Urteil des BGH vom 28.05.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Xa ZR 9/08 Verkündet
am:
28. Mai 2009
Anderer
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 241 Abs. 1, § 516 Abs. 1, § 518 Abs. 1
Wer eine Zuwendung für den Fall zusagt, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt,
auf das der Zuwendungsempfänger hinarbeiten soll (hier: Gewinn einer Meis-
terschaft durch die von dem Zuwendungsempfänger trainierte Mannschaft),
verspricht keine belohnende Schenkung, sondern eine Gegenleistung für das
Bemühen des Zuwendungsempfängers um die Herbeiführung des Ereignisses.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 9/08 - LG Potsdam
AG
Zossen
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Der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 28.
Mai 2009 durch die Richter Prof. Dr.
Meier-Beck,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Achilles und
Dr. Berger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 12. Dezember 2007 ver-
kündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam auf-
gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Trainer der Ringermannschaft eines Sportclubs; der Be-
klagte ist Hauptsponsor und Vorsitzender des Aufsichtsrats des Sportclubs.
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Der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihm für den Fall, dass seine
Mannschaft in der Saison 2005/2006 den Titel eines Deutschen Meisters errin-
ge, mündlich die Zahlung eines Betrags von 5.000 EUR versprochen. Die
Mannschaft gewann die Meisterschaft.
Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung von 5.000 EUR nebst Zinsen
in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage
stattgegeben, das Landgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abge-
wiesen.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
den Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Ent-
scheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
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I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unschlüssig gehalten. Bei der
vom Kläger behaupteten Vereinbarung handele es sich um einen Schenkungs-
vertrag, der mangels notarieller Beurkundung des Schenkungsversprechens
unwirksam sei. Die unter der Bedingung des Meisterschaftsgewinns in Aussicht
gestellte Zuwendung in Höhe von 5.000 EUR sei unentgeltlich zugesagt wor-
den. Sie sei nicht an eine Gegenleistung des Klägers, sondern an den Eintritt
eines Ereignisses geknüpft worden, das nicht allein von der Leistung des Klä-
gers, sondern auch von Faktoren abhängig gewesen sei, die der Kläger nicht
habe beeinflussen können. Dass dem Beklagten nach Vorstellung der Parteien
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durch den Gewinn der Meisterschaft wirtschaftliche Vorteile zukommen sollten,
die die Zuwendung ausglichen, lasse der Klagevortrag nicht erkennen. Zwar
habe der Erfolg der Ringermannschaft vermutlich im sportlichen Interesse des
Beklagten als Aufsichtsratsvorsitzenden gelegen; die Befriedigung eines sol-
chen ideellen Interesses sei für die Annahme eines entgeltlichen Rechtsge-
schäfts jedoch nicht ausreichend.
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II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Kläger be-
hauptete Vereinbarung war formfrei wirksam.
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Die Zusage des Beklagten, im Fall des Gewinns des Meistertitels an den
Kläger 5.000 EUR zu zahlen, stellte nur dann ein formbedürftiges Schenkungs-
versprechen (§ 516 Abs. 1 BGB) dar, wenn sich die Parteien darüber einig ge-
wesen wären, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgen sollte (vgl. BGHZ 82,
227, 230; 101, 65, 68; BGH, Urt. v. 17.6.1992 - XII ZR 145/91, NJW 1992,
2566, 2567). Eine Zuwendung ist dann unentgeltlich, wenn sie rechtlich von
einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung unabhängig ist (Urt. v.
17.6.1992, aaO). Dies war nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung
zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht der Fall.
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Der Eintritt eines bestimmten Ereignisses (hier der Meisterschaftsge-
winn) stellt für sich allerdings, wie das Berufungsgericht noch zutreffend ange-
nommen hat, keine Gegenleistung dar; er kann daher, wenn er als Vorausset-
zung für den Anfall der Zuwendung vereinbart wird, keine Abhängigkeit von
einer Gegenleistung begründen und steht damit der Bejahung einer Schenkung
nicht entgegen.
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Allerdings kann eine entgeltliche Leistung auch dann vorliegen, wenn sie
als Entlohnung für besondere Bemühungen des Zuwendungsempfängers er-
folgt, die in dem zukünftigen Eintritt eines bestimmten Erfolgs (hier: des Ge-
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winns der Meisterschaft) sichtbar werden. Wer für derartige Bemühungen eine
Zuwendung zusagt, beabsichtigt - jedenfalls in der Regel - keine belohnende
Schenkung, sondern schließt einen entgeltlichen Vertrag über die Entlohnung
einer noch zu erbringenden besonderen Leistung (BGH, Urt. v. 11.11.1981
- IVa ZR 182/80, NJW 1982, 436). Dass die Zuwendung nur unter der Voraus-
setzung erfolgt, dass ein bestimmtes Ereignis in der Zukunft eintreten wird, und
die vorzunehmende Handlung vor diesem Ereignis liegt, steht dem nicht entge-
gen. Denn auch ein einseitiges Rechtsgeschäft nach Art eines Preisausschrei-
bens (§ 661 BGB) oder einer Auslobung (§ 657 BGB) bindet den Verpflichteten
nach Vornahme der Handlung (§ 658 BGB); nichts anderes gilt bei einem ent-
sprechenden zweiseitigen Rechtsgeschäft.
Eine zu entlohnende Leistung stellt die Tätigkeit des Klägers als Trainer
der Ringermannschaft dar, die er (jedenfalls auch) mit dem Ziel des Gewinns
der Meisterschaft durch die von ihm trainierte Mannschaft erbringen sollte. Das
Versprechen einer erfolgsabhängigen Zuwendung erfolgt in einem solchen Zu-
sammenhang regelmäßig zur Schaffung eines besonderen Leistungsanreizes.
Der Empfänger soll sich die Zuwendung „verdienen“ können, indem er mit sei-
ner Leistung zum Erfolgseintritt, hier zum Erringen der Meisterschaft, beiträgt.
Die mangelnde Vorhersehbarkeit und begrenzte Steuerbarkeit des Gewinns
einer Meisterschaft steht dem nicht entgegen. Feststellungen, die der erfolgs-
abhängigen Zuwendung im Streitfall ausnahmsweise einen anderen Sinn ver-
leihen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
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Für die Bejahung der Entgeltlichkeit der erfolgsabhängigen Zuwendung
ist es ausreichend, dass die Leistung des einen Teils Bedingung für die Ver-
pflichtung der anderen Seite sein soll; darauf, ob es sich um eine gleichwertige
Gegenleistung handelt, kommt es nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.1951
- II ZR 18/50, NJW 1951, 268). Mit der vom Erfolg der Ringermannschaft ab-
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hängig gemachten Zuwendung schuf der Beklagte einen Leistungsanreiz für
den Kläger, der sich durch eine besondere Trainerleistung, die ihren objektiven
Ausdruck im Erringen der Meisterschaft durch die von ihm trainierte Mann-
schaft finden sollte, eine zusätzliche Vergütung sollte erarbeiten können. Dass
der Kläger als Trainer nicht für den Beklagten tätig war, ist ebenso unerheblich
wie der Umstand, dass der Bedingungseintritt nicht allein von der Leistung des
Klägers abhing. Weder das eine noch das andere schließt eine im Rahmen der
Vertragsfreiheit mögliche Vereinbarung über eine zusätzliche Vergütung für die
Leistung eines Beitrags zu einem bestimmten Erfolg aus (§ 241 Abs. 1 BGB).
Dem entspricht auch die rechtliche Beurteilung freiwilliger Zuwendungen im
Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, die regelmäßig als Entgelt für die erbrach-
te Arbeitsleistung und nicht als Schenkung qualifiziert werden (vgl. nur J. Koch
in MünchKomm./BGB, 5. Aufl, § 516 Rdn. 33; Soergel/Mühl/Teichmann, BGB,
12. Aufl., § 516 Rdn. 26; Erman/E. Herrmann, BGB, 12. Aufl., § 516 Rdn. 12;
Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, § 516 Rdn. 8; AnwK/Dendorfer, BGB, § 516
Rdn. 26, je m.w.N.). Der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts
München (JZ 1983, 955), auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, ver-
mag der Senat nicht beizutreten.
Da die Gegenleistung des Empfängers der Zuwendung auch immateriel-
ler Art sein kann, durfte das Berufungsgericht seine Annahme, es liege eine
Schenkung vor, auch nicht auf die Erwägung stützen, dass dem Beklagten aus
dem Meistertitel keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erwachsen seien
(vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1990 - XII ZR 1/89, NJW-RR 1990, 386; v. 2.10.1991
- XII ZR 132/90, NJW 1992, 238, 239, jeweils zur ehebedingten Zuwendung).
Maßgeblich ist vielmehr, dass sich die Parteien darüber einig waren, dass dem
Kläger für seine Trainertätigkeit im Erfolgsfall eine gesonderte Vergütung zu-
gewandt werden sollte.
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Eine solche Vereinbarung unterliegt weder dem Formerfordernis des
§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB noch einer anderen Formvorschrift. Damit ist der Be-
klagte nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt die
Verpflichtung, aus der der Kläger Rechte herleitet, wirksam eingegangen, und
der Kläger kann deren Erfüllung verlangen.
III.
Da das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus zu Recht -
nicht geprüft hat, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder
Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Amtsgerichts
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begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO) und diese Prüfung vom Revisionsgericht nicht nachgeholt werden kann
(BGH, Urt. v. 30.10.2007 - X ZR 101/06, NJW 2008, 576 Tz. 27), ist die Sache
zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-
verweisen.
Meier-Beck
Keukenschrijver
Mühlens
Achilles
Berger
Vorinstanzen:
AG Zossen, Entscheidung vom 15.06.2007 - 5 C 16/07 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 12.12.2007 - 13 S 70/07 -