Urteil des BGH vom 11.07.2002
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 35/00
Verkündet am:
11. Juli 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ
:    nein
BGHR                   :         ja
Aspirin
MarkenG § 4 Nr. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 1; EG Art. 28, Art. 30
Ist  ein  Umpacken  von  parallel  importierten  Arzneimitteln  in  neu  hergestellte
Verpackungen unter Wiederanbringung der ursprünglichen Marke erforderlich,
um  einer  künstlichen  Abschottung  der  Märkte  entgegenzuwirken,  kann  dem
Parallelimporteur  darüber  hinaus  auch  die  erneute  Anbringung  der  Original-
aufmachung  selbst  dann  nicht  verboten  werden,  wenn  diese  ihrerseits  Schutz
als Benutzungsmarke i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG genießt.
- 2 -
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 - I ZR 35/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
- 3 -
Der  I.  Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofes  hat  auf  die  mündliche  Ver-
handlung vom 11. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts  Frankfurt  am  Main  vom  16. Dezember  1999
wird zurückgewiesen.
Auf die Revision der Klägerin wird das genannte  Urteil  im  Kosten-
punkt  und  insoweit  aufgehoben,  als  der  Widerklage  stattgegeben
worden ist.
Im  Umfang  der  Aufhebung  wird  die  Sache  zur  anderweiten  Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
- 4 -
Tatbestand:
Die Klägerin stellt die Arzneimittel "Aspirin plus C Brausetabletten", "As-
pirin Tabletten" und "Resochin Filmtabletten" her und vertreibt sie in  Deutsch-
land  in  Umverpackungen,  die  - wie  unstreitig  geworden  ist -  im  Inland  jeweils
die  Voraussetzungen  für  eine  Verkehrsgeltung  gemäß  § 4  Nr. 2  MarkenG  er-
füllen.
Die  Klägerin  oder  mit  ihr  verbundene  Unternehmen  vertreiben  die  ge-
nannten  Arzneimittel  auch  in  anderen  Mitgliedstaaten  der  Europäischen  Ge-
meinschaft. So wird "Aspirine-C" (dort in Packungseinheiten von 20 Tabletten)
in  Belgien,  "Aspirin"  (dort  in  Packungseinheiten  von  20  Tabletten)  in  Grie-
chenland und "Resochin" (dort in Packungseinheiten von 50 Tabletten) in Spa-
nien vertrieben, die jeweiligen Verpackungsaufmachungen weichen von denje-
nigen in Deutschland zum Teil geringfügig ab.
Die  Beklagte  importiert  die  erwähnten  Arzneimittel  aus  den  genannten
Ländern nach Deutschland. Die hier zugelassenen Packungsgrößen N 2 (Inhalt
40 Stück) für "Aspirin plus C" und N 3 (Inhalt 100 Stück) für "Aspirin" und "Re-
sochin" sind in den jeweiligen Exportländern nicht verfügbar. Die Beklagte ver-
wendet daher für diese Packungsgrößen neue Umverpackungen, in die sie die
entsprechende Arzneimittelmenge einlegt.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte greife mit den beanstan-
deten Verpackungen in die Rechte ihrer, der Klägerin, Ausstattungsmarken ein.
Auf  eine  Erschöpfung  könne  die  Beklagte  sich  schon  deshalb  nicht  berufen,
- 5 -
weil  die  Ausstattung  der  von  ihr  verwendeten  eigenen  Umverpackungen  nicht
vollständig identisch mit denjenigen Verpackungsgestaltungen sei, unter denen
sie,  die  Klägerin,  die  Arzneimittel  in  den  Verkehr  gebracht  habe.  Im  übrigen
könne sie sich jedenfalls dem Vertrieb aus berechtigten Gründen widersetzen,
da  die  vom  Gerichtshof  der  Europäischen  Gemeinschaften  entwickelten
Grundsätze über das Umpacken und die Neukennzeichnung von Arzneimitteln
nur auf die Bezeichnung des  Mittels,  nicht  aber  auch  auf  Ausstattungsmarken
anzuwenden  seien.  Für  einen  ungehinderten  Vertrieb  der  importierten  Arznei-
mittel sei es nicht erforderlich, die neuen Umverpackungen neben der Original-
bezeichnung auch noch mit der Originalaufmachung zu versehen.
Die Klägerin hat beantragt,
I.
