Urteil des BGH vom 17.02.2000
Kabelweitersendung Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 194/97
Verkündet am:
17. Februar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Kabelweitersendung
UrhG § 20, § 20b Abs. 1
a) Die Vorschrift des § 20b Abs. 1 UrhG ist nicht anwendbar auf Ansprüche, die
aus Rechtsverletzungen hergeleitet werden, die vor ihrem Inkrafttreten be-
gangen worden sind.
b) Zur Frage des Eingriffs in das Senderecht durch die zeitgleiche, unverän-
derte und vollständige Kabelweiterübertragung des Programms einer öffent-
lich-rechtlichen Rundfunkanstalt in deren Versorgungsbereich.
c) Der Umstand, daß eine Werknutzung durch einen öffentlich-rechtlichen
Zwang oder eine gesetzliche Verpflichtung, wie sie der Versorgungsauftrag
einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt darstellt, ausgelöst wird, recht-
fertigt nicht, bei der Werknutzung die dem Urheber gesetzlich gewährten
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Ansprüche nicht zu beachten (Bestätigung von BGH, Urt. v. 4.6.1987
- I ZR 117/85, GRUR 1988, 206, 211 - Kabelfernsehen II).
BGH, Urt. v. 17. Februar 2000 - I ZR 194/97 - Kammergericht
LG Berlin
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm, Pokrant
und Raebel
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammerge-
richts vom 18. Februar 1997 wird auf Kosten der Beklagten zurück-
gewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 5. Dezember 1989 von der S.
Ltd. die ausschließlichen Fernseh-Senderechte an dem Film "Einzigartige
Chanel". Die Rechtsübertragung war zeitlich auf zehn Jahre und räumlich auf
die damalige Bundesrepublik Deutschland (einschließlich West-Berlin) und
Luxemburg beschränkt.
Die Beklagte, die Landesrundfunkanstalt für das Bundesland Branden-
burg, sendete diesen Spielfilm am 3. Oktober 1992 in ihrem Dritten Programm.
Dieses in ganz Berlin drahtlos empfangbare Fernsehprogramm wurde zeit-
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gleich von der Deutschen Bundespost Telekom (im folgenden: Telekom) in das
Berliner Breitbandkabelnetz eingespeist.
Die Beklagte leitet ihre Senderechte von dem ehemaligen Fernsehen
der DDR ab. Dem liegen folgende Verträge zugrunde: Mit Vertrag vom 16. Mai
1987 übertrug die S. Ltd. ausschließliche Fernsehrechte an dem Film u.a.
für das Gebiet der DDR bis zum 30. April 1995 auf die P. GmbH. Von dieser
erwarb die O. GmbH die Rechte für das Lizenzgebiet DDR für die Zeit
vom 1. Dezember 1987 bis zum 30. November 1992 und übertrug sie - mit der-
selben zeitlichen Beschränkung - durch Vertrag vom 24. Juni 1987 auf das
Fernsehen der DDR.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe dadurch widerrechtlich in
ihre Senderechte eingegriffen, daß sie gestattet habe, die Fernsehsendung
des Films "Einzigartige Chanel" am 3. Oktober 1992 zeitgleich in das Kabel-
netz für West-Berlin einzuspeisen. Sie verlangt von der Beklagten Schadens-
ersatz und hat dementsprechend beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie
100.000,-- DM nebst Zinsen zu bezahlen.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, die Kabelweiterübertra-
gung ihrer Fernsehsendung habe keine Rechte der Klägerin verletzt. Sie sei
zudem nicht für die Kabelweitersendung verantwortlich.
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt er-
klärt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (Kammergericht MMR
1998, 107).
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Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt
die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die zeitgleiche, vollstän-
dige und unveränderte Weiterübertragung der Fernsehsendung des Spielfilms
"Einzigartige Chanel" im Breitbandkabelnetz des früheren Westteils von Berlin
am 3. Oktober 1992 die ausschließlichen Senderechte verletzt habe, die der
Klägerin aufgrund ihres Vertrages vom 5. Dezember 1989 mit der S. Ltd.
zugestanden hätten. Die Beklagte sei für diese Rechtsverletzung verantwort-
lich. Die Kabeleinspeisung sei zwar von der Telekom vorgenommen worden,
die Beklagte habe aber zumindest dadurch in die Rechte der Klägerin einge-
griffen, daß sie gemeinsam mit den anderen Landesrundfunkanstalten und an-
deren Vertragsparteien in dem Vertrag über die Weiterübertragung von Fern-
sehprogrammen mit Wirkung vom 1. Januar 1992 der Telekom die Kabelwei-
tersendung aller in Berlin drahtlos empfangbaren Fernsehprogramme gestattet
habe, obwohl sie für den Bereich von West-Berlin keine Kabelsenderechte be-
sessen habe.
