Urteil des BGH vom 19.07.2006

BGH: treu und glauben, treuhandvertrag, agb, schutzwürdiges interesse, verfügungsmacht, geschäftsführer, ausführung, muster, gesellschafter, meinung

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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 31/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 AGBG, § 242 BGB, § 667
BGB, § 675 BGB
(Girogeschäft: Prinzip der formalen Auftragsstrenge im
Überweisungsverkehr;
Mittelverwendungstreuhänderschaft;
Verwendereigenschaft bei Allgemeinen
Geschäftsbedingungen)
Leitsatz
1. Zum Prinzip der formalen Auftragsstrenge bei Überweisungen und wirtschaftliche
Zweckerreichung
2. Zum Problem der Mittelverwendungstreuhänderschaft und Haftungsfreizeichnung
3. Zur Verwendereigenschaft bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde
vom Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung
bedürfen, wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Ergänzend ist festzuhalten, dass nach dem (wechselnden) Vorbringen der Kläger,
dem die Beklagten nicht entgegengetreten sind, die Umschreibung der zunächst
auf den Beklagten zu 2) als Kontoinhaber lautenden Konten auf A(nachfolgend A)
als Kontoinhaberin zum 31. bzw. 12. bzw. 2.11.1989 (vgl. Bl. 311f und 665 d.A.)
erfolgt ist.
Das Landgericht hat die Zahlungsklage mit der Begründung abgewiesen, es seien
gegen die Beklagte zu 1) weder vertragliche Ansprüche der Kläger nach §§ 667,
675 Abs. 1 BGB oder aus anderen Anspruchsgrundlagen noch deliktische
Ansprüche aus § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266, 27 StGB
gegeben. Gegen den Beklagten zu 2) bestünden ebenfalls keine vertraglichen
Ansprüche gemäß §§ 667, 675 BGB, jedenfalls seien sie nach § 3 Ziff. 4 der
Treuhandverträge verjährt. Diese Bestimmung sei nach ihrem Inhalt nicht
zweifelhaft, so dass für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG a.F.
kein Raum sei. Schließlich gebe es auch keine Ansprüche der Kläger gegen den
Beklagten zu 2) nach § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266, 27
StGB.
Gegen das ihnen am 10.1.2005 zugestellte Urteil des Landgerichts haben die
Kläger am 10.2.2005 fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 11.4.2005
innerhalb der bis zu diesem Datum verlängerten Berufungsbegründungsfrist
begründet.
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Die Kläger führen zur Begründung ihrer Berufung an, das Landgericht habe im
Hinblick auf den vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus §§ 675, 667
BGB rechtsfehlerhaft die Verletzung des Prinzips der formalen Auftragsstrenge im
Überweisungsverkehr nicht hinreichend beachtet. Nach den betreffenden
Überweisungsaufträgen habe Empfänger der Beklagte zu 2) persönlich sein sollen,
die Gutschrift sei von der Beklagten zu 1) aber auf den Konten der A (das zuvor
auf den Beklagten zu 2) als Kontoinhaber gelautet hatte) vorgenommen worden.
Die Kläger hätten Wert darauf gelegt, dass die Anlagegelder nur an den Beklagten
zu 2) persönlich gehen sollten; das Landgericht hätte die angebotenen Beweise
erheben müssen. Die Berufung der Kläger auf die Abweichung zwischen dem
Überweisungsadressaten und der Gutschrift auf den Konten der A sei entgegen
der Ansicht des Landgerichts auch nicht treuwidrig, weil der Beklagte zu 2) bei der
Verfügung über die Gelder als Geschäftsführer der A gehandelt habe und nicht als
Steuerberater B. Die Änderung des Kontoinhabers bei einem Anderkonto unter
Beibehaltung der Kontonummer sei geradezu eine Todsünde im Bankgeschäft.
Auch seien deliktische Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) gegeben, die sich das
Verhalten ihrer Mitarbeiter nach § 31 BGB zurechnen lassen müsse.
