Urteil des BGH vom 13.12.2007

idw Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 26/05 Verkündet
am:
13. Dezember 2007
Führinger
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 398 14 719
Nachschlagewerk: ja
BGHZ
: nein
BGHR
:
ja
idw
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 26 Abs. 1 und 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 48
a) Legt der Markeninhaber im Widerspruchsverfahren ein neues eingeschränk-
tes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor, das der Entscheidung hilfs-
weise zugrunde gelegt werden soll, handelt es sich um einen Teilverzicht auf
die angegriffene Marke, der schon deshalb unwirksam ist, weil die Verzichts-
erklärung nicht bedingt abgegeben werden kann.
b) Ist im Rechtsbeschwerdeverfahren der Widerspruch aus einer Marke des
Widersprechenden erfolgreich und reicht sein Widerspruch aus einer zweiten
Marke nicht weiter als derjenige aus der ersten Marke, ist der Widerspruch
aus der zweiten Marke mit Verkündung der Entscheidung im Rechtsbe-
schwerdeverfahren gegenstandslos.
BGH, Beschl. v. 13. Dezember 2007 - I ZB 26/05 - Bundespatentgericht
- 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden des Markeninhabers und der Widerspre-
chenden gegen den an Verkündungs Statt am 26. Januar 2005 zu-
gestellten Beschluss des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats)
des Bundespatentgerichts werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Marken-
inhaber zu 1/2 und den Widersprechenden jeweils zu 1/4 zur Last.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
50.000 € festgesetzt.
Gründe:
A. Für den Markeninhaber ist die am 16. März 1998 angemeldete Wort-
marke Nr. 398 14 719
1
idw
- 3 -
am 21. September 1998 für die Waren und Dienstleistungen (für die kursiv ge-
setzten Waren und Dienstleistungen hat das Bundespatentgericht die Löschung
angeordnet bzw. die Löschungsanordnung des Deutschen Patent- und Marken-
amts bestätigt)
Fotografien, Graphiken;
Erstellen von Bildreportagen und Tonreportagen;
Übermittlung von Nachrichten,
Vermietung
von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Presseagenturen,
Sammeln und
Liefern von Pressemeldungen;
Produktion und Aus-
strahlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen; Erziehung und
Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Zusammenstellung von Rundfunk- und
Fernsehprogrammen;
und Design von Compu-
ter-Software; Computerberatungsdienste,
Vermietung von Computer-Software; Vermie-
tung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Dienstleistungen eines Graphikers;
Verwaltung von Urheberrechten;
eingetragen worden. Die Eintragung ist am 15. Oktober 1998 veröffentlicht wor-
den.
- 4 -
Gegen die Eintragung hat der Widersprechende zu 1 aus seiner seit dem
26. Oktober 1984 als durchgesetzt eingetragenen Wortmarke Nr. 1 069 633
2
IDW
und seiner seit dem 1. September 1986 eingetragenen Wort-/Bildmarke
Nr. 1 095 846
Widerspruch erhoben. Diese Widerspruchsmarken sind geschützt für die
Dienstleistungen
- 5 -
Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, ins-
besondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbe-
gleitender Fortbildung, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken, Veröffentli-
chungen von fachlichen Verlautbarungen zu Grundsatzfragen auf dem Tätig-
keitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Erstattung von Stellungnahmen zu
fachlichen und beruflichen Einzelfragen von Wirtschaftsprüfern und Wirt-
schaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern; Er-
stattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen Fragen von Wirtschafts-
prüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außerordentlichen
Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den gesetzgebenden Körperschaf-
ten von Bund und Ländern; wissenschaftliche und finanzielle Förderung von
Hochschularbeiten und Bibliotheken auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Prü-
fungs- und Treuhandwesens; Abschluss von Gruppenversicherungs-
Verträgen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie
für außerordentliche Mitglieder.
3
Die Widersprechende zu 2 hat Widerspruch erhoben aus ihrer seit dem
7. Oktober 1994 für die Waren und Dienstleistungen
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klas-
se 16 enthalten; Buchbinderartikel, nämlich Buchbindegarn, -leinen und ande-
re textile Stoffe zum Buchbinden; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für
Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel;
Pinsel; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke; Text-, Ton- und Bildträger,
ausgenommen unbelichtete Filme; Druckereierzeugnisse, nämlich Druck-
schriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge, Spiele; Lehr- und Un-
terrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten;
Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträ-
gern; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften, Zeitungen, Zeit-
schriften und Büchern; mit Programmen versehene maschinenlesbare Daten-
träger aller Art
eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789
- 6 -
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die Teillöschung der Marke beschlossen, und zwar aufgrund der Widersprüche
aus den Marken Nr. 1 069 633 und 1 095 846 des Widersprechenden zu 1 für
die Dienstleistungen
4
Erziehung und Ausbildung; Veranstaltung und Organisation von Schulungen;
Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informati-
onsangeboten im Internet; Organisation und Veranstaltung von Schulungen,
Konferenzen und Kongressen
sowie aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 2 079 789 der Widerspre-
chenden zu 2 für die Waren und Dienstleistungen
Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informations-
briefe und Zeitungen; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Herausgabe und Veröffentlichung von Texten, insbesondere von Informati-
onsangeboten im Internet.