Die Kabelweiterübertragung des Films "Einzigartige Chanel" sei ein Ein-
griff in die Senderechte, die der Klägerin unstreitig für West-Berlin zustünden,
weil sie außerhalb des Versorgungsgebiets der Beklagten, zu dem West-Berlin
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nicht gehöre, stattgefunden habe. Die Ausstrahlung des Films durch die Be-
klagte habe das Senderecht der Klägerin für West-Berlin nicht erschöpft. Die
Beklagte leite ihre Senderechte von einer Rechtseinräumung an das Fernse-
hen der DDR her, die sich ausdrücklich nur auf das Gebiet der DDR und damit
nur auf das offizielle Versorgungsgebiet des Fernsehens der DDR bezogen
habe.
Die Beklagte habe zumindest fahrlässig gehandelt. Sie habe nach § 2
Abs. 2 des Vertrages über die Weiterübertragung von Fernsehprogrammen die
Möglichkeit gehabt, von der Telekom zu verlangen, die Kabeleinspeisung zu
unterlassen; sie habe davon aber keinen Gebrauch gemacht, obwohl ihr späte-
stens aufgrund der Abmahnung der Klägerin vom 30. September 1992 die ge-
samten Umstände bekannt gewesen seien. Es könne offenbleiben, ob es tech-
nisch möglich gewesen wäre, die Kabeleinspeisung der Sendung zu verhin-
dern, weil die Beklagte unter den gegebenen Umständen notfalls auf die Sen-
dung des Spielfilms hätte verzichten müssen.
II. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte wegen eines
schuldhaften Eingriffs in die der Klägerin für West-Berlin zustehenden Kabel-
senderechte dem Grunde nach schadensersatzpflichtig ist (§ 97 Abs. 1 i.V. mit
§ 20 UrhG), hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Klä-
gerin durch Vertrag vom 5. Dezember 1989 mit der S. Ltd. das aus-
schließliche Recht an der Kabelsendung des Films "Einzigartige Chanel" für
West-Berlin erworben hat. Mit ihrer erstmals in der mündlichen Revisionsver-
handlung vorgebrachten Behauptung, aus Nr. 2 Abs. 2 dieses Vertrages sei zu
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folgern, daß die Rechte an der Kabelweitersendung deutsch-synchronisierter
Fassungen des Films vorweg an Verwertungsgesellschaften eingeräumt wor-
den seien, kann die Revision nicht gehört werden, weil es sich dabei um unzu-
lässiges neues Vorbringen handelt (§ 561 ZPO). Der genannten Vertragsbe-
stimmung könnte im übrigen allenfalls ein gewisses Indiz für eine Vorwegüber-
tragung entnommen werden.
Entgegen der Ansicht der Revision ist auch auszuschließen, daß die
Rechte zur Kabelsendung in West-Berlin vor dem möglichen Zeitpunkt des
Rechtserwerbs der Klägerin durch Vertrag vom 16. Mai 1987 von der S.
Ltd. auf die P. GmbH übertragen worden sein könnten. Nach dem unzwei-
deutigen Wortlaut dieses Vertrages und dem unstreitigen Tatbestand des Be-
rufungsurteils enthielt dieser Vertrag - bezogen auf das Inland - nur eine
Rechtsübertragung für das Gebiet der DDR.
Im Hinblick auf die streitgegenständliche Kabelweitersendung vom
3. Oktober 1992 ist die Klägerin auch nach der Einfügung des § 20b Abs. 1
UrhG durch Art. 1 Nr. 2 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Urheber-
rechtsgesetzes vom 8. Mai 1998 (BGBl. I S. 902, im folgenden: 4. UrhG-ÄndG)
aktivlegitimiert. Nach § 20b Abs. 1 UrhG kann das Recht, ein gesendetes Werk
im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen
Programms durch Kabelsysteme weiterzusenden, nur durch eine Verwertungs-
gesellschaft geltend gemacht werden. Diese Neuregelung gilt nicht für Ansprü-
che, die aus Rechtsverletzungen vor Inkrafttreten der Novelle hergeleitet wer-
den; sie hatte lediglich den Zweck, für die Zukunft den Erwerb der Rechte für
eine Kabelweitersendung zu erleichtern (vgl. Schricker/v. Ungern-Sternberg,
Urheberrecht, 2. Aufl., § 20b UrhG Rdn. 13).
