Urteil des BGH vom 18.04.2005
BGH (antragsteller, beschwerde, rechtswidrigkeit, antrag, verfügung, aufhebung, vergütung, rechtsmittel, festsetzung, zulassung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 28/04
vom
18. April 2005
in dem Verfahren
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und
Dr. Ernemann, den Rechtsanwalt Dr. Kieserling sowie die Rechtsanwältinnen
Dr. Hauger und Kappelhoff
am 18. April 2005
beschlossen:
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antrags-
gegnerin 9/10 und der Antragsteller 1/10 zu tragen. Eine Erstat-
tung der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtli-
chen Auslagen findet nicht statt.
Der Geschäftswert wird auf 15.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist - nach vorheriger Zulassung beim Landgericht B.
- seit November 1997 als Rechtsanwalt beim Amtsgericht B. , Land-
gericht D. und Oberlandesgericht N. zugelassen. Mit Bescheid
vom 10. Juli 2000 widerrief der Präsident des Landgerichts D. die Zulas-
sung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).
Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Gleichzeitig wurde die Beigelade-
ne zur Abwicklerin der Kanzlei des Antragstellers bestellt. Auf dessen sofortige
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Beschwerde hob der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 20. Oktober 2001
die Widerrufsverfügung auf. Inzwischen hatte die Abwicklerin die Kanzlei des
Antragstellers aufgelöst.
Mit Verfügung vom 16. Juni 2003 hat die Antragsgegnerin dem Antrag-
steller einen Bescheid vom 29. April/2. Mai 2002 über die Festsetzung der Ab-
wicklervergütung zugestellt. Dieser hat beim Anwaltsgerichtshof die Aufhebung
dieses Bescheids beantragt, außerdem die Feststellung der Rechtswidrigkeit
der Widerrufsverfügung und der Verfügung vom 16. Juni 2003 sowie die Fest-
stellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegnerin. Schließlich hat er noch
beantragt, der Antragsgegnerin zu verbieten, daß sie der Beigeladenen erlaubt,
über die Geldbeträge des Antragstellers zu verfügen. Mit Beschluß vom 23. Ja-
nuar 2004 hat der Anwaltsgerichtshof den Bescheid der Antragsgegnerin über
die Festsetzung der Abwicklervergütung aufgehoben. Die weiteren Anträge des
Antragstellers hatten keinen Erfolg. Mit der zugelassenen sofortigen Beschwer-
de hat dieser zunächst die abgelehnten Anträge weiterverfolgt, inzwischen je-
doch diese für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat ebenfalls sofortige Be-
schwerde eingelegt, diese jedoch später zurückgenommen.
II.
Nach Zurücknahme und Erledigungserklärung ist nur noch über die Ko-
sten zu entscheiden.
1. Die durch ihre zurückgenommene sofortige Beschwerde verursachten
Kosten hat die Antragsgegnerin zu tragen (vgl. § 201 Abs. 1 BRAO).
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2. Die durch die für erledigt erklärten Anträge des Antragstellers verur-
sachten Kosten fallen dem Antragsteller zu Last, weil sein Rechtsmittel keinen
Erfolg gehabt hätte (§ 91a ZPO analog).
a) Das Rechtsmittel des Antragstellers war statthaft (§ 223 Abs. 3 Satz 1
BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die sofortige Beschwerde insgesamt zu-
gelassen, ohne zwischen Antragsgegnerin und Antragsteller zu unterscheiden.
Auch wenn die Zulassung in Bezug auf den Antragsteller zu Unrecht geschehen
sein mag, weil der Anwaltsgerichtshof zu dessen Lasten nicht über Rechtsfra-
gen von grundsätzlicher Bedeutung entschieden hat (vgl. § 223 Abs. 3 Satz 2
BRAO), ist der Bundesgerichtshof gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Mai 1990
- AnwZ (B) 18/90, BRAK-Mitt. 1990, 172; v. 6. Dezember 2004 - AnwZ (B)
54/03, n.v.; Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 223 Rn. 51). Etwas anderes gilt
nur, sofern schon der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht nach § 223
Abs. 1 BRAO zulässig war (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Dezember 2004). Ein derar-
tiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Sämtliche Anträge des Antragstellers
haben sich - unmittelbar oder mittelbar - auf Verwaltungsakte der Landesjustiz-
verwaltung oder der Antragsgegnerin bezogen, die nach der Bundesrechtsan-
waltsordnung ergangen waren und den Antragsteller in seiner anwaltlichen Be-
rufsausübung betroffen haben. Die sofortige Beschwerde war zudem in zulässi-
ger Weise eingelegt (§ 42 Abs. 4 BRAO).
