Urteil des BGH vom 30.07.2013

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ARZ 320/13
vom
30. Juli 2013
in dem Verfahren zur Bestimmung eines
gemeinschaftlichen Gerichtsstands
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 32b Abs. 1
a) Wird die Klage zumindest gegen einen Beklagten auf eine der in § 32b
Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt, so ist der besondere
Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO auch nach der seit 1. Dezember 2012
geltenden Fassung der Vorschrift unabhängig davon begründet, ob zu den
Beklagten auch der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft gehören.
b) Der Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der seit 1. Dezember 2012
geltenden Fassung ist nicht begründet, wenn die Klage gegen einen Anlage-
berater oder Anlagevermittler darauf gestützt wird, er habe dem Anleger die
in einer öffentlichen Kapitalmarktinformation aufgeführten Risiken der Anlage
verschwiegen.
BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - X ARZ 320/13 - OLG Düsseldorf
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die
Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß
beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Mönchengladbach
bestimmt.
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Gründe:
I.
Die Antragstellerin will die Antragsgegnerinnen, die ihren allgemei-
nen Gerichtsstand in unterschiedlichen Gerichtsbezirken haben, gemeinschaft-
lich auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, der ihr durch Beteiligung an
einem Filmfonds entstanden ist.
Nach dem beabsichtigten Klagevortrag erwarben die Antragstellerin und
ihr Ehemann die Beteiligung im Anschluss an ein Gespräch mit einem für die
Antragsgegnerin zu 1 tätigen Anlageberater, das in ihrer Privatwohnung statt-
fand. Die Antragstellerin macht geltend, die Beratung sei fehlerhaft gewesen,
weil der Berater die Anlage als sicher dargestellt und das Risiko des Totalver-
lusts verschwiegen habe. Für die fehlerhafte Beratung habe auch die Antrags-
gegnerin zu 2 als Gründungskommanditistin einzustehen. Diese sei ferner als
Prospektverantwortliche zum Schadensersatz verpflichtet. Der Verkaufspros-
pekt belehre nur unzureichend über die Risiken des Fonds und sei verharmlo-
send.
Alle Verfahrensbeteiligten gehen davon aus, dass die Voraussetzungen
für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
vorliegen. Sie beantragen jeweils, das Landgericht an ihrem Wohnsitz bzw. Sitz
als zuständig zu bestimmen. Die Antragsgegnerin zu 1 schließt sich hilfsweise
dem Begehren der Antragsgegnerin zu 2 an.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf möchte den Antrag auf Bestimmung
eines zuständigen Gerichts zurückweisen, weil es gemäß § 32b Abs. 1 ZPO in
der seit 1. Dezember 2012 geltenden Fassung einen gemeinsamen Gerichts-
stand am Sitz der Antragsgegnerin zu 2 für gegeben hält, an dem auch der
Fonds und die Herausgeberin des Fondsprospekts ihren Sitz haben. Es sieht
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sich daran durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschluss
vom 8. April 2013 - 32 SA 6/13, MDR 2013, 871, 872) gehindert und hat die
Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig.
Die vom vorlegenden Gericht beabsichtigte Entscheidung kann nach dem
von ihm zugrunde gelegten und im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen
rechtlichen Ausgangspunkt nur ergehen, wenn die Zuständigkeit nach § 32b
Abs. 1 ZPO in der seit 1. Dezember 2012 geltenden Fassung auch für eine Kla-
ge zu bejahen ist, die sich nicht (auch) gegen den Emittenten, den Anbieter
oder die Zielgesellschaft richtet, sondern lediglich gegen sonstige Prospektver-
antwortliche, Anlageberater oder -vermittler. Diese Auffassung haben das Ober-
landesgericht Hamm in der vom vorlegenden Gericht zitierten Entscheidung
und mittlerweile auch das Oberlandesgericht München (Beschluss vom 28. Juni
2013 - 34 AR 205/13, juris Rn. 16) abgelehnt.
III.
Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts sind die Voraus-
setzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfüllt. Für die beabsichtigte Klage ist ein
gemeinschaftlicher Gerichtsstand - der sich allenfalls aus § 32b Abs. 1 Nr. 1
und 2 ZPO ergeben könnte - nicht begründet.
1.
Zu Recht ist das vorlegende Gericht allerdings davon ausgegangen,
dass die Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO im Streitfall nicht schon deshalb
zu verneinen ist, weil die Antragsgegnerinnen nicht zu den Emittenten oder An-
bietern der Kapitalanlage gehören. Insoweit genügt vielmehr, dass die Antrags-
gegnerin zu 2 jedenfalls auch als Verantwortliche für die nach dem beabsichtig-
ten Klagevorbringen zumindest irreführenden Angaben in dem Verkaufspros-
pekt in Anspruch genommen wird.
