Urteil des BGH vom 30.04.2014

Flugvermittlung im Internet Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I Z R 2 2 4 / 1 2
Verkündet am:
30. April 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Flugvermittlung im Internet
UWG § 4 Nr. 10
Der Betreiber eines Internetportals, auf dem Kunden im Wege der Vermittlung
Flüge buchen können, verstößt auch dann nicht gegen das Verbot unlauterer
Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG, wenn die der Vermittlung zugrundelie-
genden, frei zugänglichen Flugverbindungsdaten im Wege einer automatisier-
ten Abfrage von der Internetseite der Fluggesellschaft ermittelt werden (sog.
"Screen Scraping"), und sich der Betreiber des Internetportals während des Bu-
chungsvorgangs durch das Setzen eines Hakens mit den Nutzungsbedingun-
gen der Fluggesellschaft einverstanden erklärt, die einen solchen automatisier-
ten Abruf von Flugdaten untersagen.
BGH, Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 22. Januar 2014 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant,
Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen
Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 24. Oktober 2012
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Un-
terlassungshauptantrags zum Nachteil der Beklagten erkannt wor-
den ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-
rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft, die preisgünstige Linienflüge anbie-
tet. Sie vertreibt ihre Flüge nicht über Reisebüros, Reiseveranstalter oder sons-
tige Vermittler, sondern ausschließlich über ihre Internetseite sowie ihr Callcen-
ter. Dort bietet die Klägerin auch die Möglichkeit zur Buchung von Zusatzleis-
tungen Dritter wie beispielsweise Hotelaufenthalte oder Mietwagenreservierun-
gen an. Auf der Internetseite der Klägerin kann zudem gegen Entgelt Werbung
geschaltet werden.
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Bei der Buchung eines Flugs über die Internetseite der Klägerin muss der
Kunde ein Kästchen ankreuzen, dem folgender Text zugeordnet ist:
Wichtig!
Ich habe die Geschäftsbedingungen, Nutzungsbedingungen für die Internetseite,
die Lichtbildausweis-Richtlinie sowie die oben stehenden wichtigen Informationen
von R. gelesen und akzeptiere sie. Ich werde alle anderen Reiseteilnehmer
unter dieser Buchung von diesen Bestimmungen in Kenntnis setzen.
(Klicken Sie zum Fortfahren auf das Kontrollkästchen)
In den auf der Internetseite der Klägerin abrufbar gehaltenen "Nutzungs-
bestimmungen für die Website von R. " in der Fassung vom Januar 2009
heißt es unter anderem:
2. Ausschließlicher Vertriebskanal
R. .com ist die einzige Website, die berechtigt ist, R. -Flüge zu vertreiben.
R. gestattet keiner anderen Webseite, seine Flüge zu vertreiben, weder als
einzelne Flugleistung noch als Teil eines Reisepakets. Infolgedessen behält sich
R. ausdrücklich das Recht vor, ohne Rückerstattung der Buchungskosten,
Buchungen zu stornieren, die nicht direkt über die Webseite R. .com erfolgen,
einschließlich Buchungen über Webseiten Dritter, und zwar auch bei Online Rei-
sebüros. Darüber hinaus behält sich R. ausdrücklich das Recht vor, die Be-
förderung solcher Passagiere zu verweigern, die solche Buchungen vornehmen.
3. Zulässige Nutzung
Es ist Ihnen nicht gestattet, diese Website für andere als die im Folgenden aufge-
führten privaten, nicht kommerziellen Zwecke zu nutzen: (i) Anzeigen dieser Web-
site; (ii) Vornehmen von Buchungen; (iii) Überprüfen/Ändern von Buchungen; (iv)
Überprüfen von Auskunfts- und Abfluginformationen; (v) Ausführen von Online-
Eincheckvorgängen; (vi) Navigieren zu anderen Websites über die auf dieser Seite
bereitgestellten Links und (vii) Nutzen sonstiger Angebote, die über die Website
bereitgestellt werden können.
Die Nutzung dieser Website zu anderen als den oben aufgeführten privaten, nicht
kommerziellen Zwecken ist untersagt. Untersagt ist insbesondere der Einsatz ei-
nes automatisierten Systems oder einer Software zum Extrahieren von Daten von
der Website, um diese auf einer anderen Website anzuzeigen ("Screen Scraping").
Darüber hinaus darf die Website nicht ohne die vorherige schriftliche Zustimmung
von R. genutzt werden, um Informationen zu R. -Flügen zu kommerziel-
len Zwecken Dritten bereitzustellen, Dienstleistungen von R. zu erwerben, '
um diese an Dritte weiterzuverkaufen oder ähnliche Handlungen auszuführen.
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Die Beklagte betreibt seit dem Jahr 2007 auf der Internetseite
"www. .de" ein Portal, über das Kunden Flüge verschiedener Flug-
gesellschaften online buchen können. Dort wählt der Kunde in einer Suchmas-
ke eine Flugstrecke und ein Flugdatum aus. Daraufhin werden entsprechende
Flüge verschiedener Fluggesellschaften aufgelistet; dazu zählen auch Flüge der
Klägerin. Wählt der Kunde einen Flug aus, werden ihm die genauen Flugdaten
und der von der Fluggesellschaft erhobene Flugpreis angezeigt. Die für die
konkrete Nutzeranfrage erforderlichen Informationen werden von der Beklagten
im Wege eines automatisierten Abrufs von den Internetseiten der Fluggesell-
schaften abgefragt, im Arbeitsspeicher des Servers der Beklagten vervielfältigt
und anschließend wieder gelöscht. Nach Eingabe und Bestätigung der Kontakt-
daten durch den Kunden werden ihm auf einer weiteren Seite nochmals die
Flugdaten und ein Gesamtpreis angezeigt, der sich aus dem Flugpreis, und als
"Customer Service"-Gebühr und "Reservierungsgebühr" bezeichneten Auf-
schlägen zusammensetzt. Die beiden letztgenannten Preisbestandteile werden
von der Beklagten erhoben und zum Flugpreis, der vom Fluganbieter veran-
schlagt wird, hinzugerechnet.
Während der Buchung auf dem Internetportal der Beklagten wird der Kun-
de aufgefordert, ein Kästchen mit dem Hinweis "Ich akzeptiere die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen" anzukreuzen. Dieser Text ist mit einem elektronischen
Verweis (Link) unterlegt, der zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Beklagten führt. Darin findet sich der Hinweis, dass die Beklagte ausschließlich
als Vermittler von Beförderungsleistungen auftritt und der Vertrag über die Rei-
se ausschließlich zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Fluganbieter zu-
stande kommt.
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Wählt der Kunde auf dem Internetportal der Beklagten einen Flug der Klä-
gerin aus, übermittelt die Beklagte die Flugroute und die Flugzeiten an das Bu-
chungssystem der Klägerin. In das Kontaktfeld der Buchungsmaske der Kläge-
rin fügte die Beklagte bis zum September 2008 ihre Unternehmensbezeichnung
"B. " sowie ihre Anschrift, ihre Telefonnummer, ihre E-Mail-Adresse und ihre
Kreditkartendaten ein. Der Vor- und Zuname des Kunden wurde lediglich bei
der Bezeichnung des Passagiers angegeben. Nachdem sich die Beklagte im
Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens am 24. September 2008 gegenüber der
Klägerin strafbewehrt verpflichtet hatte, dieser im Rahmen der Buchung über ihr
Online-Portal neben dem Vor- und Zunamen des Passagiers auch dessen Ad-
resse und Telefonnummer zu übermitteln, teilte die Beklagte der Klägerin auch
diese Informationen als Kontaktdaten mit, gab aber als weitere Kontaktdaten
nach wie vor ihre eigene E-Mail-Adresse und ihre Kreditkartendaten an. Am
5. September 2012 hat die Beklagte durch eine Vertragsstrafe bewehrt gegen-
über der Klägerin erklärt, dieser neben dem Namen, der Adresse und der Tele-
fonnummer auch die E-Mail-Adresse des Buchenden mitzuteilen.
Nach einer Buchung wird bei der Klägerin automatisch eine Buchungsbe-
stätigung mit der Reservierungsnummer hergestellt und an die Beklagte über-
mittelt. Diese übersendet sodann ihrerseits eine Buchungsbestätigung an den
Kunden, die neben der von der Klägerin mitgeteilten Reservierungsnummer
unter anderem den Hinweis enthält, dass der Kunde für weitere Fragen zur Bu-
chung die Klägerin direkt unter einer in der E-Mail angegebenen Telefonnum-
mer erreichen kann. Außerdem weist die Beklagte darauf hin, dass es notwen-
dig ist, für die von der Klägerin angebotenen Flüge online einzuchecken.
Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten eine missbräuchliche
Nutzung ihres Buchungssystems und ein unzulässiges Einschleichen in ihr Di-
rektvertriebssystem. Sie hat sich zudem auf urheberrechtlich geschützte Daten-
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bankrechte und die Grundsätze des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes
berufen und das Vorgehen der Beklagten als irreführend beanstandet.
Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, hat die Klägerin bean-
tragt, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen,
die Website www.r. .com zu kommerziellen Zwecken ohne Zustimmung der
Klägerin wie folgt zu nutzen und/oder nutzen zu lassen und/oder diesbezüglich zu
werben:
Vervielfältigung und Verbreitung von Daten der Flugbuchungsmaske, um
a) Informationen zu Flügen der Klägerin bereitzustellen,
b) Flugbuchungen vorzunehmen, um gebuchte Flüge an Dritte weiterzuverkaufen
und/oder Flugbuchungen an Dritte zu vermitteln.
Ferner hat die Klägerin die Beklagte auf Auskunft in Anspruch genommen
und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht beantragt.
