Urteil des BGH vom 12.05.2000

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 47/99
Verkündet am:
12. Mai 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
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VermG § 1 Abs. 3; EGBGB Art. 237 § 1 Abs. 3; BGB § 894
Enteignungen auf der Grundlage des DDR-Baulandgesetzes in der Spätphase der
DDR nach dem 18. Oktober 1989 gegenüber Westeigentümern unter
deren bewußter Nichtbeteiligung stellen grundsätzlich eine schädigende Maßnahme
nach § 1 Abs. 3 VermG dar.
Die vermögensrechtliche Abwicklung kann in dieser Zeit aber keinen Vorrang vor
dem Zivilrecht mehr beanspruchen. Der Eigentümer kann deshalb im Wege der
Grundbuchberichtigungsklage (§ 894 BGB) geltend machen, der Enteignungsbe-
schluß sei mangels Bekanntgabe an ihn nicht existent geworden.
BGH, Urt. v. 12. Mai 2000 - V ZR 47/99 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt/Oder
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2000 durch die Richter Dr. Vogt, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Lemke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Branden-
burgischen Oberlandesgerichts vom 20. November 1998 wird auf
Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der beklagten Gemeinde Zustimmung zur Be-
richtigung des Grundbuchs für zwei Grundstücke. Diese standen ursprünglich
im Eigentum des am 14. Dezember 1979 in Berlin-West verstorbenen W. B.
Sein Erbe ist der Kläger.
Auf der Grundlage einer Beschlußvorlage des Rates der Gemeinde Z.
vom 29. Juni 1989 beschloß der Rat des Kreises B. am 12. Dezember
1989, die erwähnten Grundstücke zur "Durchführung der geplanten Baumaß-
nahmen - Neubau von 2 Eigenheimen - gemäß § 12 des Baulandgesetzes" in
Volkseigentum zu überführen. In der Begründung ist ausgeführt, daß die Ent-
eignung zur planmäßigen Durchführung der genannten Baumaßnahmen erfor-
derlich sei. Verhandlungen zum freihändigen Ankauf hätten nicht geführt wer-
den können, weil der Eigentümer auf Veräußerungsangebote der Bauwilligen
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nicht reagiert habe. Die bisherigen Eigentümer sollten eine Entschädigung er-
halten. Der Bescheid wurde dem Kläger nicht zugestellt; er trägt einen amtli-
chen Vermerk, daß er seit 15. Januar 1990 rechtskräftig sei.
Auf der Grundlage eines Rechtsträgernachweises vom 14. Februar 1990
wurde im Grundbuch am 18. April 1990 das "Eigentum des Volkes, Rechtsträ-
ger: Rat der Gemeinde Z..." eingetragen. Mit Feststellungsbescheid des Rates
des Kreises vom 19. Juni 1990 wurde eine Entschädigung in Höhe von
5.754 Mark festgesetzt. Darin heißt es, daß der Eigentümer vom Rat der Ge-
meinde Z. vertreten werde.
Der Kläger vertritt die Ansicht, Volkseigentum sei nicht begründet wor-
den, eine Heilung der unwirksamen Enteignung nach Art. 237 § 1 EGBGB sei
nicht eingetreten. Er hat beantragt, die beklagte Gemeinde zu verurteilen, einer
Grundbuchberichtigung dahin zuzustimmen, daß er (der Kläger) Eigentümer
der beiden Grundstücke ist.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat
ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, deren Zu-
rückweisung der Kläger beantragt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers nach § 894
BGB. Es verneint einen Vorrang des Vermögensgesetzes, weil weder der Tat-
bestand des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG noch der des § 1 Abs. 3 VermG vor-
liege. Es hält die Enteignung schon deshalb für unwirksam, weil die erforderli-
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che Zustellung unterblieben sei. Eine Heilung nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB
sei nicht eingetreten, weil im konkreten Fall nach dem Baulandgesetz eine
Enteignung nicht möglich gewesen sei. Das Subsidiaritätsprinzip sei verletzt.
Im übrigen seien die Grundstücke auch nicht für konkrete Bauvorhaben benö-
tigt worden.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten die
Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verlangen (Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB
i.V.m. § 894 BGB).
1. a) Unzutreffend verneint das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des
Vermögensgesetzes. Allerdings wird eine Enteignung nach dem Baulandgesetz
von den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG nicht erfaßt. Das
gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die in den Entschädigungsvorschriften
der DDR vorgesehenen Entschädigungspflicht im Einzelfall erfüllt wurde, oder
ob die Entschädigung nicht festgesetzt, nicht ausgezahlt, verrechnet oder sonst
der Verfügungsmacht des Eigentümers vorenthalten blieb (BGHZ 129, 112,
115). Hier wurde im übrigen eine Entschädigung festgesetzt, und es gibt auch
keinen Anhaltspunkt dafür, daß sie geringer war, als sie Bürgern der DDR zu-
stand.