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a)
Zutreffend hat das vorlegende Gericht angenommen, dass die An-
tragsgegnerin zu 2 weder Emittentin noch Anbieterin oder Zielgesellschaft der
in Rede stehenden Vermögensanlage ist.
aa) Emittent eines Wertpapiers ist derjenige, der es begibt (Münch-
KommZPO/Patzina,
4. Auflage,
§ 32b
Rn. 4;
Musielak/Heinrich,
ZPO,
10. Auflage, § 32b Rn. 5; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 32b Rn. 7).
Emittent einer sonstigen Vermögensanlage ist derjenige, der sie erstmals auf
den Markt bringt und für seine Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich
zum Erwerb anbietet (vgl. BT-Drucks. 15/3174, S. 42).
Diese Funktion hat die Antragsgegnerin zu 2 im Streitfall nicht wahrge-
nommen.
bb) Anbieter ist derjenige, der für das öffentliche Angebot von Vermö-
gensanlagen verantwortlich ist und so auch den Anlegern gegenüber auftritt
(BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ARZ 381/06, NJW 2007, 1364
Rn. 11 unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 15/3174, S. 42; Beschluss vom
30. Oktober 2008 - III ZB 92/07, NJW 2009, 513 Rn. 15). Der Anbieter muss
nicht zwingend mit dem Emittenten identisch sein. Insbesondere bei Übernah-
mekonsortien ist als Anbieter anzusehen, wer den Anlegern gegenüber nach
außen erkennbar, beispielsweise in Zeitungsanzeigen, als Anbieter auftritt.
Wenn der Vertrieb über Vertriebsorganisationen, ein Netz von angestellten oder
freien Vermittlern oder Untervertrieb erfolgt, ist derjenige als Anbieter anzuse-
hen, der die Verantwortung für die Koordination der Vertriebsaktivitäten innehat
(vgl. BT-Drucks. 15/4999, S. 29; Erbs/Kohlhaas/Wehowsky, Strafrechtliche Ne-
bengesetze, 193. Ergänzungslieferung, § 2 WpPG Rn. 17; Groß, Kapitalmarkt-
recht, 5. Auflage, § 2 WpPG Rn. 25-28; Müller, Wertpapierprospektgesetz, § 2
Rn. 13).
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Auch diese Funktion kam der Antragsgegnerin zu 2, wie auch das vorle-
gende Gericht zutreffend erkannt hat, im Streitfall nicht zu.
cc) Eine weitergehende Auslegung, etwa dahin, dass als Anbieter alle
diejenigen Personen anzusehen wären, die für falsche, irreführende oder unter-
lassene Angaben in einem Prospekt verantwortlich sind, stünde mit dem Zweck
des § 32b Abs. 1 ZPO nicht in Einklang.
§ 32b Abs. 1 ZPO soll verhindern, dass die Zuständigkeit für die Beurtei-
lung einer bestimmten öffentlichen Kapitalmarktinformation aufgrund verschie-
dener Gerichtsstände zersplittert wird.
Für den Inhalt eines Prospekts, der öffentliche Kapitalmarktinformationen
enthält, kann im Einzelfall eine Vielzahl von Personen verantwortlich sein. Nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben für den Inhalt
des Prospekts insbesondere diejenigen Personen einstehen, die für die Ge-
schicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts ver-
antwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und Gestalter der
Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie be-
herrschen, einschließlich der so genannten "Hintermänner". Darüber hinaus
haften auch diejenigen, die auf Grund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen
Stellung oder auf Grund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen
und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Er-
scheinung getreten sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 -
III ZR 139/12, NJW 2013, 1877 Rn. 11 mwN).
Würden alle diese Personen als Anbieter im Sinne von § 32b Abs. 1 ZPO
angesehen, käme in zahlreichen Fällen eine Vielzahl von Gerichtsständen in
Betracht. Dann könnte eine Zersplitterung der Zuständigkeiten nicht wirksam
verhindert werden.
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b)
Zu Recht hat es das vorlegende Gericht für die Begründung eines
Gerichtsstandes gemäß § 32b Abs. 1 ZPO als ausreichend angesehen, dass
zumindest einer der Beklagten wegen falscher, irreführender oder unterlassener
öffentlicher Kapitalmarktinformation im Sinne von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in
Anspruch genommen wird. Diese Voraussetzung ist im Streitfall hinsichtlich der
Antragsgegnerin zu 2 erfüllt.