5
Im Übrigen hat die Markenstelle die Widersprüche zurückgewiesen.
6
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt.
Der Markeninhaber hat ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor-
gelegt, das hilfsweise der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll und in
dem er einen näher bezeichneten Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem
Zusatz "außerhalb des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen
hat.
Das Bundespatentgericht hat auf die Beschwerde des Widersprechen-
den zu 1 die gegenüber der Entscheidung des Deutschen Patent- und Marken-
amts zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienstleistungen
7
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiederga-
- 7 -
begeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträ-
ger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogram-
me, Druckereierzeugnisse, insbesondere Informationsbroschüren, Informati-
onsbriefe und Zeitungen, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Appara-
te); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Informa-
tionen aus Wissenschaft und Forschung; Recherchieren, nutzerorientierte
Auswahl und Überarbeitung von Informationen gegen Entgelt für Dritte; Her-
ausgabe und Veröffentlichung von Schulungsmaterial; Dienstleistungen eines
Redakteurs; Bereitstellung von Recherchemöglichkeiten und Übermittlung von
Informationen für Wissenschaft und Technologie sowie über Experten aus
Wissenschaft und Forschung per Internet
angeordnet. Auf die Beschwerde der Widersprechenden zu 2 hat das Bundes-
patentgericht die zusätzliche Teillöschung der Marke für die Waren und Dienst-
leistungen
Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild,
Tonaufzeichnungsgeräte, Tonträger, Tonübertragungsgeräte, Tonwiederga-
begeräte, telefonische Übertragungsapparate; Magnetaufzeichnungsträger,
insbesondere Magnet- und Videobänder; Compact-Disks, optische Datenträ-
ger; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogram-
me, Computerbetriebsprogramme; Computerperipheriegeräte; Telekommuni-
kationsgeräte; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in
Klasse 16 enthalten; Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrich-
ten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nach-
richtenübermittlung; Übermittlung von Audiodateien, Bildschirmtext, Fern-
schreibdienst, Fernsprechdienst; Erstellen von Programmen für die Datenver-
arbeitung, insbesondere Aktualisieren von Computer-Software, Erstellen von
Ton- und Bildreportagen; Betrieb von Datenbanken; Bereitstellung von Re-
cherchemöglichkeiten und Übermittlung von Informationen über Wissenschaft
und Technologie sowie über Experten aus Wissenschaft und Forschung per
Internet
beschlossen. Auf die Beschwerde des Markeninhabers hat das Bundespatent-
gericht den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts insoweit aufge-
hoben, als die Marke für die Dienstleistung "Erziehung" gelöscht worden ist. Die
weitergehenden Beschwerden der Beteiligten hat das Bundespatentgericht zu-
rückgewiesen.
- 8 -
Hiergegen wenden sich der Markeninhaber und die Widersprechenden
mit (zugelassenen) Rechtsbeschwerden. Die Beteiligen beantragen, die jeweili-
ge Rechtsbeschwerde der Gegenseite zurückzuweisen.
8
9
B. Das Bundespatentgericht hat die Widersprüche nur teilweise für be-
gründet erachtet und sie im Übrigen zurückgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
Zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken beste-
he für einen Teil der Waren und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslun-
gen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr
seien nur diejenigen Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken zu
berücksichtigen, für die eine Benutzung während der nach § 43 Abs. 1
MarkenG maßgeblichen Benutzungszeiträume von Oktober 1993 bis Oktober
1998 und von Juli 1999 bis Juli 2004 bei den Widerspruchsmarken
Nr. 1 069 633 und 1 095 846 und während des Zeitraums vom 14. Juli 1999 bis
14. Juli 2004 bei der Widerspruchsmarke Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht wor-
den sei. Dies sei für eine Reihe näher bezeichneter Waren und Dienstleistun-
gen durch die eidesstattlichen Versicherungen der Organe der Widersprechen-
den und durch Vorlage von Unterlagen geschehen. Der Annahme einer rechts-
erhaltenden Benutzung stehe nicht entgegen, dass häufig beschreibende An-
gaben im Zusammenhang mit den Widerspruchsmarken verwendet worden sei-
en. Zwischen den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke und den
Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarken geschützt und
ihre Benutzung glaubhaft gemacht worden sei, bestehe teilweise Identität und
teilweise Ähnlichkeit. Zum Teil fehle es auch an der Ähnlichkeit zwischen den
Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke und denjenigen, für die
die Widerspruchsmarken geschützt seien. Dies gelte etwa für die Dienstleistung
"Erziehung" der angegriffenen Marke, für die sich bei den Widerspruchsmarken
keine ähnliche Dienstleistung finde.
