Urteil des BGH vom 20.07.2007

BGH (grunddienstbarkeit, dingliches recht, grundstück, zufahrt, eintragung, rechtskräftiges urteil, verhältnis zu, zpo, sache, vormerkung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 245/06 Verkündet
am:
20. Juli 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer
des Landgerichts Potsdam vom 20. Oktober 2006 im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als die gegen die Verurteilung des Be-
klagten gerichtete Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts
Potsdam vom 8. Juli 2005 zurückgewiesen worden ist.
Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-
dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an die
10. Zivilkammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn in P. (Brandenburg).
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Das den Klägern gehörende Grundstück stand ursprünglich im Eigentum
der Stadt P. und wurde von dem Beklagten seit 1986 als Zufahrt für den
mit einem Fahrzeug ansonsten nicht erreichbaren hinteren Teil seines Grund-
stücks genutzt. 2001 verkaufte die Stadt das Grundstück an die Zeugin H.
mit dem Hinweis, dass der Beklagte es seit einem vor dem 2. Oktober
1990 liegenden Zeitpunkt als Zuwegung und Überfahrt nutze. In dem Kaufver-
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trag verpflichtete sich die Zeugin, dem Beklagten eine Grunddienstbarkeit ein-
zuräumen, sofern ihm aus dieser Nutzung ein Anspruch auf Gewährung eines
Geh- und Überfahrtsrechts erwachsen sein sollte.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. Februar 2002 verkaufte die Zeugin
H. den vorderen Teil des von ihr erworbenen Grundstücks (bestehend
aus den damaligen Flurstücken 795 und 796) an die Kläger. Den hinteren
Grundstücksteil hatte sie zuvor an Dritte veräußert. Der mit den Klägern ge-
schlossene Vertrag enthält zugunsten der Erwerber des hinteren Grundstücks-
teils und in Bezug auf das Grundstück des Beklagten (Flurstück 797) unter
VI.1.2. folgende Regelung:
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"Dem Käufer ist bekannt, dass zulasten des Vertragsgegenstandes im
Wege der Bestellung von Grunddienstbarkeiten zugunsten der verblei-
benden Restfläche aus den Flurstücken 795 und 796 ein Geh-, Fahr- und
Leitungsrecht zu gewähren und dies im Grundbuch zu vermerken ist.
Dieses .... Recht erstreckt sich auf einen ca. 3m breiten Streifen .... Der
Verkäufer wird auf eigene Kosten eine …. Zufahrt herstellen. Für die
künftige Er- und Unterhaltung …. hat der nutzende Eigentümer selbst
einzustehen, mehrere jeweils anteilig. Dem Käufer ist bekannt, dass die-
se Zufahrt zum Teil auch von dem jeweiligen Eigentümer des angren-
zenden Flurstücks 797 mitgenutzt werden wird. Der Umfang der Benut-
zerrechte richtet sich nach dem für Ein- und Zweifamilienwohnhäuser üb-
lichen."
Am 7. Mai 2002 wurde eine Auflassungsvormerkung für die Kläger in das
Grundbuch eingetragen. Im August 2002 bewilligte die Zeugin H. zu-
gunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 797 eine Grunddienstbar-
keit in Gestalt eines Geh- und Fahrmitbenutzungsrechts; diese wurde am
20. Februar 2003 in das Grundbuch eingetragen. Die Kläger sind aufgrund ihres
Antrags vom 8. Juli 2003 seit dem 23. September 2003 als Eigentümer im
Grundbuch eingetragen.
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Die Kläger verlangen von dem Beklagten, es zu unterlassen, ihr Grund-
stück zu betreten oder zu befahren, sowie die Herausgabe eines ihm für das
Zufahrtstor überlassenen Schlüssels. Ferner nehmen sie den Beklagten auf
Erteilung der Zustimmung zur Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen
Grunddienstbarkeit in Anspruch. Der Beklagte verlangt im Wege der Widerklage
die Befestigung der Zufahrt in einer Breite von drei Metern sowie eine dahinge-
hende Konkretisierung der Grunddienstbarkeit.
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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abge-
wiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem
Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine Anträge weiter.
Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei nach § 888 BGB verpflich-
tet, die Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen. Aus dem zwischen den
Klägern und der Zeugin H. geschlossenen Kaufvertrag könne er keine
Rechte herleiten. Die Kläger seien darin lediglich auf eine Mitnutzung ihres
Grundstücks durch den Beklagten hingewiesen, nicht aber verpflichtet worden,
diesem ein Nutzungsrecht einzuräumen. Ein Anspruch auf Bestellung einer
Grunddienstbarkeit gemäß § 116 Abs. 1 SachenRBerG stehe dem Beklagten
nicht zu. Die Kläger hätten das Grundstück nach § 116 Abs. 2 SachenRBerG
gutgläubig lastenfrei erworben, da ihnen nicht bekannt gewesen sei, dass der
Beklagte es vor dem 3. Oktober 1990 als Zuwegung genutzt habe.
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Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung überwie-
gend nicht stand.
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II.
A. Klage
1. Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, dass die Kläger von dem
Beklagten die Zustimmung zur Löschung der auf ihrem Grundstück lastenden
Dienstbarkeit gemäß § 888 Abs. 1 BGB verlangen können.
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Allerdings gewährt die Vorschrift des § 888 Abs. 1 BGB dem Vormer-
kungsberechtigten gegen den vormerkungswidrig eingetragenen Zwischener-
werber einen Anspruch auf Abgabe der Zustimmung zu der Eintragung oder der
Löschung, welche zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten
Anspruchs erforderlich ist. An der erforderlichen Vormerkungswidrigkeit des
Zwischenerwerbs kann es bei einer nach Eintragung einer Auflassungsvormer-
kung erfolgten Grundstücksbelastung aber fehlen. Da eine Vormerkung nur den
konkret bestehenden schuldrechtlichen Auflassungsanspruch sichert, ist eine
solche Belastung nicht (relativ) unwirksam gemäß § 883 Abs. 2 BGB und damit
nicht vormerkungswidrig, wenn der Vormerkungsberechtigte nach den schuld-
rechtlichen Vereinbarungen nur die Auflassung eines entsprechend belasteten
Grundstücks verlangen kann (vgl. Senat, Urt. v. 9. Januar 1981, V ZR 58/79,
NJW 1981, 980, 981 sowie Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 883 Rdn. 208).
Der durch die Vormerkung gesicherte Auflassungsanspruch der Kläger wäre
deshalb durch die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweili-
gen Eigentümers des Flurstücks 797 nicht im Sinne von § 883 Abs. 2 Satz 1
BGB beeinträchtigt, wenn die Verkäuferin nach dem mit den Klägern geschlos-
senen Kaufvertrag berechtigt war, das Grundstück entsprechend zu belasten.
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Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht es unterlassen
hat, Feststellungen zu einer solchen Berechtigung der Verkäuferin zu treffen.
Es hat lediglich geprüft, ob dem Beklagten eigene Rechte aus der zwischen den
Klägern und der Zeugin H. getroffenen Vereinbarung über die Mitnutzung
des Grundstücks durch Dritte zustehen. Dies kann indessen anders zu beant-
worten sein als die Frage, ob die Verkäuferin im Verhältnis zu den Klägern be-
rechtigt war, nicht nur den Erwerbern des hinteren Grundstücksteils, sondern
- erforderlichenfalls - auch dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 797 eine
Grunddienstbarkeit in Gestalt eines Geh- und Fahrrechts zu bewilligen.
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2. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO),
und zwar hinsichtlich der Klage insgesamt. Solange nicht feststeht, dass die
Kläger von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung der Grunddienstbar-
keit verlangen können, ist der Beklagte aufgrund dieses eingetragenen Rechts
zur Nutzung der Zufahrt berechtigt. Damit entfällt auch die Grundlage für die
Verurteilung des Beklagten, die Nutzung des Grundstücks der Kläger zu unter-
lassen und den Schlüssel zur Zufahrt herauszugeben.
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Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO), damit es die notwendigen Feststellungen durch die erforderliche
- nicht nur am Wortlaut orientierte, sondern alle Umstände des Falles berück-
sichtigende - Auslegung der Vereinbarung unter VI.1.2. des Kaufvertrages vom
13. Februar 2002 (nachfolgend: Nutzungsklausel) nachholen kann. Dabei hat
der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch ge-
macht.
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3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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a) Die Möglichkeit, dass die Zeugin H. berechtigt war, zugunsten
des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 797 eine Grunddienstbarkeit zu
bestellen, kann nicht mit der - von dem Berufungsgericht in Bezug auf mögliche
Rechte des Beklagten verwendeten – Begründung in Abrede gestellt werden,
die Kläger seien durch die Nutzungsklausel lediglich auf eine Mitnutzung ihres
Grundstücks durch den Beklagten hingewiesen worden, ohne dass sich daraus
eine Verpflichtung der Kläger ergebe, diese Nutzung zu dulden. Einem solchen
Verständnis der Nutzungsklausel steht bereits entgegen, dass sie nach ihrem
Wortlaut keinen gegenwärtigen, sondern einen künftigen Zustand beschreibt
("…Zufahrt… mitgenutzt werden wird"). Wäre es richtig, dass die Kläger den-
noch berechtigt sein sollten, dem Beklagten die Mitnutzung ihres Grundstücks
jederzeit zu untersagen, liefe die Nutzungsklausel weitestgehend leer. Dies
aber widerspräche dem - von dem Berufungsgericht nicht beachteten - Erfah-
rungssatz, dass eine vertragliche Bestimmung nach dem Willen der Parteien
einen rechtserheblichen Inhalt haben soll (vgl. Senat, Urt. v. 1. Oktober 1999,
V ZR 168/98, NJW 1999, 3704, 3705; BGH, Urt. v. 18. Mai 1998, II ZR 19/97,
WM 1998, 1535, 1536), und wäre im Übrigen mit dem letzten Satz der Nut-
zungsklausel unvereinbar, in dem - mit Bezug auch auf die Mitnutzung des
Grundstücks durch den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 797 - ausdrück-
lich der Begriff "Benutzerrechte" verwendet wird.
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Eine aus der Nutzungsklausel folgende Berechtigung der Zeugin H.
, zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 797 erforderli-
chenfalls eine Grunddienstbarkeit zu bestellen, kann auch nicht aufgrund der im
Berufungsurteil angestellten Überlegungen zu der Bekundung der Zeugin abge-
lehnt werden, sie habe durch die Nutzungsklausel die ihr aus dem Vertrag mit
der Stadt P. obliegende Verpflichtung an die Kläger weitergeben wollen.
Richtig an diesen Überlegungen mag sein, dass die Zeugin H. nach dem
mit der Stadt P. geschlossenen Vertrag nur insoweit verpflichtet war, ei-
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ne Grunddienstbarkeit zu bestellen, als dem Beklagten aufgrund der bisherigen
Nutzung des verkauften Grundstücks ein entsprechender Anspruch erwachsen
war. Allerdings geht das Berufungsgericht an anderer Stelle davon aus, dass
dem Beklagten ein solcher Anspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG ur-
sprünglich zugestanden hat, so dass nicht ersichtlich ist, warum die Zeugin
nicht verpflichtet gewesen sein soll, für die Bestellung einer Dienstbarkeit Sorge
zu tragen. Vor allem aber ist die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts un-
verständlich, die Nutzungsklausel könne deshalb nicht als Weitergabe ihrer
Verpflichtung an die Kläger angesehen werden, weil ungeklärt gewesen sei, ob
und inwieweit dem Beklagten ein Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit
zustand. Gerade wenn und weil die Zeugin H. nicht ausschließen konnte,
dass sie aus dem Vertrag mit der Stadt P. verpflichtet war, dem jeweiligen
Eigentümer des Flurstücks 797 eine Grunddienstbarkeit einzuräumen, ent-
spricht es der Lebenserfahrung, dass sie - auch zur Vermeidung von Scha-
densersatzansprüchen - bestrebt war, diese mögliche Verpflichtung durch Ver-
einbarung der Nutzungsklausel entweder an die Kläger weiterzugeben oder a-
ber sicherzustellen, dass sie trotz des Weiterverkaufs berechtigt blieb, die Ver-
pflichtung erforderlichenfalls zu Lasten der Kläger zu erfüllen.
Vor diesem Hintergrund wird das Berufungsgericht ferner zu erwägen
haben, ob sich aus dem Umstand, dass die Nutzungsklausel zugunsten der
Erwerber des hinteren Grundstücksteils die Bestellung einer Grunddienstbarkeit
vorsieht, hinsichtlich des Flurstücks 797 aber nur von einer Mitnutzung bzw.
einem Benutzerrecht spricht, folgern lässt, dass nach dem Willen der Vertrags-
parteien ein dingliches Recht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flur-
stücks 797 nicht begründet werden sollte, oder ob sich der Unterschied in der
Formulierung daraus erklärt, dass noch nicht feststand, welche Rechte die Ver-
käuferin aufgrund des mit der Stadt P. geschlossenen Vertrages zugun-
sten des Beklagten würde begründen müssen. Dabei wird auch zu klären sein,
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ob und inwieweit es für die Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkenn-
bar von Bedeutung war, auf welcher Rechtsgrundlage der Beklagte ihr - von
den Erwerbern des hinteren Grundstücksteils ohnehin befahrenes - Grundstück
mitnutzte.
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass auch aus dem nachträgli-
chen Verhalten der Parteien Rückschlüsse auf deren Geschäftswillen zum Zeit-
punkt des Vertragsschlusses gezogen werden können (vgl. BGH, Urt. v. 6. Juli
2005, VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205, 3207 m.w.N.) und deshalb erforderli-
chenfalls auch festzustellen und zu würdigen sein wird, wann die Kläger von
dem zwischen der Zeugin H. und dem Beklagten geschlossenen Ver-
gleich vom 15. April 2002 und von der Bewilligung bzw. Eintragung der Grund-
dienstbarkeit erfahren und wie sie hierauf reagiert haben.
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b) aa) Sollte das Berufungsgericht zu dem Schluss gelangen, dass die
Eintragung der Grunddienstbarkeit vormerkungswidrig war und die Kläger des-
halb die Zustimmung zu deren Löschung verlangen können, wird im Rahmen
des auf Unterlassung der weiteren Nutzung des klägerischen Grundstücks ge-
richteten Klageantrags die dann naheliegende Möglichkeit zu prüfen sein, dass
dem Beklagten aus der Nutzungsklausel jedenfalls ein eigener schuldrechtlicher
Anspruch auf Mitnutzung des Grundstücks (§ 328 BGB) zusteht.
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bb) Demgegenüber kann sich eine Pflicht der Kläger, die weitere Nut-
zung ihres Grundstücks zu dulden, nicht aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG erge-
ben. Ist die eingetragene Grunddienstbarkeit vormerkungswidrig und damit zu
löschen, haben die Kläger das Grundstück gemäß § 116 Abs. 2 i.V.m. §§ 122,
111 SachenRBerG gutgläubig lastenfrei erworben; ein etwaiger Anspruch des
Beklagten aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist damit erloschen (§ 116 Abs. 2
Satz 1 i.V.m. §§ 122, 111 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schützt die Vormerkung den
Berechtigten nämlich nicht nur vor nachteiligen Verfügungen im Sinne des
§ 883 Abs. 2 BGB, sondern auch in seinem guten Glauben an die Richtigkeit
des Grundbuchstands zur Zeit der Eintragung der Vormerkung und damit auch
gegen nicht eingetragene Rechte Dritter (vgl. Senat, Urt. v. 31. Oktober 1980,
V ZR 95/79, NJW 1981, 446, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994,
2947). Dabei ist für die Gutgläubigkeit des Erwerbers der Zeitpunkt maßgeblich,
zu dem der Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung gestellt wurde
(vgl. Senat, BGHZ 28, 182, 187; Urt. v. 31. Oktober 1980, V ZR 95/79, aaO).
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Entsprechendes gilt für den gutgläubigen lastenfreien Erwerb nach § 116
Abs. 2 i.V.m. §§ 122, 111 SachenRBerG. Die Regelung dient der Wiederher-
stellung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs in den neuen Ländern (vgl.
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7425, S. 80).
Sie lehnt sich an die Regelung des § 892 BGB an und überträgt die darin ent-
haltenen Wertungen zum Schutze eines Grundstückserwerbers auf die Rechts-
positionen eines nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz Berechtigten (vgl.
Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, WM 2004, 1348, 1349). Dem-
gemäß gilt der durch das Bürgerliche Gesetzbuch gewährleistete Schutz des
Vormerkungsberechtigten in gleicher Weise im Rahmen des § 111 SachenR-
BerG (ebenso MünchKomm-BGB/Grüneberg, 4. Aufl., § 111 SachenRBerG
Rdn. 7; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 111 Rdn. 3).
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Die Eintragung der Auflassungsvormerkung zugunsten der Kläger im Mai
2002 hatte daher zur Folge, dass sie gegen zu diesem Zeitpunkt aus dem
Grundbuch nicht ersichtliche Rechte nach dem Sachenrechtsbereinigungsge-
setz geschützt waren, sofern sie bei Stellung des Antrags auf Eintragung der
Vormerkung keine positive Kenntnis von dem Bestehen solcher Rechte hatten.
Eine solche Kenntnis ist von dem Berufungsgericht nicht festgestellt und von
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dem - insoweit darlegungs- und beweispflichtigen - Beklagten, soweit ersicht-
lich, auch nicht behauptet worden.
B. Widerklage
Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die
Widerklage unbegründet ist.
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1. Als Grundlage eines Anspruchs auf bauliche Veränderung der Zufahrt
kommt nur das von dem Beklagten erwirkte Urteil des Amtsgerichts P.
vom 30. Juli 2003 in Betracht, durch welches die Zeugin H. verurteilt
worden ist, die Zufahrt des Grundstücks der Kläger entsprechend auszubauen.
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Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich jedoch nicht auf die Kläger.
Zwar wirkt ein rechtskräftiges Urteil gemäß § 325 Abs. 1 ZPO für und gegen die
Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der
Parteien geworden sind; hierzu zählt auch die Einzelrechtsnachfolge in den
streitbefangenen Gegenstand (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 1995, V ZR
263/94, NJW 1996, 395, 396). Das von den Klägern erworbene Grundstück war
in dem Rechtsstreit, der zu dem Urteil vom 30. Juli 2003 geführt hat, jedoch
nicht streitbefangen (§ 265 Abs. 1 ZPO). Eine Sache ist in diesem Sinne nur
dann im Streit befangen, wenn die für das Verfahren maßgebliche Sachlegiti-
mation des Rechtsvorgängers auf seiner rechtlichen Beziehung zu der Sache
beruht und diese den unmittelbaren Gegenstand des Rechtsstreits bildet (vgl.
Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21.
Aufl., §
265 Rdn. 11; MünchKomm-
ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 265 Rdn. 17 f.). Das ist insbesondere dann gegeben,
wenn das Eigentum oder ein dingliches Recht an der Sache streitig ist; bei
nichtdinglichen Rechten kommt eine solche Annahme in Betracht, wenn sie der
Sache in einer dinglichen Rechten vergleichbaren Weise anhaften. Demnach
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kann - da der Begriff der Nutzung in § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG grund-
stücksbezogen zu verstehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR
72/03, WM 2004, 1394, 1395) - ein Grundstück streitbefangen sein, wenn ein
auf diese Vorschrift gestützter Anspruch unmittelbarer Gegenstand eines
Rechtsstreits ist.
Das war hier indessen nicht der Fall. Grundlage der Verurteilung der
Zeugin H. , die Zufahrt auszubauen, war nämlich nicht ein Anspruch aus
§ 116 Abs. 1 SachenRBerG, sondern der zwischen dem Beklagten und der
Zeugin H. geschlossene Vergleich. Die von der Zeugin darin übernomme-
nen Verpflichtungen haften - auch wenn sie vor dem Hintergrund des § 116
Abs. 1 SachenRBerG übernommen worden sein mögen - nicht dem von den
Klägern erworbenen Grundstück an.
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b) Eine Rechtsgrundlage für die mit der Widerklage ebenfalls verlangte
Konkretisierung der eingetragenen Grunddienstbarkeit besteht nicht. Entgegen
der Auffassung der Revision ergibt sich eine solche insbesondere nicht aus
dem zwischen der Zeugin H. und den Klägern geschlossenen Kaufver-
trag. Die Herstellung einer drei Meter breiten Zufahrt ist darin nicht von den
Klägern, sondern von der Verkäuferin übernommen worden.
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Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 08.07.2005 - 22 C 469/04 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.10.2006 - 1 S 20/05 -