Urteil des BGH vom 05.11.2009

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 324/09
vom
5. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 5. November 2009
gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landge-
richts Wiesbaden vom 27. November 2008 wird auf Kosten der
Staatskasse als unzulässig verworfen.
Gründe:
1. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 27. November
2008 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, Nötigung, Körperverletzung und
Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses
Urteil hat die Staatsanwaltschaft am 2. Dezember 2008 "das Rechtsmittel der
Revision" mit folgender Formulierung eingelegt:
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"Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts. Eine weitere Begrün-
dung erfolgt nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe. Es wird bean-
tragt werden, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer
des Landgerichts Wiesbaden zurückzuverweisen."
Das Urteil wurde der Staatsanwaltschaft am 12. März 2009 zugestellt. In
ihrer am 17. Juni 2009 beim Landgericht eingegangenen Revisionsbegrün-
dungsschrift führte die Staatsanwaltschaft aus, dass es sich um eine Revision
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zugunsten des Angeklagten handele, die sich gegen seine Verurteilung wegen
Vergewaltigung in zwei Fällen, Nötigung und Bedrohung richte.
2. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen. Denn innerhalb der Frist
zur Begründung des Rechtsmittels ist ein den Anforderungen des § 344 Abs. 1
StPO genügender Revisionsantrag nicht gestellt worden. Nach § 344 Abs. 1
StPO hat der Beschwerdeführer binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur
Einlegung des Rechtsmittels (§ 345 Abs. 1 StPO) anzugeben, inwieweit er das
Urteil anficht und dessen Aufhebung beantragt. Dies kann auch bereits in der
Revisionseinlegungsschrift (§ 341 Abs. 1 StPO) mit der Erhebung der allgemei-
nen Sachrüge geschehen. Das setzt allerdings voraus, dass die Rüge der Ver-
letzung materiellen Rechts angesichts der Umstände des Einzelfalles geeignet
ist, den Umfang der Anfechtung zweifelsfrei festzulegen. Besondere Bedeutung
erlangt diese Einschränkung, wenn das Urteil mehrere Angeklagte und/oder
mehrere Taten betrifft. Richtet sich die Revision gegen ein Urteil mit mehreren
selbständigen Tatvorwürfen, bleibt der Umfang des Revisionsangriffs unklar,
wenn ohne konkretisierende Zusätze lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben
wird (vgl. BGH NJW 2003, 839). Dies gilt erst recht, wenn es sich im Falle teil-
weiser Verurteilung und teilweisen Freispruchs um eine Revision der Staatsan-
waltschaft handelt, die sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Angeklagten
eingelegt sein kann.
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So verhält es sich hier. Das Landgericht hat den Angeklagten unter Frei-
sprechung im Übrigen wegen mehrerer selbständiger Taten verurteilt. In der
Revisionseinlegungsschrift vom 2. Dezember 2008 wird seitens der Staatsan-
waltschaft ein Antrag lediglich angekündigt ("Es wird beantragt werden …"). Die
Erhebung der allgemeinen Sachrüge vermag, worauf der Generalbundesanwalt
mit Recht hinweist, das Fehlen eines ausdrücklichen und ordnungsgemäßen
Antrages nicht zu ersetzen. Denn dies lässt offen, ob sich die Revision zu Las-
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ten des Angeklagten gegen die Freisprüche wendet oder - falls sie zugunsten
des Angeklagten eingelegt sein sollte -, welcher Teil der Verurteilung angefoch-
ten sein soll.
Zwar enthält die Revisionsbegründung vom 17. Juni 2009 die notwendi-
gen Angaben und den entsprechenden Aufhebungsantrag; da das Urteil der
Staatsanwaltschaft jedoch bereits am 12. März 2009 durch Übersendung der
Akten zugestellt worden war, ist dieser erst nach Ablauf der Monatsfrist des
§ 345 Abs. 1 StPO zur Begründung der Revision gestellt worden. Der darin ent-
haltene, hinreichend konkrete Antrag war somit verspätet.
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Rissing-van
Saan
Fischer
Roggenbuck
Cierniak Schmitt