Gegen den Beklagten zu 2) bestünden ebenfalls vertragliche Ansprüche aus §§
675, 667 BGB, die entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt seien.
Das Landgericht habe die entsprechende Entscheidung des BGH vom 30.10.2003
(WM 2003, 2382) in einem Parallelverfahren einer anderen Anlegergruppe gegen
den Beklagten zu 2) vollständig ignoriert. Die Auslegung des Landgerichts, wonach
die Verjährungsregelung im Treuhandvertrag auch verschuldensunabhängige
vertragliche Herausgabeansprüche erfasse, sei unzutreffend. Die Kläger seien
auch nicht Verwender dieser unklaren AGB-Klausel gewesen. Außerdem sei die
Verjährungsregelung im Treuhandvertrag schon deshalb unerheblich, weil bereits
im Vorfeld durch die Überweisung ein eigenes Auftragsverhältnis zwischen den
Klägern und dem Beklagten zu 2) mit der Folge eines Herausgabeanspruchs bei
nicht ordnungsgemäßer Mittelverwendung begründet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Kläger
wird auf die Schriftsätze vom 11.4.2005 (Bl. 1502-1512 d.A), vom 6.6.2005 (Bl.
1520f d.A.), vom 9.1.2006 (Bl. 1559-1561 d.A.), vom 9.2.2006 (Bl. 1565f d.A.) und
vom 30.3.2006 (Bl. 1603f d.A.) verwiesen.
Die Kläger beantragen,
1) a) auf ihre Berufung hin das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom
24.11.2004 abzuändern und
b) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
an den Kläger zu 1) 8.753,32 € nebst 4 % Zinsen aus 5.470,82 € seit dem
1.2.1990, aus 547,08 € seit dem 22.3.1990, aus 2.735,41 € seit dem 30.4.1990,
an den Kläger zu 2) 13.804,88 € nebst 4 % Zinsen aus 5.112,92 € seit dem
25.7.1998, aus 8.691,96 € seit dem 3.2.1990,
an den Kläger zu 3) 25.564,59 € nebst 4 % Zinsen aus 5.470,00 € seit dem
16.7.1990, aus 18.796,12 € seit dem 22.1.1990,
an den Kläger zu 4) 27.354,12 € nebst 4 % Zinsen seit dem 17.1.1990,
an den Kläger zu 5) 16.412,47 € nebst 4 % Zinsen aus 10.941,16 € seit dem
24.4.1990, aus 5.470,82 € seit dem 25.1.1990,
an den Kläger zu 6) 6.017,91 € nebst 4 % Zinsen aus 2.735,41 € seit dem
30.3.1990, aus 1.094,16 € seit dem 7.2.1990, aus 2.188,33 € seit dem
28.12.1989,
an die Kläger zu 7) 4.923,74 € nebst 4 % Zinsen aus 547,08 € seit dem
30.6.1990, aus 2.735,41 € seit dem 24.4.1990, aus 1.641,25 € seit dem
24.4.1990,
an die Klägerin zu 8) 21.883,29 € nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1990,
an den Kläger zu 9) 5.470,82 € nebst 4 % Zinsen seit dem 30.5.1989,
an den Kläger zu 10) 10.941,65 € nebst 4 % Zinsen aus je 5.470,82 € seit dem
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an den Kläger zu 10) 10.941,65 € nebst 4 % Zinsen aus je 5.470,82 € seit dem
30.7.1990 und 22.3.1990,
an den Kläger zu 11) 5.470,82 € nebst 4 % Zinsen seit dem 27.4.1990,
an den Kläger zu 12) 2.735,41 € nebst 4 % Zinsen aus 1.641,25 € seit dem
21.12.1990, aus 1.094,16 € seit dem 28.9.1990,
an den Kläger zu 13) 15.591,85 € nebst 4 % Zinsen aus 5.470,82 € seit dem