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2. Die zeitgleiche Kabelweiterübertragung der Fernsehausstrahlung des
Films im Breitbandkabelnetz von West-Berlin war eine eigene Sendung der
Telekom im Sinne des § 20 UrhG.
a) Für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist diese Vorschrift zwar
noch in der vor dem 1. Juni 1998 geltenden Fassung maßgebend, ihre Neufas-
sung durch Art. 1 Nr. 1 des 4. UrhG-ÄndG hat die Rechtslage insoweit aber
nicht verändert. Die Ersetzung des ungebräuchlich gewordenen Wortes
"Drahtfunk" durch das Wort "Kabelfunk" durch diese Novelle hatte lediglich
sprachliche Gründe (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 1 des Regierungsent-
wurfs des 4. UrhG-ÄndG, BT-Drucks. 13/4796 S. 11).
b) Die Kabelweitersendung des Films erfüllte den Tatbestand des Ka-
belfunks im Sinne des § 20 UrhG. Für diesen ist es ohne Belang, ob die Ka-
belweiterübertragung einer Rundfunksendung im Versorgungsbereich des Ur-
sprungssendeunternehmens stattfindet (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987
- I ZR 117/85, GRUR 1988, 206, 209 - Kabelfernsehen II; davon geht auch
BGHZ 123, 149, 153 ff. - Verteileranlagen - ohne weiteres aus). Das Recht an
der Kabelsendung bezieht sich auf jede - als Sendung anzusehende - öffentli-
che Wiedergabe eines geschützten Werkes im Wege der Kabelübertragung
(vgl. BGHZ 123, 149, 153 f. - Verteileranlagen). Der Gesetzgeber hat bei § 20
UrhG bewußt an den technischen Sendevorgang angeknüpft. Dem Urheber
sollte - im Einklang mit Art. 11
bis
Abs. 1 Nr. 2 RBÜ - ein Recht an der Sendung
seines Werkes auch für den Fall gewährt werden, daß eine - am Ort auch
drahtlos empfangbare - Rundfunksendung lediglich zeitgleich über Kabel wei-
tergesendet wird und diese Weitersendung keinen neuen Empfängerkreis er-
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schließt, sondern lediglich der technischen Verbesserung des Empfangs dient
(vgl. BGHZ 79, 350, 354 ff. - Kabelfernsehen in Abschattungsgebieten; BGH
GRUR 1988, 206, 209 - Kabelfernsehen II).
c) Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall - unter Berufung auf
die Entscheidung des Senats "Kabelfernsehen II" (GRUR 1988, 206, 209 f.) -
einen Eingriff in das Senderecht mit der Begründung bejaht, daß die Kabel-
weiterleitung des Films außerhalb des Versorgungsbereichs der Beklagten
stattgefunden habe. Dies ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zu der vom Berufungsgericht vertretenen - im Streitfall aber letztlich
nicht als tragend angesehenen - Ansicht, daß die Kabelweiterleitung der
drahtlos ausgestrahlten Sendung einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt
in deren gesetzlichem Versorgungsbereich keinen Eingriff in das Senderecht
darstelle, muß im vorliegenden Fall nicht abschließend Stellung genommen
werden, es ist aber auf Bedenken hinzuweisen. Die Rechtsansicht des Beru-
fungsgerichts entspricht allerdings einer in der Literatur weit verbreiteten Mei-
nung (vgl. u.a. Reimer, GRUR Int. 1979, 86, 93 f.; Möller, FuR 1983, 455 ff.;
Herrmann, GRUR Int. 1984, 578, 589 ff.; ders., Rundfunkrecht, 1994, § 27
Rdn. 52 ff.; Hillig in Fuhr/Rudolf/Wassermann [Hrsg.], Recht der Neuen Medi-
en, 1989, S. 384, 405; Haberstumpf, Handbuch des Urheberrechts, 1996, S.
109; vgl. auch Bornkamm, FuR 1984, 512, 515). Als Begründung werden für
diese Meinung vor allem Billigkeitserwägungen geltend gemacht, wie sie auch
in den Senatsentscheidungen "Kabelfernsehen in Abschattungsgebieten"
(BGHZ 79, 350, 360) und "Kabelfernsehen II" (GRUR 1988, 206, 211) in ande-
rem rechtlichen Zusammenhang - nämlich bei der Erschöpfung - dargelegt
sind. Dazu wird in der Literatur vorgebracht, die Urheberberechtigten erhielten
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im allgemeinen bereits aufgrund des Vertrages mit der Rundfunkanstalt über
die Einräumung des Rechts zur drahtlosen Rundfunkausstrahlung eine Vergü-
tung, die - wirtschaftlich gesehen - durch die Rundfunkgebühren aufgebracht
werde. Würde die Kabelweitersendung der drahtlosen Rundfunksendung einen
weiteren Vergütungsanspruch der Urheberberechtigten begründen, hätte dies
zur Folge, daß die gebührenzahlenden Rundfunkteilnehmer, auf die ein für die
Kabelübertragung zu entrichtendes Entgelt abgewälzt würde, letztlich für ein
und dieselbe Rundfunksendung doppelt zu bezahlen hätten (vgl. dazu auch die
Beiträge von Gounalakis, Kabelfernsehen und Verbraucherschutz, 1989, S.
