs. 3 StPO nicht vorlagen. Allerdings wird nicht vorgetragen,
wann die Strafkammer das Urteil beraten hat. Diese Tatsache könnte jedoch
allenfalls die Frage betreffen, ob die Entscheidung auf dem geltend gemach-
ten Rechtsfehler beruht (vgl. BGH StV 1982, 4/5 mit Anm. Peters). Schon
deshalb bedurfte es hierzu keiner Darlegungen, die im Übrigen den Be-
schwerdeführern auch nicht möglich gewesen wären, sondern von ihnen „ins
Blaue hinein“ hätten aufgestellt werden müssen (vgl. auch Senat in
NStZ 1993, 200).
Da Umstände, die den Erfolg der Rüge gefährden könnten, von nie-
mandem geltend gemacht worden oder sonst ersichtlich sind, lässt sich auch
hier nicht ausschließen, dass die Verurteilung auf dem Verfahrensverstoß
beruht (vgl. Senat in BGHR StPO § 268 Abs. 3 Verkündung 1; Senat, Be-
schluss vom 28. Juli 1999 – 5 StR 683/98; BGH NStZ 2004, 52 Nr. 21).“
- 4 -
Dem schließt sich der Senat an.
Harms Häger Gerhardt
Raum Schaal