die  Beklagte  unter  Androhung  von  Ordnungsmitteln  zu  verur-
teilen, es zu unterlassen,
1. das  Arzneimittel  "Aspirine-C"  in  der  im  Klageantrag  wieder-
gegebenen  Verpackung  anzubieten  und/oder  zu  vertreiben
und/oder  zu  bewerben  und/oder  anbieten  und/oder  vertrei-
ben und/oder bewerben zu lassen;
2. das  Arzneimittel  "Aspirin"  100 Tabletten  in  der  im  Klagean-
trag  wiedergegebenen  Verpackung  anzubieten  und/oder  zu
vertreiben  und/oder  zu  bewerben  und/oder  anbieten  und/
oder vertreiben und/oder bewerben zu lassen;
- 6 -
3. das Arzneimittel "Resochin" in der im Klageantrag wiederge-
gebenen  Verpackung  anzubieten  und/oder  zu  vertreiben
und/oder  zu  bewerben  und/oder  anbieten  und/oder  vertrei-
ben und/oder bewerben zu lassen;
II. die  Beklagte  zu  verurteilen,  der  Klägerin  darüber  Auskunft  zu
erteilen,  in  welchem  Umfang  sie  Handlungen  gemäß  Ziffer I 1,
2  und  3  vorgenommen  hat,  und  zwar  unter  Bekanntgabe  der
Namen  und  Anschriften  der  Lieferanten,  der  gewerblichen  Ab-
nehmer  oder  deren  Auftraggeber  sowie  über  die  Menge  der
bezogenen, ausgelieferten oder bestellten Arzneimittel;
III. festzustellen,  daß  die  Beklagte  verpflichtet  ist,  der  Klägerin
denjenigen  Schaden  zu  ersetzen,  der  ihr  durch  die  in  Ziffer I
1-3 bezeichneten Handlungen entstanden ist.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie sei
nach  den  markenrechtlichen  Erschöpfungsregeln  berechtigt,  auf  den  von  ihr
verwendeten  neuen  Umverpackungen  auch  die  jeweilige  ursprüngliche  Aus-
stattung  (erneut)  zu  benutzen;  insbesondere  könne  sie  in  den  streitgegen-
ständlichen  Fällen  nicht  zu  einer  neutralen  Verpackung  gezwungen  werden,
während sie in den Fällen, in denen die Packungsgröße im  Inland  und  im  Ex-
portland  gleich  sei,  nach  der  Rechtsprechung  des  Gerichtshofs  der  Europäi-
schen Gemeinschaften gehalten sei, in die Originalverpackung - einschließlich
ihrer  Aufmachung -  so  wenig  wie  möglich  einzugreifen.  Daß  die  von  ihr  ge-
wählte  Verpackungsgestaltung  mit  der  Originalverpackung  nicht  in  allen  Ein-
- 7 -
zelheiten übereinstimme, schade nicht, zumal dadurch dem Verkehr die Unter-
scheidung von Importpackung und Originalpackung erleichtert werde.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Im  Berufungsverfahren  haben  die  Parteien  den  Rechtsstreit  hinsichtlich
des  Unterlassungsantrags  übereinstimmend  für  erledigt  erklärt,  nachdem  die
Beklagte eine Unterlassungserklärung zu den in erster  Instanz  beanstandeten
Verpackungen abgegeben hat.
Die  Klägerin  hat  ihr  Auskunfts-  und  Feststellungsbegehren  weiterver-
folgt.
Die  Beklagte  ist  dem  weiterhin  entgegengetreten  und  hat  im  Wege  der
Widerklage beantragt,
festzustellen, daß die Klägerin nicht berechtigt ist, von der Beklag-
ten zu verlangen, es zu unterlassen,
1. das aus Belgien importierte Arzneimittel "Aspirine-C" in der Pak-
kungsgröße zu 40 Brausetabletten (N 2) in neu angefertigte Um-
kartons  umzupacken,  welche  die  im  Lieferland  Belgien  übliche
Packungsaufmachung,  wie  in  der  Anlage  W 1  zum  Schriftsatz
des  Beklagtenvertreters  vom  7. Mai  1999  wiedergegeben,  auf-
weisen  und  in  der  Bundesrepublik  Deutschland  in  diesen  Um-
kartons in Verkehr zu bringen;
- 8 -
2. das  aus  Griechenland  importierte  Arzneimittel  "Aspirin"  in  der
Packungsgröße  zu  100 Tabletten  (N 3)  in  neu  angefertigte  Um-
kartons umzupacken, welche die im Lieferland Griechenland üb-
liche Packungsaufmachung, wie in der Anlage W 2 zum Schrift-
satz  des  Beklagtenvertreters  vom  7. Mai  1999  wiedergegeben,
aufweisen  und  in  diesen  Umkartons  in  der  Bundesrepublik
Deutschland in Verkehr zu bringen;
3. das aus Spanien importierte Arzneimittel "Resochin" in der Pak-
kungsgröße  zu  100 Filmtabletten  (N 3)  in  neu  angefertigte  Um-
kartons  umzupacken,  welche  die  im  Lieferland  Spanien  übliche
Packungsaufmachung,  wie  in  der  Anlage  W 3  zum  Schriftsatz
des  Beklagtenvertreters  vom  7. Mai  1999  wiedergegeben,  auf-
weisen  und  in  diesen  Umkartons  in  der  Bundesrepublik
Deutschland in Verkehr zu bringen,
ungeachtet  der  möglichen  Angreifbarkeit  der  Verpackungsge-
staltungen  aufgrund  nicht  ausreichender/irreführender,  falscher
oder nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs
der  Europäischen  Gemeinschaften  stehender  weiterer  notwen-
diger Angaben auf der Verpackung.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten.
Das  Berufungsgericht  hat  die  Beklagte  antragsgemäß  zur  Auskunftser-
teilung verurteilt und ihre  Schadensersatzpflicht  festgestellt.  Auf  die  Widerkla-
ge hat es die beantragte Feststellung getroffen.
- 9 -
Mit  ihren  Revisionen,  deren  Zurückweisung  sie  wechselseitig  beantra-
gen,  verfolgen  die  Parteien  ihre  jeweiligen  in  der  Berufungsinstanz  gestellten
Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klage und die Widerklage für begründet
erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Das erforderliche Feststellungsinteresse für die als  Widerklage  erhobe-
ne  negative  Feststellungsklage  sei  gegeben,  weil  sich  die  Klägerin  eines  Un-
terlassungsanspruchs  gegen  die  Beklagte  mit  dem  Inhalt  und  Umfang  berüh-
me, wie er im Feststellungsantrag wiedergegeben sei.
Diese Feststellungsklage sei auch begründet, weil der Klägerin ein mar-
kenrechtlicher  Unterlassungsanspruch  in  dem  bezeichneten  Umfang  nicht  zu-
stehe. Zwar sei die Klägerin angesichts der unstreitigen Verkehrsgeltung ihrer
Ausstattungen Inhaberin entsprechender Benutzungsmarken i.S. von § 4 Nr. 2
MarkenG. Die beanstandeten, für identische Waren vorgesehenen Packungen
griffen auch in die durch diese Ausstattungsmarken begründeten Rechte nach
§ 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG ein; die Ausstattung des aus Spanien impor-
tierten  "Resochin"  sei  mit  der  im  Inland  geschützten  Ausstattung  der  Klägerin
identisch, die Ausstattungen der aus Belgien importierten "Aspirine-C" und des
aus Griechenland importierten "Aspirin" seien mit den Ausstattungsmarken der
- 10 -
Klägerin wegen der großen Ähnlichkeit verwechslungsfähig. Die Markenrechte
der Klägerin seien jedoch erschöpft, da die  beanstandeten  Import-Arzneimittel
von  der  Klägerin  selbst  oder  mit  ihrer  Zustimmung  von  Dritten  unter  der  ge-
schützten  Ausstattungsmarke  in  einem  Mitgliedstaat  der  Europäischen  Ge-
meinschaft in den Verkehr gebracht worden seien und auch kein Fall vorliege,
in dem sich die Markeninhaberin dem weiteren Vertrieb der Waren aus berech-
tigten Gründen widersetzen könne.