6.2.1989, aus 2.735,41 € seit dem 15.9.1989, aus 7.385,61 € seit dem 6.9.1989,
an Kläger zu 14) 2.735,41 € nebst 4 % Zinsen aus 1.641,25 € seit dem
28.2.1990, aus 1.094,16 € seit dem 24.7.1989,
an die Kläger zu 15) 6.564,99 € nebst 4 % Zinsen aus 1.641,25 € seit dem
24.1.1990, aus 2.735,00 € seit dem 8.11.1989, aus 2.188,33 € seit dem
15.8.1989,
an den Kläger zu 16) 2.556,46 € nebst 4 % Zinsen seit dem 25.7.1990,
an den Kläger zu 17) 46.618,88 € nebst 4 % Zinsen aus 10.225,84 € seit dem
16.10.1989, aus 2.735,41 € seit dem 5.6.1990, aus 3.282,49 € seit dem
12.5.1990, aus je 1.094,16 € seit dem 24.3.1990 und 27.2.1990, aus 2.735,41 €
seit dem 27.2.1990, aus 2.760,98 € seit dem 30.1.1990, aus 1.641,25 € seit dem
27.2.1990, aus 20.451,68 € seit dem 1.2.1990, aus 597,50 € seit dem 25.1.1990,
an den Kläger zu 18) 16.412,47 € nebst 4 % Zinsen aus 5.470,82 € seit dem
21.9.1990, aus 10.941,65 € seit dem 29.1.1990,
an die Klägerin zu 19) 11.488,73 € nebst 4 % Zinsen aus je 1.094,16 € seit
dem 19.7.1990 und dem 19.12.1989, aus 1.641,25 € seit dem 25.1.1990, aus
7.659,15 € seit dem 4.8.1989,
an die Klägerin zu 20) 2.556,46 € nebst 4 % Zinsen seit dem 16.5.1990,
an die Klägerin zu 21) 1.641,25 € nebst 4 % Zinsen seit dem 14.7.1990,
an den Kläger zu 22) 10.941,65 € nebst 4 % Zinsen aus 8.206,23 € seit dem
29.6.1990, aus 2.735,41 € seit dem 31.3.1990,
an den Kläger zu 23) 21.883,29 € nebst 4 % Zinsen seit dem 16.8.1990,
an den Kläger zu 24) 27.354,12 € nebst 4 % Zinsen seit dem 20.2.1990,
an den Kläger zu 25) 3.282,49 € nebst 4 % Zinsen aus 2.735,42 € seit dem
28.12.1990, aus 547,08 € seit dem 4.5.1990,
an den Kläger zu 26) 16.424,84 € nebst 4 % Zinsen aus 10.941,65 € seit dem
20.8.1990, aus 5.483,19 € seit dem 28.4.1990,
an den Kläger zu 27) 2.735,41 € nebst 4 % Zinsen seit dem 13.10.1989,
an den Kläger zu 28) 5.470,82 € nebst 4 % Zinsen seit dem 1.11.1989,
an den Kläger zu 29) 4.933,97 € nebst 4 % Zinsen seit dem 13.2.1990,
an den Kläger zu 30) 12.035,81 € nebst 4 % Zinsen aus je 547,08 € seit dem
26.9.1990 und dem 27.6.1990, aus je 2.735,41 € seit dem 29.3.1990 und dem
2.1.1990, aus 5.470,82 € seit dem 2.8.1989,
an den Kläger zu 31) 21.883,29 € nebst 4 % Zinsen aus je 2.735,41 € seit dem
8.9.1990, dem 10.8.1990, dem 17.7.1990 und dem 25.2.1990, aus je 5.470,82 €
seit dem 27.4.1990 und dem 23.10.1990,
an den Kläger zu 32) 10.941,65 € nebst 4 % Zinsen aus je 5.470,82 € seit dem
20.11.1990 und dem 18.9.1990,
an den Kläger zu 33) 14.970,63 € nebst 4 % Zinsen aus je 5.470,82 € seit dem
15.2.1990 und dem 25.4.1990, aus 4.744,79 € seit dem 20.7.1990,
an den Kläger zu 34) 6.518,98 € nebst 4 % Zinsen aus 3.783,56 € seit dem
10.8.1989, aus 2.735,41 € seit dem 27.2.1990,
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an die Klägerin zu 35) 3.416,58 € nebst 4 % Zinsen aus 2.735,41 € seit dem
