Urteil des BGH vom 02.04.2001

BGH (antragsteller, nachweis, fao, berlin, teilnahme, widerruf, anerkennung, erklärung, beschwerde, erfüllung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (B) 28/00
vom
2. April 2001
in dem Verfahren
wegen Anerkennung des Nachweises einer Fortbildung
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die Richter Dr. Fischer, Basdorf und
Dr. Ganter, die Rechtsanwälte Dr. Kieserling, Dr. Wüllrich und die Rechtsan-
wältin Dr. Hauger
am 2. April 2001
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß
des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 6. April 2000
wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und
der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstande-
nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
5.000 DM festgesetzt.
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Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zum Nachweis für die
Erfüllung der Fortbildungspflicht im Zeitraum vom 11. März 1998 bis 10. März
1999 übersandte er am 31. März 1998 der Antragsgegnerin die Kopie eines
Informationsblattes über die "5. Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsver-
bandes und der Senatsverwaltung für Arbeit, berufliche Bildung und Frauen
Berlin" am 25. März 1998.
In dem sich hieran anschließenden Schriftwechsel - zuletzt mit Schrei-
ben vom 6. Oktober 1999 - machte die Antragsgegnerin auf § 14 a.F./§ 15 n.F.
FAO aufmerksam. Am einfachsten, so erklärte sie, sei der Fortbildungsnach-
weis durch eine Teilnahmebescheinigung des Veranstalters zu führen. Die ei-
gene Erklärung des Antragstellers über die Teilnahme an der fünften Ortsta-
gung reiche als Nachweis nicht aus. Falls er nicht in geeigneter Weise nach-
weise, seiner Fortbildungspflicht nachgekommen zu sein, müsse der Antrag-
steller mit der Einleitung eines Widerrufsverfahrens rechnen.
Der Antragsteller stellte sich auf den Standpunkt, mit dem bereits vor-
gelegten "Nachweis über den Besuch der 5. Ortstagung" habe er § 14 (jetzt:
§ 15) FAO genügt. Er werde keine Teilnahmebescheinigung beschaffen. Falls
die Antragsgegnerin das nicht akzeptiere, wünsche er einen rechtsmittelfähi-
gen Bescheid. Hierauf erwiderte die Antragsgegnerin, einen rechtsmittelfähigen
Bescheid werde der Antragsteller erhalten, falls es zum Widerruf der Erlaubnis
zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung komme.
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Dagegen hat der Antragsteller um gerichtliche Entscheidung nachge-
sucht mit folgendem Feststellungsantrag:
Die fünfte Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes vom 25.
März 1998 von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr, Berlin, wird für den Unterzeich-
ner als Fortbildungsnachweis Arbeitsrecht anerkannt. Der Nachweis
kann auch durch Eigenerklärung des Teilnehmers erbracht werden.
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag als unzulässig verworfen. Hier-
gegen wendet sich der Antragsteller mit seiner - zugelassenen - sofortigen Be-
schwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 223 Abs. 3 Satz 1 BRAO); es ist jedoch
unbegründet.
Präventive Auskünfte der Rechtsanwaltskammern über die Rechtmäßig-
keit künftigen Verhaltens sind nicht nach § 223 BRAO anfechtbar, weil sie nicht
in die Rechte des Rechtsanwalts eingreifen (BVerfGE 50, 16, 27; BGHZ 37,
396, 401; BGH, Beschl. v. 18. November 1996, aaO). Im vorliegenden Fall hat
sich die Antragsgegnerin darauf beschränkt, dem Antragsteller Auskünfte in
bezug auf ein künftiges Verhalten zu erteilen; sie hat ihn "vorsorglich" darauf
hingewiesen, daß seine Erklärung über die Teilnahme an der Fortbildungsver-
anstaltung vom 25. März 1998 nicht als Nachweis angesehen werde. Die Aner-
kennung dieses Nachweises konnte zwar für die Frage, ob der Antragsteller für
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den Zeitraum vom 11. März 1998 bis 10. März 1999 seiner Fortbildungspflicht
genügt hatte, und damit für ein etwaiges Widerrufsverfahren (vgl. § 14 a.F.,
§ 15 n.F. FAO), Bedeutung gewinnen. Die Ansicht des Anwaltsgerichtshofs, die
Mitteilung der Antragsgegnerin stelle noch keinen Vorgriff auf ein zu erwarten-
des Widerrufsverfahren dar, weil es dem Antragsteller unbenommen bleibe,
"entweder einen weiteren Teilnahmenachweis für die Ortstagung zu erbringen
oder sonst die Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 14 der Fachanwaltsordnung
nachzuweisen", ist jedoch zutreffend.
2. Im übrigen hat sich die Antragsgegnerin mit Recht auf den Standpunkt
gestellt, daß die Vorlage eines auf eine Veranstaltung, die möglicherweise als
Fortbildungsveranstaltung im Sinne von § 14 (jetzt: § 15) FAO anerkannt wer-
den könnte, hinweisenden Informationsblattes zum Nachweis der Teilnahme
auch dann nicht genügt, wenn der Rechtsanwalt zusätzlich versichert, er habe
daran teilgenommen.
3. Vorsorglich weist der Senat auf folgendes hin: Bei der Entscheidung
über den Widerruf wird die Antragsgegnerin beachten müssen, daß bei der
Ermessensausübung alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind,
die
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für die Frage wesentlich sind, ob der Betroffene den für die Fachanwaltschaft
vorausgesetzten Leistungsstandard nicht mehr erfüllt (vgl. Senatsbeschl. v.
heutigen Tage - AnwZ(B) 37/00, zur Veröffentlichung bestimmt).
Hirsch
Fischer
Basdorf
Ganter
Kieserling
Wüllrich
Hauger