Das Landgericht hat die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des unlauteren
Schleichbezugs gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG allein im Hinblick auf die Alternati-
ve des Weiterverkaufs von gebuchten Flügen an Dritte (Buchungsverhalten der
Beklagten bis September 2008) zur Unterlassung verurteilt und die Klage im
Übrigen abgewiesen. Es hat dabei Ansprüche unter dem Gesichtspunkt der
Verletzung von Datenbankrechten nach §§ 87a, 87b, 97 Abs. 1 UrhG und eines
sogenannten "virtuellen Hausrechts" sowie Ansprüche aus wettbewerbsrechtli-
chem Leistungsschutz gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG und wegen
Irreführung und Verletzung der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel gemäß
§ 3 Abs. 1 UWG verneint.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin auch ihren auf die Alternative der Ver-
mittlung von Flügen an Dritte (Buchungsverhalten der Beklagten ab September
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2008) gerichteten Unterlassungsantrag sowie ihre Anträge auf Auskunftsertei-
lung und Feststellung der Schadensersatzpflicht weiterverfolgt. Sie hat zudem
hilfsweise beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu
untersagen,
die Website www.r. .com zu kommerziellen Zwecken ohne Zustimmung der
Klägerin wie folgt zu nutzen und/oder nutzen zu lassen und/oder diesbezüglich zu
werben:
Vervielfältigung und Verbreitung von Daten der Flugbuchungsmaske, um
a) Informationen zu Flügen der Klägerin bereitzustellen,
b) Flugbuchungen vorzunehmen, um gebuchte Flüge an Dritte weiterzuverkaufen
und/oder Flugbuchungen an Dritte zu vermitteln,
und zwar wenn dies durch Umgehung einer technischen Schutzmaßnahme ge-
schieht, die - wie nachfolgend abgebildet - auf der klägerischen Website
www.r. .com eingerichtet ist, und dadurch umgangen wird, dass die dem Nut-
zer gestellte Aufgabe nicht wie in der nachfolgenden Abbildung vorgegeben gelöst
wird.
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Ferner hat die Klägerin die Beklagte hilfsweise auch im Hinblick auf das im
Unterlassungshilfsantrag beschriebene Verhalten auf Auskunft in Anspruch ge-
nommen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach dem Unterlassungshauptan-
trag verurteilt und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG
Hamburg, Urteil vom 24. Oktober 2012 - 5 U 38/10, juris). Mit ihrer vom Beru-
fungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin bean-
tragt, verfolgt die Beklagte ihren auf Zurückweisung der Berufung der Klägerin
gerichteten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe ein Unter-
lassungsanspruch auch im Hinblick auf die Alternative der Vermittlung von Flü-
gen an Dritte (Buchungsverhalten der Beklagten ab September 2008) zu. An-
sprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz hat es dagegen abgelehnt.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung von Datenbankrechten ge-
mäß §§ 87a, 87b, 97 Abs. 1 UrhG scheide aus. Zwar vervielfältige die Beklagte
Teile der Datenbank der Klägerin wiederholt und systematisch. Diese Teile sei-
en jedoch nicht als wesentlich im Sinne von § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG anzuse-
hen. Ferner laufe das Verhalten der Beklagten nicht einer normalen Auswertung
der Datenbank zuwider und beinträchtige auch nicht die berechtigten Interessen
der Klägerin in unzumutbarer Weise (§ 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG). Da die Anträ-
ge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus-
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schließlich auf eine Verletzung von Schutzrechten an der Datenbank gestützt
seien, seien auch diese Anträge unbegründet.
Dagegen sei der von der Klägerin im Wege der kumulativen Klagehäufung
geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen unlauteren Schleichbezugs
gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 10 UWG auch im Hinblick auf die von der Beklagten seit
September 2008 vorgenommenen Flugbuchungen begründet. Zwar habe die
Beklagte seitdem die Buchungen nicht mehr im eigenen Namen getätigt und
anschließend an ihre Kunden weiterverkauft. Es sei vielmehr zu Gunsten der
Beklagten davon auszugehen, dass diese nunmehr nur noch als Vermittlerin
der Flugleistungen der Klägerin auftrete, so dass es an dem Unlauterkeitsum-
stand einer Täuschung über die Wiederverkaufsabsicht fehle. Eine nicht mehr
akzeptable Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin, die ihre Leistungen
direkt den Endkunden anbiete, liege jedoch auch dann vor, wenn die Beklagte
als Vermittlerin entweder technische Schutzmechanismen überwinde, die ihre
Einschaltung verhindern sollten, oder sich in anderer Weise über eine nicht nur
ausdrücklich erklärte, sondern auch kommunikationstechnisch geschützte Ab-
wehr eines derartigen Verhaltens durch die Fluggesellschaft hinwegsetze. Eine
solche kommunikationstechnische Schutzvorrichtung sei hier vorhanden. Der
Buchende müsse die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht
nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch mit einem Haken in einem dafür vor-
gesehenen Kästchen ausdrücklich die Kenntnisnahme und sein Einverständnis
mit diesen Bedingungen zum Ausdruck bringen, um die Buchung fortsetzen zu
können.
B. Die gegen die Verurteilung der Beklagten gerichteten Angriffe der Revi-
sion haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zu-
rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der
Beklagten entschieden worden ist.
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I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Unterlassungshaupt-
antrag, soweit er auf das Verbot der Vermittlung von Flugbuchungen an Dritte
gerichtet und auf Wettbewerbsrecht gestützt ist.
1. Über das auf den Weiterverkauf von gebuchten Flügen gerichtete Un-
terlassungsgebot ist bereits rechtskräftig entschieden, weil die Beklagte die ent-
sprechende Verurteilung durch das Landgericht nicht mit einem Rechtsmittel
angegriffen hat.