219 ff.; Schwertfeger, Kabelfernsehen und Urheberschutz, 1987, S. 103 ff.;
Sack, GRUR 1988, 163 ff. und Bornkamm, Festschrift v. Gamm, 1990, S. 329,
340 ff., die diesen Erwägungen rechtliche Relevanz beimessen, allerdings nicht
unter dem Gesichtspunkt einer Beschränkung des Tatbestands des Sende-
rechts, sondern dem einer Erschöpfung des Rechts [vgl. dazu unten II. 3.]; ge-
gen die Berücksichtigung solcher Gesichtspunkte bei der Anwendung des
Senderechts u.a. Dreier, Kabelweiterleitung und Urheberrecht, 1991, S. 107 ff.;
Schricker, GRUR Int. 1984, 592, 597; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15
UrhG Rdn. 9, 35; § 20 UrhG Rdn. 36).
Bereits in seiner Entscheidung "Kabelfernsehen II" hat der Senat darauf
hingewiesen, daß derartige Billigkeitserwägungen für sich allein keinen selb-
ständigen Freistellungsgrund darstellen könnten (GRUR 1988, 206, 211; vgl.
auch Platho, Urheberrechtsprobleme der Weiterverbreitung von Sendungen in
Kabelnetzen, 1983, S. 48 ff.; Schwertfeger aaO S. 52 ff.). Das Urheberrechts-
gesetz will dem Urheber die Kontrolle über die Nutzung seines Werkes sichern
und behält ihm deshalb mit den Verwertungsrechten bestimmte Nutzungs-
handlungen vor. Der Tatbestand des § 20 UrhG ist aber - wie dargelegt - auch
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bei einer zeitgleichen, unveränderten und vollständigen Kabelweitersendung
eines Rundfunkprogramms erfüllt.
Teilweise wird die Freigabe des Versorgungsbereichs mit der Erwägung
gerechtfertigt, daß sich der Urheberberechtigte mit der Einräumung des Sende-
rechts an die Rundfunkanstalt zumindest stillschweigend damit einverstanden
erklärt habe, daß die Sendung innerhalb des Versorgungsbereichs durch wen
auch immer allen Rundfunkteilnehmern zugänglich gemacht werde (so Hillig
aaO S. 405; vgl. auch Herrmann, GRUR Int. 1984, 578, 590 f.). Ob dem zuge-
stimmt werden kann, muß hier nicht entschieden werden. Sollte es an den tat-
sächlichen Voraussetzungen für diese Annahme fehlen, würde mit dieser An-
sicht allerdings der Sache nach eine Fiktion aufgestellt, an die ohne gesetzli-
che Grundlage das Erlöschen des - dem Tatbestand nach eingreifenden - Sen-
derechts geknüpft würde (vgl. dazu auch Hoge Raad GRUR Int. 1985, 124, 126
- Kabelfernsehunternehmen II).
In diesem Zusammenhang wird auch zu erwägen sein, daß die obersten
Gerichte anderer europäischer Staaten - soweit ersichtlich ausnahmslos - bei
der Auslegung des Art. 11
bis
Abs. 1 Nr. 2 RBÜ nicht darauf abstellen, ob eine
Kabelweiterübertragung einer Rundfunksendung im Versorgungsbereich des
Ursprungssendeunternehmens oder außerhalb stattfindet (vgl. ÖOGH GRUR
Int. 1975, 68 f. - Gemeinschaftsantenne Feldkirch; Hoge Raad GRUR Int. 1982,
463, 464 f. - Kabelfernsehunternehmen I, GRUR Int. 1985, 124, 125 - Kabel-
fernsehunternehmen II und GRUR Int. 1995, 83 - Kabelfernsehunternehmen III;
schweiz. BG GRUR Int. 1981, 404, 405 ff. - Kabelfernsehanlage Rediffusion I -
und GRUR Int. 1985, 412 ff. - Gemeinschaftsantenne Altdorf; ungar. OG GRUR
Int. 1989, 155 - Kabelfernsehen; vgl. auch belg. Cour de Cassation GRUR Int.
