Urteil des BGH vom 23.02.2000

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 605/99
vom
23. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Februar 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts München I vom 20. April 1999, soweit es ihn betrifft,
a) im Fall B I 1 der Urteilsgründe aufgehoben und das Verfah-
ren eingestellt (§ 260 Abs. 3 StPO); insoweit trägt die
Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendi-
gen Auslagen des Angeklagten;
b) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der
Bestechlichkeit in 14 Fällen schuldig ist;
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 6. Dezember
1999 zutreffend ausgeführt:
"Die Verjährung der Taten des Angeklagten ist erstmals durch den Haft-
befehl des Amtsgerichts München vom 16. Dezember 1994 unterbrochen wor-
den (§ 78c Abs. 1 Nr. 5 StGB). Es läßt sich nicht ausschließen, daß das Ve r-
gehen der Bestechlichkeit im Fall B I 1 der Urteilsgründe (Bauvorhaben W.
, 63/89; UA S. 16) zu diesem Zeitpunkt bereits gemäß § 78 Abs. 3
Nr. 4 StGB verjährt war. Die Verjährung beginnt nach § 78a Satz 1 StGB, so-
bald die Tat beendet ist. Das ist bei der Bestechlichkeit regelmäßig dann der
Fall, wenn der Amtsträger die Amtshandlung vollzogen und den Vorteil ange-
nommen hat (BGHSt 11, 345, 347; BGH NStZ 1993, 538, 539). Wann der An-
geklagte die 'Gegenleistung' für die Herausgabe der Bieterliste zu diesem Bau-
vorhaben erhalten hat, ist nicht festgestellt worden. Zu Gunsten des Ange-
klagten (vgl. BGHSt 18, 274; 33, 271, 277; BGHR StGB § 78 Abs. 3 Fristablauf
1) ist daher davon auszugehen, daß die Zahlung des Bestechungsgeldes, das
nach den Urteilsfeststellungen jeweils nach Auftragserlangung durch die aus-
gewählte Firma ausbezahlt wurde, noch am Tag der Auftragserteilung am
15. Dezember 1989 oder am folgenden Tag, also in verjährter Zeit erfolgt ist.
Die Verfolgungsverjährung ist von Amts wegen zu beachten und führt
zur Einstellung des Verfahrens im Fall B I 1, einer Berichtigung des Schuld-
spruchs und zum Fortfall der verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zehn Mona-
ten (UA S. 106)."
Nach der Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Falles B I 1 der
Urteilsgründe weist das Urteil in den übrigen Fällen zum Schuldspruch und
zum Einzelstrafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
auf. Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts bemerkt der Se-
nat:
Die nach insoweit belastenden Zeugenaussagen erfolgte Erklärung des
Verteidigers in seinem Schlußvortrag, der Angeklagte habe über die bereits
eingestandenen Fälle hinaus bei weiteren konkret benannten Gelegenheiten
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Bestechungsgelder erhalten, durfte die Kammer im Rahmen der Beweiswürdi-
gung als Geständnis des Angeklagten verwerten. Der Verteidiger hatte die Äu-
ßerung ausdrücklich für den Angeklagten abgegeben, und dieser hatte sich in
seinem letzten Wort den Ausführungen seines Verteidigers angeschlossen
(vgl. BGH StV 1998, 59; BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 2 und 4 sowie
§ 261 Überzeugungsbildung 23).
Die Verfahrensrüge, die Anträge auf Einholung von Sachverständigen-
gutachten seien zu Unrecht wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt worden, ist
gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig. Bei der Rüge, § 244 Abs. 3 StPO
sei verletzt, muß die Revision die Tatsachen vortragen, aus denen sich die
Fehlerhaftigkeit des Gerichtsbeschlusses ergeben soll (Miebach/Sander NStZ-
RR 2000, 1, 3). Bei einer Ablehnung als unerheblich gehören dazu auch die
Tatsachen, aus denen die geltend gemachte Erheblichkeit der Beweisbehaup-
tung folgt (Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 361). Dem
genügt das Revisionsvorbringen nicht.
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Der Wegfall der Verurteilung im erwähnten Fall führt zur Aufhebung des
Ausspruchs über die Gesamtstrafe (von drei Jahren Freiheitsstrafe). Der Senat
kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, daß ohne diese Ver-
urteilung eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt worden wäre. Die zum Ge-
samtstrafausspruch getroffenen Feststellungen weisen keinen den Angeklag-
ten beschwerenden Rechtsfehler auf und bleiben deshalb aufrechterhalten.
Ergänzende Feststellungen sind zulässig.
Schäfer Maul Granderath
Wahl Schluckebier