Urteil des BGH vom 27.02.2014

BGH: hehlerei, munition, verbringen, beihilfe, strafzumessung, straftat, verletzter, verbreitung, kokain, verfall

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 S t R 1 5 / 1 4
vom
27. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. + 3.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
zu 2.:
Hehlerei u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und N. wird das
Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. September 2013
a) bezüglich des Angeklagten B.
aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Ange-
klagte B. im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen Heh-
lerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit
Schusswaffen und Munition und mit unerlaubtem Ver-
bringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des
Waffengesetzes schuldig ist,
bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1,
12 und 13 der Urteilsgründe und im Gesamtstraf-
ausspruch aufgehoben,
cc) im Ausspruch über den Verfall (von Wertersatz) mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die An-
ordnung einen Betrag in Höhe von 18.975 Euro über-
steigt,
b) bezüglich des Angeklagten N.
aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Ange-
klagte N. wegen Hehlerei in Tateinheit mit unerlaub-
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tem Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und
mit unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen in den
Geltungsbereich des Waffengesetzes schuldig ist,
bb) im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an ei-
ne andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückver-
wiesen.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und
N. werden verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten O. gegen das vorgenannte Urteil
wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der
Schuldspruch wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten
Verbringens von Munition in den Geltungsbereich des Waffen-
gesetzes entfällt.
Der Angeklagte O. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tra-
gen.
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Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklag-
ten B.
wegen „gewerbsmäßiger Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem
Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und in weiterer Tateinheit mit
unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen und Munition in den Geltungsbe-
reich des Waffengesetzes sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-
bungsmitteln in zehn Fällen, wobei es sich in sieben Fällen um eine nicht gerin-
ge Menge handelte, und wegen Steuerhehlerei in zwei Fällen“ zu einer Ge-
samtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten; den Angeklagten N.
wegen „gewerbsmäßiger Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben
mit Schusswaffen und Munition und in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Ver-
bringen von Schusswaffen und Munition in den Geltungsbereich des Waffenge-
setzes“ zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten; den Ange-
klagten O.
wegen „unerlaubten Verbringens von Schusswaffen und Munition in
den Geltungsbereich des Waffengesetzes in Tateinheit mit Beihilfe zur Hehlerei
und in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Schusswaffen
und Munition sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in 24 Fällen, wobei es sich in einem Fall um eine nicht geringe Menge handelte,
und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in zwei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren und sechs Monaten. Zudem hat das Landgericht 264,79 Gramm Kokain
eingezogen und hinsichtlich des Angeklagten B. einen Betrag in Höhe von
42.400 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. einen Betrag in Höhe von
1.070 Euro für verfallen erklärt.
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II.
Die jeweils mit der Sachrüge begründeten Revisionen der Angeklagten
erzielen den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbe-
gründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Zum Schuldspruch:
a) Der Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei bei den Angeklagten
B. und N. wird von den Feststellungen nicht getragen.
Gewerbsmäßigkeit bedeutet, dass der Täter die Absicht verfolgt, sich
durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger
Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Wiederholungsabsicht des Tä-
ters muss sich dabei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch
das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (st. Rspr.; vgl. nur Beschluss
vom 2. Februar 2011
– 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516).
Die Revisionen und der Generalbundesanwalt weisen zutreffend darauf
hin, dass
– anders als das Landgericht meint – beim einmaligen Sichverschaf-
fen mehrerer gestohlener Gegenstände die Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei
nicht daraus geschlossen werden kann, dass die Hehlerware anschließend
sukzessive nur einzeln verkauft wird (vgl. Reichsgericht, Urteil vom 22. Novem-
ber 1918
– IV 740/18, RGSt 53, 155; BGH, Urteil vom 19. Juni 1952 – 5 StR
491/52; Fischer, StGB, 61. Aufl., Vor § 52 Rn. 61a mwN; vgl. auch [jeweils zu
§ 146 Abs. 1 StGB] BGH, Beschlüsse vom 1. September 2009
– 3 StR 601/08,
NStZ 2010, 148, 149; vom 2. Februar 2011
– 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515,
516). Feststellungen dazu, dass die Angeklagten B. und N. neben der
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festgestellten Tat weitere Hehlereitaten beabsichtigt hätten, was für die An-
nahme von Gewerbsmäßigkeit trotz einmaliger Tatbegehung ausreichen würde,
enthält das Urteil nicht. Weil es sich bei dem Angebot des Kaufs gestohlener
Waffen um ein überraschendes einmaliges Angebot handelte, schließt der Se-
nat mit dem Generalbundesanwalt aus, dass insoweit weitere Feststellungen
getroffen werden können, die den Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei
tragen könnten. Der Schuldspruch war deshalb entsprechend § 354 Abs. 1
StPO bei beiden Angeklagten auf (einfache) Hehlerei zu ändern.