10
- 9 -
11
Die angegriffene Marke und die Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW" stimm-
ten klanglich überein. Innerhalb des Bereichs der Dienstleistungsidentität oder
-ähnlichkeit bestehe bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke und klanglicher Zeichenidentität Verwechslungsgefahr i.S. von
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Für die Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846 des Widersprechenden zu 1
scheide eine bildliche Markenähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aus. Es
lasse sich aber nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, dass die Wi-
derspruchsmarke von einem erheblichen Teil des Verkehrs bei der Benennung
auf "IDW" verkürzt werde. Der Wortbestandteil "INSTITUT DER WIRT-
SCHAFTSPRÜFER" sei als Firmenmarke nicht geeignet, die Marke mitzuprä-
gen.
12
Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Ähnlichkeit der wechselseiti-
gen Waren und Dienstleistungen und klanglicher Zeichenidentität bestehe Ver-
wechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Eine Verwechslungsge-
fahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens sei auch
gegeben, soweit Teile des Verkehrs die Marke nicht verkürzten, sondern mit
"INSTITUT DER WIRTSCHAFTSPRÜFER IDW" bezeichneten. Die kollidieren-
den Marken würden wegen Übereinstimmungen in den prägenden Bestandtei-
len irrig einem Unternehmen zugeordnet.
13
Bei der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 seien
die Wortbestandteile "Verlag GmbH" glatt beschreibend und prägten den Ge-
samteindruck nicht mit. Es bestehe deshalb klangliche Zeichenidentität. Soweit
von einer Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen auszuge-
hen sei, liege bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchs-
14
- 10 -
marke und klanglicher Zeichenidentität eine unmittelbare Verwechslungsgefahr
vor. Aber auch bei den Teilen des Verkehrs, die die Widerspruchsmarke mit
"IDW Verlag GmbH" bezeichneten, könne die Gefahr des gedanklichen Inver-
bindungbringens nicht ausgeschlossen werden.
15
Die Beschwerde des Markeninhabers sei nur hinsichtlich der Dienstleis-
tung "Erziehung" begründet. Zwischen der für die angegriffene Marke bean-
spruchten Dienstleistung "Erziehung" und den Waren und Dienstleistungen, für
die die Widerspruchsmarken geschützt seien, bestehe keine Ähnlichkeit.
Wegen der anderen Waren und Dienstleistungen bleibe es bei der vom
Deutschen Patent- und Markenamt angeordneten Teillöschung.
16
C. Die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers und die Rechtsbe-
schwerden der Widersprechenden sind zulässig. In der Sache haben sie keinen
Erfolg.
17
I. Widerspruch aus der Wortmarke Nr. 1 069 633 "IDW"
18
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
19
Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr
i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den kollidierenden Marken für ei-
nen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke einge-
tragen ist, bejaht. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
20
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die
Frage, ob Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt
ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände
21
- 11 -
des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung
zwischen der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem
Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsäl-
teren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit
der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der
Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke
ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Beschl. v. 11.5.2006
- I ZB 28/04, GRUR 2006, 859 Tz. 16 = WRP 2006, 1227 - Malteserkreuz;
BGHZ 171, 89 Tz. 33 - Pralinenform).
b) Das Bundespatentgericht hat eine Ähnlichkeit zwischen denjenigen
Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die von der Löschungs-
anordnung erfasst werden, und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke,
deren Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, rechtsfehlerfrei bejaht.