Die Enteignung hat hier aber den Charakter einer unlauteren Machen-
schaft (§ 1 Abs. 3 VermG). Wie der Senat in BGHZ 129, 115 in Übereinstim-
mung mit dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, kann eine Enteignung
nach dem Baulandgesetz diesen Tatbestand erfüllen, wenn z.B. die staatlichen
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Organe ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Vorhaben nur
vorgeschoben hatten. Das Berufungsgericht stellt selbst in anderem Zusam-
menhang fest, daß die in Anspruch genommenen Grundstücke des Klägers
vom Rat der Gemeinde Z. gar nicht als Bauland benötigt wurden und ein kon-
kreter Enteignungszweck nicht gegeben war. Diese Feststellung wird von der
Revision nicht angegriffen. Dann aber ergibt sich daraus, daß der Rat der Ge-
meinde Z. ein entsprechendes Vorhaben (Bau von zwei Eigenheimen) nur vor-
geschoben hatte, wobei unerheblich ist, ob - wegen des anderslautenden In-
halts der Beschlußvorlage - auch der Rat des Kreises von diesem Fehlen eines
Enteignungszwecks Kenntnis hatte. Darüber hinaus stellt nach der neueren
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (VIZ 1999, 523 ff), die das
Berufungsgericht bei Erlaß seines Urteils noch nicht berücksichtigen konnte,
die Durchführung von Enteignungen gegenüber Westeigentümern unter deren
bewußter Nichtbeteiligung in der Spätphase der DDR nach dem 18. Oktober
1989 (Rücktritt des Staatsratsvorsitzenden Honecker) grundsätzlich eine schä-
digende Maßnahme nach § 1 Abs. 3 VermG dar. Hier geht es um eine Enteig-
nung nach diesem Zeitpunkt, die unstreitig gravierende formelle und materielle
Mängel aufweist, die zeigen, daß hier in manipulativer, sittlich vorwerfbarer
Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR nicht "alles mit rech-
ten Dingen" zugegangen ist. Die für Enteignungen vor dem 18. Oktober 1989
aufgestellten Maßstäbe (BVerwGE 104, 186, 190) lassen sich auf den vorlie-
genden Fall nicht übertragen (vgl. auch BVerwG, VIZ 1999, 523, 524).
Nach dem 18. Oktober 1989 waren indes zahlreiche Normen erlassen
worden, die zu einem Wandel des sozialistischen Staates in einen Rechtsstaat
beitrugen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Darstellung des Bundes-
verwaltungsgerichts im Urteil vom 28. April 1999 (VIZ 1999, 525). Vor diesem
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Hintergrund haben die zuständigen DDR-Behörden vorwiegend Westeigentum
gewissermaßen in "letzter Minute" unter klarem Verstoß gegen die Rechtsnor-
men des Baulandgesetzes entzogen. Sie haben - wie das Berufungsgericht in
anderem Zusammenhang ausführt - den Subsidiaritätsgrundsatz nicht beach-
tet. Es hätte nämlich zunächst versucht werden müssen, einen freihändigen
Erwerb durch Vertrag zustande zu bringen (§ 4 Satz 2, § 11 BaulG). Dies wie-
derholt auch § 9 Abs. 1 der DVO zum BaulG. Dem Antrag auf Entzug des Ei-
gentums waren die erforderlichen Unterlagen nach Anlage 1 der DVO beizufü-
gen (§ 8 DVO/BaulG). Dazu gehörte der "Nachweis" gescheiterter Verhandlun-
gen mit dem Eigentümer oder Verfügungsberechtigten über den Eigentumser-
werb (Protokoll, Niederschrift, Schriftverkehr; Anlage 1 DVO/BaulG dort Nr. 5).
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür - und die Beklagte trägt dazu auch nichts
vor -, daß auch nur versucht worden wäre, den in Westdeutschland lebenden
Eigentümer oder dessen Erben ausfindig zu machen und mit ihm Kontakt auf-
zunehmen. Vor diesem Hintergrund bleibt sowohl die in der Beschlußvorlage
als auch im Enteignungsbeschluß selbst gegebene Begründung, es hätten kei-
ne Verhandlungen zum freihändigen Ankauf geführt werden können, weil der
Eigentümer auf Veräußerungsgebote nicht reagiert habe, substanzlos. Dazu
kommt, daß nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts
die Grundstücke als Bauland nicht benötigt wurden, eine konkrete Baumaß-
nahme nicht beabsichtigt war und damit die materielle Grundlage der Enteig-
nung fehlte (§ 12 Abs. 2 und Abs. 4 BaulG). Demgemäß benannte der Rat der
Gemeinde auch nicht die Namen von Bauinteressenten.
