Urteil des BGH vom 13.11.2000

BGH (abweisung der klage, verkehrsauffassung, annahme, erwerb, ankündigung, aufhebung, zpo, verhandlung, rechtsfrage, rabatt)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 3/01
vom
26. September 2001
in dem Rechtsstreit
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert
am 26. September 2001
beschlossen:
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für die Revision wird für die Zeit bis zum
6. September 2001 auf 75.000,-- DM und für die Zeit danach auf
29.291,88 DM festgesetzt.
Gründe:
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dem Gewerbetreibende und
Verbände von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung von Verstößen gegen das
UWG angehören. Er hat die Beklagte, die von ihr als "t. -Märkte" bezeichnete
Supermärkte betreibt, unter den Gesichtspunkten des Verstoßes gegen die
Zugabeverordnung und das Rabattgesetz auf Unterlassung der Ankündigung
eines mittels sog. "t. -Taler-Karten" durchgeführten Kundenbindungssystems
in Anspruch genommen, bei dem der Kunde bei Einkäufen in den t. -Märkten
sog. "Taler" erhält, die er ab einer bestimmten Anzahl wahlweise gegen Ein-
kaufsgutscheine eintauschen, zum Erwerb von Prämienartikeln oder für die
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Buchung einer "I. -Spezialreise" verwenden oder auch zur Gutschrift für das
Miles & More-Programm der Lufthansa einreichen kann.
Das Berufungsgericht hat der vom Landgericht insgesamt abgewiesenen
Klage stattgegeben, soweit diese gegen die Ankündigung der Verwendung der
"t. -Taler" für Einkaufsgutscheine, zum Erwerb von sog. Prämienartikeln und
für die Buchung der "I. -Spezialreisen" gerichtet war. Hinsichtlich des Miles &
More-Programms hat es die klagabweisende landgerichtliche Entscheidung
bestätigt.
Mit der Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abwei-
sung der Klage weiterverfolgt. Der Kläger hat, nachdem zwischenzeitlich das
Rabattgesetz und die Zugabeverordnung aufgehoben worden sind, den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der
Erledigungserklärung angeschlossen.
II. Danach ist noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksich-
tigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch
Beschluß zu entscheiden, wobei die Entscheidung ohne mündliche Verhand-
lung ergehen kann (§ 91a Abs. 1 ZPO). Da die Revision ohne die Aufhebung
des Rabattgesetzes als das Ereignis, das die hierauf (und auf die - zugleich
ebenfalls aufgehobene - Zugabeverordnung) gestützte Klage erledigt hat, kei-
nen Erfolg gehabt hätte, sind ihre Kosten der Beklagten aufzuerlegen (§ 91a
Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO).
1. Die Frage, ob eine Begünstigung bestimmter Verkehrskreise vorlag,
hängt entgegen der Auffassung der Revision nicht von der - nach deren Vor-
trag gewandelten - Verkehrsauffassung ab, sondern stellte eine davon unab-
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hängige Rechtsfrage dar (BGH, Urt. v. 23.1.1959 - I ZR 158/57, GRUR 1959,
326, 328 - Kaffeeversandhandel; Urt. v. 26.5.1972 - I ZR 123/70, GRUR 1973,
272 - Fahrschul-Rabatt; Urt. v. 14.11.1980 - I ZR 181/78, GRUR 1981, 290,
292 = WRP 1981, 267 - Goldene Karte II). Dementsprechend kam der mittler-
weile erfolgten Aufhebung des Rabattgesetzes insoweit auch keine Vorwirkung
durch eine etwa bereits im Hinblick auf die bevorstehende Gesetzesänderung
gewandelte Verkehrsauffassung zu. Damit ist die Annahme des Berufungsge-
richts, die Beklagte habe durch die von ihr ausgegebenen "t. -Taler"-Karten
bestimmte Verkehrskreise begünstigt, aus Rechtsgründen nicht zu beanstan-
den (vgl. BGH GRUR 1959, 326, 328 - Kaffeeversandhandel; BGH, Urt. v.
1.10.1986 - I ZR 80/84, GRUR 1987, 185, 187 = WRP 1987, 239 - Rabattkarte;
Urt. v. 16.3.1989 - I ZR 241/86, GRUR 1989, 434, 437 = WRP 1989, 504
- Gewinnspiel).
2. Die Revision hätte auch insoweit keinen Erfolg gehabt, als sich die
Beklagte mit ihr gegen die Annahme des Berufungsgerichts gewendet hat, bei
den von den Kunden mit "t. -Taler"-Karten mit entsprechenden Guthaben ver-
langten Preisen für Waren des normalen Sortiments, für sog. Prämienartikel
und für "I. -Spezialreisen" habe es sich um Sonderpreise im Sinne des § 1
Abs. 2 2. Alternative RabattG gehandelt. Ob ein unterschiedlicher Preis einen
solchen Sonderpreis, der grundsätzlich unzulässig war, oder einen zweiten
Normalpreis darstellte, beurteilte sich nach der Verkehrsauffassung (BGHZ
117, 230, 233 - Rent-o-mat; BGH, Urt. v. 10.7.1986 - I ZR 203/84, GRUR 1987,
63, 64 = WRP 1987, 103 - Kfz-Preisgestaltung I). Die in dieser Hinsicht vom
Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung der werblichen Darstellung des
"t. -Taler"-Systems vorgenommene Beurteilung läßt - auch bei Zugrundele-
gung eines gewandelten Verbraucherbildes (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999
- I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppich-
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muster) - keinen Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat insoweit
auch mit Recht davon abgesehen, die Verhandlung im Hinblick auf den im
nachgereichten Schriftsatz der Beklagten vom 13. November 2000 enthaltenen
neuen Sachvortrag wiederzueröffnen; denn dieser Sachvortrag war nicht durch
den Vortrag im Schriftsatz des Klägers vom 27. Oktober 2000 veranlaßt wor-
den, im Hinblick auf den allein der Beklagten die Schriftsatzfrist eingeräumt
worden war.
Erdmann
Starck
Pokrant
Büscher
Schaffert