22
aa) Der Markeninhaber hat die Einrede mangelnder Benutzung i.S. von
§ 43 Abs. 1 MarkenG erhoben. Bei der Entscheidung dürfen deshalb nur dieje-
nigen Waren oder Dienstleistungen der Widerspruchsmarke berücksichtigt wer-
den, für die der Widersprechende zu 1 eine Benutzung glaubhaft gemacht hat
(§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Maßgeblich für die Frage der Benutzung in zeit-
licher Hinsicht sind vorliegend nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Fünfjah-
reszeitraum vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am
15. Oktober 1998 und nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der weitere Fünfjah-
reszeitraum vor der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am
14. Juli 2004 (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 - I ZB 9/96, GRUR 1998, 938,
939 f. = WRP 1998, 993 - DRAGON; Beschl. v. 10.11.1999 - I ZB 53/98, GRUR
2000, 510 = WRP 2000, 541 - Contura; Beschl. v. 15.9.2005 - I ZB 10/03,
GRUR 2006, 150 Tz. 8 = WRP 2006, 241 - NORMA).
23
- 12 -
bb) Das Bundespatentgericht ist für diese Zeiträume zu Recht von der
Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Wortmarke "IDW"
ausgegangen. Es hat angenommen, dass die Benutzung der Widerspruchs-
marke "IDW" für den Zeitraum von Oktober 1993 bis Oktober 1998 durch die
eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers K. des Widersprechenden
zu 1 vom 17. Dezember 1999 und die Anlagen 2 bis 9, 11, 15 und 18 und für
den Zeitraum vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004 durch die eidesstattliche Ver-
sicherung des Vorstandssprechers Prof. Dr. N. vom 10. Februar 2004 nebst
Anlagen glaubhaft gemacht worden ist.
24
Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg
mit der Begründung, aus den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezem-
ber 1999 und 10. Februar 2004 folge nicht, welche der verschiedenen Wider-
spruchsmarken benutzt worden seien. Aus den beigefügten Anlagen ergebe
sich kein einheitliches Bild einer ernsthaften Benutzung.
25
(1) Eine Unterscheidung zwischen den Widerspruchsmarken ist vorlie-
gend allerdings erforderlich.
26
Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke i.S. von § 26 Abs. 1
MarkenG erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die Wa-
ren oder Dienstleistungen verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Wird die
Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine
rechtserhaltende Benutzung nach § 26 Abs. 3 MarkenG nur vor, wenn die Ab-
weichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das
ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade
bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der
eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt, in der benutzten Form noch diesel-
be Marke sieht (BGH, Beschl. v. 20.1.2005 - I ZB 31/03, GRUR 2005, 515
27
- 13 -
= WRP 2005, 620 - FERROSIL; Urt. v. 8.2.2007 - I ZR 71/04, GRUR 2007, 592
Tz. 12 = WRP 2007, 958 - bodo Blue Night). Diese Beurteilung ist grundsätzlich
dem Tatrichter vorbehalten. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist sie nur einge-
schränkt überprüfbar. Feststellungen dazu, dass der Verkehr die Wortmarke
Nr. 1 069 633 und die Wort-/Bildmarken Nr. 1 095 846 und Nr. 2 079 789 als ein
und dasselbe Zeichen ansieht, hat das Bundespatentgericht nicht getroffen.
Dazu müsste der Verkehr den in den Wort-/Bildmarken gegenüber dem Mar-
kenwort "IDW" der Wortmarke Nr. 1 069 633 hinzugefügten Wortbestandteilen
und den weiteren Bildbestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende
Wirkung beimessen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR
2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud; GRUR 2005, 515 - FERROSIL).
Für eine derartige Annahme ist vorliegend nichts ersichtlich.
Die Benutzung der für Waren und Dienstleistungen eingetragenen Marke
wirkt zudem nur dann rechtserhaltend, wenn sie deren Hauptfunktion entspricht,
dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantie-
ren, indem sie ihm ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen von Waren oder
Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Eine rechtserhaltende Be-
nutzung i.S. von § 26 MarkenG liegt dementsprechend nicht vor, wenn das Zei-
chen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen Verwendung findet (BGH,
Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 253/00, GRUR 2003, 428, 430 = WRP 2003, 647 - BIG
BERTHA; Urt. v. 21.7.2005 - I ZR 293/02, GRUR 2005, 1047, 1049 = WRP
2005, 1527 - OTTO).