Auf der Linie einer "manipulativen" Enteignung liegt es schließlich, daß
der Enteignungsbeschluß dem betroffenen Eigentümer entgegen der aus-
drücklichen Bestimmung in § 20 Satz 2 BaulG nicht bekannt gegeben und so-
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gar die Rechtskraft des Beschlusses amtlich bestätigt wurde, obwohl mangels
Zustellung eine Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden sein kann (§ 21
Abs. 1 Satz 2 BaulG). Abgerundet wird dieses Bild durch die von der Beklagten
vorgelegten Beschlußvorlagen vom 28. Juni 1989, 13. Juli 1989 und
14. September 1989 zu weiteren Enteignungen, die sich alle auf Grundstücke
von in Berlin-West lebenden Eigentümern beziehen und in denen mit wort-
gleich unsubstantiierten Ausführungen eine Beteiligung der betroffenen Ei-
gentümer umgangen wurde.
Bei dieser Sachlage hält es der Senat nicht mehr für ausschlaggebend,
daß - anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall -
die Enteignung nicht auf der Grundlage einer Globalliste erfolgte und es das
Schreiben des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen vom 26. Januar
1990 (vgl. ZOV 1996, 412) noch nicht gab, in dem eine genaue Einzelfallprü-
fung am Prinzip der Rechtsstaatlichkeit angemahnt wurde. Das Bundesver-
waltungsgericht hält ohnehin eine individuelle Kenntnis der DDR-Bediensteten
von diesem Schreiben nicht für entscheidend.
b) Die genannte zeitliche Zäsur setzt aber nicht nur andere Maßstäbe für
die Beurteilung des Tatbestandes nach § 1 Abs. 3 VermG, sondern sie ist auch
von Bedeutung für die Frage, ob die vermögensrechtliche Abwicklung noch
Vorrang vor dem Zivilrecht, insbesondere dem Berichtigungsanspruch nach
§ 894 BGB (vgl. z.B. BGHZ 122, 204, 207 m.w.N.) hat. Auch wenn die hier zu
beurteilende Enteignung den Tatbestand von § 1 Abs. 3 VermG erfüllt, ist der
Kläger nicht gehindert, die zivilrechtlichen Folgen einer unwirksamen Enteig-
nung (Unrichtigkeit des Grundbuchs) vor den Zivilgerichten geltend zu machen
(vgl. dazu Senatsurt. v. 14. Januar 2000, V ZR 439/98, zur Veröffentlichung
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bestimmt). Der Vorrang des Vermögensgesetzes ist nach der Senatsrechtspre-
chung um des sozialverträglichen Ausgleichs zwischen dem Rückerstattungs-
interesse des Berechtigten und dem Schutz des redlichen Erwerbers willen
gerechtfertigt (BGHZ 118, 34, 38 ff). Dieser besondere Schutz findet aber dort
seine Grenzen, wo der fehlerhafte Erwerb auch im System des funktionieren-
den Sozialismus keinen Bestand gehabt hätte. In solchen Fällen ist der Erwerb
mit dem allgemeinen Verkehrsrisiko belastet, das derjenige, der seinen Erwerb
auf eine Unrechtshandlung zurückführt, mit jedem anderen teilt, der am
Rechtsverkehr in der DDR teilgenommen hatte (BGHZ 120, 204). Zivilrechtlich
unbeachtlich bleiben damit nur Mängel, die wegen ihres Zusammenhangs mit
dem staatlichen Unrecht und weil sie typischerweise hierbei aufgetreten sind,
den Bestand des Erwerbs nicht gefährdet hätten (BGHZ 130, 231). Als zeitliche
Grenze für das auf diese Umstände gestützte Vertrauen kann regelmäßig der
18. Oktober 1989 (Rücktritt Honeckers) angesehen werden. Danach muß dar-
auf abgestellt werden, ob der aufgetretene Mangel unter den neuen tatsächli-
chen und rechtlichen Verhältnissen den Erwerb erschüttert hätte. Der Senat hat
dies im Urteil vom 14. Januar 2000 (aaO) für den unterstellten Tatbestand nach
§ 1 Abs. 1 Buchst. c VermG im Zusammenhang mit einer unwirksamen Ver-
walterbestellung nach Aufhebung der Anordnung Nr. 2 angenommen. Mit
Rücksicht auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (VIZ 1999,
523 ff) zu Enteignungen, die nach dem 18. Oktober 1989 unter bewußter
Nichtbeteiligung von Westeigentümern erfolgten, ist kein Grund ersichtlich,
dies im vorliegenden Fall für den Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG nunmehr
anders zu beurteilen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß seit 1. Juli 1989
in der DDR das Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte
zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen in Kraft getreten war (DDR
GBl. I S. 327). Der betroffene Eigentümer hätte demnach im Falle einer Zu-
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rückweisung seiner Beschwerde (§ 21 BaulG) die gerichtliche Nachprüfung der
Enteignungsmaßnahme verlangen (§ 3 des genannten Gesetzes) und insoweit
eine umfassende Nachprüfung dahin erreichen können, ob die für die Verwal-
tungsentscheidung maßgeblichen Vorschriften eingehalten worden waren (§ 9
des Gesetzes). Da kurz nach der vorliegenden Enteignung am 26. Januar 1990
eine Verlautbarung des Staatssekretärs im Ministerium der Finanzen erging
(vgl. ZOV 1996, 412), wonach auch bei der Enteignung von Westeigentum eine
genaue Einzelfallprüfung unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze not-
wendig war, läßt sich nicht mehr annehmen, diese Prüfung wäre in der DDR
nicht ernstgenommen worden und die unwirksame Enteignung hätte Bestand
gehabt.
