Urteil des BGH vom 07.11.2012

BGH: strafzumessung, kasachstan, verfahrensgegenstand, könig, straftat, verkehr, strafschärfungsgrund, mindeststrafe, überprüfung, motiv

5 StR 537/12
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 7. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2012
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Saarbrücken vom 24. Mai 2012 nach § 349 Abs. 4
StPO im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-
tels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zu-
rückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (unter Mitführung eines
Schlagstocks) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Sein dagegen gerichtetes Rechtsmittel bleibt zum Schuldspruch
ohne Erfolg, führt aber mit der Sachrüge zur Aufhebung des Straf-
ausspruchs.
Auch eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungs-
maßstabes hält die Bewertung des Landgerichts, dem Angeklagten den
Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG zu versa-
gen, der Überprüfung nicht stand. Zwar hat das Tatgericht bei der Strafrah-
menwahl berechtigterweise die erheblichen Wirkstoffmengen der drei einge-
führten Betäubungsmittelarten zu Lasten des Angeklagten ins Feld geführt.
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Dieser einzige Strafschärfungsgrund steht indes in keinem spezifischen Zu-
sammenhang mit dem die markant erhöhte Mindeststrafe auslösenden Quali-
fikationstatbestand. Bei Annahme eines minder schweren Falles nach § 30a
Abs. 3 BtMG könnte und müsste das Tatgericht die Sperrwirkung der höhe-
ren Mindeststrafen der gerade durch die Rauschgiftmenge qualifizierten ver-
drängten Tatbestände der § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1 BtMG beachten, wenn
– was hier wegen der beträchtlichen Menge gerade fernläge – nicht auch
insoweit ein minder schwerer Fall gegeben wäre (vgl. BGH, Beschluss vom
25. Mai 2010
– 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98 f.; Urteil vom 13. Februar 2003
– 3 StR 349/02, BGHR BtMG § 30a Abs. 3 Strafzumessung 1). Dass das
Landgericht diese Möglichkeit der Strafrahmenwahl verkannt haben könnte,
besorgt der Senat schon vor dem Hintergrund der berücksichtigten gewichti-
gen Milderungsgründe, nämlich der Unbestraftheit des Angeklagten, seines
Geständnisses, des Mitsichführens eines „nur“ sonstigen Gegenstandes im
Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sowie des Umstandes, dass die Betäu-
bungsmittel nicht in den Verkehr gelangt sind. Hinzu kommt, dass das Motiv
für die Begehung der wenig professionellen Straftat ein finanzieller Engpass
aufgrund eingetretener Erwerbslosigkeit war und dass sich der aus Kasachs-
tan stammende Angeklagte seit 15 Jahren in Deutschland gut integriert hat
und sozial eingeordnet lebt.
Der Aufhebung von Urteilsfeststellungen bedarf es bei dem beanstan-
deten Wertungsfehler nicht. Das neue Tatgericht wird die Strafrahmenwahl
und die Strafzumessung auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststel-
lungen vorzunehmen haben; es darf diese hierfür lediglich durch weitere,
ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzen.
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Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des
Landgerichts zurück. Die Zuständigkeit einer Wirtschaftsstrafkammer gemäß
§ 74c GVG ist bei dem hier vorliegenden Verfahrensgegenstand nicht mehr
gegeben.
Basdorf Schneider Dölp
König Bellay
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