Der  Anwendung  der  Erschöpfungsvorschrift  des  § 24  MarkenG  stehe
zunächst  nicht  entgegen,  daß  - wie  im  Falle  der  Arzneimittel  "Aspirine-C"  und
"Aspirin" -  die  Ausstattungen,  unter  denen  die  Arzneimittel  in  Belgien  bzw.
Griechenland mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht und so von
der  Beklagten  importiert  und  für  den  Vertrieb  im  Inland  vorgesehen  worden
seien, mit der inländischen Benutzungsmarke nicht vollständig identisch seien;
denn  der  Erschöpfungseinwand  könne  auch  bezüglich  solcher  vom  Markenin-
haber  selbst  in  den  Verkehr  gebrachter  Waren  erhoben  werden,  deren  Kenn-
zeichen von dieser Marke zwar abwichen, ihr aber verwechselbar nahekämen.
Da  die  Beklagte  die  von  ihr  verwendeten  Umverpackungen  mit  densel-
ben  Ausstattungen  versehe,  unter  denen  die  Arzneimittel  zuvor  mit  Zustim-
mung  der  Klägerin  in  den  Verkehr  gesetzt  worden  seien,  lägen  die  Tatbe-
standsvoraussetzungen  einer  Erschöpfung  des  Markenrechts  vor.  Denn  nach
der  Rechtsprechung  des  Europäischen  Gerichtshofs  unterliege  auch  das
Kennzeichnungsrecht  des  Markeninhabers  grundsätzlich  der  Erschöpfung.
Dem  Parallelimporteur  sei  es  daher  jedenfalls  nicht  von  vornherein  verwehrt,
etwa  nach  Umpacken  der  Arzneimittel  in  einen  neuen  Umkarton  diesen  (er-
neut)  mit  der  schon  auf  der  importierten  Verpackung  angebrachten  Marke  zu
- 11 -
versehen.  Da  in  einer  solchen  Wiederkennzeichnung  eine  erhöhte  Gefahr  für
die  Garantiefunktion  der  Marke  liege,  stünden  dem  Markeninhaber  verhältnis-
mäßig weitgehende Befugnisse zu, um seine Interessen gegenüber den Belan-
gen des freien Warenverkehrs wahren zu können. Auch mit Rücksicht auf die-
se  besondere  Interessenlage  seien  jedoch  keine  "berechtigten  Gründe"  der
Klägerin gegeben, sich dem Vertrieb der importierten Arzneimittel in einer von
der  Beklagten  hergestellten  und  von  ihr  mit  der  Originalausstattung  versehe-
nen Umverpackung zu widersetzen.
Die  Voraussetzungen,  unter  denen  der  Europäische  Gerichtshof  die
Wiederkennzeichnung  umgepackter  Arzneimittel  mit  der  ursprünglichen  Wort-
marke für zulässig halte, seien unstreitig erfüllt. Insbesondere wäre es der Be-
klagten wegen der jeweils unterschiedlichen Packungsgrößen im Inland und in
den Exportländern nicht möglich, die importierten Arzneimittel in ihren - an die
inländischen  Anforderungen  angepaßten -  Originalverpackungen  im  Inland  zu
vertreiben.  Diese  Grundsätze  seien  ebenso  anwendbar,  wenn  der  Parallelim-
porteur  die  neue  Umverpackung  nicht  nur  erneut  mit  der  Originalbezeichnung
(Wortmarke),  sondern  darüber  hinaus  auch  wiederum  mit  der  ursprünglichen
- markenrechtlich  geschützten -  Ausstattung  versehe.  Zwar  könne  die  Ver-
kehrsfähigkeit  des  parallel  importierten  Arzneimittels  im  Inland  auch  mit  der
Wiederanbringung  der  Wortmarke  auf  einer  sonst  neutralen  Verpackung  her-
beigeführt  werden.  Bei  der  Prüfung  der  berechtigten  Gründe  i.S.  von  § 24
Abs. 2  MarkenG  sei  jedoch  eine  umfassende  Abwägung  der  beteiligten  Inter-
essen  vorzunehmen.  Diese  führe  dazu,  daß  der  Beklagten  auch  die  Wieder-
kennzeichnung  mit  der  Ausstattungsmarke  nicht  untersagt  werden  könne.  An-
derenfalls  würden  die  Absatzchancen  der  Importarzneimittel  deutlich  beein-
trächtigt. Gerade wenn die Verpackungsausstattungen der Klägerin im Verkehr
- 12 -
eine solche Bekanntheit genössen, daß sie sich als Herkunftshinweis durchge-
setzt hätten, würden die Abnehmer einem Erzeugnis, das zwar die Originalbe-
zeichnung,  nicht  aber  die  bekannten  Ausstattungsmerkmale  aufweise,  mit  ei-
nem gewissen Mißtrauen begegnen. Jedenfalls könne der Eindruck entstehen,
es  handele  sich  möglicherweise  um  eine  besondere,  mit  dem  im  Inland  ge-
wohnten Erzeugnis nicht in jeder Hinsicht vergleichbare Produktionslinie.
