Urteil des BGH vom 07.02.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 263/11
Verkündet am:
7. Februar 2013
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 204 Abs. 2
a) Eine Untätigkeit der Parteien führt dann nicht zum Stillstand des Verfahrens im
Sinne des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB und folglich auch nicht zum Ende der Ver-
jährungshemmung, wenn die Verfahrensleitung beim Gericht liegt, das für den
Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen hat (Anschluss an BGH, Urteil vom
27. Januar 2005 - VII ZR 238/03, BauR 2005, 868, 869 m.w.N.).
b) Stellt der Kläger einer Stufenklage einen Terminsantrag (in der dritten Stufe),
mit dem er einen nicht bezifferten Zahlungsantrag und einen Schadensersatz-
feststellungsantrag ankündigt, so ist es grundsätzlich Sache des Gerichts und
nicht des Klägers, für den Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - VII ZR 263/11 - OLG Düsseldorf
LG Köln
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die
Richter Dr. Eick, Halfmeier, Dr. Kartzke und Prof. Dr. Jurgeleit
für Recht erkannt:
I.
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 1. Kartellsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 2010
teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels das Schlussurteil der 1. Kam-
mer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom
15. Juli 2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
47.662,25
€ nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %
seit dem 12. Januar 2000 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der sich aus
der Vorenthaltung von erhaltenen Differenzgutschrif-
ten und Zahlungen aus Einkäufen des Klägers bei
A. -Lieferanten während der Dauer des Franchi-
severtrages für das Geschäft in L.
vom 14. Mai 1994 bis zum 31. Dezember 1999
ergibt, und zwar über den Betrag der Differenzrabat-
te hinaus, für den die Beklagte Auskunft erteilt hat
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und der im vorliegenden Rechtsstreit zur Bezifferung
des Leistungsantrags geführt hat.
3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger
zu 58 % und die Beklagte zu 42 %. Die Kosten des gesamten
Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 64 % und die Be-
klagte zu 36 %. Die Kosten des gesamten Revisionsverfah-
rens - KZR 27/01 und VII ZR 263/11 - trägt die Beklagte. Die
Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens - 81 O 223/99
SH I - werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revision noch um Ansprüche aus einem be-
endeten Franchiseverhältnis betreffend ein Fachgeschäft in L. Der Kläger
nimmt die Beklagte, nachdem diese Auskunft erteilt hat, in nunmehr dritter Stufe
einer Stufenklage auf Zahlung von so genannten Differenzrabatten nebst Zin-
sen und auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Mit seiner seit dem 11. Januar 2000 rechtshängigen Klage hat der Kläger
die Beklagte unter anderem im Wege der Stufenklage auf Auskunft hinsichtlich
aller von der Beklagten vereinnahmten und pflichtwidrig nicht an ihn weiterge-
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gebenen Differenzrabatte in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Be-
klagte für verpflichtet gehalten, dem Kläger über alle ihr in der Zeit vom 14. Mai
1994 bis zum 31. Dezember 1999 von ihren Lieferanten gewährten und nicht in
voller Höhe an den Kläger weitergeleiteten Einkaufsvorteile aus Einkäufen des
Klägers Auskunft zu erteilen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Beru-
fungsgericht die Klage vollständig abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat mit
Urteil vom 13. Juli 2004 die landgerichtliche Verurteilung der Beklagten zur
Auskunftserteilung für die Zeit vom 14. Mai 1994 bis zum 31. Dezember 1999
wiederhergestellt.
Die Beklagte erteilte sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Oktober
2004 Auskunft über erhaltene Differenzrabatte von 1994 bis 1999. Danach er-
hielt die Beklagte Differenzrabatte in Höhe von insgesamt 62.385,53
€.