20.8.1990, aus 860,12 € seit dem 6.9.1990,
an den Kläger zu 36) 8.691,96 € nebst 4 % Zinsen aus je 2.735,41 € seit dem
31.5., 29.5., 27.9.1990, aus 1.094,16 € seit dem 27.10.1990,
an die Klägerin zu 37) 2.735,41 € nebst 4 % Zinsen seit dem 4.4.1990,
an den Kläger zu 38) 16.412,47 € nebst 4 % Zinsen seit dem 29.12.1989,
an den Kläger zu 39) 5.470,82 nebst 4 % Zinsen seit dem 1.6.1990,
an die Klägerin zu 40) 58.425,32 € nebst 4 % Zinsen aus 547,08 € seit dem
18.3.1990, aus 10.225,84 € seit dem 4.6.1990, aus 21.729,90 € seit dem
22.7.1990, aus 5.470,82 € seit dem 6.10.1990, aus 20.451,67 € seit dem 5.6.1990
zu bezahlen,
2) die Beklagte zu 1) zu verurteilen,
an den Kläger zu 41) 10.941,65 € nebst 4 % Zinsen aus je 5.470,82 € seit dem
27.7.1990 und 2.3.1990 und
an die Klägerin zu 42) 2.735,41 € nebst 4 % Zinsen seit dem 27.7.1990 zu
bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Nach Meinung der Beklagten zu 1) sei es den
Klägern gleichgültig gewesen, ob die Anlagegelder an den Beklagten zu 2)
persönlich oder die A gegangen seien, bei der der Beklagte zu 2) alleiniger
Gesellschafter und Geschäftsführer gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr, dass
die Gelder auf jeden Fall in die Verfügungsgewalt des Beklagten zu 2) gelangt
seien, der auch entsprechend über die Gelder tatsächlich verfügt habe. Damit sei
der wirtschaftliche Zweck der Überweisungen ungeachtet der Gutschrift auf den
Konten der A jedenfalls erfüllt gewesen, nämlich dass die Anlagegelder in den
Bereich der Treuhandverwaltung bei den Anlagegesellschaften gelangen sollten. Es
sei widersprüchlich, wenn die Kläger auf der einen Seite gegenüber der Beklagten
zu 1) beanstandeten, dass eine Gutschrift auf den Konten der A nicht habe
erfolgen dürfen, sie auf der anderen Seite aber zugleich den Beklagten zu 2) aus
Auftragsrecht in Anspruch nehmen wollten (was dessen Verfügungsmacht
voraussetze). Den Klägern sei ein Schaden nicht aus Falschbuchung durch die
Beklagte zu 1), sondern allenfalls wegen treuwidriger Verwendung der
Anlagegelder durch den Beklagten zu 2) entstanden. Die Berufung der Kläger auf
eine weisungswidrig ausgeführte Überweisung sei nach ständiger Rechtsprechung
treuwidrig, da hier die Interessen der Kläger als Auftraggeber nicht verletzt und der
Zweck der Überweisung wegen der Verfügungsmacht des „wirtschaftlich richtigen“
Empfängers erreicht worden sei.
Der Beklagte zu 2) hält die von den Klägern angeführte Entscheidung des BGH
vom 30.10.2003 (WM 2003, 2382) für nicht einschlägig, weil er – wie vorgetragen -
nicht Verwender der Verjährungs-Klausel im Treuhandvertrag gewesen sei und
eine etwaige Unklarheit nicht zu seinen Lasten gehen könne. Das Landgericht
habe zu Recht den Eintritt der Verjährung bejaht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten
wird auf die Schriftsätze vom 20.6.2005 (Bl. 1529-1531) und vom 28.6.2005 (Bl.
