Urteil des BGH vom 14.01.2004

BGH: quelle, anmerkung, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, werklohn, bauvertrag, vollstreckbarkeit, dokumentation, zeugnis

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Gericht:
OLG Frankfurt 4.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 U 154/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 275 Abs 1 ZPO, § 296 Abs 1
ZPO
(Früher erster Termin: Anwendbarkeit der
Verspätungsvorschriften)
Leitsatz
Zur Anwendung der Verspätungsvorschriften im frühen ersten Termin.
Tenor
[Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde
vom Gericht nicht mitgeteilt.]
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf restlichen Werklohn in Höhe von insgesamt
noch 42.392,07 € aus einem Bauvertrag vom 29.10.1999 in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im
angefochtenen Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 25.6.2003 (Blatt 135 ff.)
Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage in einer Höhe von 38.625,50 €
stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen; insoweit wird auf die
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses den Beklagten am 4. Juli 2003 und der Klägerin am 9. Juli 2003
zugestellte Urteil wenden sich sowohl die Beklagten mit ihrer am 31. Juli 2003
eingelegten Berufung als auch die Klägerin mit ihrer am 8. August 2003
eingelegten Berufung.
Die Beklagten wiederholen vollumfänglich ihren Vortrag aus dem erstinstanzlichen
Schriftsatz vom 3.6.2003. Zwar wenden sie sich nicht dagegen, dass ihr Vortrag
verspätet war und auch keine Entschuldigungsgründe dafür vorliegen. Sie sind
jedoch der Auffassung, ihr Vorbringen hätte dennoch berücksichtigt werden
müssen, weil die Erledigung des Rechtsstreits dadurch nicht verzögert worden
wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der
Beklagten vom 6.10.2003 verwiesen.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 25.6.2003 die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und sie unter Abänderung des Urteils
des Landgerichts Wiesbaden vom 25.6.2003 zu verurteilen, als Gesamtschuldner
an die Klägerin weitere 3.766,57 € nebst 5 % Zinsen per anno seit 29.1.2001 zu
zahlen.
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Die Klägerin rügt, das Vorbringen der Beklagten in dem verspäteten Schriftsatz
vom 3.6.2003 hätte auch nicht insoweit berücksichtigt werden dürfen, als die
Beklagten darin hinsichtlich einzelner Mängel vortragen, die Parteien hätten sich
auf Minderungsbeträge in Höhe von insgesamt € 3.766,57 geeinigt. Wenn das
Landgericht den Vortrag der Beklagten zumindest teilweise habe zulassen wollen,
so sei es verpflichtet gewesen, der Klägerin hierzu einen rechtlichen Hinweis zu
geben und ihr einen Schriftsatznachlass einzuräumen. Tatsächlich seien diese
Positionen nicht unstreitig, sondern streitig. Soweit die Beklagten ihren Vortrag
vom 3.6.2003 unter Zeugenbeweis gestellt hätten, lauteten die Beweisangebote
allesamt lediglich " N.N. ". Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der
Klägerin wird auf deren Berufungsbegründung vom 4.9.03 und den Schriftsatz vom
7.11.03 Bezug genommen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Insoweit wird auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 17.11.03 verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegten und fristgemäß begründeten Berufungen
sind zulässig. Die Berufung der Beklagten bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg,
denn ihr Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 3.6.2003 ist vom Landgericht zu
Recht überwiegend als verspätet zurückgewiesen worden (§ 531 Abs. 1 ZPO). Das
Landgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass eine Zulassung des
verspäteten Vorbringens der Beklagten zu einer Verzögerung des Rechtsstreits im
Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO geführt hätte, und zwar sowohl, soweit das
Landgericht noch Hinweise an die Beklagten für nötig hielt als auch im Hinblick auf
den Vortrag der Klägerin. Diese hat nämlich bereits mit der Klageschrift zu den
vorprozessualen Mängelrügen der Beklagten ausführlich Stellung genommen und
im Einzelnen dargelegt, dass nach durchgeführten Nachbesserungsarbeiten von
den Beklagten in den Abnahmen nicht angegebene vorgeblich neue Mängel gerügt
würden. Solche Mängel lägen jedoch nicht vor. Da die Klägerin somit das
Vorhandensein weiterer Mängel bereits zuvor bestritten hat, hätte in jedem Falle
nur auf Grund der verspäteten Behauptungen der Beklagten über weitere Mängel,
soweit sie ausreichend substantiiert beschrieben und unter
Sachverständigenbeweis gestellt sind, weiter verhandelt und Beweis erhoben
werden müssen, was jedenfalls zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt
hätte. Eines ansonsten zunächst erforderlichen Schriftsatznachlasses zu Gunsten
der Klägerin bedurfte es deswegen vorliegend nicht einmal mehr, weil eben ein
Bestreiten der Klägerin hinsichtlich weiterer Mängel bereits feststand. Entgegen
der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass der Prozess auch
dann länger gedauert hätte, wenn die Beklagten rechtzeitig vorgetragen hätten.
