Urteil des BGH vom 05.11.2007

BGH (unterbringung, freiheitsstrafe, stpo, dauer, stgb, strafe, teil, therapie, vollstreckung, vollziehung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 69/08
vom
27. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerde-
führers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27.
März 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Duisburg vom 5. November 2007 im Ausspruch über die
Reihenfolge der Vollstreckung dahin geändert, dass die Voll-
ziehung von zwei Jahren und neun Monaten der verhängten
Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt angeordnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Aus-
lagen zu tragen. Jedoch werden die Gebühr für das Revisions-
verfahren um ein Fünftel ermäßigt und der Staatskasse ein
Fünftel der in der Rechtsmittelinstanz entstandenen notwendi-
gen Auslagen des Angeklagten auferlegt.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit To-
desfolge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verur-
teilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ange-
ordnet und bestimmt, dass zuvor vier Jahre der verhängten Freiheitsstrafe voll-
zogen werden.
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Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt, führt zu einer geänderten Festlegung der Dauer des
Vorwegvollzugs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
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1. Ergänzend zu den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesan-
walts bemerkt der Senat:
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Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) bleibt auch ohne Erfolg, soweit
mit ihr beanstandet wird, das Landgericht habe die Alkoholisierung des Ange-
klagten zum Tatzeitpunkt nicht ausreichend aufgeklärt. Es erscheint bereits
zweifelhaft, ob sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt;
denn das vorgetragene Ergebnis der vermissten Beweisaufnahme - der Ange-
klagte sei hochgradig alkoholisiert gewesen - betrifft keine bestimmte Beweis-
tatsache, sondern eine Wertung. Jedenfalls ist die Rüge unbegründet, weil der
zu beurteilende Sachverhalt nicht zur Vernehmung der bei der Tat nicht anwe-
senden Zeugen über den Alkoholkonsum des Angeklagten drängte. Das sach-
verständig beratene Landgericht konnte anhand aussagekräftiger psychodia-
gnostischer Kriterien (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 20 Rdn. 22) zum Nachtat-
verhalten ausschließen, dass der alkoholgewohnte Angeklagte zum Tatzeit-
punkt schuldunfähig war.
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2. Hinsichtlich der angeordneten Dauer des Vorwegvollzugs der Frei-
heitsstrafe kann die Entscheidung des Landgerichts nicht bestehen bleiben.
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Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB in der Fassung des am 20. Juli 2007 in
Kraft getretenen Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychia-
trischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007
(BGBl I 1327) soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Ent-
ziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren
bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Nach
Satz 3 dieses Absatzes ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach
seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung gemäß § 67 Abs. 5
Satz 1 StGB nF eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung nach Erledi-
gung der Hälfte der Strafe möglich ist.
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Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass zwei Jahre und neun Mo-
nate der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in
der Entziehungsanstalt zu vollziehen sind. Nach deren Vollstreckung und einer
ein Jahr dauernden Unterbringung ist mit drei Jahren und neun Monaten die
Hälfte der verhängten, sich insgesamt auf sieben Jahre und sechs Monate be-
laufenden Freiheitsstrafe erledigt. Die sachverständig beratene Strafkammer ist
rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der Persönlich-
keitsmerkmale des Angeklagten die Therapie voraussichtlich ein Jahr dauern
werde.
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Der Senat konnte die Dauer des Vorwegvollzugs gemäß § 354 Abs. 1
StPO analog selbst festlegen, weil der Strafausspruch keinen Rechtsfehler auf-
weist, die zur Therapie erforderliche Dauer der Unterbringung rechtsfehlerfrei
festgestellt ist und es sich bei der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs
um einen auf klaren gesetzlichen Vorgaben beruhenden Rechenvorgang han-
delt (vgl. BGH, Beschl. vom 15. November 2007 - 3 StR 390/07).
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3. Aufgrund des Teilerfolgs der Revision sind gemäß § 473 Abs. 4 StPO
die Revisionsgebühr um ein Fünftel zu ermäßigen und der Staatskasse ein
Fünftel der im Revisionsrechtszuge entstandenen notwendigen Auslagen des
Angeklagten aufzuerlegen.
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Becker Pfister von Lienen
Hubert Schäfer