Nach dem Wortlaut von § 32b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO in der seit
1. Dezember 2012 geltenden Fassung ist der besondere Gerichtsstand aller-
dings nur begründet, wenn die Klage auch gegen den Emittenten, den Anbieter
oder die Zielgesellschaft gerichtet ist. Aus der Entstehungsgeschichte und aus
dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass diese neu in den
Gesetzestext eingefügte Voraussetzung enger zu interpretieren ist, als dies ihr
Wortlaut vorzugeben scheint.
aa) Mit der Neufassung des § 32b Abs. 1 ZPO sollte der Anwendungsbe-
reich der Vorschrift erweitert werden.
Dabei sollte insbesondere dem Umstand Rechnung getragen werden,
dass die Verwendung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen durch einen
Anlageberater oder -vermittler nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
hofs (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - X ARZ 101/11, NJW-RR 2011, 1137
Rn. 15 mwN) nicht von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO erfasst wird. Deshalb wurde die
Vorschrift um den neu eingefügten Tatbestand in § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO er-
gänzt (vgl. BT-Drucks. 17/8799, S. 16 und 27).
bb) Zugleich wurde in § 32b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO die zusätzliche Vo-
raussetzung aufgenommen, dass sich die Klage auch gegen den Emittenten,
den Anbieter oder die Zielgesellschaft richten muss.
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Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der Sitz
des Beklagten, etwa eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers, in vielen Fäl-
len in örtlicher Nähe zum Kläger befindet, so dass es nicht ohne weiteres an-
gemessen wäre, einen ausschließlichen Gerichtsstand an einem möglicher-
weise weit entfernten Ort zu begründen (BT-Drucks. 17/8799, S. 27).
cc) Entsprechend dieser Zielsetzung ist eine Zuständigkeit nach § 32b
Abs. 1 ZPO zwar zu verneinen, wenn mit der Klage ausschließlich Anlagebera-
ter, Anlagevermittler oder sonstige Personen wegen der in § 32b Abs. 1 Nr. 2
ZPO aufgeführten Handlungen in Anspruch genommen werden. Eine weiterge-
hende Einschränkung dahin, dass die Zuständigkeit auch bei einer Klage we-
gen der in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen nur noch dann zu
bejahen ist, wenn der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft zu den
Beklagten gehören, stünde hingegen in Widerspruch zum Ziel der Neuregelung.
Für die in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Tatbestände war der be-
sondere Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO nach der bis zum 30. November
2012 geltenden Fassung der Vorschrift auch dann begründet, wenn ausschließ-
lich sonstige Prospektverantwortliche in Anspruch genommen wurden. Dass der
Anwendungsbereich der Vorschrift insoweit eingeschränkt werden sollte, er-
scheint trotz des Wortlauts von § 32b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO n.F. ausgeschlos-
sen.
Die Neuregelung dient wie bereits dargelegt dem Zweck, Klagen gegen
Anlageberater und -vermittler in den Anwendungsbereich der Vorschrift einzu-
beziehen, die damit einhergehende Erweiterung des Anwendungsbereichs aber
gewissen Beschränkungen zu unterwerfen. Dass diese Beschränkungen auch
die in der früheren Fassung aufgeführten Tatbestände betreffen sollen - mit
dem Ergebnis, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift in gewisser Hinsicht
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eingeschränkt würde - lässt sich weder den Gesetzesmaterialien noch sonsti-
gen Umständen entnehmen.
Insbesondere kann die Erwägung, dass Anlageberater oder -vermittler ih-
ren Sitz häufig in örtlicher Nähe zum Kläger haben, nicht ohne weiteres auf den
Personenkreis übertragen werden, der typischerweise wegen der in § 32b
Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen in Anspruch genommen wird. Zwar
ist angesichts der Vielzahl der als Prospektverantwortliche in Betracht kom-
menden Personen nicht damit zu rechnen, dass diese ihren Wohnsitz bzw. Sitz
regelmäßig im gleichen Gerichtsbezirk haben wie der Emittent oder Anbieter.
Anders als bei Anlageberatern oder -vermittlern, die typischerweise in persönli-
chen Kontakt zum Anleger treten, kann bei Prospektverantwortlichen aber auch
nicht davon ausgegangen werden, dass sie in vielen Fällen in örtlicher Nähe
zum Kläger ansässig sind.