Nachdem das Landgericht die Parteien mit Verfügung vom 2. November
2004 darauf hingewiesen hatte, Termin zur Fortsetzung der mündlichen Ver-
handlung werde erst auf Antrag einer der Parteien bestimmt, hat der Kläger mit
Schriftsatz vom 20. Dezember 2004 Terminsantrag in der dritten Stufe gestellt,
wobei er einen unbezifferten Zahlungsantrag, einen Schadensersatzfeststel-
lungsantrag sowie einen Hilfsantrag angekündigt hat. Mit Schriftsatz vom
23. Mai 2005 hat die Beklagte auf die Klageänderung im Schriftsatz vom
20. Dezember 2004 reagiert. Mit Verfügung vom 25. April 2005 hat das Landge-
richt die Parteien darauf hingewiesen, neuer Termin solle erst nach Abschluss
des vom Kläger zwischenzeitlich anhängig gemachten Zwangsmittelverfahrens
bestimmt werden. Das Zwangsmittelverfahren ist seit Mai 2005 nicht mehr be-
trieben worden. Eine Terminierung durch das Landgericht ist zunächst nicht
erfolgt.
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Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2009 hat der Kläger erneut um Terminierung
gebeten. Das Verfahren nahm daraufhin seinen Fortgang.
Das Landgericht hat die Beklagte - unter Abzug eines unstreitig aufge-
rechneten Betrages von 14.723,28
€ - zur Zahlung von 47.662,25 € nebst Zin-
sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
11. Januar 2000 verurteilt. Des Weiteren hat es festgestellt, dass die Beklagte
verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der sich aus der Vorent-
haltung von erhaltenen Differenzgutschriften für das Geschäft in L. ergibt. Auf
die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die
Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat
zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils erstrebt, soweit die Beklagte zur Zahlung von 47.662,25
€ nebst Zinsen
verurteilt worden ist und soweit die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des
darüber hinausgehenden Schadens hinsichtlich des Optikergeschäfts in L. fest-
gestellt worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat - mit Ausnahme der Zinshöhe und des Zinsbeginns - Er-
folg.
Auf das Schuldverhältnis der Parteien sind unter Berücksichtigung der für
die Verjährung geltenden Übergangsvorschriften in Art. 229 § 6 EGBGB und
unter Berücksichtigung der für Zinsen geltenden Übergangsvorschrift in Art. 229
§ 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB die für bis zum 31. Dezember 2001 geschlossene
Verträge geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB).
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I.
Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei infolge der Verjährungseinre-
de der Beklagten an der Durchsetzung sämtlicher zuletzt noch verfolgter An-
sprüche gehindert.
Die von ihm geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus positiver
Vertragsverletzung seien im Zeitraum von Mai 1994 bis Ende Dezember 1999
entstanden. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB anwendbare dreijäh-
rige Frist des § 195 BGB n.F. sei vom 1. Januar 2002 an zu berechnen.
Die Zustellung der Stufenklage habe die Verjährung nach § 204 Abs. 1
Nr. 1 BGB n.F. mit Beginn des 1. Januar 2002 gehemmt.
Diese Verjährungshemmung habe infolge Nichtbetreibens des Verfah-
rens gemäß § 204 Abs. 2 BGB n.F. mit Ablauf des 25. November 2005 geen-
det, so dass die Verjährungsfrist gemäß §§ 209, 204 Abs. 2 BGB n.F. am
26. November 2005 begonnen habe und mit dem 25. November 2008 abgelau-
fen sei. Die Parteien hätten das Verfahren nach dem 25. Mai 2005 - und letzt-
lich bis zum Terminsantrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 8. Mai 2009 -
ohne triftigen Grund nicht weiterbetrieben. Nach Eingang des Schriftsatzes der
Beklagten vom 23. Mai 2005 (Eingang bei Gericht am 25. Mai 2005), mit dem
diese auf die Klageänderung vom 20. Dezember 2004 erwidert habe, hätten
weder der Kläger noch die Beklagte das Hauptsacheverfahren in Bezug auf den
Leistungsantrag im Sinne des § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB n.F. weiterbetrieben.
Der Kläger habe mit Schriftsatz vom 8. Mai 2009 - erstmals nach seinem vorhe-
rigen Terminsantrag im Schriftsatz vom 20. Dezember 2004 - um Terminierung
gebeten. Ein früheres Weiterbetreiben des Verfahrens durch die Parteien oder
das Landgericht sei nach der Aktenlage nicht feststellbar. Die Frist von sechs
Monaten gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. habe daher am 26. Mai 2005 zu
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laufen begonnen und mit Ablauf des 25. November 2005 geendet. Zum Zeit-
punkt der nächsten Verfahrenshandlung des Klägers am 9. Mai 2009 (Eingang
seines Schriftsatzes vom 8. Mai 2009 bei Gericht) seien die rechtshängigen
Ansprüche somit bereits verjährt gewesen.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht
stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Klage wegen Verjährung abge-
wiesen.