2. Ebenfalls bereits rechtskräftigt entschieden ist über die mit dem Unter-
lassungshauptantrag verfolgten Ansprüche wegen der Verletzung des urheber-
rechtlichen Schutzes von Datenbankrechten gemäß §§ 87a, 87b UrhG. Soweit
der auf das Verbot der Vermittlung von Flugbuchungen an Dritte gerichtete Un-
terlassungshauptantrag auf die Verletzung der Rechte der Klägerin als Daten-
bankhersteller gemäß §§ 87a, 87b UrhG gestützt war, hat das Berufungsgericht
die gegen die Verneinung dieser Ansprüche gerichtete Berufung der Klägerin
zwar nicht im Tenor, aber der Sache nach in den Entscheidungsgründen des
Berufungsurteils zurückgewiesen.
Bei dem Verstoß gegen Lauterkeitsrecht und der Verletzung urheberrecht-
licher Schutzrechte des Datenbankherstellers gemäß §§ 87a, 87b UrhG handelt
es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Nach der ständigen Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale An-
spruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch ge-
nommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund)
bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil
vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 17 = WRP 2012, 1392
- Pelikan; Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 18
- Biomineralwasser). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen verschiede-
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ne Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusam-
mentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebens-
vorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet. Das ist etwa der Fall, wenn
der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein von ihm als
wettbewerbswidrig angesehenes Verhalten des Beklagten stützt oder seinen
Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Unter diesen Voraussetzun-
gen liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegen-
stände vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR 2013, 397
Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III; Urteil vom 22. Januar 2014
- I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 14 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de). So
verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin hat den Unterlassungsantrag im Wege
der kumulativen Klagehäufung sowohl auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche
gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 10 UWG als auch auf ihre Rechte als Datenbankhersteller
gemäß §§ 87a, 87b UrhG gestützt. Da das Berufungsgericht folgerichtig über
beide prozessualen Ansprüche entschieden und den Unterlassungshauptan-
trag, soweit er auf die Verletzung von Rechten an einer Datenbank der Klägerin
gestützt war, als unbegründet angesehen hat, ist dieser Teil der Entscheidung
des Berufungsgerichts über den Unterlassungshauptantrag nicht in die Revisi-
onsinstanz gelangt, weil er von der Klägerin nicht mit einem Rechtsmittel ange-
fochten worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 93/12, GRUR
2013, 1150 Rn. 18 = WRP 2013, 1473 - Baumann).
II. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Beru-
fungsgerichts, die Beklagte habe die Klägerin gemäß §§ 3, 4 Nr. 10 UWG wett-
bewerbswidrig behindert.
1. Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10
UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkei-
ten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene
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Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist.
Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck
verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu
verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten
Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in
angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen
erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des
Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher
und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (vgl. BGH,
Urteil vom 7. Oktober 2009 - I ZR 150/07, GRUR 2010, 346 Rn. 12 = WRP
2010, 633 - Rufumleitung; Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 183/07, GRUR
2010, 642 Rn. 53 = WRP 2010, 764 - WM-Marken; Urteil vom 22. Juni 2011
- I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 = WRP 2011, 1469 - Automobil-
Onlinebörse, mwN).
2. Die Voraussetzungen einer unlauteren Behinderung liegen im Streitfall
nicht vor.
a) Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt, die die Annah-
me rechtfertigen könnten, die Beklagte verfolge gezielt den Zweck, die Klägerin
an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen. Solche Umstän-
de sind auch nicht ersichtlich. Das Angebot der Beklagten zielt nicht auf die Stö-
rung der wettbewerblichen Entfaltung der Klägerin ab, sondern baut gerade auf
deren Angebot und der Funktionsfähigkeit des Buchungsportals der Klägerin im
Internet auf (vgl. BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 66 - Automobil-Onlinebörse).
b) Im Streitfall führt eine Gesamtwürdigung der Umstände des vorliegen-
den Falls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, der Verbrau-
cher und der sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit auch nicht zu
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der Annahme, dass die Klägerin durch die beanstandete Vermittlung von Flü-
gen durch die Beklagte ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht
mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das
beanstandete Verhalten der Beklagten nicht unter dem Gesichtspunkt eines
Schleichbezugs durch Täuschung über die Absicht zum Weiterverkauf wettbe-
werbswidrig ist.
(1) Der Gesichtspunkt des Schleichbezugs kann den Tatbestand einer ge-
zielten Mitbewerberbehinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG erfüllen. Der
Schwerpunkt des Unlauterkeitsvorwurfs dieser Fallgruppe liegt in der Behinde-
rung eines Vertriebskonzepts, mit dem der Hersteller oder Dienstleistungser-
bringer legitime Absatzinteressen verfolgt (BGH, Urteil vom 11. September
2008 - I ZR 74/06, BGHZ 178, 63 Rn. 22 - bundesligakarten.de). Nach diesen
Grundsätzen kann auch ein Direktvertriebssystem, bei dem sich ein Anbieter
von Waren oder Dienstleistungen in zulässiger Weise dafür entschieden hat,
sein Angebot selbst oder über von ihm weisungsabhängige Vertreter oder
Agenturen abzusetzen, Schutz gegen eine Täuschung über die Wiederver-
kaufsabsicht genießen (BGHZ 178, 63 Rn. 27 - bundesligakarten.de).
