Urteil des BGH vom 22.11.2000

BGH (essen, gerichtliche zuständigkeit, stpo, strafe, sache, freiheitsstrafe, annahme, anhörung, prüfung, gewicht)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 284/00
2 AR 183/00
vom
22. November 2000
in der Bewährungssache
gegen
Az.: 121 Ds 60 Js 1749/98 Bew. Amtsgericht Düsseldorf
Az.: 20 AR 17/00 Amtsgericht Hattingen
Az.: 56 AR 5/00 Amtsgericht Essen
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts am 22. November 2000 gemäß § 14 StPO beschlossen:
Für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Entscheidun-
gen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, ist
das Amtsgericht Essen zuständig.
Gründe:
1. Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Angeklagten am 8. September
1998 zu der Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Bewährung verurteilt. Am
7. Januar 2000 hat es die Bewährungsaufsicht an das Amtsgericht Essen
übertragen, weil der Verurteilte nach dort verzogen war.
Bereits am 16. Mai 1997 hatte das Amtsgericht Hattingen den Ange-
klagten zu der Freiheitsstrafe von vier Monaten mit Bewährung verurteilt.
Im Hinblick auf die Verurteilung durch das Amtsgericht Hattingen ver-
weigerte das Amtsgericht Essen am 5. und 19. April 2000 gegenüber dem
Amtsgericht Düsseldorf die Übernahme der Bewährungsaufsicht, da die Zu-
ständigkeit hierfür wegen der in Hattingen verhängten höheren Strafe dort kon-
zentriert sei (§ 462 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Auch das Amtsgericht
Hattingen verweigerte die Übernahme der Bewährungsaufsicht, da es am
30. Mai 2000 die Bewährungsaufsicht in der eigenen Sache an das Amtsge-
richt Essen übertragen hatte. Am 18. August 2000 wandte sich das Amtsgericht
Düsseldorf erneut an das Amtsgericht Hattingen mit der Anregung, sich mit
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dem Amtsgericht Essen über die Zuständigkeit für die Bewährungsaufsicht zu
einigen. Das Amtsgericht Hattingen hat nunmehr die Sache zur Bestimmung
des zuständigen Gerichts dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
2. Zuständig für die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen Ent-
scheidungen gemäß § 453 StPO ist das Amtsgericht Essen.
Auf Grund des Konzentrationsprinzips wurde das Amtsgericht Hattingen
als "Stammgericht" auch für die Bewährungsaufsicht für die vom Amtsgericht
Düsseldorf bewilligte Strafaussetzung zuständig, weil es die höhere Strafe ver-
hängt hat (§ 462 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 StPO). Das Amtsgericht Hattin-
gen hat jedoch für die von ihm selbst bewilligte Strafaussetzung die Bewäh-
rungsaufsicht am 30. Mai an das Amtsgericht Essen als Wohnsitzgericht des
Verurteilten übertragen (§ 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies hat zur Folge, daß
dem Amtsgericht Essen auch die Bewährungsaufsicht und die nachträglichen
Entscheidungen obliegen, die sich auf die vom Amtsgericht Düsseldorf bewil-
ligte Strafaussetzung beziehen. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob diese
Zuständigkeitskonzentration beim Wohnsitzgericht - wie der Senat unter Be-
zugnahme auf Anträge des Generalbundesanwalts wiederholt entschieden hat
- ohne weiteres von Gesetzes wegen eintritt (vgl. BGH NStZ 1994, 97; Beschl.
v. 17. April 1996 - 2 ARs 80/96; NStZ-RR 2000, 83). Es mag durchaus Gründe
von Gewicht für die Annahme geben, daß auch in den weiteren Verfahren der
Zuständigkeitswechsel vom "Stammgericht", das die höchste Strafe verhängt
hat, zum Wohnsitzgericht eine gesonderte Übertragungsentscheidung des
"Stammgerichts" erfordert. Dies bedarf hier jedoch keiner weiteren Erörterung,
denn das Amtsgericht Hattingen hat durch seine wiederholte Weigerung hinrei-
chend deutlich gemacht, daß es die Bewährungsaufsicht auch für die vom
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Amtsgericht Düsseldorf verhängte Strafe nicht selbst übernehmen, sondern
dem Wohnsitzgericht in Essen überlassen wollte.
3. Es besteht kein Anlaß, die Entscheidung des Zuständigkeitsstreits zu-
rückzustellen. Der Generalbundesanwalt hat zwar zu Recht darauf hingewie-
sen, daß dem Amtsgericht Essen die Bewährungssache des Amtsgerichts Düs-
seldorf zuletzt vorlag, als das Amtsgericht Hattingen die Bewährungsaufsicht in
seiner Sache noch nicht nach Essen übertragen hatte, so daß dieses Gericht
damals seine Zuständigkeit zu Recht verneint hat. Um die gerichtliche Zustän-
digkeit nunmehr mit der gebotenen Beschleunigung zu klären, ist es aber nicht
angebracht, die Sache nochmals dem Amtsgericht Essen zur Prüfung zuzulei-
ten, ob es nunmehr bereit sei, die Bewährungsaufsicht zu übernehmen. Der
Senat hat daher unmittelbar die Zuständigkeit des Amtsgerichts Essen festge-
stellt.
Jähnke Bode Rothfuß
Fischer Elf