Urteil des BGH vom 02.06.2005

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 306/04
Verkündet am:
2. Juni 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BeurkG § 17 Abs. 1; BNotO § 19 Abs. 1; ErbbauVO §§ 5, 6 Abs. 1
a) Der Notar ist verpflichtet, die Erwerber eines Erbbaurechts darauf hinzu­
weisen, daß der Grundstückseigentümer seine Zustimmung zur Ver­
äußerung des Erbbaurechts erteilen, jedoch zur Belastung verweigern
kann, wenn die Zustimmungsbedürftigkeit dieser Verfügungen Inhalt des
Erbbaurechts ist (§ 5 ErbbauVO) und der Notar, z.B. aufgrund einer in
dem Kaufvertrag enthaltenen Belastungsvollmacht, damit rechnen muß,
daß die Erwerber das Recht zur Finanzierung des Kaufpreises belasten
wollen.
b) Der Notar ist in derartigen Fallgestaltungen weiter verpflichtet, die Erwer­
ber über die Gefahren einer "gespaltenen" Eigentümerzustimmmung zu
belehren und ihnen Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken, aufzu­
zeigen.
BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 ­ III ZR 306/04 ­ OLG Hamm
LG Bielefeld
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. April 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungs­
gericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte beurkundete am 1. Juli 1999 einen Vertrag, mit dem der Kläger
und seine Ehefrau von den Eheleuten M. ein Wohnungserbbaurecht für
248.000 DM kauften. Das Erbbaurecht durfte nur mit Zustimmung des Grund­
stückseigentümers veräußert und mit Grundpfandrechten belastet werden.
Hierauf war in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des verkauften
Erbbaurechts hingewiesen. § 12 des Kaufvertrages enthielt weiter die Feststel­
lung, daß der Beklagte über das Erfordernis der Zustimmung des Grundstücks­
eigentümers zur Veräußerung und Belastung belehrt habe. Der Beklagte wies
jedoch nicht darauf hin, daß die erforderliche Zustimmung des Eigentümers
auch getrennt für die Veräußerung erteilt und für die Belastung verweigert
werden konnte.
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Der Kläger und seine Ehefrau beabsichtigten, das Erbbaurecht zur
Sicherung eines Darlehens, das sie zur Finanzierung des Kaufpreises auf­
nehmen wollten, mit einer Grundschuld über 200.000 DM zu belasten. Zu
diesem Zweck war ihnen von den Verkäufern eine Belastungsvollmacht einge­
räumt worden (§ 7 des Kaufvertrags).
Im Hinblick auf die Höhe der vorgesehenen Grundschuld verweigerten
die Eigentümer jedoch ihre Einwilligung in die Belastung des Erbbaurechts.
Demgegenüber erteilten sie auf entsprechende Anfrage des Beklagten ihre Zu­
stimmung zur Veräußerung.
Verhandlungen über die Erbbaurechtsbelastung blieben ergebnislos. Der
Kläger und seine Ehefrau nahmen von der Durchführung des Kaufvertrages
Abstand. Die Verkäufer verlangten von den Eheleuten daraufhin Schadens­
ersatz. Diese wurden in dem hierüber geführten Rechtsstreit, in dem sie dem
Beklagten den Streit verkündet hatten, in erster Instanz zur Zahlung von
28.347,40 DM nebst Zinsen verurteilt. Ihre Berufung gegen diese Entscheidung
nahmen sie auf Anraten des Gerichts zurück. Der Kläger verlangt den
Schadensersatzbetrag und die in dem Vorprozeß entstandenen Gerichts­ und
Anwaltskosten von dem Beklagten erstattet. Die auf Zahlung von 24.300,92 €
gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Se­
nat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
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Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge­
führt, der Beklagte habe seine aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG folgende Rechts­
belehrungspflicht erfüllt, indem er auf die Erforderlichkeit der Zustimmung der
Grundstückseigentümer zur Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts hin­
gewiesen habe. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, von sich aus mit
den Beteiligten zu erörtern, wie die Käufer den von ihnen aufzubringenden
Kaufpreis zu beschaffen gedachten und inwieweit sie dazu auf eine Beleihung
des erworbenen Objekts angewiesen gewesen seien. Diese Fragen gehörten
nicht zur rechtlichen Tragweite des Geschäfts, über das der Beklagte zu beleh­
ren gehabt habe. Er habe auch nicht gegen die erweiterte Belehrungspflicht
entsprechend § 14 Abs. 1 Satz 1 BNotO verstoßen. Der Notar sei grundsätzlich
nicht verpflichtet, der Frage der wirtschaftlichen Durchführbarkeit des Vertrags
nachzugehen. Insbesondere obliege es ihm nicht, ohne besondere
Anhaltspunkte einen Immobilienerwerber über die Finanzierung des Kauf­
preises zu beraten.