Vor diesem Hintergrund kann dem Wortlaut von § 32b Abs. 1 Halbsatz 2
ZPO, der auch in dieser Konstellation eine Einbeziehung von Emittent, Anbieter
oder Zielgesellschaft zu fordern scheint, keine ausschlaggebende Bedeutung
beigemessen werden. Zwar hätte es der Gesetzgeber in der Hand gehabt, die
mit der Neuregelung verfolgten Ziele durch eine abweichende Formulierung
klarer zum Ausdruck zu bringen, etwa durch eine Regelung des Inhalts, dass
der besondere Gerichtsstand in den Fällen von § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur
dann begründet ist, wenn die Klage zumindest gegen einen Beklagten auf eine
der in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt ist. Auch wenn
der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ergibt
sich aber aus der Entstehungsgeschichte und der in den Gesetzesmaterialien
dokumentierten Zielsetzung der Neuregelung hinreichend deutlich, dass die
ihrem Wortlaut nach weitergehende Einschränkung in § 32b Abs. 1 Halbsatz 2
ZPO nur in diesem Sinne auszulegen ist.
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2.
Im Streitfall fehlt es dennoch an einem gemeinschaftlichen Gerichts-
stand für beide Antragsgegnerinnen. Für die beabsichtigte Klage gegen die An-
tragsgegnerin zu 1 sind die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 ZPO nicht er-
füllt, weil das Klagebegehren nicht auf die Verwendung einer öffentlichen Kapi-
talmarktinformation gestützt wird.
Nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der seit 1. Dezember 2012 geltenden
Fassung gilt der besondere Gerichtsstand zwar auch für Klagen gegen Anlage-
berater oder -vermittler wegen Verwendung der Kapitalmarktinformation oder
wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass die Information
falsch oder irreführend ist. Auch nach der Neuregelung ist der Anwendungs-
bereich der Vorschrift jedoch nur dann eröffnet, wenn ein Bezug zu einer öffent-
lichen Kapitalmarktinformation besteht (BT-Drucks. 17/8799, S. 16).
Im Streitfall ist die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1
nicht auf einen solchen Anspruch gestützt. Aus dem vorgelegten Entwurf der
Klageschrift ergibt sich nicht, dass der für die Antragsgegnerin zu 1 tätige Anla-
geberater bei dem Gespräch mit der Antragstellerin und deren Ehemann die
von der Antragstellerin als zumindest irreführend angesehenen Prospektanga-
ben verwendet oder eine diesbezügliche Aufklärungspflicht verletzt hat. Die An-
tragstellerin macht vielmehr geltend, der Anlageberater habe ihr das im Pros-
pekt beschriebene Risiko eines Totalverlusts verschwiegen und der Prospekt
sei ihr erst nach Abgabe der Beitrittserklärung übersandt worden. Darin liegt
keine Verwendung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen im Sinne von
§ 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
IV. Als zuständiges Gericht bestimmt der Senat das Landgericht Mön-
chengladbach.
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Im Bezirk dieses Gerichts haben sowohl die Antragstellerin als auch der
für die Antragsgegnerin zu 1 tätig gewordene Anlageberater ihren Sitz. Diesem
Gesichtspunkt kommt im Streitfall ein stärkeres Gewicht zu als der Umstand,
dass hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2 aufgrund der gegen diese zusätzlich
geltend gemachten Prospekthaftungsansprüche der ausschließliche Gerichts-
stand des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründet ist und dort nach dem Vortrag der
Antragsgegnerinnen bereits eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten zu dem in
Rede stehenden Fonds anhängig ist.
Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des beabsichtigten Klagebegehrens auf
dem Vorwurf, der für die Antragsgegnerin zu 1 tätige Anlageberater habe die
Antragstellerin und ihren Ehemann nicht über die im Prospekt dargestellten Ri-
siken aufgeklärt.
Dem ergänzend gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 erhobenen Vorwurf,
auch im Prospekt würden die Risiken nicht umfassend und eher verharmlosend
dargestellt, kommt demgegenüber schon deshalb weniger Gewicht zu, weil die
Antragstellerin nach ihrem Vortrag den Prospekt erst nach Zeichnung der Anla-
ge erhalten hat. Zwar ist ein Prospektfehler auch dann ursächlich für die Anla-
geentscheidung, wenn der Prospekt nicht vor Vertragsschluss übergeben, aber
entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den Anlage-
vermittlern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt
wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. März 2012 - VI ZR 70/10, WM 2012, 646
Rn. 28). Aus dem beabsichtigten Klagevortrag ergibt sich jedoch nicht, dass der
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Anlageberater beim Gespräch mit der Antragstellerin und deren Ehemann un-
zutreffende oder irreführende Prospektangaben verwendet hat. Die Antragstel-
lerin macht vielmehr geltend, der Anlageberater habe nur die im Prospekt auf-
geführten Chancen geschildert und ihr durch die verspätete Übergabe des
Prospekts die Möglichkeit genommen, sich vor Zeichnung über die erheblichen
Risiken zu informieren.
Meier-Beck
Mühlens
Grabinski
Bacher
Deichfuß
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2013 - I-5 SA 51/13 -