Urteil des BGH vom 16.04.2014

BGH: wohnung, bier, vergewaltigung, unterbringung, blutalkoholkonzentration, wohngemeinschaft, schuldfähigkeit, staatsanwalt, überprüfung, trennung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 5 3 0 / 1 3
vom
16. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. April
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
Richterin am Landgericht in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
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1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-
richts Limburg vom 1. August 2013 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
seine notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es abge-
sehen. Seine Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts lebte der Angeklagte, der
regelmäßig nach Feierabend 4 bis 6 Flaschen Bier und am Wochenende zu-
sätzlich 3 Liter Sangria trank, mit der Zeugin G. in einer Wohngemein-
schaft, in der jeder von ihnen eines von drei Zimmern bewohnte. Zwischen
ihnen bestand zumindest seit Mitte des Jahres 2011 eine intime Beziehung, in
deren weiteren Verlauf es auch des Öfteren zu Streitigkeiten und sogar zu kör-
perlichen Übergriffen kam.
Im März 2013 ging die Zeugin ein neues Verhältnis zu einem anderen
Mann ein. Dies teilte sie dem Angeklagten am 12. April 2013 mit und beendete
die Beziehung zu ihm. Der Angeklagte wollte dies nicht akzeptieren. Er erwarb
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am 19. April 2013 Geschenke für die Zeugin und erwartete sie in der Wohnung.
Während dieser Zeit trank er Bier und auch Sangria. Die Zeugin traf sich zur
gleichen Zeit mit ihrem neuen Freund und kam erst gegen Abend nach Hause.
Dort empfing sie der Angeklagte mit den Worten, dass er sie noch liebe. Die
Zeugin erwiderte, sie würde ihn aber nicht mehr lieben und wolle jetzt mit ihrem
neuen Freund zusammen sein. Der Angeklagte trank weiter Alkohol und legte
sich schlafen, während die Zeugin die Wohnung noch einmal verließ. Als sie
zurückkehrte, wachte der Angeklagte auf, ging in ihr Zimmer hinüber und erklär-
te ihr, dass er nun Sex wolle. Die Zeugin G. lehnte das zweimal ab,
woraufhin sich der Angeklagte entschloss, den Geschlechtsverkehr mit Gewalt
zu erzwingen. Er legte sich auf sie, hielt sie mit einer Hand fest und entkleidete
sie mit der anderen Hand. Er zog auch seine Hose herunter und drang mit sei-
nem erigierten Glied vaginal in die sich weiter wehrende Zeugin ein. Schließlich
teilte er ihr mit, er sei gleich fertig. Ob der Angeklagte zum Samenerguss ge-
kommen ist, ließ sich in der Hauptverhandlung nicht klären.
Der Angeklagte und die Zeugin G. , die versucht, ihm aus dem
Weg zu gehen, wohnen unverändert in der Wohngemeinschaft. Über die Tat
sprechen sie nicht.
Anhand der Trinkmengenangaben des Angeklagten wies er zur Tatzeit
eine Blutalkoholkonzentration von maximal 3,18 Promille und mindestens
1,38 Promille auf. Gleichwohl hat die Kammer - sachverständig beraten - die
Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB nicht ange-
nommen.
II. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs hat Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Dies gilt auch, soweit die Straf-
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kammer von der Anwendung des § 21 StGB abgesehen hat. Im Hinblick auf die
aufgezählten psychodiagnostischen Beurteilungskriterien lässt diese Entschei-
dung der Kammer trotz der im Raum stehenden hohen Blutalkoholkonzentration
des Angeklagten zur Tatzeit keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Auch die knappen Erwägungen, mit denen das Landgericht von der
Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abgesehen
hat, begegnen im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Dabei kann dahinste-
hen, ob der Angeklagte - wie der Generalbundesanwalt meint - einen Hang hat,
alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen. Jedenfalls ist das
Landgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Tat nicht auf dem
Alkoholkonsum des Angeklagten beruht, dieser lediglich tatkonstellativ gewesen
sei. Bei dem Übergriff des Angeklagten handelte es sich ersichtlich um eine
Konflikttat, bei der ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Hang und Anlass-
tat regelmäßig wenig nahe liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2014
- 4 StR 572/13). Die Tat ist aber nach den nachvollziehbaren landgerichtlichen
Feststellungen aus der besonderen Beziehung zwischen dem Angeklagten und
der Zeugin G. und aus der mit der Trennung verbundenen emotionalen
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Belastungssituation heraus entstanden, was sich auch daran ablesen lässt,
dass es nach der Beendigung der Beziehung zu weiteren Übergriffen des An-
geklagten auf die noch in derselben Wohnung lebende Zeugin nicht gekommen
ist.
Fischer Schmitt Krehl
Eschelbach Zeng