(2) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der im Revisi-
onsverfahren noch relevante Antrag auf Untersagung der Vermittlung von Flug-
buchungen an Dritte nicht auf den Unlauterkeitsgesichtspunkt der Täuschung
über eine Wiederverkaufsabsicht der Beklagten gestützt werden kann. Dem
Antrag liegt das Buchungsverhalten der Beklagten seit September 2008 zu-
grunde. Dieses Verhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte der
Klägerin während des Buchungsvorgangs als Kontaktdaten den Vor- und Zu-
namen des Kunden sowie dessen Adresse und Telefonnummer mitteilt und
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dadurch allein dieser als Vertragspartner in Betracht kommt. Das Berufungsge-
richt ist auf dieser Grundlage zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte
insoweit nur noch als Vermittlerin von Flugleistungen der Klägerin aufgetreten
ist und keine eigenen Verträge mit dieser abschließt.
bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Beru-
fungsgerichts, im Streitfall liege ein Sachverhalt vor, der einer Täuschung über
die Wiederverkaufsabsicht gleichstehe.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Bejahung einer unlau-
teren Behinderung unter dem Gesichtspunkt des Schleichbezuges sei es uner-
heblich, ob einzelne oder mehrere Vorschriften der Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen der Klägerin, in denen deren Modell des Direktvertriebs zum Aus-
druck komme, einer rechtlichen Inhaltskontrolle standhielten oder nicht wirksam
in den Vertrag einbezogen worden seien. Dem kann nicht zugestimmt werden.
Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz kommt nur im Hinblick auf Direktver-
triebssysteme in Betracht, für die sich der Anbieter in rechtlich zulässiger Weise
entschieden hat. So sind Vertriebssysteme, die gegen kartellrechtliche Vor-
schriften verstoßen, wettbewerbsrechtlich nicht schutzwürdig (vgl. BGH, Urteil
vom 1. Dezember 1999 - I ZR 130/96, BGHZ 143, 232, 243 - Außenseiter-
anspruch II; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 10.64 f.).
Nichts anderes kann für durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgestaltete
Vertriebssysteme gelten, die der rechtlichen Inhaltskontrolle nicht standhalten
oder bei denen die maßgebenden Bedingungen erst gar nicht in die mit den
Abnehmern abzuschließenden Verträge einbezogen werden und die deshalb
keine Rechtswirkung entfalten. Ohne Erfolg beruft sich die Revision für ihre ge-
genteilige Ansicht auf die Senatsentscheidung "bundesligakarten.de". Soweit
dort die Frage der Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für un-
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erheblich gehalten wurde, ging es allein um solche Bedingungen, die nichts mit
der als verletzt beanstandeten konkreten Vertriebsbindung zu tun hatten (vgl.
BGHZ 178, 63 Rn. 24 - bundesligakarten.de). Im Streitfall braucht die Frage, ob
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wirksam in den Vertrag
einbezogen worden sind und ob sie einer Inhaltskontrolle standhalten, nicht be-
antwortet zu werden. Dies kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden. Eine
unlautere Behinderung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schleichbe-
zugs liegt auch dann nicht vor.
(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, das für eine Behinderung unter
dem Gesichtspunkt des Schleichbezugs erforderliche Unlauterkeitsmoment
könne auch darin bestehen, dass der Vermittler von im Direktvertrieb angebo-
tenen Waren oder Dienstleistungen entweder technische Schutzmechanismen
überwinde, die seine Einschaltung verhindern sollten, oder sich in anderer Wei-
se über eine nicht nur ausdrücklich erklärte, sondern auch kommunikations-
technisch geschützte Abwehr eines derartigen Verhaltens durch die Fluggesell-
schaft hinwegsetze. Eine solche den Unlauterkeitsvorwurf tragende kommuni-
kationstechnisch geschützte Abwehr hat das Berufungsgericht darin gesehen,
dass die Klägerin sich nicht nur in ihren Geschäftsbedingungen gegen die ge-
werbliche Vermittlung ihrer Flüge auf der Grundlage von Daten gewandt hat, die
sie auf ihrer Internetseite bereitgehalten hat, sondern dass sie darüber hinaus
im Rahmen des Buchungsvorgangs vorgesehen hat, mit einem Haken in einem
dafür vorgesehenen Kästchen ausdrücklich die Kenntnisnahme und das Ein-
verständnis mit diesen Bedingungen zum Ausdruck zu bringen. Daraus ergebe
sich, dass die Beklagte durch ihr Verhalten den eindeutig bekundeten Willen
der Klägerin durch wahrheitswidrige Angaben missachtet habe, und zwar nicht
nur durch einen inneren Vorbehalt, sondern durch eine technisch dokumentierte
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Willensbetätigung. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht
stand.