28
(2) Die erforderliche Unterscheidung zwischen den einzelnen Wider-
spruchsmarken hat das Bundespatentgericht getroffen. Es ist auch zutreffend
davon ausgegangen, dass durch die eidesstattlichen Versicherungen vom
17. Dezember 1999 und 10. Februar 2004 und die beigefügten Anlagen eine
29
- 14 -
rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S. von § 26 MarkenG für
folgende Dienstleistungen glaubhaft gemacht worden ist:
Fachliche Beratung von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften sowie von außerordentlichen Mitgliedern des Zeicheninhabers, ins-
besondere über eine unabhängige, eigenverantwortliche und fachgerechte
Berufsausübung im Rahmen einheitlicher Grundsätze; fachliche Beratung des
Wirtschaftsprüfernachwuchses; Durchführung und fachliche, finanzielle und
organisatorische Unterstützung von Ausbildungsmaßnahmen, insbesondere
von Lehrgängen, Seminaren, Kursen und Vorträgen, auch solche berufsbe-
gleitender Fortbildung, Veröffentlichungen von fachlichen Verlautbarungen zu
Grundsatzfragen auf dem Tätigkeitsgebiet eines Wirtschaftsprüfers und Er-
stattung von Stellungnahmen zu fachlichen und beruflichen Einzelfragen von
Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie von außeror-
dentlichen Mitgliedern; Erstattung von Gutachten in fachlichen und beruflichen
Fragen von Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie
von außerordentlichen Mitgliedern, insbesondere auch gegenüber den ge-
setzgebenden Körperschaften von Bund und Ländern.
In den eidesstattlichen Versicherungen vom 17. Dezember 1999 und
10. Februar 2004 wird zwar zwischen den Widerspruchsmarken nicht im Ein-
zelnen unterschieden. Vielmehr ist in der eidesstattlichen Versicherung vom
17. Dezember 1999 nur allgemein von der Widerspruchsmarke die Rede. Auf
welche Widerspruchsmarke sich die Angaben in dieser eidesstattlichen Versi-
cherung beziehen, wird jedoch durch die beigefügten Anlagen hinreichend deut-
lich, auf die sich das Bundespatentgericht bezogen hat. Aufgrund der Angaben
in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. Dezember 1999 und der Anlagen
(Anl. 2 bis 9, 11, 15 und 18) ist das Bundespatentgericht zu Recht davon aus-
gegangen, dass eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke "IDW" von
dem Widersprechenden zu 1 im Zeitraum vom 15. Oktober 1993 bis 15. Okto-
ber 1998 glaubhaft gemacht worden ist. Entsprechendes gilt für den Zeitraum
vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli 2004, für den das Bundespatentgericht zutreffend
angenommen hat, die rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke "IDW" i.S.
von § 26 MarkenG sei durch die eidesstattliche Versicherung vom 10. Februar
2004 und die beigefügten Anlagen glaubhaft gemacht.
30
- 15 -
cc) Ebenso wenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Bun-
despatentgericht eine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen der Wider-
spruchsmarke "IDW", für die es eine rechtserhaltende Benutzung festgestellt
hat, und den zu löschenden Waren und Dienstleistungen der angegriffenen
Marke bejaht hat.
31
(1) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen
sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen
den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere
die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung
sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende
Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Wa-
ren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter
ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Be-
rührungspunkte aufweisen. Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleis-
tungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der
Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der
Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es
eine absolute Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit, die auch bei Identität
der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren
Marke ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - C-39/97, Slg.
1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Tz. 15 - Canon; BGH, Beschl. v. 28.9.2006
- I ZB 100/05, GRUR 2007, 321 Tz. 20 = WRP 2007, 321 - COHIBA).
32
(2) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass zwischen den Wa-
ren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen Marke ange-
ordnet worden ist, und den Dienstleistungen "Fachliche Beratung von Wirt-
schaftsprüfern; Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen; Veröffentlichung
33
- 16 -
von Verlautbarungen, Unterhaltung von Präsenzbibliotheken" jedenfalls Ähn-
lichkeit gegeben ist.
34
Gegen diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beur-
teilung macht die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg geltend, das Bundespatentge-
richt habe rechtsfehlerhaft angenommen, es gehe jeweils um Aus- oder Fortbil-
dung. Sie rügt, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht unberücksichtigt ge-
lassen, dass sich die durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistun-
gen an eine hoch spezialisierte Zielgruppe richteten, während die Waren und
Dienstleistungen der angegriffenen Marke ein allgemeines Publikum mit erhöh-
tem Bildungsstand ansprächen. Das hat das Bundespatentgericht ebenfalls
seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es hat zu Recht angenommen, dass die
wechselseitigen Dienstleistungen dem Bereich Wissenschaft und Forschung
zuzurechnen sind und der größere Kreis der durch die Waren und Dienstleis-
tungen angesprochenen Verkehrskreise der angegriffenen Marke die Annahme
einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit nicht hindere.