b) In der Sache versprach das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
aa) Mit Recht hat der Anwaltsgerichtshof den Antrag festzustellen, daß
die Verfügung der Landesjustizverwaltung vom 10. Juli 2000 über die Bestel-
lung der Abwicklerin rechtswidrig gewesen sei, als unzulässig zurückgewiesen.
Ein der verwaltungsgerichtlichen Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1
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Satz 4 VwGO) entsprechendes Rechtsinstitut kennt die Bundesrechtsanwalts-
ordnung nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. März 1993 - AnwZ (B) 29/92, BRAK-Mitt.
1993, 105 f.; v. 29. Mai 2000 - AnwZ (B) 33/99, BRAK-Mitt. 2000, 257, 258
m.w.N.). Derartige Anträge sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn sonst die
Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leer liefe oder der Antragsteller in
seinen Rechten beeinträchtigt wäre und die begehrte Feststellung eine Rechts-
frage klären hilft, die sich bei künftigen Anträgen des Antragstellers ebenso stel-
len wird (vgl. ferner BGH, Beschl. v. 24. November 1997 - AnwZ (B) 38/97,
NJW 1998, 1078; v. 6. November 2000 - AnwZ (B) 3/00, NJW 2001, 1572,
1573). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller nichts
vorgetragen und ist auch nichts ersichtlich. Die Rechtswidrigkeit der Verfügung
über die Bestellung der Abwicklerin war für die Frage erheblich, ob dieser für
ihre Tätigkeit eine Vergütung zu zahlen ist (§ 55 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 53
Abs. 10 Satz 5 BRAO). Darüber hat der Anwaltsgerichtshof aufgrund eines ge-
sonderten Antrags entschieden.
bb) Auch der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids
vom 16. Juni 2003 ist zutreffend als unzulässig zurückgewiesen worden. Für
Zwischenfeststellungsanträge analog § 256 Abs. 2 ZPO gelten die vorstehen-
den Ausführungen zu aa) entsprechend. Der Antragsteller hat kein über die
Aufhebung der Vergütungsfestsetzung hinausgehendes Bedürfnis, deren
Rechtswidrigkeit festzustellen.
cc) Aus dem Obenstehenden ergibt sich zugleich die Unzulässigkeit der
Feststellung, daß die Antragsgegnerin dem Antragsteller zum Schadensersatz
verpflichtet sei. Im übrigen hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend darauf hinge-
wiesen, daß Schadensersatzansprüche nicht vor den Anwaltsgerichten, son-
dern den ordentlichen Gerichten geltend zu machen wären (BGH, Beschl. v.
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1. März 1993 - AnwZ (B) 29/92, BRAK-Mitt. 1993, 105, 106; BVerwG NJW
1973, 1854; Feuerich/Weyland, § 223 BRAO Rn. 21).
dd) Wenn die Beigeladene die zu ihren Gunsten festgesetzte Vergütung
noch nicht erhalten hat, drohen dem Antragsteller nach Aufhebung der Festset-
zung insofern keine Nachteile mehr. Jedenfalls deshalb war der Antrag, der An-
tragsgegnerin möge untersagt werden, die Beigeladene über "die Geldbeträge"
des Antragstellers verfügen zu lassen, unzulässig. Hat die Beigeladene die Ver-
gütung bereits erhalten, gilt für die begehrte Feststellung der Verpflichtung zum
Schadensersatz das unter cc) Ausgeführte.
Hirsch Basdorf Ganter Ernemann
Kieserling Hauger Kappelhoff