Urteil des BGH vom 01.02.2000

Kupfer-Nickel-Legierung Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZB 27/98
vom
1. Februar 2000
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Patent 34 17 273
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
Kupfer-Nickel-Legierung
PatG 1981 § 100 Abs. 3
a) Zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör genügt es, wenn das
Gericht im schriftlichen Verfahren eine angemessene Zeit auf eine mögliche
Stellungnahme einer Partei wartet. Eine Fristsetzung ist zweckmäßig, aber
nicht nötig.
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b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nicht dadurch verletzt, daß das
Gericht nach Zurücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung (§ 78
PatG) kurzfristig und ohne besondere Ankündigung im schriftlichen Verfah-
ren entscheidet, sofern der Gegenseite ausreichend Gelegenheit verbleibt,
ihrerseits mündliche Verhandlung oder Einräumung einer Äußerungsfrist zu
beantragen.
BGH, Beschluß vom 1. Februar 2000 - X ZB 27/98 - Bundespatentgericht
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die
Richterin Mühlens
am 1. Februar 2000
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 13. Senats
(Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom
4. September 1998 wird auf Kosten der Patentinhaberin zurückge-
wiesen.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf
100.000,-- DM festgesetzt.
Gründe:
I. Der Rechtsbeschwerdeführerin, ein in der Republik Korea ansässiges
Unternehmen, ist auf die Anmeldung vom 10. Mai 1984 das deutsche Patent
34 17 273 erteilt worden, das eine Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch lei-
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tendes Material für integrierte Schaltkreise betrifft und sechs Ansprüche um-
faßt. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
”Kupfer-Nickel-Legierung für elektrisch leitendes Material für inte-
grierte Schaltkreise,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daß sie aus
0,05 bis 3,0 Gewichts-% Nickel,
0,01 bis 1,0 Gewichts-% Silizium,
0,01 bis 0,04 Gewichts-% Phosphor und
Kupfer als Rest besteht.”
Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 be-
treffen Ausgestaltungen der Legierung. Patentansprüche 5 und 6 beinhalten
Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Patentansprüche 1
bis 4.
Die Einsprechende hat Einspruch gegen die Erteilung des Streitpatents
erhoben. Mit Beschluß vom 26. Januar 1998 hat das Deutsche Patentamt das
Streitpatent in vollem Umfang aufrechterhalten. Dagegen hat die Einsprechen-
de mit einem beim Deutschen Patentamt am 13. Februar 1998 eingegangenen
Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Anberaumung einer mündlichen Ver-
handlung beantragt. Die Beschwerdebegründung ist den Inlandsvertretern der
Patentinhaberin am 15. Juni 1998 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom
12. August 1998 hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Anberaumung
einer mündlichen Verhandlung dahin ”modifiziert”, daß dieser nur hilfsweise
beantragt werde. Dieser Schriftsatz ist den Inlandsvertretern der Patentinhabe-
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rin am 19. August 1998 zugestellt worden. Mit Beschluß vom 4. September
1998 hat das Bundespatentgericht den angefochtenen Beschluß aufgehoben
und das Streitpatent widerrufen. Hiergegen richtet sich die - nicht zugelasse-
ne - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. a) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin sei in ihrem pro-
zessualen Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Zeitspanne
zwischen Zustellung der Beschwerdebegründung und Erlaß des angegriffenen
Beschlusses durch das Bundespatentgericht von ca. 12 Wochen sei ange-
sichts der Tatsache, daß mit der Beschwerdebegründung zwei Entgegenhal-
tungen neu in das Verfahren eingeführt worden seien, von denen eine erst
noch habe besorgt werden müssen, weil sie der Beschwerdebegründung nicht
beigefügt gewesen sei, und unter Berücksichtigung des Umstands, daß die
Patentinhaberin in Korea ansässig sei und der Schriftverkehr mit den koreani-
schen Patentanwälten der Patentinhaberin fremdsprachlich habe geführt wer-
den müssen, objektiv zu knapp bemessen gewesen. Zudem sei es ihr, nach-
dem die Inlandsvertreter der Patentinhaberin am 19. August 1998 erfahren
hätten, daß die Einsprechende auf eine mündliche Verhandlung verzichtet ha-
be, aufgrund der Kommunikationsverhältnisse nicht mehr möglich gewesen, bis
zum Beschluß des Bundespatentgerichts vom 4. September 1998 eine Be-
schwerdeerwiderung zur Akte zu reichen. Sie habe darauf vertrauen dürfen,
daß ihr nachdem die Einsprechende auf die mündliche Verhandlung verzichtet
habe, eine Frist gesetzt werde, binnen derer sie eine Beschwerdeerwiderung
vorzulegen habe.