(3) Schließlich steht der vom Bundespatentgericht angenommenen Ähn-
lichkeit der Waren oder Dienstleistungen auch nicht der Umstand entgegen,
dass der Markeninhaber ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor-
gelegt hat, das der Entscheidung hilfsweise zugrunde gelegt werden soll und in
dem er einen Teil der Waren und Dienstleistungen mit dem Zusatz "Außerhalb
des Bereichs der Wirtschafts- und Steuerberatung" versehen hat. Die teilweise
Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffe-
nen Marke um den Bereich der "Wirtschafts- und Steuerberatung" stellt einen
Teilverzicht auf die angegriffene Marke i.S. von § 48 MarkenG dar. Dieser Teil-
verzicht ist schon deshalb unwirksam, weil die Verzichtserklärung, die ohne
weiteres zum vollständigen oder teilweisen Erlöschen der Marke führt (vgl.
BGH, Beschl. v. 19.10.2000 - I ZB 62/98, GRUR 2001, 337, 338 = WRP 2001,
35
- 17 -
408 - EASYPRESS), nicht bedingt abgegeben werden kann (Fezer, Marken-
recht, 3. Aufl., § 48 Rdn. 7; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 6),
wie dies vorliegend geschehen ist.
36
c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die
als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragene Widerspruchsmarke "IDW"
mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über durchschnittliche Kennzeich-
nungskraft verfügt (vgl. BGHZ 171, 89 Tz. 35 - Pralinenform).
d) Das Bundespatentgericht ist von einer Zeichenidentität in klanglicher
Hinsicht ausgegangen. Das Abstellen auf die Zeichenidentität in klanglicher
Hinsicht ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtspre-
chung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesge-
richtshofs ist nicht auszuschließen, dass allein die klangliche Zeichenidentität
der Marken eine Verwechslungsgefahr begründen kann (EuGH, Urt. v.
22.6.1999 - C-342/97, Slg. 1999, I-3819 = GRUR Int. 1999, 734 Tz. 27 f.
= WRP 1999, 806 - Lloyd; Urt. v. 23.3.2006 - C-206/04, Slg. 2006, I-2717
= GRUR 2006, 413 Tz. 21 - ZIRH/SIR; BGHZ 139, 340, 347 - Lions).
37
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang
geltend, der klanglichen Zeichenähnlichkeit komme für die Annahme einer Ver-
wechslungsgefahr vorliegend keine Bedeutung zu. Nähere Darlegungen, wa-
rum die klangliche Zeichenähnlichkeit ausnahmsweise außer Betracht bleiben
soll, fehlen. Allein der Hinweis der Rechtsbeschwerde, der Widersprechende
zu 1 kommuniziere mit seinen Mitgliedern zum weitaus überwiegenden Teil in
schriftlicher Form, rechtfertigt nicht die vollständige Außerachtlassung der
klanglichen Zeichenähnlichkeit, zumal die Zeichen auch schriftbildlich nahezu
identisch sind.
38
- 18 -
e) Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG durch das Bundespatentgericht ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
Bei bestehender klanglicher Zeichenidentität und normaler Kennzeichnungs-
kraft der Widerspruchsmarke ist ein sehr weiter Abstand zwischen den von den
kollidierenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen erforderlich, um
eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen halten die Waren und
Dienstleistungen, für die das Bundespatentgericht eine Ähnlichkeit bejaht hat,
nicht ein.
39
2. Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1
40
Zu Recht hat das Bundespatentgericht eine weitergehende Löschung der
angegriffenen Marke abgelehnt und den Widerspruch des Widersprechenden
zu 1 aus der Marke Nr. 1 069 633 "IDW" insoweit zurückgewiesen (§ 9 Abs. 1
Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG), als damit eine Verwechs-
lungsgefahr hinsichtlich der weiteren (im oben unter A wiedergegebenen Wa-
ren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht kursiv gesetzten) Waren und Dienst-
leistungen geltend gemacht wird.
41
Eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen
den kollidierenden Marken scheidet im Hinblick auf die weiteren Waren und
Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke geschützt ist, aus, weil das
Bundespatentgericht zwischen diesen Waren und Dienstleistungen zutreffend
von (absoluter) Unähnlichkeit ausgegangen ist. Die Feststellung, ob eine Ähn-
lichkeit der Waren oder Dienstleistungen angenommen werden kann, liegt im
Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist
sie nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff
zugrunde gelegt, entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Le-
benserfahrung geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffe-
42
- 19 -
nen Feststellungen getragen wird (BGH, Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 94/04, GRUR
2007, 1066 Tz. 23 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit). Nach diesen Maßstäben
ist die tatrichterliche Beurteilung des Bundespatentgerichts nicht zu beanstan-
den. Gegenteiliges zeigt die Rechtsbeschwerde auch nicht auf. Vielmehr setzt
sie nur ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
II. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 1 095 846
43
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
44
Das Bundespatentgericht hat eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9
Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Widerspruchsmarke Nr. 1 095 846 des Wi-
dersprechenden zu 1 und der angegriffenen Marke für einen Teil der Waren
und Dienstleistungen der angegriffenen Marke bejaht. Ob dies frei von Rechts-
fehlern ist, kann dahinstehen. Der Widerspruch aus der Marke Nr. 1 095 846
des Widersprechenden zu 1 reicht nicht weiter als sein Widerspruch aus der
Marke Nr. 1 069 633.
