Urteil des BGH vom 19.12.2013
BGH: hauptsache, entlassung, emrk, ermessen, vollziehung, anhörung, abschiebungshaft, freiheitsentziehung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 145/13
vom
19. Dezember 2013
in der Abschiebungshaftsache
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2013 durch die
Vorsitzende
Richterin
Dr. Stresemann,
die
Richter
Dr. Lemke
und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
beschlossen:
Gerichtskosten  werden  in  allen  Instanzen  nicht  erhoben.  Die  zur
zweckentsprechenden  Rechtsverfolgung  notwendigen  Auslagen
des  Betroffenen  in  allen  Instanzen  werden  der  Bundesrepublik
Deutschland auferlegt.
Der  Gegenstandswert  des  Rechtsbeschwerdeverfahrens  beträgt
3.000
€.
Gründe:
I.
Der  Betroffene,  ein  pakistanischer  Staatsangehöriger,  reiste  am
28. August 2013 von Österreich ohne Ausweisdokumente und Aufenthaltstitel in
die Bundesrepublik Deutschland ein. Am nächsten Tag wurde er von Beamten
der  beteiligten  Behörde festgenommen.  Diese  beantragte  am  29. August  2013
bei dem Amtsgericht schriftlich die vorläufige Freiheitsentziehung im Wege der
einstweiligen Anordnung für die Zeit vom 30. August 2013 bis zum 11. Oktober
2013. In dem Termin zur Anhörung des Betroffenen vor dem Amtsgericht stellte
die beteiligte Behörde diesen Antrag mit der Maßgabe, dass keine einstweilige
Anordnung, sondern die Anordnung von Abschiebungshaft beantragt wird.
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Mit Beschluss vom 30. August 2013 hat das Amtsgericht gegen den Be-
troffenen  mit  sofortiger  Wirkung  Haft  zur  Sicherung  der  Zurückschiebung  bis
zum  11. Oktober  2013  angeordnet.  Die  dagegen  gerichtete  Beschwerde  und
den  Antrag  des  Betroffenen,  festzustellen,  dass  er  durch  den  Beschluss  des
Amtsgerichts  in  seinen  Rechten  verletzt  worden  sei,  hat  das  Landgericht  zu-
rückgewiesen.  Dagegen  richtet  sich  eine  Rechtsbeschwerde  des  Betroffenen,
über  die  am  heutigen  Tag  ebenfalls  entschieden  worden  ist.  In  dem  dortigen
Verfahren (V ZB 139/13) hat der Senat mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 die
Vollziehung der Haft einstweilen ausgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 13. September 2013 hat der Betroffene überdies be-
antragt,  die  Haftanordnung  aufzuheben.  Diesen  Antrag  hat  das  Amtsgericht
zurückgewiesen.  Die  dagegen  gerichtete  Beschwerde  ist  erfolglos  geblieben.
Gegen  den  Beschluss  des  Landgerichts  vom  19. September  2013  richtet  sich
die  Rechtsbeschwerde,  die  Gegenstand  des  vorliegenden  Verfahrens  ist.  Die-
ses hat der Betroffene mit Schriftsatz vom 8. November 2013 für erledigt erklärt,
weil das verfolgte Rechtsschutzziel - Feststellung, dass die Zurückweisung des
Haftaufhebungsantrags durch das Amtsgericht und die Zurückweisung der Be-
schwerde durch das Landgericht ihn in seinen Rechten verletzt haben - nicht in
beiden Rechtsbeschwerdeverfahren nebeneinander verfolgt werden könne.
II.
1.  Die  auch  in  einem  Haftaufhebungsverfahren  (§ 426  Abs. 2  Satz 1
FamFG) gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthafte (Senat, Be-
schluss  vom  28. April  2011  - V ZB  292/10,  juris  Rn. 7 ff.  - insoweit  nicht  in
FGPrax 2011,  200  abgedruckt)  und  auch  im  Übrigen  zulässige  (§ 71  FamFG)
Rechtsbeschwerde  ist  in  der  Hauptsache  mit  der  Entlassung  des  Betroffenen
aus der Haft und mit dem Ablauf der angeordneten Haftdauer erledigt. Der Be-
troffene kann deshalb nur noch die Feststellung verlangen, durch die angefoch-
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tenen  Beschlüsse  des  Amtsgerichts  und  des  Landgerichts  in  seinen  Rechten
verletzt  worden  zu  sein  (vgl.  Senat,  Beschluss  vom  25. Februar  2010  - V ZB
172/09, FGPrax 2010, 150, 151). Dasselbe Rechtsschutzziel verfolgt er in dem
Verfahren V ZB 139/13. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG in Verbindung mit § 13
GVG, § 2 EGGVG darf er jedoch nicht beide Verfahren nebeneinander mit die-
sem Ziel betreiben (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, ju-
ris Rn. 11). Deshalb ist die in dem vorliegenden Verfahren erhobene Rechtsbe-
schwerde gegenstandslos geworden. Sie kann jedoch auf den Kostenpunkt be-
schränkt  werden;  das  ist  hier  durch  die  Erledigungserklärung  des  Betroffenen
geschehen  (vgl.  Senat,  Beschluss  vom  7. April  2011  - V ZB  11/10,  FGPrax
2011, 163 Rn. 4).
2. Die Kostenentscheidung ist gemäß § 83 Abs. 2 in Verbindung mit § 81
Abs. 1  Satz 1,  § 430  FamFG,  § 128c  Abs.  3  Satz 2  KostO,  Art. 5  EMRK  nach
billigem  Ermessen  zu  treffen  (vgl.  Senat,  Beschluss  vom  7. April  2011  - V ZB
11/10, aaO Rn. 9). Eine Entscheidung über die Kosten zugunsten des Rechts-
beschwerdeführers  hat  danach  zu  ergehen,  wenn  sein  Rechtsmittel  ohne  die
Erledigung  der  Hauptsache  begründet  gewesen  wäre  (vgl.  Senat,  Beschluss
vom  10.  Februar  1983  - V ZB  18/82,  BGHZ 86,  393,  396).  So  verhält  es  sich
hier,  weil  auf  die  Rechtsbeschwerde  des  Betroffenen  festzustellen  gewesen
wäre, dass die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags und die Zurückwei-
sung  der  dagegen  gerichteten  Beschwerde  ihn  in  seinen  Rechten  verletzt  ha-
ben. Zur Begründung wird auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tag
in der Sache V ZB 139/13 verwiesen.
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III.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 128c Abs. 3 Satz 2,
§ 30 Abs. 2 KostO.
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 16.09.2013 - 43 XIV 318 B -
LG Kiel, Entscheidung vom 19.09.2013 - 3 T 227/13 -
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