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b) Die Rechtsbeschwerde macht die Verletzung rechtlichen Gehörs oh-
ne Erfolg geltend. Zwar eröffnet § 100 Abs. 3 Nr. 3 Patentgesetz (PatG), der
durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Ge-
setze vom 16. Juli 1998 (2. PatÄndG) in das PatG eingefügt worden ist, die
zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nunmehr auch bei einer Versagung des
rechtlichen Gehörs. Die Vorschrift ist auf den zu entscheidenden Fall auch
zeitlich anwendbar (Sen.Beschl. v. 19.5.1999 - X ZB 13/98, GRUR 1999, 919
- Zugriffsinformation). Eine Verletzung der Vorschrift liegt jedoch nicht vor, weil
das Beschwerdegericht der Patentinhaberin rechtliches Gehör gewährt hat.
aa) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Beschwerde-
gericht nicht gehalten, der Patentinhaberin eine Frist zur Erwiderung auf die
Beschwerdebegründung zu setzen oder dieser den beabsichtigten Termin zur
Beschlußfassung im schriftlichen Verfahren mitzuteilen. Denn das Gebot zur
Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Beschwerdegericht lediglich,
allen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem Vorbringen des
Gegners äußern zu können, vgl. § 93 Abs. 2 PatG. Dem kann das Beschwer-
degericht in patentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen keine mündliche
Verhandlung nach § 78 PatG stattfindet, dadurch nachkommen, daß es die Be-
schwerdebegründung dem Gegner zuleitet und eine angemessene Zeit ab-
wartet, bevor es in der Sache entscheidet. Der Gegner kann dann innerhalb
der ihm eingeräumten Zeit Stellung nehmen. Unter diesen Voraussetzungen
zusätzlich eine Äußerungsfrist zu setzen oder den beabsichtigten Termin zur
Beschlußfassung mitzuteilen, kann zwar im Einzelfall zweckmäßig und sinnvoll
sein. Dessen bedarf es jedoch grundsätzlich nicht, um das Recht des Gegners
auf rechtliches Gehör zu wahren.
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Eine solche Verfahrensgestaltung ist nicht nur im markenrechtlichen Be-
schwerdeverfahren anerkannt (BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96, GRUR
1997, 223 f. - Ceco), sondern beachtet auch die - im patent- wie im marken-
rechtlichen Beschwerdeverfahren - entsprechend anwendbaren allgemeinen
Grundsätze der Zivilprozeßordnung, § 99 Abs. 1 PatG, § 82 Abs. 1 MarkenG
(vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 57. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 5;
MünchKomm-Braun, ZPO, 1992, § 573 ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, ZPO,
21. Aufl., § 573 ZPO, Rdn. 10). Sie steht in Einklang mit dem verfassungs-
rechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Denn auch
daraus ergibt sich keine Pflicht des Gerichts, den Verfahrensbeteiligten eine
Frist zur Stellungnahme zu setzen. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird
vielmehr bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß das Gericht erst
nach einer angemessenen Frist, innerhalb der für den Verfahrensbeteiligten
Gelegenheit zur Äußerung in der Sache besteht, entscheidet (BVerfGE 8, 89,
91; 17, 191, 193; 18, 399, 406; 49, 212, 215; 60, 313, 317; BVerfG ZIP 1986,
1336, 1337; BVerfG, Beschl. v. 7.4.1989 - 2 BvR 395/89 u. Beschl. v.
23.10.1992 - 1 BvR 1232/92, beide in Juris dokumentiert).