2. Zutreffend hält das Berufungsgericht den Enteignungsbeschluß für
nichtig, weil er mangels zwingend vorgeschriebener Bekanntgabe an den be-
troffenen Eigentümer (§ 20 BaulG, § 9 Abs. 3 DVO/BaulG) rechtlich nicht exi-
stent wurde und damit auch nicht zur Begründung von Volkseigentum führen
konnte (BGHZ 129, 112, 116 ff). Auszuscheiden hat auch die Möglichkeit, daß
der Bescheid etwa einem verfügungsberechtigten Verwalter zugestellt wurde
(vgl. BGHZ, aaO, S. 121 ff). Die Beschlußvorlage des Rates der Gemeinde
stellt ausdrücklich fest, es existiere kein verfügungsberechtigter Verwalter in
der DDR. Etwas anderes ist weder behauptet noch festgestellt. Dies alles zieht
die Revision nicht in Zweifel.
3. Soweit das Berufungsgericht eine Heilung des Mangels nach Art. 237
§ 1 Abs. 1 EGBGB verneint und die Revision hiergegen Rügen erhebt, kann
dies alles dahinstehen. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall nicht anwend-
bar, weil - wie oben unter Ziff. II 1 a ausgeführt - ein Sachverhalt vorliegt, der
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den Tatbestand von § 1 VermG erfüllt (Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB). In solchen
Fällen hat der Gesetzgeber generell eine Heilungsmöglichkeit ausgeschlossen.
Soweit die genannte Heilungsvorschrift darauf verweist, es gelte das
Vermögensgesetz, ist dies nicht dahin zu verstehen, das Restitutionsverfahren
verdränge auch im vorliegenden Fall zivilrechtliche Ansprüche. In der entspre-
chenden Gesetzesbegründung heißt es zwar, es bedürfe im Anwendungsbe-
reich des Vermögensgesetzes keiner Regelung für fehlerhafte Überführungen
in Volkseigentum, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts und des Bundesgerichtshofes diese Fälle einheitlich nach dem Vermö-
gensgesetz zu behandeln seien und dieses Gesetz in seinem Anwendungsbe-
reich eine abschließende Sonderregelung darstelle (BT-Drucks. 13/7275
S. 42). Diese Begründung zeigt aber nur, daß der Gesetzgeber der damaligen
Rechtsprechung Rechnung tragen wollte, die nach wie vor für Fälle vor dem
18. Oktober 1989 gilt. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, das Vermögensge-
setz verdränge unabhängig von den Ausführungen unter II 1 b auf der Grund-
lage der neueren Rechtsprechung des Senats auch den hier gegebenen Be-
richtigungsanspruch. Sinn und Zweck von Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB besteht
darin, eine Heilungsmöglichkeit in Sachverhalten auszuschließen, die den Tat-
bestand des Vermögensgesetzes erfüllen, um - auch zur Klarstellung - einen
Restitutionsanspruch des (früheren) Eigentümers durch die Heilungsmöglich-
keit nicht in Frage zu stellen. Ob das Vermögensgesetz gegenüber zivilrechtli-
chen Ansprüchen auch noch eine verdrängende Wirkung entfaltet, ist eine an-
dere Frage, die nunmehr für die Spätphase der DDR nach der neueren Recht-
sprechung des Senats beantwortet werden muß. Wie die Gesetzesbegründung
im übrigen zeigt, ging der Gesetzgeber für die genannte Bestimmung auch da-
von aus, daß sie eine dynamische Wirkung entfalte, mithin auch "künftige Er-
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gänzungen des Vermögensgesetzes" einschließe (BT-Drucks. 13/7275, aaO).
War Ausgangspunkt der Regelung die damalige Rechtsprechung des Bundes-
gerichtshofes, so liegt es nahe, nunmehr auch deren Veränderung zu berück-
sichtigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Vogt
Schneider
Krüger
Klein
Lemke