Das Berufungsgericht verkennt bei seiner Beurteilung der Verjährung,
dass die Prozessförderungspflicht im vorliegenden Fall beim Gericht und nicht
bei den Parteien lag. Dies führt dazu, dass die durch die Erhebung der Stufen-
klage gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. eingetretene Verjährungshemmung
nicht durch einen auf einer Untätigkeit der Parteien beruhenden Stillstand des
Verfahrens nach § 204 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 BGB n.F. endete.
1. Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. endet die nach § 204 Abs. 1
BGB n.F. eingetretene Verjährungshemmung sechs Monate nach der rechts-
kräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Ver-
fahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht
betreiben, so tritt gemäß § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. an die Stelle der Been-
digung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Ge-
richts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt eine Untä-
tigkeit der Parteien dann nicht zum Stillstand des Verfahrens im Sinne des
§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F., wenn die Verfahrensleitung beim Gericht liegt,
das für den Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen hat (vgl. BGH, Urteile vom
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19. September 1978
- VI ZR 141/77,
VersR 1978,
1142,
1143;
vom
21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82, NJW 1983, 2496; vom 12. Oktober 1999
- VI ZR 19/99, NJW 2000, 132, 133; vom 27. Januar 2005 - VII ZR 238/03,
BauR 2005, 868, 869, jeweils zu § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F., der Vorgänger-
vorschrift von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB; MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl.,
§ 204 Rn. 77). Der diesbezüglichen Pflicht, für den Fortgang des Prozesses
Sorge zu tragen, kommt das Gericht insbesondere durch die Bestimmung eines
Termins zur mündlichen Verhandlung nach. Insofern enthält die Zivilprozess-
ordnung die allgemeine Regel, dass Termine unverzüglich von Amts wegen zu
bestimmen sind (§ 216 Abs. 2 ZPO). Von einer Terminsbestimmung kann das
Gericht allerdings absehen, wenn sich die Parteien als Herren des Verfahrens
damit einverstanden erklären. Soweit es um die Voraussetzungen von § 204
Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. (§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.) geht, ist nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass die Verantwortung
für das Betreiben des Prozesses vom Gericht auf den Kläger übergeht, wenn
das Gericht mit dessen ausdrücklich oder konkludent erklärtem Einverständnis
von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht (vgl. BGH, Urteile
vom
27. Januar 2005
- VII ZR 238/03,
BauR 2005,
868,
869;
vom
21. Februar 1983 - VIII ZR 4/82, NJW 1983, 2496, 2497). Dann ist es Sache
des Klägers, dafür Sorge zu tragen, dass seine Ansprüche nicht verjähren, in-
dem er sich um einen Fortgang des Prozesses bemüht, z.B. durch einen Antrag
auf Terminsbestimmung.
2. Nach diesen Grundsätzen war es Sache des Landgerichts und nicht
des Klägers, für den Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen.
a)
Das
Landgericht
hat
die
Parteien
mit
Verfügung
vom
2. November 2004 darauf hingewiesen, Termin zur Fortsetzung der mündlichen
Verhandlung werde erst auf Antrag einer der Parteien bestimmt. Als Reaktion
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hierauf hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2004 - ausdrücklich
um das Verfahren weiter zu betreiben und allen Aspekten des neuen Verjäh-
rungsrechts zu entsprechen - Terminsantrag in der dritten Stufe gestellt, wobei
er einen nicht bezifferten Zahlungsantrag, einen Schadensersatzfeststellungs-
antrag sowie einen Hilfsantrag angekündigt hat. Mit Verfügung vom
25. April 2005 hat das Landgericht den Parteien mitgeteilt, neuer Termin solle
erst nach Abschluss des Zwangsmittelverfahrens bestimmt werden. Sodann hat
es mit Verfügung vom 25. Oktober 2005 die Akten wegen sechsmonatigen
Nichtbetreibens des Verfahrens weggelegt.
