Urteil des BGH vom 20.11.2007
BGH (umfang, aufhebung, verhandlung, gesamtstrafe, annahme, absicht, menge, stpo, gewinnerzielungsabsicht, gewicht)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 63/08
vom
20. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. März 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Dortmund vom 20. November 2007 mit den
zugehörigen Feststellungen
a) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den
Fällen II 1 bis 4 und
b)
im Gesamtstrafenausspruch
aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheits-
strafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklag-
te die Verletzung materiellen Rechts.
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Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Um-
fang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Die Einzelstrafen in den Fällen II 1 bis 4 und die Gesamtstrafe halten re-
visionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit Folgen-
des ausgeführt:
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"Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Anwendung des
Strafrahmens des § 29 Abs. 3 BtMG unter Annahme ge-
werbsmäßigen Handeltreibens keine ausreichende Grundlage
findet. Die Feststellung der Kammer, der Angeklagte habe bei
den vier Verkäufen an die Zeugin L. in der Absicht ge-
handelt, sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle von eini-
gem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, ist nicht aus-
reichend belegt. Kann der Täter, wie hier, in Anbetracht von
Abgabemenge und -preis (jeweils 0,3 Gramm Kokain für
20 Euro) nur einen geringen Gewinn aus dem Betäubungsmit-
telgeschäft erwarten, bedarf die Annahme von Gewerbsmä-
ßigkeit einer eingehenden Begründung (vgl. BGHR BtMG § 29
Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 5; BGH StV 2001, 461). Zwar mö-
gen die von ihm im Anschluss begangene Tat 5, die außerge-
richtlich eingezogenen Asservate und seine - im Urteil aller-
dings nicht näher dargelegten - wirtschaftlichen Verhältnisse
eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Ge-
wicht, die sich auch auf die Erlangung von Nebeneinnahmen
beziehen kann (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1975, 725), nahe
legen; das Tatgericht hat sich aber weder mit der niedrigen
Gewinnspanne noch mit weiteren, gegen eine derartige Ab-
sicht sprechenden Umständen auseinander gesetzt. Hierzu
bestand Anlass, weil ... die Anzahl der Taten überschaubar
blieb und deren Abfolge nicht näher mitgeteilt ist, so dass zu
Gunsten des Angeklagten von nicht unerheblichen Zeitab-
ständen zwischen den einzelnen Transaktionen auszugehen
ist. Schließlich verhalten sich die Urteilsgründe auch nicht da-
zu, dass der Angeklagte und die Zeugin freundschaftlich ver-
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bunden waren, was ebenfalls gegen das Motiv der Erschlie-
ßung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle spre-
chen könnte. ...
Hierauf beruht das Urteil. Es ist nicht auszuschließen, dass die
Kammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung den milderen
Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG angenommen und auf ge-
ringere Einzelstrafen erkannt hätte, zumal sie jeweils die Ver-
hängung der Mindeststrafe des § 29 Abs. 3 BtMG für ausrei-
chend hielt. Die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen
1 - 4 bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. ...
Infolge der teilweisen Aufhebung der Einzelstrafen kann auch
der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben".
Dem schließt sich der Senat an.
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Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible