Urteil des BGH vom 30.01.2001
BGH (stpo, antrag, inhalt, befangenheit, wiedergabe, verletzung, rüge, verfügung, tag, hauptverhandlung)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 514/00
vom
30. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbun-
desanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Januar 2001
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Verden vom 24. Februar 2000 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat
(§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den
Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat:
1. Befangenheit des Schöffen F. (RB S. 173-238)
Die Rüge der Befangenheit des Schöffen F. ist unbegründet.
Der Schöffe wäre befangen, wenn er eine Äußerung gemacht
hätte, aus der sich aus der Sicht eines verständigen Angeklagten
ergäbe, daß er sich unabhängig von den noch zu erhebenden
Beweisen bereits endgültig hinsichtlich der Tatschuld des Ange-
klagten festgelegt hätte. Dies ist nicht wahrscheinlich gemacht.
Der genaue Inhalt seiner Äußerung ist nicht rekonstruierbar. Der
Schöffe bestreitet, über das vorliegende Verfahren mit den Zeu-
gen S. und G. gesprochen zu haben. Diese geben un-
terschiedliche Darstellungen über das behauptete Gespräch.
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2. Lückenhafte Beweiswürdigung (RB S. 594 - 1027)
Soweit die Verletzung formellen Rechts beanstandet wird, ist die
Rüge unzulässig (§ 344 Abs. 2 StPO). Der Beschluß des Landge-
richts vom 18. Februar 1999, mit dem der auf Art. 6 Abs. 3
Buchst. b MRK gestützte Antrag, die Hauptbelastungszeugin nicht
zu vernehmen, zurückgewiesen wurde, wird in wesentlichen Tei-
len nicht mitgeteilt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdefüh-
rers in seiner Replik war die Wiedergabe der Absätze 4 und 5 des
genannten Beschlusses auch nicht entbehrlich. Die in diesen Ab-
sätzen vorgenommene rechtliche Beurteilung ist nämlich in dem
Beschluß vom 28. Januar 1999 nicht vollständig enthalten. Dies
zeigt ein Vergleich der beiden Beschlüsse.
Im übrigen fehlt es an der Wiedergabe des Gerichtsbeschlusses,
der auf den weiteren Antrag, mit dem wiederum der Vernehmung
der Hauptbelastungszeugin wiedersprochen wurde - diesmal ge-
stützt auf einen Verstoß gegen §§ 136 a, 163 a StPO -, ergangen
ist. Darüber hinaus teilt die Verteidigung den Inhalt zweier weite-
rer Anträge mit der selben Zielrichtung vom selben Tage sowie
die daraufhin ergangenen Gerichtsbeschlüsse nicht mit.
Auch soweit der Sache nach insoweit die Verletzung materiellen
Rechts beanstandet wird, zeigt die Revision einen Rechtsfehler
nicht auf. Mit dem Umstand, daß die Zeugin M. vor der Haupt-
verhandlung mannigfach vernommen wurde, hat sich das Landge-
richt in den Urteilsgründen ebenso auseinandergesetzt wie mit
der Frage, welche Tatdetails sie unmittelbar von dem Angeklag-
ten erfahren hat. Damit, daß in der früher ausgesetzten Hauptver-
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handlung dem Zeugenbeistand der Zeugin M. ein Aktenordner
mit Protokollen u.a. auch von Vernehmungen der Zeugin M.
zur Einsicht für einen Tag zur Verfügung gestellt wurde, brauchte
sich das Landgericht nicht ausdrücklich in den Urteilsgründen
auseinanderzusetzen. Weder den Urteilsgründen noch dem Vor-
trag der Revision ist nämlich zu entnehmen, ob und wenn ja in
welcher Form die Zeugin M. in diesem Zusammenhang über-
haupt Kenntnis von dem schriftlich niedergelegten Inhalt ihrer frü-
heren Vernehmungen erlangt hat.
3. Allgemeine Sachrüge
Das Landgericht hat im Fall II 2 der Urteilsgründe zugunsten des
Angeklagten einen zu den beiden Morden in Tateinheit stehenden
Diebstahl im besonders schweren Fall angenommen, der wegen
seiner geringeren Strafdrohung die beiden Morde nicht zur Ta-
teinheit verklammern könne. Der Senat hat erwogen, ob eine den
Angeklagten möglicherweise begünstigende Klammerwirkung ge-
geben sein könnte, wenn die Voraussetzungen der §§ 251, 252
StGB vorlägen. Er hat diese Frage jedoch verneint, weil die Straf-
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kammer nicht hat feststellen können, daß die Ermordung der bei-
den Frauen dem Angeklagten (auch) dazu diente, sich im Besitz
der zuvor eingesteckten Beute zu erhalten.
Kutzer Miebach Winkler
von Lienen Becker