Diesem Nachteil auf seiten der Beklagten stünden keine überwiegenden
schützenswerten  Interessen  der  Klägerin  gegenüber,  sich  der  Neukennzeich-
nung  der  Umverpackung  auch  mit  der  Ausstattungsmarke  zu  widersetzen.  Es
sei zu berücksichtigen, daß die genannten Vorurteile des Verkehrs gegenüber
einer  "neutralen"  Verpackung  sich  auch  nachteilig  auf  den  Ruf  der  Klägerin
selbst auswirken könnten. Vor allem aber werde die Garantiefunktion der Aus-
stattungsmarken  gerade  im  Hinblick  auf  die  vom  Europäischen  Gerichtshof
verlangten  allgemeinen  Anforderungen  an  das  Umpacken  von  Arzneimitteln
nicht  wesentlich  beeinträchtigt,  wenn  die  Beklagte  auf  den  neuen  Verpackun-
gen auch die Ausstattungen wieder anbringe.
Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung
und Feststellung der  Schadensersatzpflicht  wegen  des  Vertriebs  der  drei  Arz-
neimittel mit den im Urteilstenor bezeichneten Verpackungen stünden der Klä-
gerin wegen Markenverletzung zu.  Die  Beklagte  habe  insoweit  in  die  Ausstat-
tungsmarken  der  Klägerin  eingegriffen,  weil  die  drei  beanstandeten  Verpak-
kungen  mit  diesen  Marken  wegen  der  großen  Ähnlichkeit  verwechslungsfähig
gewesen seien. Insoweit könne sich die Beklagte auch nicht mit Erfolg auf den
Erschöpfungseinwand  berufen,  da  bereits  der  Tatbestand  des  § 24  Abs. 1
MarkenG  nicht  erfüllt  sei.  Die  Beklagte  habe  die  von  ihr  verwendeten  Umver-
- 13 -
packungen nicht mit derselben Ausstattung versehen, unter der die Arzneimittel
zuvor  mit  Zustimmung  der  Klägerin  in  den  Ausfuhrmitgliedstaaten  in  den  Ver-
kehr  gebracht  worden  seien.  Vielmehr  habe  die  Beklagte  in  allen  drei  Fällen
Änderungen  der  Ausstattungen  vorgenommen.  Die  Abweichungen  seien  zwar
so geringfügig, daß die von der Beklagten hergestellten  Kartons  noch  im  Ver-
wechslungsbereich  der  geschützten  Ausstattungsmarken  lägen.  Auch  zu  sol-
chen Änderungen seien Dritte jedoch generell nicht berechtigt, wenn sie unter
Berufung auf den Erschöpfungseinwand eine Neukennzeichnung umgepackter
Markenware vornehmen wollten.
Der  Anspruch  auf  Auskunftserteilung  stehe  der  Klägerin  gemäß  § 19
Abs. 1 und 2 MarkenG zu. Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften sei der An-
spruch bei jeder Form von Markenverletzung gegeben.
Da  durch  die  von  der  Beklagten  jedenfalls  fahrlässig  begangenen  Mar-
kenverletzungen der Klägerin ein Schaden entstanden sei, zu dessen Berech-
nung sie sich der Lizenzanalogiemethode bedienen könne, sei auch der Fest-
stellungsantrag begründet.
II.  Auf  die  Revision  der  Klägerin  wird  das  Berufungsurteil  aufgehoben,
soweit dem Widerklageantrag stattgegeben worden ist; insoweit wird die Sache
an  das  Berufungsgericht  zurückverwiesen.  Dagegen  bleibt  die  Revision  der
Beklagten ohne Erfolg.
A. Zur Widerklage (Revision der Klägerin)
- 14 -
1. Mit der Widerklage begehrt die Beklagte die Feststellung, daß bezüg-
lich der drei Arzneimittel "Aspirine-C", "Aspirin" und "Resochin", importiert aus
Belgien,  Griechenland  und  Spanien,  im  Vertrieb  in  neu  angefertigten  Umkar-
tons,  welche  die  in  den  Ausfuhrmitgliedstaaten  übliche  Packungsaufmachung
aufweisen,  keine  Markenverletzung  liege.  Hierzu  ist  das  Berufungsgericht  da-
von ausgegangen, daß bei dieser Sachverhaltsgestaltung zwar ein Eingriff i.S.
des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG in die sich aus § 4 Nr. 2 MarkenG erge-
benden Markenrechte der Klägerin vorliege, jedoch sei Erschöpfung nach § 24
MarkenG  eingetreten,  weil  die  Importarzneimittel  von  der  Klägerin  selbst  oder
mit  ihrer  Zustimmung  von  Dritten  unter  der  geschützten  Ausstattungsmarke  in
einem  Mitgliedstaat  der  Europäischen  Gemeinschaften  in  den  Verkehr  ge-
bracht  worden  seien  und  kein  Fall  vorliege,  in  dem  sich  der  Markeninhaber
dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen  widersetzen  kön-
ne. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
2.  Nicht  zu  beanstanden  ist  insoweit  allerdings,  daß  das  Berufungsge-
richt  davon  ausgegangen  ist,  § 24  MarkenG  sei  auch  bezüglich  Marken  kraft
Verkehrsgeltung  (Benutzungsmarken  nach  § 4  Nr. 2  MarkenG)  entsprechend
dem  von  der  Rechtsprechung  des  Gerichtshofs  der  Europäischen  Gemein-
schaften zu Art. 7 MarkenRL entwickelten Verständnis,  also  richtlinienkonform
auszulegen. Das zieht die Revision vergeblich in Zweifel. Es trifft zwar zu, daß
die  Markenrechtsrichtlinie  lediglich  das  Recht  der  eingetragenen  Marken  har-
monisiert hat, nicht jedoch diejenigen Vorschriften, die Benutzungsmarken  i.S.
