Urteil des BGH vom 18.01.2001

BGH (1995, vergewaltigung, stpo, strafkammer, gesamtstrafe, zeitpunkt, nachteil, schuldspruch, bedrohung, bemessung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 528/00
vom
18. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Januar 2001 beschlos-
sen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landge-
richts Tübingen vom 11. Mai 2000 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Der Angeklagte wurde wegen Vergewaltigung, zwei Fällen der gefährli-
chen Körperverletzung, davon einmal in Tateinheit mit Bedrohung sowie zwei
Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung, davon einmal in Tateinheit mit Nöti-
gung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Sämtliche Taten waren zum
Nachteil der jeweiligen Ehefrau des Angeklagten begangen.
Die Revision des Angeklagten bleibt zum Schuldspruch erfolglos (§ 349
Abs. 2 StPO), hat aber zum Strafausspruch Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
1. Das von der Revision geltend gemachte Verfahrenshindernis besteht
aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen nicht.
2. Auch hinsichtlich der Verfahrensrügen und der Sachrüge, soweit sie
den Schuldspruch betrifft, nimmt der Senat im wesentlichen auf die Ausführun-
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gen des Generalbundesanwalts Bezug. Allerdings weist die Revision zutreffend
darauf hin, daß Frau Dr. L. nicht als Zeugin gehört worden ist. Ausweislich
der Urteilsgründe hat aber die Zeugin D. Y. auf Vorhalt die Richtigkeit
des Inhalts des von Frau Dr. L. ausgestellten Attestes bestätigt.
3. Der Strafausspruch kann dagegen nicht bestehen bleiben.
Der Angeklagte wurde am 22. Februar 1995 wegen vorsätzlicher Kör-
perverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und am 10. April 1995 wegen fahr-
lässiger Körperverletzung jeweils zu Geldstrafe verurteilt. Aus beiden Verurtei-
lungen wurde am 11. September 1995 eine nachträgliche Gesamtstrafe von 65
Tagessätzen gebildet. Darüber hinaus ist der Angeklagte nicht vorbestraft. Die
Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafen außer im Fall der Ver-
gewaltigung jeweils ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt, daß der Ange-
klagte einschlägig vorbestraft ist. Dies war gemäß § 51 BZRG unzulässig, da
Tilgungsreife eingetreten war. Auch wenn später eine nachträgliche Gesamts-
trafe gebildet wird, ist gemäß § 47 BZRG in Verbindung mit § 36 Satz 2 Nr. 1
BZRG für den Beginn der Tilgungsfrist der Zeitpunkt der ersten Entscheidung
maßgeblich. Es soll sich nicht zum Nachteil des Verurteilten auswirken, wenn
die letztlich getroffene Entscheidung nicht schon bei der ersten möglichen Ge-
legenheit hierzu getroffen wurde (vgl. Rebmann/Uhlig BZRG § 36 Rdn. 3). Die-
ser Zeitpunkt war hier der 22. Februar 1995. Damit war zum Urteilszeitpunkt
gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 lit. a BZRG Tilgungsreife eingetreten.
4. Hinsichtlich der Vergewaltigung hat die Strafkammer allerdings straf-
mildernd berücksichtigt, daß der Angeklagte "zumindest nicht einschlägig vor-
bestraft ist". Wegen des engen inneren Zusammenhangs aller Taten hebt der
Senat den Strafausspruch auch insoweit auf.
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5. Der aufgezeigte Wertungsfehler berührt die zum Strafausspruch ge-
troffenen Feststellungen nicht. Da sie auch sonst rechtsfehlerfrei getroffen
sind, können sie bestehen bleiben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den
bisherigen Feststellungen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen blei-
ben jedoch zulässig.
Schäfer Wahl Schluckebier
Hebenstreit Schaal