Urteil des BGH vom 14.05.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I V Z A 5 / 1 4
vom
14. Mai 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, § 169 Abs. 5 Satz 2
Zu den Anforderungen an die Belehrung über das Widerrufsrecht beim Ab-
schluss von Verträgen über eine fondsgebundene Rentenversicherung und
eine Kostenausgleichsvereinbarung
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2014 - IV ZA 5/14 - LG Hannover
AG Hameln
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Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin
Mayen,
die
Richterin
Harsdorf-Gebhardt,
die
Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller
am 14. Mai 2014
beschlossen:
Der Beklagten wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenza h-
lung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Keller, Karlsruhe,
für die Durchführung des Revisionsverfahrens bewilligt,
soweit sie verurteilt worden ist, an die Klägerin 2.581,44
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2012 und vorge-
richtliche Anwaltskosten in Höhe von 245,70
€ nebst
Mahnkosten zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Klägerin, ein liechtensteinischer Lebensversicher er, fordert
von der Beklagten Zahlung aus einer Kostenausgleichsvereinbarung.
Diese macht widerklagend Rückzahlung der von ihr auf diese geleisteten
Teilzahlungen geltend. Am 11. Februar 2011 stellte die Beklagte bei der
Klägerin einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung/Antrag
auf Kostenausgleichsvereinbarung". Als monatlicher Beitrag für die Re n-
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tenversicherung waren 200
€ vorgesehen. In Abschnitt B ist hierzu unter
der Rubrik "Vertragsdaten/Beitrag" vermerkt:
"In den ersten 48 Monaten wird der Monatsbeitrag um die
Teilzahlungen für die Kostenausgleichsvereinbarung red u-
ziert. Versicherungsdauer=Zeitraum bis zur ersten Renten-
zahlung."
In dem die Kostenausgleichsvereinbarung betreffenden Abschnitt
C findet sich folgender fettgedruckter Hinweis:
"Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsät z-
lich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinb a-
rung."
Weiter ist geregelt, dass die Tilgung der Abschluss - und Einrich-
tungskosten separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer
Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen erfolgt. Die Ab-
schluss- und Einrichtungskosten sind mit einem Gesamtpreis von
6.091,01
€ angegeben, zahlbar in 48 monatlichen Raten von 126,90 €.
Als nominaler und effektiver Jahreszins ist 0% angegeben.
In Abschnitt E zur Beratungsdokumentation heißt es ferner:
"Ich habe verstanden, dass die Abschluss- und Einrich-
tungskosten separat vom Versicherungsvertrag getilgt we r-
den. Diese Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreiste l-
lung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu ti l-
gen.“
Unmittelbar über dem Unterschriftsfeld für die Kostenausgleich s-
vereinbarung findet sich die vorformulierte Erklärung:
"Ich beantrage die unkündbare Kostenausgleichsvereinb a-
rung gemäß dieses Antrages. ...
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Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenau s-
gleichsvereinbarung nicht kündigen kann."
Ferner heißt es zum "Widerrufsrecht im Rahmen des Versiche-
rungsvertrages":
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen
ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax,
E-Mail) gegenüber der P. AG,
Liechtenstein, widerrufen. Die Frist beginnt
nach Erhalt der Versicherungspolice, der Vertragsbesti m-
mungen einschließlich der Versicherungsbedingungen, der
weiteren Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 des Vers i-
cherungsvertragsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1 b is 4
der VVG-Informationspflichtenverordnung und dieser B e-
lehrung jeweils in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist
genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Wide r-
rufsfolgen: Im Falle eines wirksamen Widerrufs endet der
ggf. bereits bestehende Versicherungsschutz, und wir er-
statten Ihnen unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Zu-
gang des Widerrufs, den Rückkaufswert nach § 169 Versi-
cherungsvertragsgesetz, mindestens jedoch die bisher g e-
zahlten Beiträge. Die Abschluss- und Einrichtungskosten
des Versicherungsvertrages bezahlen Sie durch die ebe n-
falls mit uns geschlossene Kostenausgleichsvereinbarung.
Die beiden Verträge bilden damit eine wirtschaftliche Ei n-
heit. Widerrufen Sie den Versicherungsvertrag wirksam,
sind Sie daher auch an die Kostenausgleichsvereinbarung
nicht mehr gebunden, die damit auch endet. Wenn Sie im
Zeitpunkt des Widerrufs die Forderung aus der Kostenau s-
gleichsvereinbarung bereits ganz oder teilweise beglichen
haben, erstatten wir Ihnen den gezahlten Betrag."