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1982, 448 f. - Le Boucher IV; FL OGH GRUR Int. 1998, 512, 514 f., 517 - Ka-
belweitersendung).
Überdies wird die Ansicht vertreten, daß auch die Vorschrift des § 20b
Abs. 1 UrhG, die durch Art. 1 Nr. 2 des 4. UrhG-ÄndG in das Urheberrechtsge-
setz eingefügt wurde, ohne weiteres davon ausgeht, daß das Recht zur Kabel-
weitersendung einer Rundfunksendung nicht davon abhängig ist, ob die Wei-
tersendung im Versorgungsbereich des Ursprungsunternehmens oder außer-
halb stattfindet (vgl. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl.,
§ 20 UrhG Rdn. 3; vgl. auch das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach Art. 8
des - noch nicht ratifizierten - WIPO-Urheberrechtsvertrages vom
20. Dezember 1996 [abgedruckt IIC 1997, 208], das die Berücksichtigung sol-
cher Kriterien nicht zuläßt).
3. Die Kabelweitersendung der von der Beklagten drahtlos ausgestrahl-
ten Rundfunksendung des Films "Einzigartige Chanel" in West-Berlin war ein
rechtswidriger Eingriff in die dort der Klägerin zustehenden Senderechte. Ent-
gegen der Ansicht der Revision kann nicht angenommen werden, daß das
Recht an der Kabelweitersendung durch die Rundfunksendung der Beklagten
für diesen Bereich bereits erschöpft war.
a) In der Entscheidung "Kabelfernsehen in Abschattungsgebieten" - ei-
nem besonders gelagerten Fall - hat der Senat ausgesprochen (BGHZ 79, 350,
356 ff.; vgl. auch BGH GRUR 1988, 206, 210 - Kabelfernsehen II), daß auch
bei Rechten der öffentlichen Wiedergabe eine Erschöpfung des Rechts eintre-
ten könne, obwohl das Gesetz seinem Wortlaut nach für Rechte dieser Art
- anders als für das Verbreitungsrecht (§ 17 Abs. 2, § 69 c Satz 2 UrhG) - keine
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Erschöpfung vorsehe. Diese Frage ist jedoch nach wie vor umstritten (bejahend
u.a. Windisch, Festschrift für Roeber, 1982, S. 481, 486 ff.; Gounalakis aaO
S. 221 ff.; Sack, GRUR 1988, 163, 167 ff.; Schwertfeger aaO S. 122 ff.; Born-
kamm aaO S. 329, 336; a.A. u.a. Ulmer GRUR Int. 1981, 372, 375 ff.; Hub-
mann, Festschrift für Roeber, 1982, S. 181 ff.; Dreier aaO S. 97 ff., 118 f.; Joos,
Die Erschöpfungslehre im Urheberrecht, 1991, S. 216 ff., 255 f.; Schack, Urhe-
ber- und Urhebervertragsrecht, 1997, Rdn. 389, 410; Haberstumpf aaO S. 104;
Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 17 UrhG Rdn. 8; Schricker/v. Ungern-
Sternberg aaO § 15 UrhG Rdn. 31 ff., vor §§ 20 ff. UrhG Rdn. 13 f.).
Die Frage, ob auch bei Rechten der öffentlichen Wiedergabe eine Er-
schöpfung des Rechts eintreten kann, wird gegebenenfalls neu zu überdenken
sein. Dies wird insbesondere durch die internationale Rechtsentwicklung na-
hegelegt. Denn der Gedanke, daß auch bei Rechten der öffentlichen Wieder-
gabe eine Erschöpfung des Rechts in Betracht kommen könnte, ist in der inter-
nationalen Rechtsentwicklung bisher nicht aufgegriffen worden (vgl. Cohen
Jehoram, IIC 25 [1994] S. 136 f.). Bei der Harmonisierung des Urheberrechts
im Rahmen der europäischen Union ist der Gedanke einer Erschöpfung von
Rechten der öffentlichen Wiedergabe im Gegenteil wiederholt abgelehnt wor-
den. Eine stillschweigende Ablehnung eines Erschöpfungsgrundsatzes wird im
Fall des Art. 8 Abs. 1 der Satelliten- und Kabelrichtlinie angenommen (vgl. da-
zu Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 UrhG Rdn. 37). Ebenso wird nach
den Erwägungsgründen 33 und 43 der Datenbankrichtlinie (Richtlinie 96/9/EG
vom 11.3.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. Nr. L 77
S. 20 = GRUR Int. 1996, 806) eine urheberrechtliche Erschöpfung bei Online-
Leistungen als ausgeschlossen angesehen (vgl. Gaster, Der Rechtsschutz von
Datenbanken, 1999, Rdn. 350, 524, 528). In gleicher Weise wird die Anwen-