45
Die Waren und Dienstleistungen, für die die Löschung der angegriffenen
Marke vom Bundespatentgericht aufgrund des vorliegenden Widerspruchs an-
geordnet worden ist, sind mit denjenigen Waren und Dienstleistungen identisch,
wegen deren die teilweise Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des
Widerspruchs aus der Marke Nr. 1 069 633 erfolgt. Die Rechtsbeschwerde des
Markeninhabers gegen die Anordnung dieser Teillöschung bleibt ohne Erfolg
(dazu Abschn. C I). Mit der Verkündung der vorliegenden Entscheidung wird die
teilweise Löschungsanordnung aufgrund der Widerspruchsmarke Nr. 1 069 633
rechtskräftig und der Widerspruch hinsichtlich derselben Waren und Dienstleis-
tungen der angegriffenen Marke gegenstandslos, weil die Löschung auf den
Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke zurückwirkt, § 43 Abs. 4 i.V.
46
- 20 -
mit § 52 Abs. 2 MarkenG (vgl. hierzu Fezer/Fink, Handbuch der Markenpraxis,
1. Teil, Kapitel 1 Rdn. 422).
47
2. Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1
48
Die Rechtsbeschwerde des Widersprechenden zu 1 gegen die Zurück-
weisung seines Widerspruchs ist aus den unter C I 2 dargelegten Gründen nicht
begründet.
III. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 IDW-Verlag
49
1. Rechtsbeschwerde des Markeninhabers
50
Das Bundespatentgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass zwi-
schen der Wort-/Bildmarke Nr. 2 079 789 der Widersprechenden zu 2 und der
angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG für einen Teil der Waren und Dienstleistungen, für die die angegriffe-
ne Marke eingetragen ist, besteht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde
ohne Erfolg.
51
a) Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, dass die
Widersprechende zu 2 eine rechtserhaltende Benutzung der Wort-/Bildmarke
Nr. 2 079 789 glaubhaft gemacht hat. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der
Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Oktober 1998 war die am
7. Oktober 1994 eingetragene Widerspruchsmarke noch keine fünf Jahre einge-
tragen. Maßgeblich für die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist im Streit-
fall daher nicht § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, sondern ausschließlich der Fünf-
jahreszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG vom 14. Juli 1999 bis 14. Juli
2004. Für diesen Zeitraum hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Be-
52
- 21 -
nutzung für eine Reihe vom Bundespatentgericht näher bezeichneter Waren
und Dienstleistungen aufgrund der eidesstattlichen Versicherung ihres Ge-
schäftsführers von B. vom 23. Juni 2000 und der vom Bundespatentgericht in
Bezug genommenen Anlagen glaubhaft gemacht. Dagegen wendet sich die
Rechtsbeschwerde, soweit die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Be-
nutzung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klas-
se 16 enthalten; Text-, Ton- und Bildträger, ausgenommen unbelichtete Filme;
Produktion von Text-, Ton- und Bildaufnahmen auf Text-, Ton- und Bildträ-
gern; Veröffentlichung und Herausgabe von mit Programmen versehene ma-
schinenlesbare Datenträger aller Art
in Rede steht. Das Bundespatentgericht konnte jedoch zu Recht aufgrund der in
Bezug genommenen Anlagen 25 und 26 von der rechtserhaltenden Benutzung
für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ausgehen. Den zahlrei-
chen Daten, die in diesen Anlagen angeführt sind, ist ein hinreichender Bezug
zu dem maßgeblichen Fünfjahreszeitraum zu entnehmen. Die Vielzahl der vor-
gelegten Anlagen und die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom
23. Juni 2000, die sich auch auf den maßgeblichen Fünfjahreszeitraum bezie-
hen, belegen, dass die Widerspruchsmarke von der Widersprechenden zu 2
ernsthaft benutzt worden ist. Schließlich hat die Widersprechende zu 2 die Wi-
derspruchsmarke auch in der mit der Eintragung identischen Form oder in einer
Weise benutzt, die den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
b) Zutreffend hat das Bundespatentgericht auch eine Identität oder Ähn-
lichkeit der kollidierenden Marken für einen Teil der Waren und Dienstleistun-
gen bejaht.