Schließlich ist zum Widerrufsrecht im Rahmen der Kostenaus-
gleichsvereinbarung bestimmt:
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen
ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax,
E-Mail) gegenüber der P. AG,
Liechtenstein, widerrufen. Die Frist beginnt
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nach Erhalt der Vertragsurkunde der Kostenausgleichsve r-
einbarung, der Durchschrift des Antrages und dieser Bele h-
rung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt
die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Widerrufsfolgen:
Mit der Kostenausgleichsvereinbarung bezahlen Sie die
Abschluss- und Einrichtungskosten des ebenfalls mit uns
geschlossenen Versicherungsvertrages. Die beiden Vertr ä-
ge bilden damit eine wirtschaftliche Einheit. Daher, und weil
Ihnen in Bezug auf den Versicherungsvertrag ein Wide r-
rufsrecht zusteht, ist dieser zu widerrufen, wobei ein wir k-
samer Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die
Kostenausgleichsvereinbarung beendet. Widerrufen Sie
dennoch die Kostenausgleichsvereinbarung, so gilt dies als
Widerruf des Versicherungsvertrages, wobei ein wirksamer
Widerruf neben dem Versicherungsschutz auch die Koste n-
ausgleichsvereinbarung beendet. Bezüglich der weiteren
Rechtsfolgen verweisen wir auf die oben stehenden Wide r-
rufsfolgen in der Belehrung zum Widerrufsrecht im Rahmen
des Versicherungsvertrages, die Sie bitte erneut zur Kennt-
nis nehmen."
Die Beklagte entrichtete von März 2011 bis Februar 2012 auf die
Kostenausgleichsvereinbarung 12 Teilzahlungen á 126,90
€, insgesamt
1.522,80
€. Anschließend stellte sie die Zahlungen ein. Die Klägerin ve r-
langt von ihr Zahlung restlicher 3.977,34
€ für noch nicht getilgte Ab-
schluss- und Einrichtungskosten. Die Beklagte begehrt widerklagend
Rückzahlung der von ihr geleisteten 1.522,80
€. Sie erklärte in der Kla-
gerwiderung vom 29. Januar 2013 die Kündigung und den Widerruf des
Versicherungsvertrages sowie der Kostenausgleichsvereinbarung. Das
Amtsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Widerklage verurteilt,
an die Klägerin 3.967,34
€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2012, Mahnkosten in
Höhe von 10
€ und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von
338,50
€ zu zahlen. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Sie begehrt für die Durchführung der Revision im Umfang der von ihr in
den Vorinstanzen verfolgten Anträge Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
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II. Der Beklagten ist Prozesskostenhilfe lediglich in dem zuerkann-
ten Umfang zu bewilligen, da ihre beabsichtigte Rechtsverfolgung nur i n-
soweit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
1. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 12. März 2014
ausgeführt hat, verstößt die Kostenausgleichsvereinbarung nicht gegen
§ 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG (IV ZR 295/13, VersR 2014, 567
Rn. 14-22; IV ZR 255/13, juris Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit we-
gen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht
in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor A u-
gen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen
kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärung zu deren Beend i-
gung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages
oder der Kostenausgleichsvereinbarung selbst (Senatsurteil vom
12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 23-25).
2. Der Beklagten stand allerdings das Recht zu, die Kostenau s-
gleichsvereinbarung zu kündigen, da die in § 1 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 der
Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung festgelegte Una b-
hängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder
Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Au s-
schluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulie rung im An-
tragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versich e-
rungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam ist (Senatsur-
teile vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35; IV
ZR 255/13, juris Rn. 21-30). Die Beklagte war daher berechtigt, mit dem
Schriftsatz vom 29. Januar 2013 die Kostenausgleichsvereinbarung zu
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kündigen. Für die Zeit ab Februar 2013 kann die Klägerin auf diese mi t-
hin keine Zahlungen mehr verlangen. Ihr steht über die bereits geleiste-
ten Teilzahlungen für den Zeitraum März 2011 bis Februar 2012 in Höhe
von 1.522,80
€ lediglich noch ein weiterer Anspruch für März 2012 bis
Januar 2013
in Höhe von 1.395,90 € zu (elf Raten á 126,90 €). Soweit
die Klägerin Zahlung weiterer 3.977,34
€ verlangt, ist die Klage mithin in
Höhe von 2.581,44
€ (3.977,34 € abzüglich 1.395,90 €) nebst anteiliger
Zinsen und vorgerichtlicher Kosten unbegründet. Insoweit ist der Beklag-
ten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
3. Im Übrigen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhi l-
fe zurückzuweisen, da das weitergehende Begehren der Beklagten auf
vollständige Abweisung der Klage sowie Verurteilung der Klägerin zur
Zahlung von 1.522,80
€ auf die Widerklage keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet. Die Beklagte hat ihre auf den Ab schluss des Versiche-
rungsvertrages und der Kostenausgleichsvereinbarung gerichteten Wil-
lenserklärungen nicht wirksam widerrufen.