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dung des Erschöpfungsgrundsatzes für das Recht der öffentlichen Wiedergabe
in dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der ver-
wandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 25. Mai 1999 abge-
lehnt (ABl. C Nr. 180 v. 25.6.1999, S. 7 Erwägungsgrund 19, Art. 3 Abs. 3;
Reinbothe, ZUM 1998, 429, 434; von Lewinski, MMR 1998, 115, 116 f.). Auch
die Gewährung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe durch Art. 8 des -
noch nicht ratifizierten - WIPO-Urheberrechtsvertrages steht nicht unter dem
Vorbehalt eines Erschöpfungsgrundsatzes (vgl. dazu auch Basic Proposal für
die materiell-rechtlichen Bestimmungen des WIPO-Urheberrechtsvertrages
Nr. 10.20 zu Art. 10, zitiert bei Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 UrhG
Rdn. 36). Es wird auch zu prüfen sein, ob die Annahme, daß das Senderecht
bei der zeitgleichen Kabelweitersendung von Rundfunksendungen einer öffent-
lich-rechtlichen Rundfunkanstalt in deren Versorgungsbereich erschöpft sei,
damit in Einklang gebracht werden kann, daß der Betreiber einer Verteileranla-
ge gemäß den §§ 20, 20b UrhG auch bei Nutzung der Programme der öffent-
lich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in deren Versorgungsbereich sich die An-
lage befindet, grundsätzlich die erforderlichen Rechte erwerben muß (vgl.
BGHZ 123, 149 - Verteileranlagen), während der Betreiber eines Breitbandka-
belnetzes selbst in einem Fall, in dem - wie hier - über das Netz etwa 1,1 Mil-
lionen Fernsehteilnehmer erreicht werden, von Ansprüchen der Urheberbe-
rechtigten freigestellt wäre.
b) Die Frage, ob auch Rechte der öffentlichen Wiedergabe einer Er-
schöpfung unterliegen können, kann hier aber letztlich dahinstehen. Denn eine
Erschöpfung des Senderechts, wie sie noch in der Entscheidung "Kabelfernse-
hen in Abschattungsgebieten" (BGHZ 79, 350, 356 ff.; vgl. auch BGH
- 15 -
GRUR 1988, 206, 210 - Kabelfernsehen II) angenommen worden ist, würde
jedenfalls voraussetzen, daß der Rechtsinhaber durch eigene Benutzungs-
handlungen das ihm vom Gesetz eingeräumte ausschließliche Verwertungs-
recht ausgenutzt hat. Davon kann aber nicht gesprochen werden, wenn der
Urheberberechtigte Rechte zur drahtlosen Rundfunksendung nur für ein be-
stimmtes Gebiet eingeräumt hat, die gleichzeitige Kabelweiterübertragung aber
in einem anderen Gebiet durchgeführt wird (vgl. BGH GRUR 1988, 206, 210 f.
- Kabelfernsehen II - zur Kabelweitersendung ausländischer Rundfunksendun-
gen; BGHZ 133, 281, 290 f. - Klimbim - zur Kabelweitersendung von Sendun-
gen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auf der Grundlage von Sende-
rechten für das Gebiet der früheren Bundesrepublik Deutschland in den neuen
Bundesländern). So liegt der Fall hier.
Nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts hat die
Beklagte Senderechte allenfalls für das Gebiet der früheren DDR erworben.
Die Beklagte leitet die von ihr beanspruchten Senderechte vom Fernsehen der
DDR und dieses wiederum aus einem Lizenzvertrag mit der O. GmbH vom
24. Juni 1987 ab. In diesem Vertrag war aber als Lizenzgebiet ausdrücklich
das Gebiet der DDR festgelegt worden, zu dem West-Berlin nicht gehörte. Der
Annahme der Revision, dem Fernsehen der DDR seien die Rechte zur Kabel-
weitersendung in West-Berlin in dem Vertrag wenigstens konkludent mit über-
tragen worden, steht nicht nur der klare Vertragswortlaut entgegen, sondern
auch der Umstand, daß solche Rechte der O. GmbH selbst nicht zustan-
den.
4. Wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, ist die Beklagte
für die Kabelweitersendung ihrer Rundfunkausstrahlung des Films "Einzigartige
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Chanel" im Breitbandkabelnetz von West-Berlin mit verantwortlich (§ 97 UrhG).