1544-11553 d.A.) verwiesen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Z1 und Z2. Zum
Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
vom 14.6.2006 (Bl. 1607-1612 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Kläger ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, hat
jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Ein Berufungsgrund im Sinne des § 513 ZPO liegt nicht vor, denn weder beruht die
Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch
rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere
Entscheidung.
Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagten auf
Zahlung der geltend gemachten Beträge im Zusammenhang mit der Gutschrift
von an den Beklagten zu 2) überwiesenen Anlagegeldern auf den Konten der A bei
der Beklagten zu 1) in den Jahren 1989/90 verneint.
Dabei hat das Landgericht ohne Rechtsfehler einen vertraglichen
Herausgabeanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) aus §§ 675, 667 BGB
wegen weisungswidriger Ausführung von Überweisungsaufträgen abgelehnt.
Soweit die von den Klägern reklamierten Überweisungen vor der Umschreibung
der Konten des Beklagten zu 2) auf die A erfolgt waren (was bei ca. 20 der
eingeklagten Überweisungen der Fall ist, vgl. die Klageschrift und die
Klageerweiterung), liegt eine weisungswidrige Ausführung von
Überweisungsaufträgen schon tatbestandlich nicht vor.
Im Hinblick auf die nach diesem Zeitpunkt erfolgten Gutschriften der an den
Beklagten zu 2) überwiesenen Anlagegelder durch die Beklagte zu 1) auf den
Konten der A hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass diese Gelder
ausnahmslos in den Verfügungsbereich des Beklagten zu 2) gelangt sind, wie von
den Klägern als Auftraggeber gewollt, und dass dieser als
Mittelverwendungstreuhänder über die an ihn überwiesenen Gelder verfügt hat. Ein
schutzwürdiges Interesse der Kläger daran, dass die Gelder dennoch allein auf auf
den Beklagten zu 2) persönlich lautende Konten hätten verbucht werden dürfen,
ist nicht ersichtlich; eine Beweiserhebung in diesem Zusammenhang, deren
Nichtdurchführung durch das Landgericht die Kläger rügen, ist insoweit nicht
erforderlich. Eine vertragswidrige Verwendung der Gelder ist dem Beklagten zu 2)
hierdurch nicht erleichtert worden, wie das Landgericht konstatiert hat und was mit
der Berufung nicht im einzelnen angegriffen worden ist. Auch hat diese
Handhabung nicht zu einer Beschränkung der Haftung des Beklagten aus
vertragswidrige Verwendung der Gelder geführt, wie die Kläger meinen.
Damit verstößt die Geltendmachung des verschuldensunabhängigen
Rückerstattungsanspruchs aufgrund Verstoßes gegen das Prinzip der formalen
Auftragsstrenge vorliegend gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), denn eine
solche Treuwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die
weisungswidrige Auftragserledigung das Interesse des Auftraggebers im Ergebnis
nicht verletzt hat. Eine Interessenverletzung ist immer dann nicht gegeben, wenn
der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz der Fehlbuchung erreicht worden ist
(BGH WM 1991, 1915 und 1912; 1980, 587; 1974, 274; Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch 2001, § 49 Rn 24). Das ist hier – wie dargelegt – im Sinne
eines von der Rechtsprechung gemeinten wirtschaftlichen Zufließens des
Überweisungsbetrages an den vom Auftraggeber gewollten Empfänger der Fall.
Der Verweis der Kläger auf eine etwaige Verpflichtung der Beklagten zu 1) zur
Nachfrage nicht beim Beklagten zu 2), sondern den Überweisenden führt in
Anbetracht der dargelegten Zweckerreichung zu keiner anderen Beurteilung.
Darüber hinaus wären im Falle einer Annahme einer Pflichtverletzung der
Beklagten zu 1) die Gesichtspunkte hypothetischer Schadensursachen und
rechtmäßigen Alternativverhaltens zu berücksichtigen, die vorliegend gegen einen
ersatzfähigen Schaden sprechen.