Danach lag die Verfahrensleitung weiterhin beim Landgericht. Die Mittei-
lung, neuer Termin solle erst nach Abschluss des Zwangsmittelverfahrens be-
stimmt werden, reicht zum Übergang der Prozessförderungspflicht vom Gericht
auf die Parteien nicht aus. Die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses
ist nicht dadurch auf den Kläger übergegangen, dass er auf die gerichtliche Ver-
fügung vom 25. April 2005 zunächst geschwiegen hat. In diesem Schweigen
kann kein konkludent erklärtes Einverständnis damit gesehen werden, dass
eine Förderung des Prozesses von einer weiteren - über den bereits im Schrift-
satz vom 20. Dezember 2004 enthaltenen Terminsantrag hinausgehenden -
Erklärung des Klägers abhängen sollte. In diesem Schriftsatz hat der Kläger
vorsorglich Terminsantrag gestellt, um das Verfahren weiter zu betreiben und
allen Aspekten des neuen Verjährungsrechts zu entsprechen. Bei dieser Lage
ist es nicht gerechtfertigt, dem genannten Schweigen des Klägers einen kon-
kludenten Erklärungswert mit gegenteiligem Inhalt beizumessen. Insoweit un-
terscheidet sich der Streitfall signifikant von demjenigen, der dem Senatsurteil
vom 27. Januar 2005 (VII ZR 238/03, BauR 2005, 868, 869) zugrunde lag. In
diesem Fall schwieg die dortige Klägerin auf einen Vergleichsvorschlag der dor-
tigen Beklagten, der mit der Bitte verbunden war, nicht zu terminieren. Hier hin-
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gegen hat der Kläger ausdrücklich einen Terminsantrag gestellt, um das Ver-
fahren weiter zu betreiben.
b) Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass es der Kläger außer-
gewöhnlich und unverständlich lang versäumt hätte, das Gericht an die Fortset-
zung des Prozesses zu erinnern. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich davon ab-
gesehen, die durch Rechtshängigkeit herbeigeführte Verjährungsunterbrechung
(jetzt: Verjährungshemmung) enden zu lassen, wenn eine Partei das Gericht
nicht an die Fortsetzung des Prozesses erinnert (vgl. BGH, Urteil vom
10. Juli 1979 - VI ZR 81/78, NJW 1979, 2307, 2308 unter Bezugnahme auf Mo-
tive I, S. 333, zitiert bei Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen
Gesetzbuch, Band I, S. 535). Die Bestimmung des Zeitpunkts, in welchem die
Verjährungshemmung enden würde, weil eine Partei das Gericht nicht an die
Fortsetzung des Prozesses erinnert, würde zu erheblichen Schwierigkeiten und
Rechtsunsicherheit führen (vgl. Motive I, S. 333, zitiert bei Mugdan, aaO). Aus
dem bloßen Zeitablauf zwischen den Terminsanträgen in den Schriftsätzen des
Klägers vom 20. Dezember 2004 und 8. Mai 2009 lässt sich nicht entnehmen,
dass eine weitere Förderung des Prozesses vom Kläger abhängen sollte. Der
Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass das Abwarten eines Klägers
auf das pflichtgemäße Tätigwerden des Gerichts auch über einen Zeitraum von
mehreren Jahren dazu grundsätzlich nicht ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom
10. Juli 1979 - VI ZR 81/78, NJW 1979, 2307, 2308).
c) Es kann auch nicht deshalb von einem Ende der Verjährungshem-
mung nach § 204 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 BGB n.F. ausgegangen werden, weil
der Kläger im Schriftsatz vom 20. Dezember 2004, mit dem er Terminsantrag in
der dritten Stufe gestellt hat, keinen bezifferten Zahlungsantrag angekündigt
hat.