(3) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungs-
gerichts. Danach liegt allein darin keine unlautere Behinderung, dass sich die
Beklagte über den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geäußerten Wil-
len der Klägerin hinweggesetzt hat, keine gewerbliche Vermittlung von Flügen
anhand von Daten vorzunehmen, die der Internetseite der Klägerin entnommen
worden sind. Die Unlauterkeit kann nicht schon allein darin gesehen werden,
dass das Verhalten des Mitbewerbers dem Willen des Unternehmers wider-
spricht. Dem Willen eines Unternehmers werden regelmäßig alle und damit
auch dem Wesen des lauteren Wettbewerbs entsprechende Verhaltensweisen
eines Mitbewerbers widersprechen, die den Unternehmer in seinen eigenen
wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten beschränken. Allein der Umstand,
dass die Beklagte sich als Mitbewerberin der Klägerin über deren Willen hin-
wegsetzt, ihre Flüge nur über die eigene Internetseite zu vertreiben, damit der
Kunde die dort vorhandene Werbung und die kostenpflichtigen Zusatzangebote
zur Kenntnis nehmen kann, kann einen Unlauterkeitsvorwurf nicht begründen.
Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass sich
daran auch nichts dadurch ändert, dass die Klägerin ihren Willen in ihren Ge-
schäftsbedingungen ausdrücklich geäußert hat. Das bloße Sich-Hinwegsetzen
über Vertragsbedingungen reicht für die Bewertung einer geschäftlichen Hand-
lung als wettbewerbswidrig regelmäßig nicht aus, weil dies zu einer Verdingli-
chung schuldrechtlicher Pflichten führt, die mit der Aufgabe des Wettbewerbs-
rechts nicht im Einklang stünde. Erforderlich ist auch insoweit das Hinzutreten
besonderer Umstände, die das Wettbewerbsverhalten als unlauter erscheinen
lassen (vgl. BGHZ 143, 232, 240 - Außenseiteranspruch II; Urteil vom 11. Ja-
nuar 2007 - I ZR 96/04, BGHZ 171, 73 Rn. 19 - Außendienstmitarbeiter; Köhler
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in Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rn. 65a und § 4 Rn. 10.36, 10.42, 10.44, jeweils
mwN).
(4) Dem Berufungsgericht kann aber nicht in der Beurteilung gefolgt wer-
den, die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten folgt im Streitfall daraus,
dass diese sich über eine von der Klägerin im Rahmen des Buchungsvorgangs
vorgesehene kommunikationstechnische Schranke hinwegsetze.
Allerdings kann die Überwindung einer technischen Schutzvorrichtung, mit
der ein Mitbewerber verhindert, dass sein Internetangebot von der Allgemein-
heit genutzt werden kann, ein Umstand sein, der einen Unlauterkeitsvorwurf
begründet. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass sich ein Unternehmer, der
sein Angebot im Internet öffentlich zugänglich macht, im Allgemeininteresse an
der Funktionsfähigkeit des Internets daran festhalten lassen muss, dass die von
ihm eingestellten Informationen durch übliche Suchdienste in einem automati-
sierten Verfahren aufgefunden und dem Nutzer entsprechend seinen Suchbe-
dürfnissen aufbereitet zur Verfügung gestellt werden. Er muss deshalb auch
hinnehmen, dass ihm Werbeeinnahmen verlorengehen, weil die Nutzer seine
Internetseite nicht aufsuchen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00,
BGHZ 156, 1, 18 - Paperboy; BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 69 - Automobil-
Onlinebörse). Dagegen ist das Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit
des Internets dann nicht mehr betroffen, wenn der Unternehmer durch techni-
sche Maßnahmen verhindert, dass eine automatisierte Abfrage der Daten sei-
nes Internetangebots möglich ist (vgl. BGHZ 156, 1, 18 - Paperboy; BGH,
GRUR 2011, 1018 Rn. 69 - Automobil-Onlinebörse; vgl. auch Deutsch, GRUR
2009, 1027, 1032).
Einer solchen technischen Maßnahme steht jedoch die Notwendigkeit
nicht gleich, durch Setzen eines Hakens zu dokumentieren, die Geschäfts- und
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Nutzungsbedingungen der Klägerin zu akzeptieren. Mit einem solchen Erfor-
dernis, das der Verbraucher als übliche Vorgehensweise bei Bestellvorgängen
im Internet kennt, will der Unternehmer vor allem sicherstellen, dass die Bedin-
gungen in den zu schließenden Vertrag einbezogen werden. Diese primär ver-
tragsrechtliche Maßnahme kann einer Begrenzung der Nutzung der Internetsei-
te durch technische Maßnahmen gegen eine automatisierte Abfrage nicht
gleichgesetzt werden. Mit dem Setzen des Hakens wird lediglich dokumentiert,
dass der Nutzer den für die Annahme einer unlauteren Behinderung für sich
genommen unbeachtlichen Willen der Klägerin im Hinblick auf die gewünschte
Nutzung ihres Buchungsportals zur Kenntnis nehmen konnte. Ein das Unlauter-
keitsurteil begründender besonderer Umstand liegt darin nicht.
cc) Die Revision wendet sich mit Erfolg auch gegen die vom Berufungsge-
richt vorgenommene Interessenabwägung.