Bestand bei Eintritt des schädigenden Ereignisses eine der geschädigten Sache
innewohnende Schadensanlage, die zu dem gleichen Schaden geführt hätte,
beschränkt sich die Ersatzpflicht auf die durch den früheren Schadenseintritt
bedingten Nachteile (BGH NJW 1985, 676; Palandt-Heinrichs, 65. Aufl. 2006, Vor §
249 Rn 99). Eine dementsprechende Schadensanlage in dem praktizierten
Anlagemodell folgt daraus, dass die Mittelverwendung auch bei Weiterleiten der
Gelder (direkt und nur) an den Beklagten zu 2) persönlich nicht anders ausgefallen
wäre. Gegenteiliges haben die Kläger weder substantiiert vorgetragen noch unter
Beweis gestellt.
Rechtmäßiges Alternativverhalten ist grundsätzlich beachtlich (BGH NJW 2000,
661; Palandt-Heinrichs, Vor §249 Rn 105 mwN); Schäden, die auch bei einem
rechtmäßigen Verhalten des Schädigers entstanden wären, sind vom Schutzzweck
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rechtmäßigen Verhalten des Schädigers entstanden wären, sind vom Schutzzweck
der Haftungsnormen regelmäßig nicht erfasst (BGH a.a.O.; Palandt-Heinrichs
a.a.O.). Auch ohne etwaige Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1) wäre aber nach
dem Vorstehenden der gleiche Schaden entstanden; insoweit wird auf die
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, wonach dem
Beklagten zu 2) eine vertragswidrige Mittelverwendung durch die Beklagte zu 1)
nicht erleichtert worden ist. Die Kläger haben dies im Berufungsverfahren nicht in
erheblicher Weise angegriffen.
Soweit das Landgericht deliktische Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 1)
aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266, 27 StGB verneint hat,
genügt die bloße Behauptung des Gegenteils durch die Kläger in der
Berufungsbegründung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO.
Die pauschale Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag stellt auch nach der
ZPO-Reform keine ausreichende Berufungsbegründung dar (Zöller-
Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 520 Rn 40 mwN). Die Kläger haben nicht
konkret dargelegt, wessen Verhalten der Beklagten zu 1) nach § 31 BGB
zugerechnet werden müsse, und sich insbesondere mit der Verneinung eines
hiernach zurechenbaren Mitwirkens des Filialleiters C durch das Landgericht nicht
auseinandergesetzt.
Schließlich hat das Landgericht ohne Rechtsfehler einen vertraglichen
Rückzahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten zu 2) aus §§ 675, 667 BGB
hinsichtlich der von ihnen auf die Treuhandkonten eingezahlten Beträge verneint.
In diesem Zusammenhang hat die Beklagte zu 1) zutreffend darauf hingewiesen,
dass es in sich widersprüchlich ist, wenn die Kläger auf der einen Seite gegenüber
der Beklagten zu 1) beanstanden, dass eine Gutschrift auf den Konten der A nicht
habe erfolgen dürfen und der Zweck der Überweisungen verfehlt worden sei, sie
auf der anderen Seite aber zugleich den Beklagten zu 2) aus Auftragsrecht in
Anspruch nehmen wollten, was ja denknotwendig voraussetzt, dass die
Anlagegelder wie von den Einzahlern gewollt ungeschmälert und uneingeschränkt
in dessen Verfügungsmacht gelangt sind. Insofern ist schon eine schlüssige
Anspruchsdarlegung gegenüber dem Beklagten zu 2) nicht gegeben.
Die Auslegung der Verjährungs-Regelung in § 3 Nr. 4 der Treuhandverträge durch
das Landgericht dahingehend, dass hiervon nicht nur Schadensersatz- und
sonstige verschuldensabhängige Ansprüche, sondern auch
verschuldensunabhängige Ansprüche wie der aus §§ 675, 667 BGB erfasst sind mit
der Folge der Verjährung etwaiger Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu
2) nach § 222 BGB a.F. Ende 1992, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden
Bedenken.
