Urteil des BGH vom 19.03.2013

BGH: vertretung, verfügung, fax, mandat, sorgfalt, sion

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZA 4/13
vom
19. März 2013
in dem Rechtsstreit
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. März 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Achilles
beschlossen:
Der Antrag des Beklagten, ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizu-
ordnen, wird abgelehnt.
Gründe:
1. Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeord-
net werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht fin-
det und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dies
setzt zunächst voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen
zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden sowie ihre diesbezüg-
lichen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat
(st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - I ZR 98/11, GRUR-RR
2012, 96 Rn. 2 mwN). Der Partei obliegt es insbesondere, einen beim Bundes-
gerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt so rechtzeitig mit den erforderlichen
Informationen zu versorgen, dass der Rechtsanwalt die Vertretung nicht be-
rechtigterweise mit der Begründung ablehnen kann, ihm verbleibe keine ange-
messene Zeit mehr, die Sache mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten (vgl.
BGH, Beschluss vom 8. September 2011 - III ZR 89/11, juris Rn. 1 zum Erfor-
dernis der rechtzeitigen Zahlung eines Kostenvorschusses).
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2. Diesen Anforderungen ist der Beklagte nach seinem eigenen Vorbrin-
gen nicht gerecht geworden.
a) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Angaben des Beklagten zutref-
fen, wonach eine Reihe der von ihm telefonisch angesprochenen Rechtsanwäl-
te am Bundesgerichtshof eine Übernahme des Mandats aus verschiedenen
Gründen abgelehnt hätten. Erklärungen dieser Rechtsanwälte, ob und aus wel-
chen Gründen die Übernahme des Mandats von ihnen abgelehnt wurde, hat der
Beklagte nicht vorgelegt.
b) Ungeachtet dessen hatte der Beklagte nach seinen Angaben jeden-
falls von einer Reihe weiterer Rechtsanwälte, deren Büros er ebenfalls angeru-
fen hatte, keine Absage erhalten. Er hatte diese Anwälte telefonisch nicht per-
sönlich erreicht und ist, wie er vorbringt, "nach einiger Zeit des Hinterhertelefo-
nierens davon ausgegangen, dass wohl kein Interesse besteht". Damit hat der
Beklagte nicht die erforderlichen und ihm zumutbaren Anstrengungen unter-
nommen, um einen dieser Rechtsanwälte mit der Einlegung der Revision zu
beauftragen. Nachdem ein persönliches Telefongespräch mit diesen Rechts-
anwälten nicht zustande gekommen war, wäre es ihm zuzumuten gewesen,
den Rechtsanwälten das Mandat unter (rechtzeitiger) Vorlage der für die Prü-
fung der Mandatsübernahme erforderlichen Unterlagen - insbesondere des an-
zufechtenden Berufungsurteils - schriftlich anzutragen. Das hat der Beklagte
versäumt.
Auch die am 28. Januar 2013 noch angerufenen Rechtsanwälte O.
sowie Rechtsanwalt Dr. S. haben die Übernahme des Mandats nicht
grundsätzlich abgelehnt, sondern lediglich darauf verwiesen, dass dies jetzt
zeitlich nicht mehr möglich sei. Insoweit hat der Beklagte schon nicht dargelegt,
wann er diese Rechtsanwälte am letzten Tag der Frist zur Einlegung der Revi-
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sion angerufen hat und ob noch Zeit bestanden hätte, ihnen das Berufungsurteil
per Fax oder E-Mail zuzuleiten. Es ist damit auch hinsichtlich dieser Rechtsan-
wälte schon nicht ersichtlich, ob sie die Übernahme des Mandats berechtigter-
weise abgelehnt haben, weil ihnen die erforderlichen Unterlagen, welche sie zur
Prüfung der Übernahme des Mandats benötigt hätten, vom Beklagten nicht
rechtzeitig zur Verfügung gestellt worden waren.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 20.04.2012 - 383 C 3180/11 (43) -
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 17.12.2012 - 2-11 S 146/12 -