Vielmehr hat auch das Bundesverfassungsgericht den so genannten absoluten
Verzögerungsbegriff des Bundesgerichtshofs als grundsätzlich mit den
Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar angesehen (vgl. BVerfG
NJW 1989, 705). Allerdings ist das Urteil des Landgerichts auf die Berufung der
Klägerin abzuändern, weil zu Unrecht davon ausgegangen wird, dass ein Teil der
verspätet vorgetragenen Mängelrügen als unstreitig zu berücksichtigen sei. Es
handelt sich insoweit um die in der Klageerwiderung und in der
Berufungsbegründung jeweils unter Ziffern 1, 2, 11,16 ,19 und 20 von den
Beklagten behaupteten Mängel, deretwegen man sich auf Minderungsbeträge in
Höhe von insgesamt DM 7366,77, entsprechend € 3.766,57, geeinigt habe. Schon
wegen des Bestreitens weiterer Mängel durch die Klägerin in der Klageschrift durfte
das Landgericht nicht annehmen, dass das diesbezügliche Vorbringen der
Beklagten unstreitig ist. Aber selbst wenn es insoweit auf Grund der konkret
behaupteten Abzugsbeträge noch einen ergänzenden Vortrag der Klägerin zu
etwaigen Vereinbarungen mit den Beklagten für erforderlich gehalten hat, hätte
ein entsprechender Hinweis an die Klägerin erteilt werden müssen, damit sie
Gelegenheit hat, hierzu einen Schriftsatznachlass zu beantragen. Im zweiten
Rechtszug steht nunmehr fest, dass die Klägerin auch diese Mängelrügen der
Beklagten bestreitet. Die insoweit in erster Instanz unterlassene Zurückweisung
des verspäteten Vorbringens der Beklagten kann zwar im zweiten Rechtszug nicht
mehr nachgeholt werden. Die oben genannten Mängelrügen der Beklagten über
die Minderungsbeträge in Höhe von insgesamt € 3.766,57 greifen dennoch nicht
durch. Zu Recht hat die Klägerin nämlich darauf hingewiesen, dass die
beweispflichtigen Beklagten für ihre bestrittenen Behauptungen hinsichtlich der
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beweispflichtigen Beklagten für ihre bestrittenen Behauptungen hinsichtlich der
Mängel, über die Vereinbarungen von Minderungsbeträgen getroffen worden sein
sollen, weder in erster Instanz noch im zweiten Rechtszug Beweis angetreten
haben, sondern hinsichtlich dieser Mängel lediglich " Zeugnis N.N. " oder eigene
nicht beweiskräftige Schreiben angeboten haben. Die Beklagten sind damit ihrer
Darlegungspflicht für angeblich vereinbarte Minderungsbeträge nicht
nachgekommen. Der Klägerin sind deswegen auf ihre Berufung gemäß §§ 631 Abs.
1, 288 Abs. 1 BGB auch noch die zutreffend errechneten € 3.766,57 Restwerklohn
nebst geltend gemachter Zinsen zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711
ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen,
weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.