Urteil des BGH vom 14.03.2017

BGH (zuwendung, grundstück, umfang, vater, eigentum, schenkung, unentgeltlich, höhe, vormerkung, verhandlung)

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Xa ZR 118/06 Verkündet
am:
26. März 2009
Anderer
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 26. März 2009 durch die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Scharen,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Achilles
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 7. März 2006 verkündete
Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln im Kosten-
ausspruch und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die
Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des auf den Heraus-
gabeanspruch nach § 528 BGB gestützten Antrags zurückgewiesen
hat, die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der
im Grundbuch von Sankt Augustin (richtig: Niederpleis), Bl. 624, in
Abteilung II unter den laufenden Nrn. 4 und 5 und in Abteilung III
unter der laufenden Nr. 8 zu ihren Gunsten eingetragenen dingli-
chen Rechte zu erteilen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens vor
dem Bundesgerichtshof, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
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Die Klägerin ist die Mutter der am 11. Januar 1991 geborenen Beklagten;
sie lebte bis 1996 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit dem seit Ende
1999 für die Beklagte allein sorgeberechtigten Vater der Beklagten zusammen.
Sie ist u.a. Alleineigentümerin eines Hausgrundstücks in Stankt Augustin-
Niederpleis. Aufgrund einer von der Klägerin erteilten Generalvollmacht bestell-
te der Vater der Beklagten dieser an dem Grundstück eine Grundschuld in Hö-
he von 300.000,-- DM und ein unentgeltliches Wohnrecht unter Ausschluss der
Eigentümerin, außerdem veranlasste er zu Gunsten der Beklagten die Eintra-
gung einer Vormerkung. Die Klägerin begehrt, soweit für das Revisionsverfah-
ren noch von Interesse, die Zustimmung der Beklagten zur Löschung der dingli-
chen Belastungen.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der
Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat - insoweit - zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihren Berufungsantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Kosten-
ausspruch, die auch die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens erfasst, und
im Umfang der durch die Zulassung des Rechtsmittels eröffneten Anfechtung
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof zu
übertragen ist.
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I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin den geltend gemachten An-
spruch auf Herausgabe der schenkweise zugewandten Rechte an dem im Ei-
gentum der Klägerin stehenden Grundstück versagt. Es hat das Vorbringen der
Klägerin zu ihrer die Rückforderung des Geschenks rechtfertigenden Verar-
mung für unerheblich gehalten, weil die Schenkung wirtschaftlich nicht aus dem
Vermögen der Klägerin, sondern aus dem des Vaters der Beklagten erfolgt sei,
so dass die Klägerin nicht Schenkerin im Sinn des Gesetzes sei. Der Erwerb
des Grundstücks sei aus Mitteln, die der Vater der Beklagten erwirtschaftet ha-
be, finanziert worden; die Klägerin sei zur Finanzierung gar nicht in der Lage
gewesen. Sie sei daher "nur formal, nicht aber wirtschaftlich" die Schenkerin.
II. Damit hat das Berufungsgericht entscheidend auf einen Gesichtspunkt
abgestellt, der seine Entscheidung nicht zu tragen vermag.
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1. § 516 Abs. 1 BGB definiert die Schenkung als eine Zuwendung, durch
die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile
darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unter einer sol-
chen Zuwendung ist jedenfalls die Verschaffung eines Vermögensvorteils zu
verstehen (AnwK/Dendorfer, § 516 BGB Rdn. 13). Auf Seiten des Schenkers
muss eine Vermögensminderung ("rechtliche Entäußerung eines Vermögens-
vorteils" nach Prot. II 3, hier zit. nach Staudinger/Wimmer-Leonhardt, 2005,
§ 516 BGB Rdn. 17; vgl. auch Rdn. 21) im Sinn einer Entreicherung (BGHZ
112, 40, 46) eintreten, der auf Seiten des Beschenkten eine Vermögensver-
mehrung entspricht (MünchKomm./Kollhosser, BGB, 4. Aufl., § 516 Rdn. 3 ff.).
Dabei muss die Substanz des Vermögens des Schenkers vermindert werden
(BGHZ 101, 229, 232 m.w.N.). Dass es sich auch wirtschaftlich um Vermö-
gensgegenstände handeln muss, die sich der Schenker selbst gleichsam durch
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seiner Hände Fleiß erarbeitet hat, ist der Bestimmung dagegen nicht zu ent-
nehmen.
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2. Die Ableitung des Berufungsgerichts, das damit argumentiert, dass es
nicht allein auf das formale Eigentum des Schenkers ankomme und die Kläge-
rin für die Voraussetzungen des Rückgewähranspruchs darlegungs- und be-
weispflichtig sei, ist angesichts der Eigentümerstellung der Klägerin demgegen-
über nicht tragfähig. Die Klägerin hat der Beklagten unentgeltlich ein im Grund-
buch abgesichertes Nutzungsrecht und ein Grundpfandrecht an dem in ihrem
Eigentum stehenden Grundstück sowie schließlich einen durch eine Vormer-
kung gesicherten bedingten Auflassungsanspruch eingeräumt. Dies reicht für
die Annahme einer schenkweisen Zuwendung dieser Rechte aus. Wie die Klä-
gerin an das Grundstückseigentum gelangt ist, ist demgegenüber unerheblich.
III. Das Berufungsgericht wird mithin die erforderlichen Feststellungen zu
den weiteren Anspruchsvoraussetzungen sowie gegebenenfalls dazu zu treffen
haben, ob und inwieweit die Beklagte zur Herausgabe in der Lage ist, ohne ih-
ren eigenen Unterhalt zu gefährden.
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Sollte das Berufungsgericht einen Rückgewähranspruch dem Grunde
nach bejahen, wird es zu prüfen haben, in welchem Umfang das Geschenk her-
auszugeben ist. Der Rückgewähranspruch nach § 528 Abs. 1 BGB ist begrenzt
einerseits durch den Wert bzw. den Gegenstand der Zuwendung und anderer-
seits durch den Unterhaltsbedarf des Schenkers. Ist ein fortlaufender Unter-
haltsbedarf zu decken, hat dies zur Folge, dass der Anspruch des Schenkers
auf wiederkehrende (Geld-)Leistungen des Beschenkten in einer dem ange-
messenen Bedarf entsprechenden Höhe bis zur Erschöpfung des Gegenstands
der Schenkung gerichtet ist (BGHZ 137, 76, 83; 146, 228, 231; BGH, Urt. v.
17.01.1996 - IV ZR 184/94, NJW 1996, 987; Urt. v. 17.09.2002 - X ZR 196/01,
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NJW-RR 2003, 53). Dies kommt auch im Streitfall in Betracht, in dem der Be-
klagten vermögenswerte Rechte am Grundstück der Klägerin eingeräumt wor-
den sind. Der Klägerin wird gegebenenfalls die Möglichkeit zu geben sein, ihren
Antrag entsprechend umzustellen.
Meier-Beck Scharen
Keukenschrijver
Mühlens
Achilles
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 13.07.2004 - 10 O 143/01 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.03.2006 - 4 U 25/04 -