53
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kommt es in diesem Zusam-
menhang nicht darauf an, dass die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichne-
54
- 22 -
ten Waren und Dienstleistungen für Druckerzeugnisse zum Themengebiet
"Wirtschaftsrecht" benutzt werden und die Widersprechende zu 2 ihre Abneh-
merkreise bei Wirtschaftsprüfern und Wirtschaftsjuristen findet. Die Eintragung
der Widerspruchsmarke ist für die Waren und Dienstleistungen nicht beschränkt
auf Produkte und Dienstleistungen mit wirtschaftsrechtlichem Inhalt erfolgt. Die
Widerspruchsmarke ist für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen
rechtserhaltend benutzt worden, ohne dass es auf den jeweiligen thematischen
Inhalt der Druckerzeugnisse (z.B. Wirtschaftsrecht) ankommt.
c) Zutreffend ist das Bundespatentgericht auch von einer durchschnittli-
chen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen.
55
d) Das Bundespatentgericht hat eine Zeichenidentität in klanglicher Hin-
sicht zwischen den Kollisionsmarken angenommen. Das ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt der
Zeichenähnlichkeit in klanglicher Hinsicht im Streitfall auch Bedeutung zu (dazu
Abschn. C I 1 d).
56
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit hat das Bundespatentgericht
in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs auf den jeweiligen
Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abgestellt (vgl. EuGH,
Urt. v. 12.6.2007 - C-334/05, GRUR 2007, 700 Tz. 35 - HABM/Shaker; BGH,
Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 37/04, GRUR 2007, 235 Tz. 21 = WRP 2007, 186
- Goldhase).
57
Es ist zu Recht auch davon ausgegangen, dass bei der Widerspruchs-
marke der Wortbestandteil "Verlag GmbH" die in Rede stehenden Waren und
Dienstleistungen und die Rechtsform beschreibt und deshalb den Gesamtein-
58
- 23 -
druck der Widerspruchsmarke nicht mitprägt (vgl. BGH, Urt. v. 22.7.2004
- I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 867 = WRP 2004, 1281 - Mustang).
59
Bei klanglicher Zeichenidentität, normaler Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke und Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistun-
gen ist danach die Annahme einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
2. Rechtsbeschwerde der Widersprechenden zu 2
60
Die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden zu 2 ist zulässig, aber un-
begründet. Das Bundespatentgericht hat eine weitergehende Verwechslungs-
gefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Kollisionsmarken zu
Recht verneint.
61
a) Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass die Wider-
sprechende zu 2 für einen Teil der Waren eine rechtserhaltende Benutzung der
Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat. Ohne Erfolg macht die
Rechtsbeschwerde dagegen geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht mit
Gründen versehen. Über die Feststellung hinaus, dass sich aus den vorgeleg-
ten Unterlagen für diesen Teil der Waren, für die die Widerspruchsmarke ge-
schützt ist, keine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ergibt,
waren weitergehende Ausführungen nicht erforderlich. Die Rechtsbeschwerde
zeigt auch nicht im Einzelnen auf, für welche Waren sich für den maßgeblichen
Zeitraum aus den Unterlagen eine ernsthafte rechtserhaltende Benutzung der
Widerspruchsmarke ergeben soll. Der allgemein gehaltene Verweis der
Rechtsbeschwerde auf den Beschwerdevortrag reicht hierzu nicht aus.
62
- 24 -
b) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe, mit denen sich die Rechtsbe-
schwerde dagegen wendet, dass das Bundespatentgericht für einen Teil der
Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke eine Ähnlichkeit mit den-
jenigen, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist, verneint hat. Das Bun-
despatentgericht hat dies zwar nicht näher begründet. Aus dem Gesamtzu-
sammenhang der Erwägungen der Vorinstanzen ergibt sich aber, dass diese
davon ausgegangen sind, die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht
annehmen, dass dieser Teil der Waren und Dienstleistungen unter der Kontrolle
desselben Unternehmens hergestellt werde. Gegenteiliges zeigt die Rechtsbe-
schwerde mit dem allgemein gehaltenen Hinweis auf die Beschwerdebegrün-
dung ebenfalls nicht auf.
63
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.
64
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann
Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.01.2005 - 32 W(pat) 78/02 -