Die Beklagte hat mit der Telekom - zusammen mit zahlreichen anderen Sende-
unternehmen - den ab 1. Januar 1992 geltenden Vertrag über die Weiterüber-
tragung von Fernsehprogrammen in Breitbandverteilnetzen der Telekom ge-
schlossen. Mit diesem Vertrag hat die Beklagte gemeinsam mit den anderen
Vertragsparteien der Telekom gestattet, ihr vollständiges Programm in West-
Berlin weiterzuübertragen, obwohl sie für dieses Gebiet keine Senderechte
besaß.
a) Das Berufungsgericht hat den Vertrag über die Weiterübertragung
von Fernsehprogrammen dahingehend ausgelegt, daß sich die Rechtseinräu-
mung durch die beteiligten Sendeunternehmen jeweils auf das Recht zur Wei-
tersendung ihrer gesamten Fernsehprogramme bezieht. Das Berufungsgericht
hat dies verschiedenen Vertragsbestimmungen entnommen. Es hat zunächst
auf § 1 Abs. 3 des Vertrages verwiesen, der wie folgt lautet:
"Die Rechtseinräumung erstreckt sich auf die über terrestrische
Rundfunksender übertragenen Fernsehprogramme der am Ver-
trag beteiligten Sendeunternehmen, soweit sie am Ort des Breit-
bandverteilnetzes drahtlos empfangbar sind ...".
Für diese auf die Fernsehprogramme als Ganze bezogene Rechtsein-
räumung hat die Telekom nach § 3 des Vertrages eine pauschal bemessene
Vergütung zu zahlen. Die Auslegung, daß Gegenstand der Rechtseinräumung
jeweils die Kabelweitersendung des gesamten Fernsehprogramms ist, wird
nach Ansicht des Berufungsgerichts dadurch bestätigt, daß sich die Sendeun-
ternehmen in § 6 Abs. 1 des Vertrages verpflichtet haben, hinsichtlich ihrer ge-
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samten vertragsgegenständlichen Fernsehprogramme die Telekom von Rech-
ten Dritter der Art, wie sie von den Sendeunternehmen im Vertrag eingeräumt
werden, freizustellen. Weiter hat das Berufungsgericht auf § 2 Abs. 2 des Ver-
trages verwiesen, nach dem "nur in ganz besonderen Fällen und bei unge-
wöhnlichen Ausnahmesituationen ein Verlangen auf Unterlassung der Weiter-
übertragung einer bestimmten Fernsehsendung gestellt werden kann (Vermei-
dung einer ernsten oder dauerhaften Verletzung der Interessen der Rechtein-
haber; Wahrung der Rechte eines Dritten, der vom Inhalt dieser Sendung be-
troffen ist)."
Gegen diese rechtsfehlerfreie Auslegung beruft sich die Revision zu Un-
recht auf den Wortlaut des § 1 Abs. 2 des Vertrages, nach dem die Sendeun-
ternehmen der Telekom die Befugnis zur Weiterübertragung der Fernsehpro-
gramme einräumen, "soweit ihnen auf Grund des Urheberrechtsgesetzes oder
auf Grund internationaler Verträge in bezug auf Fernsehprogramme Urheber-
rechte oder verwandte Schutzrechte zustehen oder soweit sie derartige Rechte
wahrnehmen." Dieser Regelung kann nicht entnommen werden, daß die betei-
ligten Sendeunternehmen der Telekom Rechte nur im Umfang ihrer Rechtsin-
haberschaft einräumen wollten und dieser im übrigen die Verantwortung dafür
überließen, ob sie durch den Vertrag sämtliche für die Kabelweiterübertragung
erforderlichen Rechte erwerben konnte. Zwar sollte jeder der Vertragspartner
der Telekom dieser die jeweils ihm zustehenden Rechte einräumen; nach dem
Zweck des Vertrages sollte es der Telekom aber ermöglicht werden, die draht-
los empfangbaren Fernsehprogramme ohne weitere Rechtsprüfung in ihren
Breitbandkabelnetzen zeitgleich weiterzuübertragen. Dafür spricht nicht nur die
Freistellungsklausel in § 6 des Vertrages, sondern auch der Umstand, daß an-
dernfalls der Vertragsschluß für die Telekom sinnlos gewesen wäre. Die Re-
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gelung des § 6 Abs. 3 des Vertrages betrifft im übrigen - entgegen der Ansicht
der Revision - nicht die Freistellung der Telekom von den in § 6 Abs. 1 ge-
nannten Ansprüchen Dritter aus Urheberrechten und verwandten Schutzrech-
ten.