Schließlich habe der Beklagte seine Amtspflichten auch nicht dadurch
verletzt, daß er die Eigentümer um Zustimmung zur Veräußerung des Erbbau­
rechts gebeten habe, obgleich ihm bekannt gewesen sei, daß diese nicht bereit
gewesen seien, der von dem Kläger und seiner Ehefrau gewünschten Belas­
tung des Rechtes zuzustimmen. Der Beklagte, den die Urkundsbeteiligten mit
dem Vollzug des Vertrages beauftragt hätten, sei hierzu verpflichtet gewesen.
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II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1.
Der Beklagte hat seine aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG folgende Pflicht
zur Rechtsbelehrung verletzt, indem er es unterließ, den Kläger und seine
Ehefrau darauf hinzuweisen, daß die Grundstückseigentümer nicht verpflichtet
waren, ihre Zustimmung zur Veräußerung und zur Belastung des Erbbaurechts
einheitlich zu erteilen, vielmehr die Situation eintreten konnte, daß die Zustim­
mung zur Veräußerung gegeben, zur Belastung jedoch verweigert wurde. Über­
dies hätte er die hieraus folgenden Gefahren und die Möglichkeiten, ihnen ent­
gegenzuwirken, aufzeigen müssen. Als Abhilfemöglichkeiten kommen etwa die
Vorabeinholung der Zustimmungen des Eigentümers (dies hält Wolfsteiner, in
Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit,
21. Aufl., § 64 Rn. 57 f, sogar für zwingend), die Vereinbarung der Zustimmung
des Eigentümers zur Belastung als Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufver­
trags oder die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts des Käufers für den Fall des
Ausbleibens dieser Zustimmung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in Be­
tracht.
a) Nach der vorgenannten Bestimmung hat der Notar den Willen der Be­
teiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die
rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und
unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Der Inhalt der Rechtsbeleh­
rung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Notar ist nicht gehal­
ten, eine schematische Belehrung vorzunehmen und ohne Rücksicht auf die
schutzwürdigen Interessen der Beteiligten sämtliche in dem Vertrag enthal­
tenen Klauseln eingehend zu erläutern. Eine solche Handhabung würde nicht
nur die notarielle Verhandlung überfrachten, sondern die Aufmerksamkeit der
Beteiligten von den wesentlichen Punkten ablenken (vgl. BGH, Urteil vom
27. Oktober 1994 ­ IX ZR 12/94 ­ NJW 1995, 330, 331 m.w.N). Der Notar ist
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auch nicht verpflichtet, über die wirtschaftlichen Folgen und die wirtschaftliche
Durchführbarkeit des beabsichtigten Geschäfts zu belehren (BGH, Urteil vom
5. November 1992 ­ IX ZR 260/91 ­ NJW 1993, 729, 730 m.w.N.; Ganter in
Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 1084 f). Zur rechtli­
chen Tragweite gehören aber die formellen und materiellen Wirksamkeitsvor­
aussetzungen, die außerhalb der Beurkundung erforderlichen weiteren Voraus­
setzungen zur Erreichung der mit dem Rechtsgeschäft beabsichtigten
Wirkungen, die unmittelbaren Rechtsfolgen und etwaige Hindernisse beim Voll­
zug des beurkundeten Rechtsgeschäfts (Ganter aaO, Rn. 985 m.w.N.).
b) Nach diesen Maßstäben durfte sich der Beklagte nicht darauf
beschränken, auf die Zustimmungsbedürftigkeit von Veräußerung und Belas­
tung des Erbbaurechts hinzuweisen. Vielmehr hatte er die oben aufgeführten
weitergehenden Belehrungen zu erteilen, da für den Fall, daß die Eigentümer
mit der Veräußerung, nicht aber mit der Belastung einverstanden waren, der
Vollzug des beurkundeten Rechtsgeschäfts gefährdet war.
aa) Stimmt der Eigentümer nur der Veräußerung zu, ohne auch die Be­
lastung zu bewilligen, scheitert die Durchführung des Erbbaurechtsüber­
tragungsvertrags, wenn der Käufer, wie hier geltend gemacht wird, zur Fi­
nanzierung des Erwerbs auf die Belastung des Erbbaurechts mit einem Grund­
pfandrecht angewiesen ist, da er ohne diese nicht in der Lage ist, den Kauf­
preis aufzubringen. Zudem ist er regelmäßig Schadensersatzansprüchen des
Verkäufers und gegebenenfalls auch seines finanzierenden Kreditinstituts aus­
gesetzt (Wolfsteiner aaO, Rn 57), ohne in den Genuß der Gegenleistung zu
kommen. In diesen Fällen scheitert der vertraglich vorgesehene Austausch der
im Synallagma stehenden Leistungen, und zwar im wesentlichen einseitig zu
Lasten einer Vertragspartei. Jedenfalls der durchschnittliche Vertragsbeteiligte
bedarf der Belehrung über diese Gefahren, da ihm die Möglichkeit der isolierten
Zustimmung des Eigentümers regelmäßig nicht bekannt ist.
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Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung werden diese Gefahren
nicht durch eine aus § 6 Abs. 1 ErbbauVO folgende Verknüpfung der Veräuße­
rung und der Belastung vermieden. Die fehlende Zustimmung des Grund­
stückseigentümers zur Belastung des Erbbaurechts wirkt sich nicht in der
Weise aus, daß damit gemäß § 6 Abs. 1 ErbbauVO auch das der Veräußerung
zugrunde liegende Kausalgeschäft ­ hier der Kaufvertrag ­ schwebend unwirk­
sam ist. § 6 Abs. 1 ErbbauVO bestimmt zwar, daß nicht nur die zustimmungs­
bedürftige (§ 5 ErbbauVO) Verfügung über ein Erbbaurecht unwirksam ist, so­
lange der Grundstückseigentümer sie nicht bewilligt hat. Die Unwirksamkeit er­
streckt sich vielmehr auch auf den Vertrag, durch den sich der Erbbaube­
rechtigte zu einer Verfügung verpflichtet. Diese Rechtsfolge ist jedoch auf die
jeweilige Verfügung und das ihr zugrundeliegende Kausalgeschäft beschränkt.
Die schwebende Unwirksamkeit des Veräußerungsgeschäfts erstreckt sich
nicht auf die im Zusammenhang mit der Belastung stehenden Verträge und
umgekehrt. Eine solche Verknüpfung könnte nur über § 139 BGB hergeleitet
werden, dessen Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem
Risiko, daß der Eigentümer der Belastung des Erbbaurechts nicht zustimmt,
auch nicht um das allgemeine, in die Sphäre des Käufers eines solchen Rechts
fallende rein wirtschaftliche Wagnis, die Kaufpreisfinanzierung zustande zu
bringen, zu dem der Notar keinen Rat zu erteilen hat. Vielmehr begründen ge­
rade die rechtlichen Bedingungen, die für einen derartigen Erwerb gelten, die
dargestellte Gefahr. Es ist in den Vorschriften des Erbbaurechts angelegt, daß
die Zustimmungen zur Veräußerung und zur Belastung des Erbbaurechts aus­
einanderfallen können. Zwar ist der Eigentümer in seiner Entscheidung nicht
völlig frei (siehe § 7 ErbbauVO). Jedoch unterscheiden sich die Voraus­
setzungen, unter denen der Erbbauberechtigte die Zustimmung des Eigentü­
mers zur Veräußerung verlangen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO), von den­
jenigen, unter denen eine Verpflichtung des Eigentümers zur Bewilligung der
Belastung des Erbbaurechts (§ 7 Abs. 2 ErbbauVO) besteht. Die Zustimmung
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zur Veräußerung kann der Erbbauberechtigte insbesondere nur dann
verlangen, wenn die Person des Erwerbers Gewähr für die Erfüllung der sich
aus dem Erbbaurechtsinhalt ergebenden Pflichten bietet. Für einen Anspruch,
der Belastung des Rechts zuzustimmen, kommt es hingegen auf die Person
des Erwerbers nicht an. Erforderlich ist vor allem, daß die Belastung mit den
Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vereinbar ist (vgl. hierzu z.B.: In­
genstau/Hustedt, Kommentar zum Erbbaurecht, 8. Aufl., § 7 Rn. 21 ff; Münch­
KommBGB/
v. Oefele, 4. Aufl., ErbbauVO § 7 Rn. 12; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erb­
baurechts, 3. Aufl., Rn. 4.234 ff jeweils m.w.N.).
cc) Für die notarielle Pflicht zur Belehrung über die Möglichkeit der ge­
spaltenen Eigentümerzustimmung zur Veräußerung und Belastung eines Erb­
baurechts, die daraus folgenden Gefahren und die Möglichkeiten, ihnen ent­
gegenzuwirken, spricht auch, wie die Revision mit Recht hervorhebt, daß eine
der Vereinbarung von ungesicherten Vorleistungen vergleichbare Gefahren­
lage besteht.
Soll ein Urkundsbeteiligter nach der rechtlichen Konstruktion des
vorgesehenen Vertrags eine ungesicherte Vorleistung erbringen, die als solche
nicht ohne weiteres erkennbar ist, obliegt dem Notar nach ständiger Rechtspre­
chung des Bundesgerichtshofs eine doppelte Belehrungspflicht. Er hat zum
einen über die Gefahren der Vorleistung zu belehren und zum anderen Wege
aufzuzeigen, wie diese Risiken vermieden werden können (z.B.: Senatsurteil
vom 12. Februar 2004 ­ III ZR 77/03 ­ NJW­RR 2004, 1071, 1072 m.um­
fangr.w.N.; BGH, Urteile vom 15. April 1999 ­ IX ZR 93/98 ­ NJW 1999, 2188,
2189 und vom 27. Oktober 1994 aaO). Hiermit soll ­ vorbehaltlich einer bewußt
abweichenden Entscheidung beider Vertragsparteien ­ verhindert werden, daß
ein Vertragsteil seine Leistung ohne Sicherstellung der Gegenleistung der
anderen Vertragspartei erbringen muß. Die in Vorleistung gehende Partei soll
davor bewahrt werden, daß sich Störungen des Leistungsaustauschs allein zu
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ihren Lasten auswirken. Die notarielle Rechtsbelehrung dient damit der Si­
cherung des vereinbarten Synallagmas. Diese Situation ist mit der Übertragung
eines unter den Zustimmungsvorbehalten des § 5 Abs. 1 und 2 ErbbauVO
stehenden Erbbaurechts vergleichbar, da die Zustimmung des Eigentümers zur
Veräußerung bei gleichzeitiger Weigerung, die Belastung zu bewilligen, zu
einem Scheitern des vereinbarten Leistungsaustauschs unter einseitiger Belas­
tung einer Vertragspartei führen kann.
Der Erwerber eines Erbbaurechts, der zur Finanzierung des Kaufpreises
auf die Zustimmung des Eigentümers zur Belastung des Rechts angewiesen
ist, ist im Vergleich mit einer Vertragspartei, die eine ungesicherte Vorleistung
erbringen soll, sogar in gesteigertem Maße belehrungsbedürftig. In beiden Fall­
gestaltungen verwirklicht sich das Risiko, dem durch die Belehrung ent­
gegengewirkt werden soll, im Fall einer Leistungsstörung. Deren Eintritt wird
durch die Vereinbarung einer ungesicherten Vorleistung aber regelmäßig nicht
gefördert. Demgegenüber ist bei der zustimmungsbedürftigen Erbbaurechts­
übertragung und ­belastung aufgrund der Rechtslage das Risiko einer Leis­
tungsstörung, die zu den von Wolfsteiner (aaO) als katastrophal bezeichneten
Folgen führt, aus den unter bb) genannten Gründen gerade immanent.
c) Der Beklagte ist seinen Rechtsbelehrungspflichten nicht nachgekom­
men. Der Streitfall weist auch keine Besonderheiten auf, die diese Pflichten
entfallen ließen.
So ist es entgegen der Ansicht des Beklagten unbeachtlich, ob ihm bei
der Beurkundung des Kaufvertrags nicht bekannt war, daß die Höhe des beab­
sichtigten Grundpfandrechts den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft
(§ 7 Abs. 2 ErbbauVO) zu widersprechen drohte und deshalb die berechtigte
Verweigerung der Zustimmung der Eigentümer nahe lag. Es reicht aus, wenn
der Notar, wie hier aufgrund der in § 7 Abs. 1 des Vertrags den Käufern einge­
räumten Belastungsvollmacht, damit rechnen muß, daß der Erwerber zur Fi­
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nanzierung des Kaufpreises das Erbbaurecht belasten möchte. Die Beleh­
rungsbedürftigkeit der Parteien besteht auch in einem derartigen Fall schon
deshalb, weil auch eine rechtlich zweifelhafte oder gar unberechtigte Ver­
sagung der Bewilligung regelmäßig zu einer Gefährdung des Vertragszwecks
führt: der Vertragsvollzug wird erheblich verzögert, so daß sich zumindest die
Zeitvorstellungen der Beteiligten kaum mehr verwirklichen lassen (Wolfsteiner
aaO, Rn. 56).
Die Belehrung war schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt entbehr­
lich, daß die Gefahren der isolierten Erteilung der Zustimmung zur Veräuße­
rung des Erbbaurechts bereits vermieden waren (vgl. Ganter aaO, Rn. 1032,
zur entsprechenden Problematik bei der ungesicherten Vorleistung). Weder lag
die Einwilligung der Eigentümer zur Belastung bereits vor der Beurkundung vor
noch war die Gefahr durch die Vertragsgestaltung gebannt.
2.
Dem Beklagten fällt hinsichtlich seiner Amtspflichtverletzung Fahrlässig­
keit zur Last. Ein durchschnittlich erfahrener und pflichtbewußter Notar, der für
die Sorgfaltsanforderungen den Maßstab gibt (z.B.: BGHZ 145, 265, 275; Urteil
vom 9. Juli 1992 ­ IX ZR 209/91 ­ WM 1992, 1662, 1665), hätte zum Zeitpunkt
der Beurkundung die Gefahr, daß die Grundstückseigentümer lediglich der Ver­
äußerung, nicht aber der Belastung des Erbbaurechts zustimmen könnten, und
die möglichen Folgen für die Vertragsabwicklung erkennen können. Weiter hät­
te er hieraus den Schluß auf die Belehrungsbedürftigkeit des Klägers und sei­
ner Ehefrau ziehen müssen.
Dem widerspricht nicht, daß es zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Be­
urkundung ­ soweit ersichtlich ­ noch keine veröffentlichte Rechtsprechung zur
Frage des Umfangs der notariellen Belehrungspflicht bei der Übertragung eines
Erbbaurechts mit Zustimmungsvorbehalten nach § 5 Abs. 1 und 2
ErbbauVO gab und die Problematik in der Literatur lediglich vereinzelt be­
handelt gewesen sein mag (vgl. Wolfsteiner in Kersten/Bühling, Formularhand­
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buch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 20. Aufl., § 64 Rn. 563 f, noch
nicht mit der Klarheit wie in der Folgeauflage aaO). Auch ohne Vorgaben aus
Rechtsprechung und Literatur hätte der Beklagte seine Belehrungspflicht er­
kennen können und müssen. Die Möglichkeit, daß der Eigentümer seine Zu­
stimmung zur Veräußerung des Erbbaurechts erteilen, zur Belastung jedoch
verweigern kann, liegt für einen Rechtskundigen, der sich ­ wie von einem
Notar, der einen Erbbaurechtsübertragungsvertrag beurkundet, erwartet
werden muß ­ mit §§ 5­7 ErbbauVO befaßt, auf der Hand. Ebenso drängen sich
die Gefahren für die Finanzierbarkeit des vorgesehenen Erwerbs im Fall der
alleinigen Zustimmung zur Veräußerung auf. Dies gilt jedenfalls, wenn, wie hier,
erkennbar ist, daß der Erwerber beabsichtigt, das Erbbaurecht mit einem
Pfandrecht zur Finanzierung des Kaufpreises zu belasten. Die Schwere dieser
insbesondere den Erwerber belastenden Folgen einer isolierten Zustimmung
zur Veräußerung nötigt weiter zu dem Schluß, daß die Parteien über die Gefah­
ren und die Abhilfemöglichkeiten zu belehren sind.
Den Beklagten entlastet nicht, daß das Berufungsgericht eine Amts­
pflichtverletzung nicht angenommen hat. Zwar trifft einen Notar in der Regel
kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Gericht die
Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (Senatsurteil vom 3. März
2005 ­ III ZR 353/04 ­ EBE/BGH 2005, 118, 119; Ganter aaO Rn. 2184 f; zur
Amtshaftung nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 Abs. 1 BGB siehe z.B.: Senat in
BGHZ 150, 172, 184; 117, 240, 250; Urteil vom 6. Februar 1997 ­ III ZR
241/95 ­ VersR 1997, 745, 747; und vom 21. Oktober 1993 ­ III ZR 68/92 ­
VersR 1994, 558, ,559; Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., § 839 Rn. 216).
Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine allgemeine Richtlinie. Sie gilt unter
anderem dann nicht, wenn und soweit das Gericht für die Beurteilung des
Falles wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile
vom 6. Februar 1997 und 21. Oktober 1993 aaO; Staudinger/Wurm aaO,
Rn. 218). So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat die Pflichtenlage des Be­
klagten nur unter dem Blickwinkel beurteilt, daß der Notar nicht verpflichtet ist,
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den Urkundsbeteiligten Hinweise zur Beschaffung der für die Finanzierung des
Kaufpreises notwendigen Mittel zu geben. Die besondere Gefahrenlage bei
einer isolierten Zustimmung des Eigentümers zur Veräußerung hat es nicht er­
kannt. Es hat die Problemstellung damit auf einen falschen Punkt verengt und
so die eigentlich maßgebende Frage nicht erörtert (vgl. hierzu Senat aaO, Stau­
dinger/Wurm aaO).
3.
Für das Revisionsverfahren ist weiter davon auszugehen, daß dem Klä­
ger infolge der Amtspflichtverletzung des Beklagten ein Schaden in Form der
Schadensersatzleistungen an die Verkäufer und der Kosten des Vorprozesses
entstanden ist. Nach dem im Revisionsrechtszug zugrunde zu legenden Vor­
trag des Klägers hätten er und seine Ehefrau vor Abschluß des Kaufvertrags
verbindlich geklärt, ob die Eigentümer der vorgesehenen Belastung zustimmen
würden, und wären somit im Fall der ­ hier eingetretenen ­ Verweigerung keine
Verpflichtung eingegangen, wenn sie rechtzeitig darüber belehrt worden wären,
daß die Eigentümer der Veräußerung zustimmen, jedoch der Belastung wider­
sprechen konnten. In diesem Fall wären der Schadensersatzanspruch der
Verkäufer, der Rechtsstreit hierüber und die dadurch verursachten Kosten
vermieden worden.
In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht jedoch den Be­
hauptungen des Beklagten nachgehen müssen, dem Kläger und seiner
Ehefrau sei bekannt gewesen, daß die Zustimmungen zur Veräußerung und
Belastung auseinander fallen können, und der Vollzug des Kaufvertrags sei
nicht an der mangelnden Zustimmung der Eigentümer zu der vorgesehenen
Belastung gescheitert. Der Beklagte hat vorgetragen, die Verkäufer und das fi­
nanzierende Kreditinstitut seien bereit gewesen, den Käufern soweit ent­
gegenzukommen, daß die Grundschuldbelastung auf einen Betrag habe abge­
senkt werden können, dem die Eigentümer zugestimmt hätten. Der wahre
Grund für den Kläger und seine Ehefrau, von der Erfüllung des Kaufvertrags
Abstand zu nehmen, sei gewesen, daß sie eine ihren Wünschen besser ent­
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gegen kommende Wohnung gefunden hätten. Die Richtigkeit dieses Vortrags
unterstellt, würde es an der Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung des Be­
klagten für den eingetretenen Schaden fehlen, da die Weigerung der Klägersei­
te, den Kaufvertrag zu erfüllen, auf einem Entschluß beruhen würde, der nicht
durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten herausgefordert wurde (vgl. z.B.:
Senatsurteil vom 9. Januar 2003 ­ III ZR 46/02 ­ NJW­RR 2003, 563, 565).
4.
a) Dem Kläger steht unter Zugrundelegung seines Sachvortrags zu den
Gründen für die Abstandnahme von dem Kaufvertrag wegen des an die
Verkäufer geleisteten Schadensersatzes keine anderweitige Ersatzmöglichkeit
(§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) zur Verfügung. Insbesondere kann er entgegen der
Ansicht des Beklagten seinen anwaltlichen Vertreter insoweit nicht in Anspruch
nehmen. Unerheblich ist dabei, ob der Rechtsanwalt, wie der Beklagte unter­
stellt, den Kläger und seine Ehefrau unzutreffend dahingehend beraten hat, sie
seien der Verkäuferseite gegenüber berechtigt, die Erfüllung des Kaufvertrags
zu verweigern. Diese Falschberatung wäre nicht ursächlich für den Schaden
geworden. Auch ohne die (angebliche) unzutreffende Rechtsauskunft hätten
der Kläger und seine Ehefrau den Schadensersatz leisten müssen, da sie in­
folge der verweigerten Zustimmung zur Belastung des Erbbaurechts nicht in
der Lage waren, die Kaufpreisforderung zu begleichen.
b) Demgegenüber kann selbst auf der Grundlage des bisherigen Sach­
vortrags des Klägers eine anderweitige Ersatzmöglichkeit hinsichtlich der für
den Vorprozeß mit den Verkäufern angefallenen Kosten bestehen. Insoweit
kommt ein Anspruch des Klägers gegen seine anwaltlichen Vertreter aus posi­
tiver Forderungsverletzung in Betracht, wenn diese dem Kläger und seiner
Ehefrau geraten haben sollten, sich auf den Rechtsstreit mit den Verkäufern
einzulassen, auch soweit die Rechtsverteidigung aussichtslos war (vgl. Senats­
urteil vom 24. Oktober 2002 ­ III ZR 107/02 ­ NJW 2003, 202, 203). Das Beru­
fungsgericht hat hierzu, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine
­ 14 ­
Feststellungen getroffen. Dies ist ­ sofern ein Anspruch gegen den Beklagten
nicht bereits aus einem anderen Grund ausscheidet ­ nachzuholen.
5.
Nach dem Sachvortrag des Klägers ist der Schadensersatzanspruch
nicht gemäß § 254 Abs. 1 BGB gemindert. Dies gilt auch, falls, wie der Beklag­
te geltend macht, die Ehefrau des Klägers als ausgebildete Bankkauffrau
Kenntnisse des Erbbaurechts gehabt haben sollte. Der Notar, der bei der
Durchführung eines Amtsgeschäfts das Recht fehlerhaft anwendet, kann einem
Beteiligten ein Mitverschulden selbst dann nicht vorwerfen, wenn dieser ­ etwa
weil er selbst rechtskundig ist ­ den Fehler hätte bemerken können (BGH, Urteil
vom 15. Juli 2004 ­ IX ZR 262/00 ­ NJW­RR 2004, 1704, 1705 m.w.N.).
­ 15 ­
6.
Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Beru­
fungsgericht zurückzuverweisen, weil noch Feststellungen nachzuholen sind,
so daß dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist (§ 563 Abs. 1
ZPO).
Schlick
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wurm
Streck
ist infolge Urlaubsabwesenheit gehindert
zu unterschreiben.
Schlick
Dörr
Herrmann