von § 4 Nr. 2 MarkenG betreffen. Hieraus kann aber nicht entnommen werden,
daß markengesetzliche Vorschriften, die - wie § 24 MarkenG - sowohl für ein-
getragene  als  auch  für  nicht  eingetragene  (Benutzungs-)Marken  gelten,  je
nachdem,  welche  Markenart  in  Frage  steht,  unterschiedlich  ausgelegt  werden
- 15 -
müßten  oder  auch  nur  könnten.  Vielmehr  ist  davon  auszugehen,  daß  der  Ge-
setzgeber  des  Markengesetzes  derartige  Vorschriften  nur  einheitlich  verstan-
den  wissen  wollte  (vgl.  Starck,  Festschrift  für  Piper,  1996,  S. 627,  633 f.;  Alt-
hammer/Klaka,  Markengesetz,  6.  Aufl.,  § 24  Rdn.  5;  Fezer,  Markenrecht,
3. Aufl.,  § 4  Rdn.  24;  Ingerl/Rohnke,  Markengesetz,  § 24  Rdn.  3).  Der  Aus-
gangspunkt des Berufungsgerichts ist deshalb insoweit nicht zu beanstanden.
3.  Die  Bestimmung  des  § 24  MarkenG  beruht  auf  der  entsprechenden
Regelung in Art. 7 MarkenRL. Die hierzu ergangene  Rechtsprechung  des  Ge-
richtshofs  der  Europäischen  Gemeinschaften  ist  deshalb  zur  Auslegung  des
§ 24  MarkenG  heranzuziehen  (BGH,  Urt.  v.  19.10.2000  - I ZR 89/98,  GRUR
2001,  422,  423  =  WRP  2001,  549  - ZOCOR;  Urt.  v.  29.3.2001  - I ZR 263/98,
GRUR 2002, 57, 58 = WRP 2001, 1326 - Adalat).
a)  In  der  Entscheidung  "Bristol-Myers  Squibb"  hat  der  Gerichtshof  dem
Re-  oder  Parallelimporteur  von  Arzneimitteln  unter  bestimmten  Voraussetzun-
gen  zugestanden,  die  Ware  um-  oder  neu  zu  verpacken  und  anschließend  in
den Verkehr zu bringen (EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-427/93, C-429/93 und
C-436/93,  Slg.  1996,  I-3457  =  GRUR  Int.  1996,  1144  =  WRP  1996,  880
- Bristol-Myers Squibb; vgl. auch Urt. v. 12.10.1999 - Rs. C-379/97, Slg. 1999,
I-6927, 6964 Tz. 27, 28 = WRP 1999, 1264 - Pharmacia & Upjohn). Danach ist
der  Eintritt  der  Erschöpfung  des  Rechts  der  Marke  nur  für  solche  bestimmten
Waren (vgl. EuGH, Urt. v. 1.7.1999 - Rs. C-173/98, Slg. 1999, I-4103 Tz. 20 =
GRUR Int. 1999, 870 = WRP 1999, 803 - Docksides ./. Sebago) anzunehmen,
die vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung "unter dieser Marke" in der
Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind und bei denen fünf Bedin-
gungen,  die  kumulativ  erfüllt  sein  müssen,  gegeben  sind:  (1)  Die  Geltendma-
- 16 -
chung der Rechte aus der Marke dient nicht einer künstlichen Abschottung der
Märkte.  (2)  Der  Originalzustand  des  Arzneimittels,  zum  Beispiel  in  einem  Bli-
sterstreifen, wird von den Veränderungen, die der Importeur oder sein Lieferant
vornimmt, nicht berührt, was auch mittelbar dadurch geschehen kann, daß ein
neuer Beipackzettel lückenhaft ist oder unrichtige Angaben enthält. (3) Auf der
Verpackung  müssen  sowohl  das  die  Umverpackung  vornehmende  Unterneh-
men  als  auch  der  Hersteller  genannt  sein.  (4)  Das  umgepackte  Arzneimittel
darf nicht so aufgemacht sein, daß der Ruf der Marke geschädigt wird. (5) Der
Importeur  muß  den  Markeninhaber  vorab  vom  Feilhalten  des  umgepackten
Arzneimittels unterrichten und ihm auf Verlangen ein Muster liefern. Diese zu-
letzt  genannte  Voraussetzung  soll  den  Markeninhaber  in  die  Lage  versetzen
nachzuprüfen,  ob  die  vom  Gerichtshof  der  Europäischen  Gemeinschaften  im
übrigen aufgestellten Voraussetzungen einer Erschöpfung vorliegen oder nicht
(vgl. BGH GRUR 2001, 422, 423 - ZOCOR; 2002, 57, 58 - Adalat).
Nach der Rechtsprechung  des  Gerichtshofs  der  Europäischen  Gemein-
schaften  gilt  dies  insbesondere  auch  für  die  Frage,  ob  die  Untersagung  des
Umpackens  der  Arzneimittel  in  neu  hergestellte  Umkartons  unter  Wiederan-
bringung  der  auf  dem  Originalkarton  befindlichen  Marke  zu  einer  künstlichen
Abschottung der Märkte führen würde, sofern durch Anbringen neuer Etiketten,
unter  Umständen  auch  durch  die  Bündelung  mehrerer  Originalpackungen  zu
einer  neuen  größeren  Verpackungseinheit,  vertriebsfähige  Packungen  ge-
schaffen  werden  können  (EuGH  Slg.  1996,  I-3457  Tz.  37  -  Bristol-Myers
Squibb).