a) Der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 29. Januar 2013 er-
klärte Widerruf der auf Abschluss des Versicherungsvertrages gerichte-
ten Willenserklärung ist verfristet.
aa) Anders als in den vom Senat mit Urteilen vom 12. März 2014
entschiedenen Fällen hat die Klägerin in der Belehrung zum Versiche-
rungsvertrag bei den Widerrufsfolgen ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass der Versicherungsnehmer im Falle des Widerrufs des Versich e-
rungsvertrages auch an die Kostenausgleichsvereinbarung nicht mehr
gebunden ist, die durch diesen Widerruf endet. Ferner erfolgt ein Hin-
weis darauf, dass die Beklagte den gezahlten Betrag erstat tet, wenn der
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Versicherungsnehmer im Zeitpunkt des Widerrufs die Forderung aus der
Kostenausgleichsvereinbarung bereits ganz oder teilweise beglichen hat.
Dem Versicherungsnehmer wird hiermit klar vor Augen geführt, dass w e-
gen der wirtschaftlichen Einheit beider Verträge im Falle des Widerrufs
des Versicherungsvertrages auch die Kostenausgleichsvereinbarung
nicht zustande kommt und ein Anspruch auf Rückzahlung bereits gelei s-
teter Beträge besteht.
Die Widerrufsbelehrung ist auch im Übrigen inhaltlich nicht zu be-
anstanden. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG beginnt die Wider-
rufsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Versicherungsnehmer eine deut-
lich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Recht s-
folgen des Widerrufs zugegangen ist, die dem Versicherungsnehmer sei-
ne Rechte entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommun i-
kationsmittels deutlich macht und die den Namen und die ladungsfähige
Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie
einen Hinweis auf den Fristbeginn und auf die Regelungen des Abs. 1
Satz 2 enthält. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 VVG ist der Widerruf in Textform
gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung
enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. Gemäß
§ 8 Abs. 5 VVG genügt die nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu erteilende Beleh-
rung den dort genannten Anforderungen, wenn das Muster der Anlage zu
diesem Gesetz in Textform verwendet wird. Der Versicherer darf unter
Beachtung von Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 in Format und Schriftgröße von
dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen
des Versicherers anbringen. Im hier zu beurteilenden Fall wird zunächst
darauf hingewiesen, dass der Versicherungsnehmer gemäß §§ 8, 152
VVG seine Vertragserklärung innerhalb von 30 Tagen widerrufen kann.
Ferner wird erläutert, dass der Widerruf ohne Angabe von Gründen und
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in Textform erfolgen kann. Weiter wird die Anschrift der Klägerin ang e-
geben. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Widerrufsfrist erst
nach Erhalt der im Einzelnen bezeichneten Unterlagen beginnt und zur
Wahrung der Widerrufsfrist die rechtzeitige Absendung des Widerrufs
genügt. Auch die weitere Belehrung über die Widerrufsfolgen ist zutref-
fend. Im Falle eines wirksamen Widerrufs endet der Versicherungsschutz
und der Versicherungsnehmer erhält den Rückkaufswert gemäß § 169
VVG, mindestens jedoch die bisher gezahlten Beiträge zurück. Dies en t-
spricht der Vorgabe in § 152 Abs. 2 Satz 2 VVG für den Fall der Rechts-
folgen des Widerrufs nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VVG.
Der fehlende Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs nach § 9
Abs. 1 Satz 1 VVG ist unschädlich. Diese Regelung betrifft nur den Fall,
dass der Versicherungsnehmer nach entsprechender Belehrung dem
Beginn des Versicherungsschutzes schon vor Ende der Widerrufsfrist
zugestimmt hat. In diesen Fällen hat der Versicherer nur den auf die Zeit
nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten.