(1) Das Vorliegen einer unlauteren Behinderung lässt sich gemäß § 4
Nr. 10 UWG nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzel-
falls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und
sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Angebot der Be-
klagten von großem Nutzen für den Verbraucher sein kann. Es hat angenom-
men, das Geschäftsmodell der Beklagten fördere die Preistransparenz auf dem
Markt für Flugreisen und erleichtere dem Kunden das Auffinden des günstigsten
Flugs für eine bestimmte Flugverbindung. Damit könne sich das Angebot der
Beklagten sowohl auf den Wettbewerb als auch auf die Kundeninteressen posi-
tiv auswirken. Das Berufungsgericht hat gleichwohl angenommen, die Beein-
trächtigung der Interessen der Klägerin rechtfertige die Annahme einer unlaute-
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ren Behinderung. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin entgingen poten-
tielle Einnahmen; es sei wahrscheinlich, dass eine nicht unerhebliche Zahl von
Fluginteressierten aufgrund der Buchungsmöglichkeit auf der Internetseite der
Beklagten von einem Besuch der Website der Klägerin abgehalten würden.
Diese Kunden nähmen die von der Klägerin angebotenen Zusatzleistungen und
die dort bereitgehaltene Werbung nicht zur Kenntnis.
Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht den Umstand nicht hinrei-
chend berücksichtigt, dass die Klägerin ihr Buchungsportal nicht durch techni-
sche Maßnahmen gegen eine automatisierte Abfrage gesichert, sondern der
Allgemeinheit öffentlich zugänglich gemacht hat. In einem solchen Fall muss sie
es im Interesse der Funktionsfähigkeit des Internets hinnehmen, dass Kunden
die Möglichkeit von im Internet üblichen Suchdiensten nutzen und nicht selbst
unmittelbar die Website der Klägerin aufsuchen.
(3) Dem Berufungsgericht kann auch nicht in seiner Beurteilung zuge-
stimmt werden, der Klägerin sei es nicht zuzumuten, dass der Umfang der an
den Endkunden gelangten Informationen außerhalb ihrer Kontrolle liege.
Die Klägerin hat nicht durch technische Maßnahmen sichergestellt, dass
nur Endkunden über ihr Internetportal Flüge selbst buchen können. Es ist auch
weder festgestellt noch ersichtlich, dass im Hinblick auf das Angebot und die
Durchführung von Flügen ein Vertragsschluss über einen Vermittler generell zu
solchen Schwierigkeiten führt, dass der Klägerin ein Vertrieb ihrer Flüge allein
im Wege eines unmittelbaren Vertragsschlusses mit dem Endkunden zuzumu-
ten ist. Es kommt hinzu, dass es der Klägerin freisteht, von der Beklagten ver-
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mittelte Flugbuchungen, die ihr jedenfalls aufgrund der angegebenen Kreditkar-
tendaten der Beklagten als solche erkennbar sind, nicht anzunehmen. Nimmt
die Klägerin aber Buchungen an, die von der Beklagten erkennbar für deren
Kunden vorgenommen werden, kommt es rechtsgeschäftlich ohnehin allein auf
die Kenntnis der Beklagten an (§ 166 Abs. 1 BGB). Eine zusätzliche Kenntnis
des Kunden etwa von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist
nicht erforderlich, um diese wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen der
Klägerin und den Kunden der Beklagten einzubeziehen. Dem kann die Revisi-
onserwiderung nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin setze ein automati-
siertes Buchungsverfahren ein und verlasse sich darauf, dass die Buchenden
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis nehmen. Das Berufungs-
gericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagte seit September 2008 anders als
in der Form der Vermittlerin aufgetreten ist und Verträge im eigenen Namen
geschlossen hat. Es hat festgestellt, dass die Beklagte während des Buchungs-
vorgangs bei der Klägerin ihre eigenen Kreditkartendaten eingibt. Damit ist für
die Klägerin jedenfalls erkennbar, dass die beanstandeten Buchungen unter
Mitwirkung der Beklagten im Wege der Stellvertretung vorgenommen werden.
Der Umstand, dass die Klägerin diese Umstände nicht zur Kenntnis nimmt, weil
sie sich für ein durch Automation vereinfachtes Bearbeitungsverfahren ent-
schieden hat, kann im Rahmen der Interessenabwägung nicht den Ausschlag
zu ihren Gunsten geben (vgl. OLG Frankfurt, MMR 2009, 400, 401).
Das Interesse der Klägerin an einem direkten kommunikativen Zugang zum
Kunden bezieht sich deshalb im Wesentlichen auf die Möglichkeit, diesen direkt
werblich anzusprechen. Einem solchen Interesse kann im Rahmen der im
Streitfall vorzunehmenden Gesamtwürdigung kein maßgebendes Gewicht bei-
gemessen werden. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte der Klägerin sowohl
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den Namen als auch die Anschrift und die Telefonnummer der Kunden mitteilt
und die Beklagte sich darüber hinaus am 5. September 2012 zur Weiterleitung
der E-Mail-Adresse des Kunden verpflichtet hat. Damit verfügt die Klägerin über
ausreichende Möglichkeiten, mit den Kunden zu kommunizieren. Soweit die
Revisionserwiderung geltend macht, die Beklagte habe nach Verkündung des
Berufungsurteils die Auffassung vertreten, die Klägerin könne aus der Verpflich-
tungserklärung vom 5. September 2012 keine Ansprüche herleiten, kann dieser
neue Sachvortrag in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden (§ 559
Abs. 1 ZPO).