Für AGB gilt der Grundsatz der objektiven Auslegung, d.h. sie sind ausgehend von
den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vor gebildeten
Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und
redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Kreise verstanden werden (st. Rspr., BGH NJW-RR 1996, 857; NJW 1992,
2629; BGHZ 79, 119). In AGB verwendete Rechtsbegriffe sind in der Regel
entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen (BGH BGHZ 5, 367;
OLG Stuttgart VersR 1983, 745; Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, § 5 AGBG
Rn 7). Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist die vom Landgericht vorgenommene
weite Auslegung des Begriffs der „Haftungsansprüche“ nach Wortlaut,
systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung, worauf im
einzelnen Bezug genommen wird, nicht zu beanstanden und vermag zu
überzeugen; sie wird im übrigen auch von den Klägern mit der Berufung nicht in
concreto angegriffen. Nur diese Auslegung vermeidet zudem auch einen
Wertungswiderspruch, der dann bestünde, wenn allein verschuldensabhängige
Ansprüche gegen den Mittelverwendungstreuhänder der vertraglichen kurzen
Verjährungsfrist von 2 Jahren unterliegen sollten, hingegen für
verschuldensunabhängige Ansprüche und damit geringere Pflichtverstöße die
damalige Regelverjährung von 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.) gelten sollte.
Die von den Klägern angeführte Entscheidung des BGH vom 30.10.2003 (WM
2003, 2382) steht dieser tatrichterlichen Beurteilung nicht entgegen, zumal sie die
in jenem Rechtsstreit vom Instanzgericht vorgenommene enge Auslegung lediglich
unter Hinweis darauf („jedenfalls“) nicht beanstandet hat, dass dort die AGB vom
Treuhänder gestellt worden seien, der als Verwender gemäß § 5 AGBG das Risiko
einer unklaren Abfassung zu tragen habe. Auf welcher Tatsachengrundlage dies
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einer unklaren Abfassung zu tragen habe. Auf welcher Tatsachengrundlage dies
erfolgt ist, kann dem Urteil des BGH nicht entnommen werden.
Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 2)
als Verwender der betreffenden Klausel – ihre Unklarheit unterstellt – angesehen
werden müsste, so dass nach dem vorgenannten Urteil des BGH (a.a.O.) auch
Sinn und Zweck der Verjährungsklausel bei deren Auslegung zu berücksichtigen
waren mit dem oben dargelegten Auslegungsergebnis.
Verwender der AGB ist nach der Legaldefinition des hier anzuwendenden § 1 Abs.
1 S. 1 AGBG diejenige Vertragspartei, die sie der anderen Vertragspartei bei
Abschluss eines Vertrages stellt. Das Tatbestandsmerkmal „Stellen“ setzt nach
dem Schutzzweck des AGBG, der in der Verhinderung einer unangemessenen
Benachteiligung durch den die Vertragsgestaltungsfreiheit allein in Anspruch
nehmenden AGB-Verwender besteht (BGHZ 126, 332; Palandt-Heinrichs, Einf
AGBG Rn 5) voraus, dass der Verwender selbst oder durch seine Hilfsperson unter
Ausschluss des anderen Teils einseitig rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht in
Anspruch nimmt; es kann nicht durch inhaltliche Kriterien ersetzt werden (BGHZ
130, 57; Palandt-Heinrichs § 1 AGBG Rn 8). Daher wird die durch eine Klausel
begünstigte Partei nicht dadurch zum Verwender, dass sie sich die Klausel
während der Vertragsabwicklung zunutze macht (BGHZ 130, 50, 57; NJW 1984,
2094; Palandt-Heinrichs aaO).
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist nach der Überzeugung des
Senats bei Anwendung dieser Grundsätze der Beklagte zu 2) nicht als Verwender
der AGB in den Treuhandverträgen zu qualifizieren.
