Urteil des BGH vom 08.07.2014

BGH: ausgleichszahlung, prozess, tod, vorschlag, straftat, vermittler

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 S t R 2 6 6 / 1 4
vom
8. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2014 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 9. Januar 2014 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfer-
tigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erge-
ben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwen-
digen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat im Ergebnis die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1
StGB ohne Rechtsfehler verneint.
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hatte der Angeklag-
te über seinen später verstorbenen Bruder vor Oktober 2013 dem Vater des
Geschädigten C. eine Ausgleichszahlung von 10.000 Euro angeboten.
Nach dem Tod des Bruders kam es zu keinen weiteren unmittelbaren oder mit-
telbaren Kontakten zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten mehr.
Erst in der Hauptverhandlung erneuerte der Angeklagte das frühere Angebot.
Der Geschädigte nahm dieses jedoch nicht an, behielt sich aber eine spätere
Annahme vor.
Bei dieser Sachlage fehlt es an dem nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs für § 46a Nr. 1 StGB verlangten kommunikativen Pro-
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zess zwischen Täter und Opfer, der auf einen umfassenden friedensstiftenden
Ausgleich der durch die Straftat ve
rursachten Folgen angelegt ist und „Aus-
druck der Übernahme von Verantwortung sein muss“ (BGH, Urteile vom
19. Dezember 2002
– 1 StR 405/02, BGHSt 48, 134, 139 und 141; vom
7. Dezember 2005
– 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276; vom 23. Mai 2013
– 4 StR 109/13 mwN, NStZ-RR 2013, 240 [LS]). Voraussetzung eines solchen
kommunikativen Prozesses ist, dass sich das geschädigte Opfer auf freiwilliger
Basis zu einem Ausgleich mit dem Täter bereit findet und sich darauf einlässt
(BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005
– 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276). Die
vom Täter angebotenen Leistungen müssen vom Tatopfer als friedensstiftender
Ausgleich akzeptiert werden (vgl. nur BGH, Urteile vom 7. Dezember 2005
– 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276; vom 23. Mai 2013 – 4 StR 109/13, NStZ-
RR 2013, 240 [LS]).
An einem derartigen kommunikativen Prozess fehlt es hier. Zwar steht
einem vom Opfer als friedensstiftend akzeptierten Ausgleich weder entgegen,
dass der Angeklagte seine Ausgleichszahlung ursprünglich lediglich über Ver-
mittler auf beiden Seiten unterbreitet hatte (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember
2005
– 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276) noch, dass das Angebot erst in der
Hauptverhandlung (erneut) erfolgte (dazu BGH, Beschluss vom 9. Oktober
2008
– 1 StR 359/08, NStZ-RR 2009, 17, 18). Nach den getroffenen Feststel-
lungen hat sich der Geschädigte C. aber gerade nicht auf einen kommu-
nikativen Prozess mit dem Angeklagten eingelassen und die angebotene Aus-
gleichszahlung auch nicht als friedensstiftende Leistung akzeptiert. Bereits auf
das erste vermittelte Angebot hat der Geschädigte nicht reagiert. Unabhängig
von dem Tod des zuvor als Überbringer des Ausgleichsangebots auftretenden
Bruders des Angeklagten ist keinerlei Eingehen des Geschädigten C. auf
den Vorschlag
– auch nicht über seinen Vater als Empfänger des Angebots –
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festgestellt. In der Hauptverhandlung hat C. die Zahlung ebenfalls nicht
als friedensstiftend akzeptiert. Der Vorbehalt dies zukünftig möglicherweise
noch tun zu wollen, ändert daran nichts.
Rothfuß Graf Jäger
Radtke Mosbacher