Soweit der Generalbundesanwalt meint, bei dem Angeklagten B.
könne der Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei gleichwohl bestehen
bleiben, weil sich dieser in zwei Fällen wegen (gewerbsmäßig begangener)
Steuerhehlerei nach § 374 AO schuldig gemacht hat, vermag der Senat dem
nicht zu folgen
. Gemäß § 260 Abs. 1 StGB muss „die Hehlerei“ gewerbsmäßig
begangen werden, weshalb sich die Wiederholungsabsicht auf den Tatbestand
des § 259 StGB beziehen muss.
b) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch auch insoweit nicht, als
die Angeklagten B. , N. und O. wegen des unerlaubten Verbringens von
Munition in den Geltungsbereich des Waffengesetzes verurteilt worden sind,
denn sie haben nur Waffen, aber keine Munition von der Schweiz in das Bun-
desgebiet verbracht. Auch insoweit schließt der Senat aus, dass noch weiter-
gehende Feststellungen getroffen werden können. Der Schuldspruch war des-
halb entsprechend § 354 Abs. 1 StPO abzuändern.
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2. Zum Strafausspruch:
a) Die Änderung des Schuldspruchs führt bei den Angeklagten B.
und N. zur Aufhebung des entsprechenden Strafausspruchs, weil das
Landgericht die Strafe jeweils dem Strafrahmen des § 260 Abs. 1 StGB ent-
nommen hat. Da der Rechtsfehler den Schuldspruch betrifft, ist es dem Senat
verwehrt, von sich aus auf die ausgeurteilte Strafe als angemessene Strafe zu
erkennen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007
– 2 BvR 136/05, 1447/05,
BVerfGE 118, 212), auch wenn die in diesen Fällen jeweils verhängten Strafen
(drei Jahre und neun Monate bzw. drei Jahre und zwei Monate) angesichts der
großen Anzahl von Schusswaffen und deren besonders gefährlicher Verbrei-
tung im kriminellen Milieu eher milde erscheinen.
b) Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts waren zudem
zur Klarstellung die vom Landgericht in den Fällen II. 12 und 13 gegen den An-
geklagten B. versehentlich verhängten Einzelfreiheitsstrafen aufzuheben.
Diese Fälle betreffen alleine den Angeklagten O. , weshalb das Landgericht
auch keine Feststellungen zu einer Straftat des Angeklagten B. in diesen
Fällen getroffen hat.
c) Die Aufhebung der drei Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Ge-
samtstrafausspruchs bei dem Angeklagten B. nach sich.
d) Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht, weil diese
von der Gesetzesverletzung nicht berührt werden (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Das
Landgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisheri-
gen nicht widersprechen.
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e) Bei dem Angeklagten O. kann der Senat ausschließen, dass sich die
geringfügige Änderung des Schuldspruchs auf den Strafausspruch ausgewirkt
hat. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht insoweit nur auf die
große Anzahl von Schusswaffen, nicht aber auf etwa miteingeführte Munition
abgestellt.
3. Zur Verfallsentscheidung:
Dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend hebt der Senat die Ver-
fallsanordnung betreffend den Angeklagten B. mit den zugehörigen Fest-
stellungen auf, soweit diese den Betrag von 18.975 Euro übersteigt. Aus den
abgeurteilten Drogengeschäften hat der Angeklagte B. insgesamt einen
solchen Betrag als Verkaufserlös erlangt. Bezüglich der darüber hinaus gehen-
den Summe, die sich aus den Erlösen des Waffenverkaufs und des Verkaufs
unverzollter Zigaretten zusammensetzt, hat das Landgericht nicht bedacht,
dass insoweit Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen
(§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2008
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96/08 zur Hehlerei; Beschluss vom 28. Juni 2011
– 1 StR 37/11 zur Steuerheh-
lerei, jeweils mwN). Das Landgericht wird insoweit zu prüfen haben, ob und in-
wieweit die Voraussetzungen des § 111i Abs. 2 StPO vorliegen.
Raum Wahl Graf
Jäger Mosbacher