Nach den Angaben des Zeugen Z1 habe Herr D, Geschäftsführer des E, zunächst
selbst einen Prospekt mit einem Treuhandvertrag entwickelt, der dem Zeugen Z2
zugeleitet worden sei, der im Anschluss an eine Besprechung mit Herrn D und
dem Beklagten zu 2) daraus den Treuhandvertrag in der endgültigen Form
entwickelt habe. Der Treuhandvertrag sei zwischen der E und dem Beklagten zu 2)
zustande gekommen. Anhaltspunkte für eine Verwendereigenschaft des Beklagten
zu 2) ergeben sich hieraus offenkundig nicht. Ganz im Gegenteil sprechen die
Bekundungen des Zeugen Z1 für die E, vertreten durch Herrn D, als Verwender im
Rechtsverhältnis zum Beklagten zu 2). Das wird bestätigt durch die Angaben des
Zeugen Z2, dem zufolge der Auftrag zur Entwicklung der Konzeption für das
Vorhaben E von Herrn D bzw. der E gestammt habe, die ihn auch bezahlt habe. Er
habe den Treuhandvertrag entsprechend einem von ihm bereits entworfenen
Muster vollständig selbst verfasst einschließlich der Verjährungsregelung in § 3, die
auch aus diesem vorhandenen Muster übernommen worden sei; eine Änderung
habe es nicht mehr gegeben. Der Gesprächsanteil des Beklagten zu 2) sei fast bei
Null anzusiedeln gewesen. Hiernach hat der Beklagte zu 2) kaum Einfluss auf die
Gestaltung des Treuhandvertrages und daher auch nicht
Vertragsgestaltungsfreiheit allein in Anspruch genommen. Der von der E erteilte
Auftrag zu dessen Konzeption kann dem Beklagten zu 2) auch nicht zugerechnet
werden, sondern der Treuhandvertrag wurde vielmehr ihm gegenüber von der E
gestellt, die die E-Monats-GbRs initiierte, deren Gesellschafter die Kläger sein
sollten.
Soweit die Kläger der Meinung sind, die Verjährungsregelung im Treuhandvertrag
sei schon deshalb unerheblich, weil bereits im Vorfeld durch die Überweisung
jeweils ein eigenes Auftragsverhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten zu
2) mit der Folge eines Herausgabeanspruchs bei nicht ordnungsgemäßer
Mittelverwendung begründet worden sei, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Zum
einen haben sie auch im der Berufungsverfahren nicht im einzelnen dargelegt,
welche der zahlreichen Überweisungen zeitlich vor dem Eintritt der Wirkung der
jeweiligen Treuhandverträge stattgefunden haben sollen. Zum anderen setzt ein
Herausgabeanspruch wegen nicht ordnungsgemäßer Mittelverwendung das
Bestehen eines entsprechenden Treuhandvertrags voraus, denn anderenfalls
bestünden hieraus gar keine Bindungen für die Mittelverwendung. Infolgedessen ist
auch in dieser Hinsicht ein Anspruch der Kläger nicht schlüssig dargetan.
Darüber hinaus hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass sich die
Rechtsbeziehungen zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 2) jedenfalls
nach dem Inkrafttreten der Treuhandverträge ausschließlich nach diesen
bestimmten und ein Rückgriff auf vor gelagerte Geschäftsbesorgungsverhältnisse
einerseits unter teilweiser Heranziehung der Treuhandverträge (hinsichtlich der
Mittelverwendung) andererseits nicht in Betracht kommt. Die Kläger haben
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Mittelverwendung) andererseits nicht in Betracht kommt. Die Kläger haben
insoweit mit der Berufungsbegründung einen Rechtsfehler des Landgerichts nicht
aufgezeigt.
Die Ablehnung deliktischer Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten zu 2) aus §
826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266, 27 StGB ist mit der Berufung
nicht angegriffen worden und bedarf hier schon deshalb keiner weiteren
Erörterung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§
543 ZPO). Das gilt auch im Hinblick auf die abweichende Beurteilung der Frage des
Verwenders der AGB durch das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 21.3.2006 (Az. 9
U 103/05), das im übrigen die grundsätzliche Bedeutung im dortigen Fall auch in
Ansehung einer abweichenden Entscheidung des Senats im vorliegenden
Rechtsstreit verneint hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.