Eine Pflicht zur Festsetzung einer Äußerungsfrist ergab sich hier für das
Beschwerdegericht auch nicht im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin
mit Einlegung ihrer Beschwerde zunächst die Anberaumung einer mündlichen
Verhandlung beantragt hatte. Wäre es dabei geblieben, hätte das Beschwer-
degericht diesem Antrag zwar nach § 78 Nr. 1 PatG nachkommen und einen
Termin zur mündlichen Verhandlung festsetzen sowie die Beteiligten laden
müssen. Diese Verpflichtung ist jedoch dadurch entfallen, daß die Beschwer-
deführerin ihren zunächst unbedingt gestellten Antrag später in einen Hilfsan-
trag abgeändert und das Beschwerdegericht das Streitpatent entsprechend
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dem Sachantrag der Beschwerdeführerin widerrufen hat. Ein solcher Hilfsan-
trag ist zulässig (Benkard/Rogge, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz,
9. Aufl., § 78 PatG, Rdn. 5). Nach der Abänderung des Antrags auf Anberau-
mung einer mündlichen Verhandlung konnte das Beschwerdegericht deshalb
über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn es eine
solche nicht für sachdienlich erachtete, § 78 Nr. 3 PatG. Damit genügte es zur
Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, daß dem Gegner hinreichend
Zeit zur Stellungnahme auf die Beschwerdebegründung eingeräumt wurde.
bb) Die Zeit zwischen dem Zugang der Beschwerdebegründung bei der
Patentinhaberin am 15. Juni 1998 und der Beschlußfassung durch das Be-
schwerdegericht am 4. September 1998 - mithin mehr als elf Wochen - war
ausreichend bemessen, um der Patentinhaberin Gelegenheit zu geben, zum
Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung zu nehmen. Das Mindestmaß der
von dem Gericht einzuhaltenden Anhörungsfrist richtet sich nach den Umstän-
den des Einzelfalles (vgl. etwa: BVerfGE 60, 317, 318) und damit in pa-
tentrechtlichen Beschwerdeverfahren, in denen – wie hier - der Einsprechende
zugleich Beschwerdeführer ist, insbesondere auch nach der Anzahl und dem
Umfang der mit der Beschwerdebegründung neu in das Verfahren eingeführten
Entgegenhaltungen.
Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, daß mit der Beschwer-
debegründung zwei neue Entgegenhaltungen, und zwar die US-PS 1 658 186
und die Literaturstelle Dies, Kupfer und Kupferlegierungen in der Technik,
Springer-Verlag 1967, in das Verfahren eingeführt worden seien. Zudem sei
der Beschwerdebegründung lediglich die Literaturstelle beigefügt gewesen,
weshalb die US-Patentschrift vor der Bearbeitung noch habe beschafft werden
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müssen. Außerdem weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß der Schrift-
verkehr zwischen den koreanischen Patentanwälten der in Korea ansässigen
Patentinhaberin und ihren Inlandsvertretern habe fremdsprachlich geführt wer-
den müssen. Alle diese Umstände rechtfertigen es jedoch nicht, den vom Be-
schwerdegericht vom Zugang der Beschwerdebegründung bei dem Inlands-
vertreter der Patentinhaberin bis zur Beschlußfassung abgewarteten Zeitraum
von mehr als elf Wochen als unangemessen anzusehen.
Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, die Patentinhaberin habe,
nachdem die Einsprechende zunächst Anberaumung eines Termins zur münd-
lichen Verhandlung beantragt habe, nicht annehmen müssen, daß bei der Er-
stellung und Einreichung einer Beschwerdeerwiderung Eile geboten gewesen
sei, weil derartige Verfahren erfahrungsgemäß ca. zwei Jahre dauerten. Denn
dies schließt es nicht aus, daß Termin zur mündlichen Verhandlung im Einzel-
fall auch kurzfristiger anberaumt wird. Zudem mußte die Patentinhaberin damit
rechnen, daß - wie hier geschehen - die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf
Anberaumung einer mündlichen Verhandlung abändern und sich - zumindest
bedingt für den Fall, daß ihr Sachantrag Erfolg haben würde - mit einer Ent-
scheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklären würde. Es be-
stand für die Patentinhaberin daher kein Grund, die Beschwerdeerwiderung
weniger zügig zu bearbeiten und einzureichen als dies in Beschwerdeverfahren
geboten ist, in denen kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Ver-
handlung gestellt worden ist.
