Urteil des BGH vom 20.05.2014

BGH: gesetzliche vermutung, rechtsanwaltschaft, widerruf, hauptsache, gefährdung, vermögensverfall, ermessen, verfahrensrecht, verfahrenskosten

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 74/13
vom
20. Mai 2014
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
hier:
Erledigung der Hauptsache
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Berichterstatte-
rin Richterin Roggenbuck
am 20. Mai 2014
beschlossen:
Das Berufungsverfahren wird eingestellt.
Das Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom
19. August 2013 ist gegenstandslos.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000
€ fest-
gesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte hat die Rechtsanwaltszulassung der Klägerin wegen Ver-
mögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) durch Bescheid vom 11. Januar 2012
widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat die dagegen gerichtete Klage abgewie-
sen und die Berufung zugelassen. Während des laufenden Berufungsverfah-
rens hat die Klägerin auf ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verzichtet. Die
Beklagte hat infolgedessen ihre Zulassung bestandskräftig gemäß § 14 Abs. 2
Nr. 4 BRAO widerrufen. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit in der
Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
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II.
Nachdem die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt er-
klärt haben, ist gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3
Satz 1 VwGO das Berufungsverfahren einzustellen und entsprechend § 112c
Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO
zur Klarstellung auszusprechen, dass das angefochtene Urteil unwirksam ge-
worden ist. Für die gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 161 Abs. 2 VwGO zu
treffende Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nach § 87a Abs. 1
Nr. 3, Abs. 3, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Berichterstatter zuständig.
Über die Kosten ist gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 161 Abs. 2
Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden; der bisherige Sach- und
Streitstand ist zu berücksichtigen. Danach hat die Klägerin die Verfahrenskos-
ten zu tragen.
Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt - Widerrufsbescheid der Beklagten vom
11. Januar 2012 - lagen die Voraussetzungen für einen Widerruf vor. Die Kläge-
rin war am 11. Januar 2012 im Zentralen Schuldnerverzeichnis beim Amtsge-
richt S. mit mindestens zwei Haftbefehlen ( M vom
21. Oktober 2010; M vom 15. Februar 2010) eingetragen. Damit
wurde der Vermögensverfall kraft Gesetzes vermutet. Die gesetzliche Vermu-
tung des Vermögensverfalls hatte die Klägerin auch nicht widerlegt. Dass die
Eintragungen im Zentralen Schuldnerverzeichnis nach Widerruf der Zulassung
gelöscht wurden, ist ohne Bedeutung. Nach der ständigen Senatsrechtspre-
chung (vgl. nur Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190,
187 Rn. 9 ff.; vom 24. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 47/12, juris Rn. 6 und vom
4. Februar 2013 - AnwZ (Brfg) 31/12, juris Rn. 7) ist für die Beurteilung der
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Rechtmäßigkeit eines Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach
dem ab 1. September 2009 geltenden Verfahrensrecht auf den Zeitpunkt des
Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (hier: 11. Januar 2012) abzustellen.
Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulas-
sungsverfahren vorbehalten.
Der Vermögensverfall indiziert nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO eine Ge-
fährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Dass die Klägerin hauptsächlich
auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts tätig war, schloss eine Gefährdung nicht
aus. Die Berufung der Klägerin wäre nach bisherigem Sach- und Streitstand
erfolglos gewesen.
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III.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 194 Abs. 2 BRAO. Umfang
und Bedeutung der Sache sind nicht geringer als in anderen Berufungsverfah-
ren gegen Urteile, die den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft we-
gen Vermögensverfalls zum Gegenstand haben. Trotz mutmaßlich schlechter
Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betroffenen Rechtsanwalts legt
der Senat in diesen Fällen üblicherweise den Streitwert von 50.000 € zugrunde.
Roggenbuck
Vorinstanz:
AGH Berlin, Entscheidung vom 19.08.2013 - I AGH 2/12 -
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