Urteil des BGH vom 06.02.2007

BGH (stgb, brandstiftung, stpo, erpressung, schuldspruch, strafkammer, freiheitsstrafe, absicht, beginn, schwere)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 476/06
vom
6. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 6. Februar 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Hagen vom 3. April 2006 dahin geändert,
dass der Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tat-
einheit mit gefährlicher Körperverletzung, schwerer räu-
berischer Erpressung und Brandstiftung zu einer Frei-
heitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verur-
teilt wird.
2.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird ver-
worfen.
3.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-
gen.
Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 6. Juli 2004 we-
gen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperver-
letzung und wegen Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
verurteilt. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft hob
der Senat mit Urteil vom 17. März 2005 - 4 StR 581/04 - dieses Urteil mit den
Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entschei-
dung an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landge-
richts zurück. Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und
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wegen versuchten (Verdeckungs-) Mordes in Tateinheit mit besonders schwe-
rer Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner
Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat nur den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teil-
erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Wie die Revision zu Recht rügt, lagen die tatbestandlichen Vorausset-
zungen des § 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB bei der Tat nicht vor, weil sich in dem
"Kaufpark" zu der Zeit, zu der der Angeklagte das Feuer legte - nach Ge-
schäftsschluss und dem "Scharfmachen" der Alarmanlage (UA 14) -, Menschen
nicht mehr aufzuhalten pflegten (vgl. hierzu BGHSt 10, 208, 214; 36, 221,
222 f.; Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 306 a Rdn. 8). Der Ange-
klagte hat sich daher durch die Brandlegung in dem Warenlager nicht wegen
besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306 b Abs. 2, 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB),
sondern nur wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB) strafbar gemacht.
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2. Da der Angeklagte von Beginn des Tatgeschehens an bis zu der
Brandlegung in räuberischer Absicht handelte und die schwere räuberische Er-
pressung beim Legen des Feuers noch nicht beendet war (UA 21), besteht zwi-
schen allen vom Angeklagten verwirklichten Straftatbeständen Tateinheit (vgl.
BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 5, 8, 13, 21, 22; BGH, Beschluss
vom 14. Januar 2004 – 2 StR 445/03).
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3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO
steht dem nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänder-
ten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher verteidigen können.
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4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zwar zum Wegfall der beiden
Einzelstrafen (drei Jahre und sechs Monate sowie fünf Jahre und drei Monate
Freiheitsstrafe); sie berührt jedoch den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nur
unwesentlich. Auf der Grundlage der Strafzumessungserwägungen des Land-
gerichts kann davon ausgegangen werden, dass die Strafkammer - unter
Zugrundelegung des nach den §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Straf-
rahmens des § 211 StGB - keine geringere Einzelstrafe als die verhängte Ge-
samtfreiheitsstrafe ausgesprochen hätte, wenn sie dem angefochtenen Urteil
den geänderten Schuldspruch zu Grunde gelegt hätte. Der Senat erachtet im
Übrigen die bisherige Gesamtfreiheitsstrafe als schuldangemessen im Sinne
des § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO; er lässt sie daher als Einzelstrafe bestehen
(vgl. BGH NStZ 1996, 383, 384; 2003, 371, 372).
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5. Der nur geringe Teilerfolg der Revision gibt keinen Anlass, den Ange-
klagten teilweise von den Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens freizu-
stellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
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Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann