Urteil des BGH vom 25.04.2014

BGH: vergleich, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, verwaltungsakt, nummer, gütliche beilegung, entlassung, nichtigkeit, probe, widerspruchsverfahren, rechtsschein

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
R i Z ( R ) 2 / 1 3
vom
25. April 2014
in dem Prüfungsverfahren
des
Antragsteller und Revisionskläger,
gegen
das Land
Antragsgegner und Revisionsbeklagter,
wegen Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe
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Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes hat ohne mündliche
Verhandlung am 25. April 2014 durch den Vorsitzenden Richter am
Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bergmann, die Richterin am Bundesgerichtshof
Safari Chabestari, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Drescher, die
Vorsitzende Richterin am Bundesfinanzhof Heger und den Vorsitzenden
Richter am Bundesfinanzhof Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstge-
richtshofs des Landes Brandenburg bei dem Oberverwaltungsge-
richt Berlin-Brandenburg vom 11. Dezember 2012 wird zurückge-
wiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der im Jahr geborene Antragsteller wurde am 1. Januar 2001 zum
Richter auf Probe ernannt und bei dem Finanzgericht des Landes Brandenburg
eingesetzt. Der Antragsgegner entließ ihn mit Bescheid vom 10. November
2003 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen mangelnder Eignung
mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aus dem richterlichen Dienst. Hiergegen
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legte der Antragsteller Widerspruch ein. Ein Antrag auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung blieb vor dem Dienstgericht für Richter und dem
Dienstgerichtshof ohne Erfolg. Außerdem erhob der Antragsteller beim Verwal-
tungsgericht Klage gegen seine letzten beiden dienstlichen Beurteilungen, die
Grundlage der Entlassung waren, und erwirkte einen Beschluss dieses Ge-
richts, mit dem dem Antragsgegner vorläufig untersagt wurde, die streitgegen-
ständlichen dienstlichen Beurteilungen im Entlassungsverfahren zu verwenden.
Da der Antragsteller auch die daraufhin erneut erstellten dienstlichen
Beurteilungen für rechtswidrig hielt, regte er wegen der Dauer eines möglichen
weiteren Klageverfahrens eine gütliche Beilegung durch Verschiebung des Ent-
lassungszeitpunktes an. Daraufhin schlossen die Beteiligten am 17. Dezember
2007 "gemäß §§ 55 ff. VwVfG Bbg" einen außergerichtlichen Vergleich. In des-
sen Nummer 1. heißt es:
"Das Ministerium der Justiz erlässt hiermit folgenden Bescheid: Auf den
mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2003 für Herrn N. [Antragstel-
ler] eingelegten Widerspruch wird Herr N. [Antragsteller] in Ab-
änderung des Bescheides vom 10. November 2003 mit Wirkung vom
31. Dezember 2006 aus dem richterlichen Dienst des Landes Brandenburg ent-
lassen. Kosten des Widerspruchsverfahrens werden nicht erstattet. Verwal-
tungskosten werden nicht erhoben." Gemäß Nummer 2. des Vergleichs erklärte
der Antragsteller einen "Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des Bescheids des
Ministeriums der Justiz vom 10. November 2003 in Gestalt des Bescheides zu
1." Ferner wurden im Vergleich die Vergütungsansprüche des Antragstellers
geregelt.
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Der Antragsteller wurde daraufhin mit Ablauf des 31. Dezember 2006
aus dem Richterdienst entlassen.
Im Dezember 2008 erhob der Antragsteller gegen den im Vergleich in
dessen Nummer 1. enthaltenen Bescheid Widerspruch mit der Begründung,
ihm müssten die Kosten des Widerspruchsverfahrens einschließlich der Kosten
für einen Rechtsanwalt erstattet werden. Der Antragsgegner verwarf den Wi-
derspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2009 unter Hinweis auf den
Rechtsmittelverzicht als unzulässig.
Mit seinem Antrag vor dem Dienstgericht hat der Antragsteller sein Be-
gehren weiter verfolgt und sich außerdem gegen den Zeitpunkt der Entlassung
gewandt, der aufgrund einer Täuschung unter Hinweis auf haushaltsrechtliche
Maßgaben vereinbart worden sei. Das Dienstgericht hat den Antrag als unzu-
lässig zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung hat der Antragsteller beantragt, den Entlassungsbe-
scheid des Antragsgegners aufzuheben, hilfsweise, seine Entlassung aus dem
Dienstverhältnis auf den 18. Dezember 2007 zu datieren, hilfsweise, den An-
tragsgegner zu verpflichten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen,
hilfsweise, festzustellen, dass der Vergleich über die Kostenentscheidung und
der Rechtsmittelverzicht nichtig seien.
Der Dienstgerichtshof hat die Berufung des Antragstellers zurückgewie-
sen. Die Berufung sei hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsan-
trags nicht rechtzeitig begründet worden. Im Übrigen habe die Berufung keinen
Erfolg. Dies gelte hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags
auch unabhängig von der Rechtzeitigkeit ihrer Begründung. Dem Antragsteller
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fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn er habe wirksam darauf verzichtet, ge-
gen die im Vergleich vom 17. Dezember 2007 getroffenen Regelungen vorzu-
gehen. Der Vergleich sei wirksam. Die Regelungen seien insbesondere weder
gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfGBbg noch nach Nr. 3 dieser Vorschrift nichtig.
Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Vergleichsvertrages im Sinne
des § 55 VwVfGBbg hätten vorgelegen. Die im Vergleich aufgenommene Be-
scheidung des Widerspruchs stelle keinen "Teilerfolg " des Widerspruchsver-
fahrens im Sinne des § 80 Abs. 1 VwVfGBbg dar. Sie sei vielmehr untrennbarer
Bestandteil der im Wege gegenseitigen Nachgebens erzielten einvernehmli-
chen Regelung zur Beseitigung der ungewissen Sach- und Rechtslage.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner vom Dienst-
gerichtshof zugelassenen Revision. Er macht im Wesentlichen geltend, der
Dienstgerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, im Berufungsverfahren
seien nur Gründe zu berücksichtigen gewesen, die er bis zum 10. Januar 2012
(Ende der Berufungsbegründungsfrist) vorgebracht habe. Die strengen Rege-
lungen über die Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 3 Sätze 1, 4 und 5
VwGO gälten nur für die zuzulassende oder zugelassene Berufung, nicht aber
in Fällen der zulassungsfreien Berufung. Daher hätte der Dienstgerichtshof alle
bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Umstände be-
achten müssen.
Der Dienstgerichtshof habe nicht berücksichtigt, dass der Bescheid unter
Nummer 1. des Vergleichs an einem offenkundigen und besonders schweren
Fehler leide und daher nichtig sei. Grundlegendes Wesensmerkmal eines Ver-
gleichsvertrages nach § 55 VwVfGBbg sei es, dass dieser geschlossen werde,
anstatt dass ein Verwaltungsakt erlassen werde. In Nummer 1. des Vergleichs
sei jedoch ein Verwaltungsakt enthalten, und zwar auch hinsichtlich der Kosten-
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folge für das Widerspruchsverfahren. Der Bescheid verstoße mithin gegen § 54
Satz 2 VwVfGBbg, was einen besonders schweren Fehler i.S. des § 44 Abs. 1
VwVfGBbg begründe. Zudem sei der Bescheid auch deshalb nichtig, weil die-
ser nicht auf einen schriftlichen Vergleichstext zurückzuführen sei (§§ 57, 59
Abs. 1 VwVfGBbg, § 125 BGB). Aus der Nichtigkeit des Vergleichs folge, dass
er erst zum 17. Dezember 2007 aus dem richterlichen Dienst ausgeschieden
sei. Der Dienstgerichtshof hätte damit seinem Anfechtungsbegehren folgen
müssen, da ein nichtiger Verwaltungsakt bzw. der davon ausgehende Rechts-
schein ebenso aufzuheben sei wie ein rechtswidriger Verwaltungsakt.
Dem stehe nicht entgegen, dass er auf Rechtsmittel verzichtet habe,
denn aus der Nichtigkeit des Vergleichs unter Nummer 1. folge die Nichtigkeit
des Rechtsmittelverzichts.
Der Antragsteller beantragt, die Urteile des Dienstgerichtshofs und des
Dienstgerichts sowie den Bescheid des Antragsgegners vom 10. November
2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2007 aufzu-
heben, hilfsweise, diesen Bescheid dahingehend zu ändern, dass seine Entlas-
sung aus dem Dienstverhältnis zum 18. Dezember 2007 erfolgt.
Der Antragsgegner beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Auf seinen Schriftsatz vom 16. August 2013 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Ver-
handlung einverstanden erklärt.
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Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision (§ 78 Nr. 4 Buchst. c, § 79 Abs. 2, § 80 Abs. 2
DRiG) ist unbegründet (§ 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 144 Abs. 2 VwGO).
I.
1. Der Dienstgerichtshof hat zutreffend entschieden, dass er - von
bloßen Ergänzungen abgesehen - nur solche Gründe berücksichtigen musste,
die der Antragsteller bis zum Ablauf der Begründungsfrist, dem 10. Januar
2012, vorgetragen hatte.
a) Nach § 83 Satz 1 des Brandenburgischen Richtergesetzes in der bis
zum 13. Juli 2011 gültigen Fassung (BbgRiG aF), der wie vom Berufungsge-
richt im Einzelnen ausgeführt, im Streitfall noch anzuwenden ist, gelten die Vor-
schriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend u.a. in Verfahren, in
denen eine Verfügung angefochten wird, durch die ein Richter auf Probe oder
ein Richter kraft Auftrags entlassen wird (§ 67 Nr. 4 Buchst. d BbgRiG aF). Dies
bedeutet, dass in derartigen Verfahren die Bestimmungen der Verwaltungsge-
richtsordnung anzuwenden sind, es sei denn, das Brandenburgische Richter-
gesetz trifft abweichende Bestimmungen oder die Anwendung von Vorschriften
der Verwaltungsgerichtsordnung auf dienstgerichtliche Prüfverfahren führt zu
sinnwidrigen Ergebnissen.
b) Nach § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung, wenn sie vom
Verwaltungsgericht zugelassen wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Zu-
stellung des vollständigen Urteils zu begründen. Diese Frist gilt auch für eine
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zulassungsfreie Berufung. Die in allen Verfahrensordnungen enthaltenen Fris-
ten zur Begründung von Rechtsmitteln dienen der Rechtssicherheit und der
Verfahrensbeschleunigung; dies sind Ziele, die auch für das dienstgerichtliche
Prüfungsverfahren beachtlich sind. Da landesrechtlich keine abweichenden
Bestimmungen getroffen sind, ist daher auch eine zulassungsfreie Berufung
insoweit unzulässig, als Berufungsgründe nach Ablauf der ggf. verlängerten
Frist des § 124a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 VwGO vorgebracht wurden
(§ 124a Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO).
c) Der Antragsteller hat bis zum Ablauf der ihm vom Berufungsgericht
wiederholt verlängerten Frist zur Begründung seiner Berufung vorgetragen, die
in Nummer 1. des Vergleichsvertrages enthaltene Kostenentscheidung - und
damit auch der in Nummer 2. erklärte Rechtsmittelverzicht - seien nichtig, weil
sie § 80 Abs. 1 und 3 VwVfGBbg (in der bis zum 16. Juli 2009 geltenden Fas-
sung des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg; im Fol-
genden nur: VwVfGBbg) verletzten. Sein Widerspruch sei erfolgreich gewesen,
so dass ihm zwingend seine notwendigen Aufwendungen, die im Wider-
spruchsverfahren entstanden seien, hätten erstattet werden müssen. Der Ver-
gleich sei insoweit gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfGBbg nichtig. Sach- und Kos-
tenentscheidung hätten nicht vermengt werden dürfen. Die in dem Vergleich
getroffene Kostenentscheidung hätte nicht durch Verwaltungsakt ergehen und
Vergleich und Verwaltungsakt hätten nicht verbunden werden dürfen. Es kom-
me auch eine Nichtigkeit nach § 59 Abs. 2 Nr. 2 VwVfGBbg in Betracht.