Hier hat sich die Klägerin demgegenüber verpflichtet, dem V ersiche-
rungsnehmer generell den Rückkaufswert, mindestens jedoch die bisher
gezahlten Beiträge zu erstatten. Sie hat sich damit an der für den Versi-
cherungsnehmer günstigeren Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 VVG orien-
tiert. Eine derartige Abweichung zugunsten des Versicherungsnehmers
ist gemäß § 18 VVG zulässig.
bb) Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht aus formalen Gründen
unwirksam. Zwar kann es an einer wirksamen Widerrufsbelehrung feh-
len, wenn diese für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer
Mühe lesbar ist, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliede-
rung des Textes fehlt (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR
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82/10, NJW 2011, 1061 Rn. 19). Auch hier wird eine eher kleine Schrift-
größe verwendet und es fehlt eine Untergliederung. Die Belehrung ist
aber abweichend vom übrigen Text im Fettdruck gehalten. An der linken
Seite des Textes wird der Versicherungsnehmer in einem gesonderten
Kästchen ferner darauf hingewiesen, dass dort das "Widerrufsrecht im
Rahmen des Versicherungsvertrages" geregelt ist. Im Ergebnis unschäd-
lich ist, dass an dieser Stelle nicht noch gesondert auf die Widerrufsfo l-
gen hingewiesen wird und sich der Abschnitt hierzu im Fließtext befindet.
Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der fettgedruckt auf sein
Widerrufsrecht zum Versicherungsvertrag hingewiesen wird und dieses
ausüben will, wird diesen gesamten Abschnitt lesen und dann zugleich
auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hingewiesen, die ohnehin - auch für
ihn erkennbar - mit dem Widerrufsrecht unmittelbar zusammenhängen.
b) Auch ein Widerruf der auf den Abschluss der Kostenausgleichs-
vereinbarung gerichteten Willenserklärung kommt wegen Verfristung
nicht mehr in Betracht. Ob für die Kostenausgleichsvereinbarung die R e-
gelungen der §§ 8, 152 VVG anwendbar sind, erscheint zweifelhaft (die
Anwendbarkeit verneinend etwa LG Leipzig, Urteil vom 19. April 2012
- 03 S 571/11, juris Rn. 31 f.; bejahend demgegenüber Urteile des LG
Regensburg vom 27. Juni 2011 - 3 O 672/11, unveröffentlicht; AG Lich-
tenberg, Urteil vom 5. April 2011 - 102 C 283/10, juris Rn. 19; offen ge-
lassen von LG Rostock VersR 2013 Rn. 41, 43). Die Kostenausgleichs-
vereinbarung ist kein Versicherungsvertrag. Für sie wird weder ein Ve r-
sicherungsschein ausgestellt noch gibt es Allgemeine Versicherungsbe-
dingungen oder die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 VVG zur Verfügung zu stelle n-
den Verbraucherinformationen nach § 7 Abs. 1, 2 VVG. Im Ergebnis
kann dies hier offen bleiben. Auch eine von der Klägerin freiwillig erteilte
Widerrufsbelehrung zur Kostenausgleichsvereinbarung muss jedenfalls
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zutreffend, aus sich heraus verständlich und für den Versicherungsneh-
mer hinreichend transparent sein. Das ist hier der Fall. Der Versiche-
rungsnehmer wird darauf hingewiesen, in welcher Frist und in welcher
Form er seine Vertragserklärung widerrufen kann und wann die Wide r-
rufsfrist beginnt. Ferner wird klargestellt, dass zur Fristwahrung die
rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt.
Bezüglich der Widerrufsfolgen wird der Versicherungsnehmer da-
rauf hingewiesen, dass der Versicherungsvertrag und die Kostenau s-
gleichsvereinbarung eine wirtschaftliche Einheit bilden. Daher sei der
Versicherungsvertrag zu widerrufen, wobei ein wirksamer Widerruf neben
dem Versicherungsschutz auch die Kostenausgleich svereinbarung been-
de. Dem Versicherungsnehmer wird insoweit vor Augen geführt, dass es
eines isolierten Widerrufs der Kostenausgleichsvereinbarung neben dem
Widerruf des Versicherungsvertrages nicht bedarf. Anschließend wird er
darauf hingewiesen, dass im Falle eines dennoch erklärten isolierten Wi-
derrufs der Kostenausgleichsvereinbarung dies zugleich als Widerruf des
Versicherungsvertrages gilt. Hinsichtlich der weiteren Rechtsfolgen wird
auf die Widerrufsfolgen der Belehrung zum Widerrufsrecht im Rahmen
des Versicherungsvertrages verwiesen. Aus dieser Belehrung kann der
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Versicherungsnehmer entnehmen, dass er an die Kostenausgleichsver-
einbarung nicht gebunden ist und ihm bereits gezahlte Beträge erstattet
werden.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
AG Hameln, Entscheidung vom 12.07.2013 - 20 C 370/12 (2a) -
LG Hannover, Entscheidung vom 18.11.2013 - 2 S 36/13 -