Das  Berufungsgericht  ist  zu  Recht  davon  ausgegangen,  daß  diese
Grundsätze  nicht  nur  dann  gelten,  wenn  der  Parallelimporteur  auf  der  neuen
- 17 -
Umverpackung  wieder  die  - markenrechtlich  geschützte -  Originalbezeichnung
anbringt, sondern auch dann, wenn er sie mit der im Ausfuhrland verwendeten
Ausstattung versieht. Das bedeutet, daß weder die Geltendmachung einer ein-
getragenen  Wortmarke  i.S.  des  § 4  Nr. 1  MarkenG  noch  die  einer  Benut-
zungsmarke  i.S.  des  § 4  Nr. 2  MarkenG  zu  einer  künstlichen  Abschottung  der
Märkte dienen darf.
b)  Die  Frage  der  Notwendigkeit  einer  Wiederanbringung  der  im  Aus-
fuhrland  verwendeten  Marken  stellt  sich  allerdings  nur  dann,  wenn  überhaupt
die  Herstellung  einer  neuen  Umverpackung  erforderlich  ist.  Das  ist  insbeson-
dere dann der Fall, wenn der bisherige Originalkarton nicht in zumutbarer Wei-
se  durch  Aufstockung  und  Anbringung  neuer  Etiketten  weiter  verwendet  wer-
den kann und auch eine Bündelung nicht in Betracht kommt.  Insoweit  hat  das
Berufungsgericht  (BU 17)  zwar  festgestellt,  daß  es  der  Beklagten  wegen  der
jeweils  unterschiedlichen  Packungsgrößen  im  Ausfuhr-  und  Einfuhrland  nicht
möglich  gewesen  sei,  die  importierten  Arzneimittel  in  ihren  - an  die  inländi-
schen Anforderungen angepaßten - Originalverpackungen im Inland zu vertrei-
ben. Die Revision rügt jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht keine Fest-
stellungen dazu getroffen hat, ob das Umpacken in neu hergestellte Umkartons
deshalb entbehrlich war, weil eine  Bündelung  möglich  und  zumutbar  war;  und
zwar hätte das aus Belgien in Packungseinheiten von 20 Tabletten importierte
"Aspirine-C" durch Verdoppelung auf die hier für "Aspirin plus C" zugelassene
Packungsgröße N 2 (Inhalt 40 Stück) gebracht werden können, das aus Spani-
en  in  Packungseinheiten  von  50 Tabletten  importierte  "Resochin"  ebenfalls
durch  Verdoppelung  auf  die  hier  zugelassene  Packungsgröße  N 3  (Inhalt
100 Stück); das aus Griechenland in Packungseinheiten von 20 Tabletten ein-
- 18 -
geführte "Aspirin" hätte 5-fach zu  einer  100er-Packung  der  Größe  N 3  gebün-
delt werden können.
Das  Berufungsgericht  wird  dem  nachzugehen  und  zu  prüfen  haben,  ob
sich  die  Verwendung  solcher  Bündelpackungen  als  ein  Hemmnis  erweist,  das
den  Marktzugang  des  Parallelimporteurs  nicht  nur  unerheblich  behindert.  Es
wird dabei zu berücksichtigen haben, daß rein wirtschaftliche Vorteile, die sich
der Parallelimporteur beispielsweise durch eine  werbewirksamere  und  absatz-
fördernde  Gestaltung  der  Verpackung  verspricht,  grundsätzlich  nicht  die  An-
nahme einer zur Verwendung neuer Kartons nötigenden Zwangslage  rechtfer-
tigen (vgl. EuGH Slg. 1999, I-6927, 6969 Tz. 44 - Pharmacia & Upjohn; Urt. v.
23.4.2002 - Rs. C-143/00, WRP 2002, 666, 671 Tz. 48 - Boehringer Ingelheim;
Urt. v. 23.4.2002 - Rs. C-443/99, WRP 2002, 673, 676 Tz. 27 - Merck, Sharp &
Dohme). Eine Abneigung der Verbraucher gegen Bündelpackungen stellt daher
nicht stets ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt dar, das ein
Umpacken in eine neue Verpackung erforderlich im Sinne der Rechtsprechung
des  Gerichtshofs  der  Europäischen  Gemeinschaften  macht  (vgl.  auch  BGH,
Urt. v. 11.7.2002 - I ZR 219/99 - Zantac/Zantic, Umdr. S. 20). Besteht allerdings
auf einem Markt oder einem beträchtlichen Teil dieses Marktes ein starker Wi-
derstand  eines  nicht  unerheblichen  Teils  der  Verbraucher  gegen  Bündelpak-
kungen, so kann von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt
auszugehen  sein  (vgl.  - bezogen  auf  mit  Etiketten  überklebte  Packungen -
EuGH WRP 2002, 666, 671 Tz. 51 und 52 - Boehringer Ingelheim). Das Beru-
fungsgericht  wird  auf  der  Grundlage  dieser  - zum  Zeitpunkt  seiner  Entschei-
dung  noch  nicht  bekannten -  Rechtsprechungsgrundsätze  des  Gerichtshofs
ergänzende Feststellungen zu treffen haben.