Der Dienstgerichtshof ist davon ausgegangen, dass sich diese Ausfüh-
rungen nur auf den 2. Hilfsantrag bezogen hätten und die Berufung bezüglich
des Hauptantrags und des 1. Hilfsantrags unzulässig sei. Ob diese Auslegung
zutreffend ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Dienstgerichtshof hat - un-
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geachtet des Fristablaufs - das Berufungsbegehren auch hinsichtlich des
Haupt- und 1. Hilfsantrags überprüft und hat im Ergebnis zutreffend (§ 144
Abs. 4 VwGO) entschieden, dass der Vergleich vom 17. Dezember 2007 wirk-
sam, der Antragsteller daher mit Wirkung vom 31. Dezember 2006 aus dem
richterlichen Dienst des Landes Brandenburgs ausgeschieden ist und ihm Kos-
ten des Widerspruchsverfahrens nicht zu erstatten sind.
2. Der Antragsteller begehrt mit seiner Revision primär (nur noch) die
Feststellung, dass der unter Nummer 1. des Vergleichs enthaltene Verwal-
tungsakt und damit insoweit auch der Vergleich nichtig sei. Sein Antrag, die
geänderte Entlassungsverfügung aufzuheben, zielt nach seinem Vorbringen
nur darauf ab, den von dem nichtigen Verwaltungsakt ausgehenden Rechts-
schein zu beseitigen. Diesem Feststellungsantrag steht nicht entgegen, dass
der Antragsteller unter Nummer 2. des Vergleichs einen "Rechtsmittelverzicht"
hinsichtlich dieses Bescheides erklärt hat. Denn der objektive Erklärungswert
dieser Verzichtserklärung ist nur darauf gerichtet, die Bestandskraft der im Ver-
gleich geänderten Entlassungsverfügung bereits vor Ablauf der maßgeblichen
Rechtsbehelfs-/Rechtsmittelfrist herbeizuführen. Damit sollte verhindert wer-
den, dass der Antragsteller diesen Bescheid mit der Begründung anficht, seine
Entlassung aus dem Richterdienst sei insgesamt oder jedenfalls hinsichtlich
des darin bestimmten Zeitpunkts rechtswidrig. Der Rechtsmittelverzicht kann
bei verständiger Würdigung jedoch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass
der Antragsteller nicht berechtigt sein solle, die Nichtigkeit des unter Nummer 1.
enthaltenen Verwaltungsakts geltend zu machen (vgl. Hessischer Verwaltungs-
gerichtshof, Beschluss vom 5. Februar 2013 - 5 B 2085/12, juris Rn. 6). Ebenso
wie ein Vertragspartner den Vergleichsvertrag trotz Rechtsmittelverzichts an-
fechten oder dessen Anpassung wegen einer Änderung oder des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage begehren kann (vgl. BVerwGE 143, 335), hindert ein im
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Vergleich enthaltener Rechtsmittelverzicht nicht, die Nichtigkeit des Vergleichs
insgesamt oder einzelner Bestimmungen darin geltend zu machen und eine
entsprechende Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 83 Satz 1 BbgRiG aF i.V.m.
§ 43 Abs. 1 VwGO) zu erheben.
3. Der Dienstgerichtshof ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der
Vergleich hinsichtlich der Vereinbarungen unter Nummer 1. wirksam ist, weil
keiner der in § 59 VwVfGBbg abschließend geregelten Nichtigkeitsgründe vor-
liegt.
a) Nach § 59 Abs. 2 Nr. 3 VwVfGBbg ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag
(unter weiteren Voraussetzungen) nichtig, wenn die Voraussetzungen zum Ab-
schluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen. Die Beteiligten konnten im
Streitfall einen Vergleichsvertrag schließen, weil unklar war, ob die erneuten
dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers dessen Entlassung aus dem rich-
terlichen Dienst rechtfertigten und diese Ungewissheit auch nicht in absehbarer
Zeit, sondern erst nach Abschluss eines erneuten gerichtlichen Verfahrens hät-
te beseitigt werden können. Der Antragsgegner durfte auch im Einvernehmen
mit dem Antragsteller unter Nummer 1. des Vergleichs die angefochtene Ent-
lassungsverfügung in der Weise ändern, dass der Entlassungszeitpunkt auf
den 31. Dezember 2006 bestimmt wurde. Bestandteil eines Vertrags kann die
Verpflichtung der beteiligten Behörde sein, einen Verwaltungsakt zu erlassen.
Sie kann jedoch auch den Verwaltungsakt zugleich mit ihrer Vertragserklärung
verlautbaren (BVerwGE 143, 335 Rn. 43). Zwar ist Wesensmerkmal des Ver-
waltungsakts, dass die Behörde die Regelung einseitig kraft ihrer Hoheitsmacht
trifft. Der Vertrag bietet dem Verwaltungsakt jedoch einen zusätzlichen Rechts-
grund, wenn er vom anderen Vertragspartner - wie hier - akzeptiert wird und
dieser überdies auf Rechtsmittel verzichtet (BVerwGE 143, 335 Rn. 43).
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b) Auch die in diesem Verwaltungsakt enthaltene Bestimmung, nach der
Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht erstattet werden, war im Wege des
Vergleichs zulässig, denn sie diente dazu, die Auseinandersetzung zwischen
den Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung endgültig zu
bereinigen und den Rechtsfrieden herzustellen. Gegenstand des Nachgebens
im Wege des Vergleichs kann jede rechtlich zulässige Leistung sein (Dolderer
in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl., § 106 Rn. 24; Pos-
ser/Wolff/Brüning, VwGO, 2. Aufl., § 106 Rn. 1). Ungeachtet der Frage, ob
überhaupt ein derartiger Anspruch besteht, kann sich ein Beteiligter verpflich-
ten, Kosten, die er in einem Verwaltungsverfahren zur Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung aufgewendet hat, gegenüber dem Vertragspartner nicht
geltend zu machen. Sind sich die Beteiligten hierüber einig, kann die Behörde
einen derartigen Ausspruch auch in den Verwaltungsakt aufnehmen.
Ein derartiger Verwaltungsakt ist wirksam. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg
steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil die darin für das erfolgreiche W i-
derspruchsverfahren bestimmte Erstattungspflicht der Behörde für einen Ver-
gleich nicht gilt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 80 Rn. 18; Kallerhoff
in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 80 Rn. 5, 52 mwN). Es handelt sich nicht um
einen "Teilerfolg" i.S. dieser Vorschrift. Daher sind Kosten des Widerspruchs-
verfahrens von der Behörde selbst dann nicht zu erstatten, wenn hierüber im
Vergleich keine ausdrückliche Regelung getroffen wurde.
c) Da der unter Nummer 1. des Vergleichs enthaltene Verwaltungsakt
weder nichtig noch erkennbar rechtswidrig war, greifen auch die Nichtigkeits-
gründe des § 59 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfGBbg nicht. Entgegen dem Vorbrin-
gen des Antragstellers wurde der Vergleichsvertrag schriftlich geschlossen und
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ist daher auch nicht wegen Verstoßes gegen das Schriftlichkeitsgebot des § 57
VwVfGBbg i.V.m. § 59 Abs. 1 VwVfGBbg, § 125 BGB nichtig.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 1 DRiG i.V.m. § 154
Abs. 2 VwGO.
Bergmann Safari Drescher
Heger Krüger
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 15.07.2010 - 32 DG 8/08 -
OVerwG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 11.12.2012 - DGH Bbg 4.12 -
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