Urteil des BGH vom 26.05.2009

BGH (schwerer fall, vergewaltigung, stgb, strafkammer, bemessung, höhe, freiheitsstrafe, stpo, annahme, grund)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 150/09
vom
26. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Mai 2009 gemäß §§ 349 Abs. 2
und 4, 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Saarbrücken vom 3. Dezember 2008
a) dahin ergänzt, dass die Höhe eines Tagessatzes
der in den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe ver-
hängten Geldstrafen auf einen Euro festgesetzt
wird,
b) in den Aussprüchen über die wegen Vergewalti-
gung (Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe) verhäng-
ten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufgeho-
ben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten der Vergewaltigung in zwei Fällen,
der vorsätzlichen Körperverletzung in drei Fällen, der gefährlichen Körperverlet-
zung in Tateinheit mit Bedrohung sowie der gefährlichen Körperverletzung in
Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden und ihn zu einer Gesamtfreiheits-
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strafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die
Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Be-
schlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Senat holt die unterbliebene Festsetzung der Höhe eines Tagessat-
zes der in den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe verhängten Geldstrafen nach
und setzt diese auf den gemäß § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB niedrigsten in Betracht
kommenden Betrag von einem Euro fest. Im Übrigen hat die Überprüfung des
Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung einen den Angeklagten beschwe-
renden Rechtsfehler nur ergeben, soweit das Landgericht ihn in den beiden Fäl-
len der Vergewaltigung (Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe) zu Einzelstrafen von
jeweils drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt hat.
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Das Landgericht hat in diesen Fällen die Annahme minder schwerer Fäl-
le verneint und der Strafbemessung den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB "in
der zur Tatzeit gültigen Fassung" entnommen. Dabei bleibt unklar, von welcher
Fassung es ausgegangen ist; denn in dem festgestellten Tatzeitraum "im ersten
Halbjahr 1998" galt die Vorschrift bis zum 31.
März 1998 i.d.F. des
33. Strafrechtsänderungsgesetzes und vom 1. April 1998 an i.d.F. des 6. Straf-
rechtsreformgesetzes. Dies hat sich hier aber nicht zu Lasten des Angeklagten
ausgewirkt, weil die maßgeblichen Strafrahmen beider Gesetzesfassungen
gleich sind. Als rechtsfehlerhaft erweist sich indes, dass das Landgericht ange-
sichts der gewichtigen Strafmilderungsgründe die gebotene Prüfung unterlas-
sen hat, ob die Regelwirkung des Regelbeispiels für den besonders schweren
Fall entfällt und deshalb der Normalstrafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB mit ei-
ner Mindeststrafandrohung von lediglich einem Jahr Freiheitsstrafe der Straf-
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bemessung zu Grunde zu legen war. Für die Entscheidung hätte die Strafkam-
mer dabei auf das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente
und der Täterpersönlichkeit abstellen und prüfen müssen, ob sich angesichts
der Milderungsgründe die Bewertung der Tat als besonders schwerer Fall als
unangemessen erweist (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 2 Strafrahmen-
wahl 13 m.w.N.). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der aufgezeigte
Rechtsfehler die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen II. 1 und 2 der Ur-
teilsgründe zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst hat.
Über die betreffenden Einzelstrafen ist deshalb neu zu befinden. Dies
entzieht auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage, der deshalb eben-
falls aufzuheben ist. Die der Strafbemessung zu Grunde liegenden Feststellun-
gen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt; sie können deshalb
bestehen bleiben. Dies schließt ergänzende Feststellungen durch den neuen
Tatrichter, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
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Tepperwien Maatz Athing
Franke Mutzbauer