Die nunmehr - in einem erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist
eingereichten Schriftsatz - erhobene Revisionsrüge der Beklagten, daß nicht
sie, sondern die am Vertrag über die Weiterübertragung von Fernsehprogram-
men beteiligten Filmverwertungsgesellschaften der Telekom die Kabelweiter-
übertragung des Spielfilms "Einzigartige Chanel" gestattet hätten, ist nicht nur
verspätet, sondern auch unbehelflich. Die Revision beruft sich insoweit auf ei-
ne Zusatzvereinbarung der Vertragspartner der Telekom untereinander, an der
die Telekom nicht beteiligt war und die schon deshalb nicht zur Auslegung des
Vertrages mit der Telekom über die Weiterübertragung von Fernsehprogram-
men herangezogen werden kann. Der Einwand geht auch aus anderen Grün-
den fehl. Die am Vertrag beteiligten Sendeunternehmen haben - unabhängig
davon, welche Rechte sie selbst im einzelnen der Telekom eingeräumt haben -
durch die gemeinsame pauschale Rechtseinräumung der Telekom die Kabel-
weiterübertragung gestattet und dieser dadurch die Weitersendung ermöglicht.
Vor jeder eigenen Fernsehausstrahlung hätte sich daher auch die Beklagte
vergewissern müssen, daß der Telekom alle für die Kabelweitersendung ihres
Programms erforderlichen Rechte - von welchen Vertragsparteien auch immer -
eingeräumt worden waren.
b) Die Beklagte haftet, weil sie der Telekom zusammen mit den anderen
Vertragspartnern die Kabelweiterübertragung ihres gesamten Fernsehpro-
gramms durch pauschale Rechtseinräumung gestattet hat, auch für die Kabel-
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weitersendung des Films "Einzigartige Chanel". Die Beklagte ist als Teilnehme-
rin für diese Urheberrechtsverletzung mit verantwortlich (vgl. dazu auch BGHZ
136, 380, 389 - Spielbankaffaire). Unerheblich ist, ob es der Beklagten möglich
gewesen wäre, nach § 2 Abs. 2 des Vertrages von der Telekom zu erreichen,
die Kabelweiterübertragung gerade dieses Films zu unterlassen.
c) Die Beklagte hat - wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden
hat - zumindest fahrlässig gehandelt. Sie handelte in Kenntnis aller maßgebli-
chen Umstände. Im übrigen hat die Klägerin ihre Ansprüche schon per Tele-
faxschreiben vom 30. September 1992, versandt am 2. Oktober 1992, und da-
mit schon vor der Sendung des Films am 3. Oktober 1992 geltend gemacht.
Auch dies hätte die Beklagte zu besonderer Sorgfalt bei der Prüfung der
Rechtslage veranlassen müssen. Auch wenn sie die Rechtslage als zweifelhaft
angesehen haben sollte, durfte sie ihr Vorgehen nicht einfach auf die ihr gün-
stigere Ansicht stützen. Fahrlässig handelt schon derjenige, der sich erkennbar
in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der
eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit
seines Verhaltens in Betracht ziehen muß (vgl. BGHZ 141, 267, 284 - Laras
Tochter; BGH, Urt. v. 6.5.1999 - I ZR 199/96 GRUR 1999, 923, 928 =
WRP 1999, 831
- Tele-Info-CD [für BGHZ vorgesehen], jeweils m.w.N.).
Selbst wenn die Beklagte davon ausgegangen sein sollte, daß sie durch
den Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg
im Bereich des Rundfunks (GVBl. Berlin 1992, 151) verpflichtet gewesen sei,
der Telekom die Kabelweitersendung ihres Fernsehprogramms zu gestatten,
konnte sie daraus - entgegen der Ansicht der Revision - nicht den Schluß zie-
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hen, daß sie auch in diesem Fall die Kabelsenderechte Dritter nicht beachten
müsse. Der Umstand, daß eine Werknutzung durch einen öffentlich-rechtlichen
Zwang ausgelöst wird, rechtfertigt nicht, die dem Urheber gesetzlich gewährten
Ansprüche nicht zu beachten (vgl. BGH GRUR 1988, 206, 210 - Kabelfern-
sehen II). Ebenso mußte der Beklagten bewußt sein, daß ihr - ohnehin auf das
Bundesland Brandenburg beschränkter - Rundfunkversorgungsauftrag sie nicht
berechtigte, durch Gestattung der Kabelweitersendung in West-Berlin zur Ver-
letzung der Urheberrechte Dritter beizutragen (vgl. auch BGH GRUR 1988,
206, 208 - Kabelfernsehen II).
III. Die Revision war danach auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen
(§ 97 Abs. 1 ZPO).
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Bornkamm
Pokrant
Raebel