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Zwar ist anerkannt, dass im Fall einer Stufenklage ein vom Kläger zu ver-
tretender Stillstand des Verfahrens eintreten kann, wenn der Kläger nach Erle-
digung der vorangegangenen Stufe den auf Zahlung gerichteten Leistungsan-
trag nicht weiterverfolgt (BAG, NJW 1986, 2527 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom
22. März 2006 - IV ZR 93/05, NJW-RR 2006, 948 Rn. 14; MünchKomm
BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 78 a.E.). Das Gericht hat dann keine Veranlas-
sung, von sich aus Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Viel-
mehr ist es zunächst Sache des Klägers, einen solchen Antrag weiter zu verfol-
gen. Das Gericht darf und muss eine Anregung des Klägers zur Fortsetzung
des Prozesses abwarten. Ein solcher Fall der Nichtverfolgung des auf Zahlung
gerichteten Leistungsantrags nach Auskunftserteilung liegt hier jedoch nicht vor.
Im Schriftsatz vom 20. Dezember 2004 hat der Kläger unter Konkretisierung
seiner Anträge Terminsantrag in der dritten Stufe gestellt. Auch wenn er den
angekündigten Zahlungsantrag dabei nicht beziffert, sondern die Zahlung des
sich aus der Auskunft ergebenden Betrages nebst Zinsen begehrt hat, hat er
gleichwohl mit diesem Schriftsatz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht,
dass er den auf Zahlung gerichteten Leistungsantrag weiterverfolgen wollte. Bei
dieser Lage musste das Gericht keine weitere Anregung des Klägers zur Fort-
setzung des Prozesses abwarten, sondern war gehalten, für den Fortgang des
Prozesses Sorge zu tragen.
d) Da die Prozessförderungspflicht nicht vom Gericht auf die Parteien
übergegangen ist, trat kein Stillstand des Verfahrens im Sinne des § 204 Abs. 2
Satz 2 BGB n.F. ein. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die
kurze (neue) Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB n.F. für die streitgegenständli-
chen Ansprüche vom 1. Januar 2002 an zu berechnen ist. Da zu diesem Zeit-
punkt die Stufenklage bereits erhoben war, wurde die kurze Verjährungsfrist
nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. von Beginn an gehemmt. Diese Hemmung
endete nicht gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB n.F., so dass eine
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Verjährung der zuletzt noch geltend gemachten Ansprüche insgesamt nicht
eingetreten ist.
III.
Das Berufungsurteil kann somit nicht bestehen bleiben. Der Rechtsstreit
ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weshalb der Senat selbst zu
entscheiden hat.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach Ziffer 6.3 des Franchisever-
trages vom 12. Mai 1994 i.V.m. den Grundsätzen der positiven Vertragsverlet-
zung einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Differenz-
rabatte, die der Beklagten aus Wareneinkäufen des Klägers bei Lieferanten der
Beklagten zugeflossen sind. Nach der Auskunft der Beklagten vom
8. Oktober 2004 belaufen sich diese Differenzrabatte für das Geschäft des Klä-
gers in L. in der Zeit vom 14. Mai 1994 bis zum 31. Dezember 1999 auf insge-
samt 62.385,53
€. Unter Berücksichtigung der unstreitigen Aufrechnung des
Klägers ergibt sich eine Schadensersatzforderung von 47.662,25
€. Das hat die
Beklagte mit ihrer Berufung nicht mehr angegriffen.
2. Aus diesem Betrag kann der Kläger ab 12. Januar 2000, dem Tag, der
dem Tag folgt, an dem die Stufenklage rechtshängig geworden ist, lediglich
Zinsen in Höhe von 5 % verlangen, §§ 291, 288 BGB a.F., § 352 Abs. 1 Satz 1
HGB a.F. - jeweils in der bis zum 30. April 2000 gültigen Fassung -, Art. 229 § 1
Abs. 1 Satz 3 EGBGB (vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Februar 2012
- VII ZR 31/11, NJW 2012, 1792 Rn. 26; BVerwG, NVwZ 2009, 599 Rn. 26;
OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2009, 472, 474).
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IV.
Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf
§ 92 Abs. 1, § 91a Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, diejenige für das gesamte
Berufungsverfahren auf § 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Kostenent-
scheidung für das gesamte Revisionsverfahren ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 92
Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beklagte trägt entgegen der Entscheidung der Vorinstan-
zen auch die Kosten des Revisionsverfahrens KZR 27/01 allein, weil sie dort
vollständig unterlegen war.
Kniffka Eick Halfmeier
Kartzke Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 15.07.2010 - 81 O 223/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 08.12.2010 - VI-U (Kart) 17/10 -
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