Sollten bei der Patentinhaberin Unsicherheiten über die für eine Äuße-
rung zur Verfügung stehende Zeit bestanden haben, hätte diese - vor oder
nach der Änderung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Anberaumung
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einer mündlichen Verhandlung - die Möglichkeit gehabt, dem Beschwerdege-
richt einen Zeitpunkt mitzuteilen, bis zu dem sie sich zu der Beschwerdebe-
gründung äußern werde und dadurch dem Beschwerdegericht Veranlassung
gegeben, diesen Zeitpunkt abzuwarten oder ihn vorzuverlegen und dies - in
letzterem Fall - den Parteien mitzuteilen (MünchKomm-Braun, aaO., § 573
ZPO, Rdn. 3; Zöller/Gummer, aaO., § 573 ZPO, Rdn. 10).
Die Rechtsbeschwerde kann sich schließlich auch nicht darauf berufen,
die Frist zwischen dem Zugang des Schriftsatzes, in dem die Beschwerdefüh-
rerin ihren unbedingt gestellten Antrag auf Anberaumung einer mündlichen
Verhandlung in einen Hilfsantrag geändert hat, am 19. August 1998 und der
Beschlußfassung durch das Beschwerdegericht am 4. September 1998 - also
etwas mehr als zwei Wochen - sei zu kurz bemessen gewesen. Zum einen ist
aus den dargelegten Gründen für den Beginn der Äußerungsfrist auf den Zu-
gang der Beschwerdebegründung und nicht auf den Zugang des Änderungs-
antrags bei der Patentinhaberin bzw. ihren Inlandsvertretern abzustellen. Zum
anderen hatte die Patentinhaberin die Möglichkeit, nunmehr ihrerseits die An-
beraumung einer mündlichen Verhandlung nach § 78 Nr. 1 PatG zu beantra-
gen und dadurch die Verfahrenslage wieder herzustellen, die vor der An-
tragsänderung durch die Beschwerdeführerin bestanden hatte. Jedenfalls für
die Entscheidungsfindung, ob ein solcher Antrag gestellt werden sollte, reichte
ein der gesetzlichen Ladungsfrist (§ 89 PatG) entsprechender und hier einge-
haltener Zeitraum von etwas mehr als zwei Wochen zwischen Zugang der An-
tragsänderung bei der Patentinhaberin und der Beschlußfassung durch das
Beschwerdegericht aus.
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cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß die Patent-
inhaberin, wäre ihr eine Äußerungsfrist gesetzt worden, detailliert dargelegt
hätte, daß die Beschwerde unbegründet sei. Da das Recht der Patentinhaberin
auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden ist, bedarf es keiner Erörterung der
Frage, ob es erforderlich ist, daß der angefochtene Beschluß auf dem von der
Rechtsbeschwerde gerügten Verfahrensverstoß beruht und welche Anforde-
rungen gegebenenfalls an eine solche Kausalitätsanforderung zu stellen sind
(vgl. dazu BGH, Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 - Top
Selection; Beschl. v. 12.2.1998 - I ZB 23/97, GRUR 1998, 817, 818 - DORMA).
Soweit die Rechtsbeschwerde zur Begründung ihres Vorbringens ausführlich
zur materiellen Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses Stellung nimmt, gibt
dies außerdem zu dem Hinweis Veranlassung, daß im Rahmen einer zulas-
sungsfreien Rechtsbeschwerde, mit der die Rüge der Versagung rechtlichen
Gehörs geltend gemacht wird, die materielle Richtigkeit des angefochtenen
Beschlusses nicht zur Überprüfung gestellt werden kann (BGH, Beschl. v.
3.12.1998 - I ZB 14/98, NJW-RR 1999, 549, 550 - DILZEM).