(4) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Be-
rufungsgerichts, die Beklagte beeinträchtige gezielt die ungehinderte Kommuni-
kation und Vertragsabwicklung zwischen der Klägerin und den Kunden, weil sie
beim Buchungsvorgang ihre eigenen Kreditkartendaten und nicht diejenigen der
Kunden angebe. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kreditkartendaten
seien für eine verlässliche Kommunikation der Klägerin mit ihren Vertragspart-
nern von erheblicher Bedeutung, weil für den Regelfall allein diese Daten aus-
reichend verlässlich seien, um sicherzustellen, dass entweder mit derjenigen
Person, für die die Kreditkarte ausgegeben worden sei, oder mit einer Person
kommuniziert werde, der diese Kreditkarte vom Inhaber zur Verfügung gestellt
worden sei. Daraus lässt sich keine Interessenbeeinträchtigung ableiten, die im
Rahmen der Gesamtwürdigung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG von Bedeutung
ist.
Bei der Angabe von Kreditkartendaten im Rahmen eines Buchungsvor-
gangs geht es um die Sicherstellung der Entrichtung des Kaufpreises, die beim
Erwerb von Flugreisen nicht vom Schuldner persönlich vorgenommen werden
muss (§ 267 BGB). Es kommt damit allein darauf an, dass die Kreditkartenda-
ten der Person angegeben werden, die die Zahlung vornimmt. Eine weiterge-
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hende Funktion der Kreditkartenangabe ist vom Berufungsgericht nicht festge-
stellt worden und auch sonst nicht ersichtlich.
(5) Eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung der Klägerin folgt entge-
gen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht aus den von der Klägerin
vorgetragenen Kundenbeschwerden wegen unvollständiger Buchungsdaten
und unterbliebener Sicherheitschecks. Diesen Ausführungen lässt sich nicht
entnehmen, ob die betreffenden Beschwerden symptomatische Missstände be-
schreiben, die nicht lediglich den Charakter von im normalen Geschäftsverkehr
nicht völlig auszuschließenden Einzelfällen haben. Entsprechendes gilt für die
Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin befürchte nicht ohne Grund, ihr
Ansehen könne (auch) durch schlechten Service der gewerblichen Vermittler
leiden.
(6) Dem Berufungsgericht kann auch nicht in der Beurteilung zugestimmt
werden, die Klägerin habe ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse daran,
dass sich die von ihr angebotenen Flugpreise nicht durch Vermittlungsprovisio-
nen erhöhen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Beklagte durch das
Sammeln und Aufbereiten der auf die Buchungsanfrage eines Kunden passen-
den Flugdaten eine eigene Leistung erbringt, die auch nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts dem Interesse des Kunden entspricht.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte lege es darauf an, den
Kunden die Kenntnis vorzuenthalten, dass die Zusatzgebühren von ihr und
nicht von den Fluggesellschaften erhoben werden, wird nicht durch die ge-
troffenen Feststellungen getragen. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt,
die Kunden würden bei der Buchung über das Internetportal der Beklagten kon-
kret dahingehend getäuscht, dass bestimmte von der Beklagten erhobene
Preisbestandteile fälschlich der Klägerin zugerechnet werden. Auch für eine
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vom Berufungsgericht angenommene abstrakte Irreführungsgefahr fehlt es an
hinreichenden Feststellungen. Das Berufungsgericht hat vielmehr angenom-
men, die angesprochenen Verkehrskreise gingen davon aus, dass die von der
Klägerin versprochenen günstigen Preise nur bei einer Buchung direkt auf der
Internetseite der Klägerin garantiert werden könnten. Es hat ferner festgestellt,
es sei häufig bekannt, dass das Preisgefüge bei Einschaltung von Drittunter-
nehmen als Vermittler nicht notwendigerweise demjenigen bei einem Direkter-
werb vom Hersteller oder Anbieter entspreche. Es hat weiter ausgeführt, dass
die Beklagte während des Ablaufs der Buchung dem Nutzer ihre eigenen Ge-
bühren - wenn auch nur "nach und nach" - offenbare. Damit lässt sich die An-
nahme nicht in Einklang bringen, die Kunden gingen davon aus, die zusätzli-
chen Preisbestandteile würden von der Klägerin verlangt.
Im Übrigen hat die Klägerin auch in der Antragsfassung nicht zum Aus-
druck gebracht, dass sich das Verbot auf eine Verletzungsform bezieht, bei der
die Beklagte die Kunden über die Preisgestaltung täuscht.
III. Da sich das Berufungsurteil nicht aus anderen Gründen als richtig er-
weist, ist es aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Beklag-
ten hinsichtlich des Unterlassungshauptantrags erkannt worden ist. Die Sache
ist an die Vorinstanz zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentschei-
dung reif ist (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat - aus seiner
Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu den von der Klägerin zur Begrün-
dung des Unterlassungshauptantrags geltend gemachten Ansprüchen wegen
ergänzenden Leistungsschutzes gemäß § 4 Nr. 9 UWG und wegen Irreführung
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gemäß § 5 UWG getroffen. Dasselbe gilt für die von der Klägerin gestellten
Hilfsanträge. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht in-
soweit auch noch keine Feststellungen im Hinblick auf die geltend gemachten
urheberrechtlichen Ansprüche getroffen.
Büscher
Pokrant
Schaffert
Koch
Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.02.2010 - 310 O 31/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.10.2012 - 5 U 38/10 -