- 19 -
c) Weitere Feststellungen wären nur dann entbehrlich, wenn der Revisi-
on  darin  gefolgt  werden  könnte,  daß  selbst  bei  zulässiger  Herstellung  einer
neuen  Verpackung  diese  jedenfalls  - neben  der  im  Ausfuhrland  verwendeten
Wortmarke - nicht auch wieder mit der Ausstattung versehen werden darf. Das
ist  nicht  der  Fall.  Das  Berufungsgericht  hat  zu  Recht  angenommen,  daß  der
tatsächliche  Zugang  des  Parallelimporteurs  zu  den  Märkten  des  Einfuhrmit-
gliedstaates  behindert  wäre,  falls  ihm  verboten  würde,  die  Benutzungsmarke
wieder  anzubringen.  Darf  der  Importeur  eine  Neuverpackung  herstellen,  dann
ist  es  auch  erforderlich,  diese  mit  den  im  Ausfuhrmitgliedstaat  verwendeten
Kennzeichnungen  zu  versehen.  Für  die  Wiederanbringung  der  Originalbe-
zeichnung ist dies selbstverständlich, für  die  Ausstattung  kann  nichts  anderes
gelten. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Verkehrsfähigkeit des
Importarzneimittels  im  Inland  zwar  auch  mit  der  Wiederanbringung  der  Be-
zeichnung  auf  einer  ansonsten  neutralen  Verpackung  herbeigeführt  werden
könnte. Es hat jedoch rechtsfehlerfrei festgestellt, daß damit eine unzumutbare
Behinderung des Importeurs verbunden wäre. Es hat insoweit ausgeführt, daß
es die  Absatzchancen  des  Importarzneimittels  deutlich  beeinträchtigen  würde,
wollte man die Beklagte darauf verweisen, die neue Umverpackung nur mit den
Bezeichnungen,  jedoch  ohne  die  - Verkehrsgeltung  genießenden -  Ausstat-
tungsmerkmale der im Ausland bezogenen Verpackungen im Inland zu vertrei-
ben. Gerade wenn die Verpackungsausstattungen im Verkehr eine solche Be-
kanntheit  besäßen,  daß  sie  sich  als  Herkunftshinweis  i.S.  des  § 4  Nr. 2  Mar-
kenG  durchgesetzt  hätten,  würden  die  Abnehmer  einem  Erzeugnis,  das  zwar
die Originalbezeichnung, nicht aber die bekannten Ausstattungsmerkmale auf-
weise,  mit  einem  gewissen  Mißtrauen  begegnen.  Soweit  nicht  sogar  Zweifel
aufkämen,  ob  das  Arzneimittel  überhaupt  von  der  Klägerin  bzw.  aus  deren
Konzern  stamme,  könne  jedenfalls  der  Eindruck  entstehen,  es  handele  sich
- 20 -
möglicherweise  um  eine  besondere,  mit  dem  im  Inland  gewohnten  Erzeugnis
nicht in jeder Hinsicht vergleichbare Produktionslinie.
Aus diesen tatrichterlichen Feststellungen, die revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden sind, wird zugleich deutlich, daß - wie das Berufungsgericht wei-
ter zutreffend angenommen hat - gegenüber den genannten Nachteilen für die
Beklagte  keine  schützenswerten  Interessen  der  Klägerin  bestehen,  sich  der
Neukennzeichnung der Umverpackung auch mit der Ausstattungsmarke zu wi-
dersetzen. Es hat dabei außerdem berücksichtigt, daß die Vorbehalte des Ver-
kehrs  gegenüber  einer  "neutralen"  Verpackung  sich  auch  nachteilig  auf  den
Ruf  der  Klägerin  selbst  auswirken  könnten.  Vor  allem  aber  werde  die  Garan-
tiefunktion  der  Ausstattungsmarken  gerade  im  Hinblick  auf  die  vom  Europäi-
schen  Gerichtshof  verlangten  allgemeinen  Anforderungen  an  das  Umpacken
von  Arzneimitteln  nicht  wesentlich  beeinträchtigt,  wenn  die  Beklagte  auf  den
neuen  Verpackungen  auch  die  Ausstattungen  wieder  anbringe.  Auch  das  ist
revisionsrechtlich  nicht  zu  beanstanden.  Danach  muß  in  den  Fällen  einer  zu-
lässigen Neuverpackung die Wiederanbringung der bisherigen Kennzeichnun-
gen einschließlich der Ausstattungsmarke gegenüber den sich sonst bietenden
Alternativen  ("neutrale"  Verpackung  oder  Anbringung  eigener  Ausstattungs-
merkmale) als der schonendste Weg eines im Interesse des  freien  Warenver-
kehrs grundsätzlich zulässigen Umverpackens durch den Importeur angesehen
werden.
B. Zur Klage (Revision der Beklagten)
1.  Nach  § 14  Abs. 2  Nr. 2  MarkenG  ist  es  Dritten  untersagt,  ohne  Zu-
stimmung  des  Markeninhabers  im  geschäftlichen  Verkehr  ein  mit  einer  Marke
- 21 -
(hier:  die  in  den  jeweiligen  Verpackungsausstattungen  verkörperten  Benut-
zungsmarken i.S. von § 4  Nr. 2  MarkenG)  identisches  oder  ähnliches  Zeichen
für Waren zu benutzen, die mit denjenigen identisch oder ähnlich sind, für die
die  Marke  Schutz  genießt.  Gegen  die  Annahme,  daß  die  Beklagte  diesen  ge-
setzlichen Tatbestand dadurch verwirklicht hat, daß sie die Arzneimittel  "Aspi-
rine-C",  "Aspirin"  und  "Resochin"  in  Verpackungen  angeboten  und  vertrieben
hat, die in den ursprünglichen Klageanträgen zu Ziffer I. 1. bis 3. im einzelnen
durch  Abbildung  näher  beschrieben  sind  (§ 14  Abs. 3  Nr. 1  und  2  MarkenG),
wendet sich die Revision ohne Erfolg. Sie macht insoweit im Rahmen der Aus-
führungen zu § 19 MarkenG - ohne die Wirksamkeit der von der Beklagten ab-
gegebenen  Unterlassungserklärung  in  Frage  stellen  zu  wollen -  geltend,  die
Beklagte  habe  mit  dem  Vertrieb  der  Arzneimittel  in  abgewandelten  Verpak-
kungsaufmachungen nicht widerrechtlich in die Markenrechte der Klägerin ein-
gegriffen; durch ihr Verhalten sei nämlich weder die Herkunfts- noch die  Qua-
litätsfunktion  der  Benutzungsmarken  der  Klägerin  beeinträchtigt  worden.  Das
greift nicht durch.
Die Revision vernachlässigt, daß die Herkunftsfunktion der hier im Sinne
einer  Zweitmarke  verwendeten  Benutzungsmarken  durch  die  verwechselbar
ähnliche Aufmachung der Beklagten im Sinne einer Verwechslungsgefahr nach
§ 14  Abs. 2  Nr. 2  MarkenG  berührt  wird,  wenn  der  Verkehr  sich,  wovon  nach
der  allgemeinen  Lebenserfahrung  auszugehen  ist,  (auch)  an  der  Aufmachung
der  fraglichen  Arzneimittel  orientiert  (vgl.  hierzu  BGH,  Urt.  v.  5.4.2001
- I ZR 168/98,  GRUR  2002,  171,  175  =  WRP  2001,  1315  -  Marlboro-Dach).
Nicht beigetreten werden kann insoweit der Auffassung der Revision, es  fehle
an  einer  widerrechtlichen  Kennzeichnung,  weil  die  Beklagte  die  Aufmachung
nicht zur Kennzeichnung eigener, sondern zur Kennzeichnung der Arzneimittel
- 22 -
der  Klägerin  verwendet  habe.  Gerade  in  der  Neukennzeichnung  liegt  - soweit
nicht,  wie  sogleich  noch  zu  erörtern  sein  wird,  eine  Erschöpfung  des  Marken-
rechts  eingetreten  ist -  eine  Markenrechtsverletzung,  weil  ausschließlich  der
Markeninhaber  berechtigt  ist,  eine  Kennzeichnung  seiner  Waren  mit  seiner
Marke vorzunehmen (§ 14 Abs. 1 MarkenG).
2.  Der  markenrechtliche  Schutz  greift  zwar  nicht  durch,  wenn  das  Mar-
kenrecht  erschöpft  ist  (§ 24  Abs. 1  MarkenG).  Hiervon  kann  aber  im  Streitfall
- wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision der Beklagten
unbeanstandet angenommen hat - nicht ausgegangen werden, weil die Kläge-
rin  die  in  Rede  stehenden  Arzneimittel  nicht  zuvor  "unter  der  Marke"  in  den
Verkehr gebracht hat.
3. Ohne Erfolg  wendet  sich  die  Revision  gegen  die  weitere  Beurteilung
des  Berufungsgerichts,  der  (noch)  geltend  gemachte  Auskunftsanspruch  sei
aus § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG begründet.
Die Revision beanstandet, daß das Berufungsgericht die Frage der Ver-
hältnismäßigkeit  des  Auskunftsanspruchs  (§ 19  Abs. 1  MarkenG  a.E.)  unge-
prüft gelassen habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich
angeführt, daß es keine Gründe dafür gebe, vom Anwendungsbereich der Vor-
schrift  des  § 19  Abs. 1  MarkenG  diejenigen  Fälle  auszunehmen,  in  denen  die
widerrechtlich  gekennzeichnete  Ware  zwar  vom  Markeninhaber  stamme,  die
Erschöpfungsvoraussetzungen  des  § 24  MarkenG  jedoch  nicht  erfüllt  seien.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht sich auch mit dem Umfang des Aus-
kunftsanspruchs  beschäftigt  und  ist  zutreffend  davon  ausgegangen,  daß  die
durch  die  Auskunftsverpflichtung  gegebene  Eingriffsintensität  insoweit  eher
- 23 -
gering zu veranschlagen sei, weil die Beklagte hinsichtlich ihrer Lieferanten nur
angeben müsse, von wem sie Arzneimittel in den beanstandeten Verpackungs-
gestaltungen  bezogen  habe,  während  sie  -  nach  dem  Inhalt  des  geltend  ge-
machten Anspruchs - nicht angeben müsse, woher  sie  die  original  verpackten
ausländischen Arzneimittel bezogen habe, die sie in von ihr selbst hergestellte
Verpackungen  umgepackt  habe.  Diese  tatrichterliche  Würdigung  des  Beru-
fungsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
4.  Bezüglich  des  Anspruchs  auf  Feststellung  der  Schadensersatzpflicht
hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Beklagten hinsichtlich der be-
gangenen  Markenrechtsverletzung  jedenfalls  Fahrlässigkeit  vorzuwerfen  und
sie deshalb dem Grunde nach verpflichtet sei, der Klägerin den hierdurch ent-
standenen Schaden zu ersetzen (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Das nimmt die Revisi-
on  der  Beklagten  bezüglich  des  Verschuldensvorwurfs  hin.  Sie  wendet  sich
allerdings gegen die Annahme, daß der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich
sei.  Damit  kann  sie  aber  nicht  durchdringen,  weil  kein  durchgreifender  Grund
für ihre  Ansicht  ersichtlich  ist.  Die  Meinung,  daß  das  Verhalten  der  Beklagten
nicht  widerrechtlich  gewesen  sei,  trifft  nicht  zu,  weil  das  Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei von einer Markenrechtsverletzung ausgegangen ist.
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß der Kläge-
rin  zur  Schadensberechnung  jedenfalls  die  Lizenzanalogiemethode  zur  Verfü-
gung stehe. Soweit die Revision hierzu  meint,  die  Anwendung  der  Lizenzana-
logie  komme  nicht  in  Betracht,  weil  es  sich  im  Streitfall  um  einen  zulässigen
Parallelvertrieb  von  Originalware  handele,  greift  das  schon  deshalb  nicht
durch,  weil  die  Beklagte  nicht  in  zulässiger  Weise  umverpackt  hat,  indem  sie
eine Markenrechtsverletzung begangen hat. Im übrigen ist die Lizenzanalogie,
- 24 -
was  die  Revision  vernachlässigt,  nicht  Rechtsgrund  für  den  Schadensersatz-
anspruch,  sondern  eine  der  möglichen  Berechnungsmethoden,  so  daß  es  auf
den von der Revision angeführten Gesichtspunkt nicht ankommt.
- 25 -
III. Danach war die Revision der Beklagten zurückzuweisen und auf die
Revision  der  Klägerin  das  Berufungsurteil  insoweit  aufzuheben,  als  dem  Wi-
derklageantrag  stattgegeben  worden  ist.  Insoweit  war  die  Sache  zur  erneuten
Verhandlung  und  Entscheidung,  auch  über  die  Kosten  des  Revisionsverfah-
rens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann
Starck
Bornkamm
Pokrant
Büscher