2. a) Die Rechtsbeschwerde rügt weiter, daß der angefochtene Be-
schluß an einem Begründungsmangel leide. Das Bundespatentgericht habe
den Widerruf des Streitpatents allein damit begründet, daß Anspruch 1 nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und damit nicht bestandsfähig sei. Bei
Anspruch 1 handele es sich wie bei den auf diesen rückbezogenen Ansprü-
chen 2 bis 4 um einen Stoffanspruch. Das Bundespatentgericht habe aber nicht
die Rechtsbeständigkeit der Ansprüche 5 und 6 geprüft, mit denen jeweils ein
Verfahren zur Herstellung einer Legierung nach einem der Ansprüche 1 bis 4
unter Schutz gestellt werde. Dies sei aber erforderlich gewesen, weil es sich
um selbständige Nebenansprüche handele und damit ein selbständiges Vertei-
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digungsmittel nicht beschieden worden sei. Die Patentinhaberin habe die Be-
standsfähigkeit der Ansprüche 5 und 6 im Einspruchsverfahren im einzelnen
dargelegt.
b) Die Rechtsbeschwerde vermag auch mit dieser Rüge nicht durchzu-
dringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert die Begrün-
dungspflicht für die Entscheidung im Einspruchsverfahren gem. § 100 Abs. 3
Nr. 6 PatG nicht die gesonderte Prüfung von nachgeordneten Ansprüchen, die
nicht zum Gegenstand eines auf ihren selbständigen Schutz gerichteten Hilfs-
antrags gemacht worden sind (Sen.Beschl. v. 26.9.1996 - X ZB 18/95, GRUR
1997, 120, 122 - Elektrisches Speicherheizgerät). Das gilt auch für solche An-
sprüche, die sich sachlich als sogenannte Nebenansprüche darstellen (Sen.,
aaO - Elektrisches Speicherheizgerät). Demnach stellt es keinen Begrün-
dungsmangel dar, daß das Beschwerdegericht die Rechtsbeständigkeit der
Ansprüche 5 und 6 des Streitpatents nicht gesondert geprüft hat, weil die Pa-
tentinhaberin insoweit keinen eigenständigen Hilfsantrag gestellt hat.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde macht es auch keinen
Unterschied, daß in der Entscheidung ”Elektrisches Speicherheizgerät”, in der
der Senat einen Begründungsmangel i.S.v. § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG a.F. ver-
neint hat, der vom Beschwerdegericht geprüfte Hauptanspruch ein Verfahrens-
anspruch und der von diesem nicht geprüfte Nebenanspruch ein auf den Ver-
fahrensanspruch rückbezogener Vorrichtungsanspruch gewesen ist, während
in dem hier zu entscheidenden Fall, der geprüfte Anspruch 1 ein Stoffanspruch
ist und die auf diesen rückbezogenen Nebenansprüche 5 und 6 Verfahrensan-
sprüche sind. Denn Grundlage für die Rechtsprechung des Senats zu den An-
forderungen an den Begründungszwang nach § 100 Abs. 3 Nr. 5 PatG ist die
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Anknüpfung an einen Anspruch im Sinne der Zivilprozeßordnung oder ein ein-
zelnes selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die jeweils einer ge-
sonderten Erörterung in einer belastenden Entscheidung bedürfen. Als solcher
wird aber nicht der einzelne Patentanspruch, sondern der gesamte Antrag auf
Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Patents angesehen (Sen., aaO
- Elektrisches Speicherheizgerät). In diesem Zusammenhang kommt der Art
des jeweiligen Patentanspruchs keine Bedeutung zu.
c) Die Rechtsbeschwerde meint, die Patentinhaberin habe darauf ver-
trauen dürfen, daß ihr nicht nur zur Erwiderung auf die Beschwerdebegründung
der Einsprechenden, sondern darüber hinaus auch zur vorsorglichen Stellung
von sachgerechten Hilfsanträgen eine angemessene Zeitspanne verbleibe
oder daß ihr das Beschwerdegericht insoweit eine Frist setze. Sie hätte dann in
erster Linie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, und hilfsweise, das
Streitpatent eingeschränkt mit den Ansprüchen 5 und 6 aufrechtzuerhalten.
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Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde macht inso-
weit erneut die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Die-
ser Anspruch ist vom Beschwerdegericht jedoch aus den oben dargelegten
Gründen gewahrt worden.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens