Urteil des BGH vom 26.10.2006

BGH (rechtssatz, abweichung, grundstück, rechtsfrage, antrag, vertrag, genehmigung, wiederherstellung, vergleich, abänderung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 16/06
vom
26. Oktober 2006
in der Landwirtschaftssache
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Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 26. Oktober
2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Krüger und die Richter
Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung eh-
renamtlicher Richter -
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den nach mündlicher Beratung am
15. März 2006 erlassenen Beschluss des Senats für Landwirt-
schaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg wird auf Kosten
der Beteiligten zu 4, die den übrigen Beteiligten auch die außerge-
richtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten
hat, als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
30.000 €.
Gründe:
I.
Mit Vertrag vom 22. September 2004, geändert durch Vertrag vom
16. November 2004, erwarb der Beteiligte zu 3 von den Beteiligten zu 1 und 2
ein landwirtschaftlich genutztes Flurstück zur Größe von 2,0897 ha für
30.000 €. Ein Teil der Fläche, das 1,7077 ha große Grünland, war früher an
eine Agrargenossenschaft verpachtet; Pächter der Restfläche, die mit Wirt-
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schaftsgebäuden bebaut ist, waren der Schäfer S. und ein Dritter. Seit
dem 1. Januar 2005 ist das gesamte Flurstück an den Beteiligten zu 3 verpach-
tet.
Bei einer Anhörung am 1. Februar 2005 bekundete der Schäfer S.
sein Interesse an dem Erwerb des Flurstücks. Daraufhin erklärte die Beteiligte
zu 4, dass sie ihr Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz ausübe. Der
Beteiligte zu 5 verweigerte die Genehmigung des Kaufvertrags mit der Begrün-
dung, die Veräußerung der Flächen an den Beteiligten zu 3 führe zu einer un-
gesunden Verteilung des Grund und Bodens. Dagegen haben die Beteiligten
zu 1 bis 3 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
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Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag zurückgewie-
sen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 hat das Oberlan-
desgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - unter Abänderung der Entschei-
dung des Amtsgerichts den angefochtenen Bescheid des Beteiligten zu 5 auf-
gehoben und die Genehmigung des Kaufvertrags erteilt.
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Mit ihrer - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 4
die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts erreichen. Die Betei-
ligten zu 1 bis 3 beantragten die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig.
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II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie
nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2
LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2
Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es indes.
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1. Die Beteiligte zu 4 meint, die angefochtene Entscheidung weiche von
dem Senatsbeschluss vom 9. Mai 1985 (BGHZ 94, 299) ab, weil das Be-
schwerdegericht den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff auf ein einziges
Grundstück im Rechtssinne anwende und es dadurch aufteile. Darauf kann eine
Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG nicht gestützt werden. Viel-
mehr muss der Rechtsbeschwerdeführer die von der zum Vergleich herange-
zogenen und von der angefochtenen Entscheidung verschieden beantwortete
Rechtsfrage bezeichnen sowie weiter darlegen, inwieweit beide Entscheidun-
gen dieselbe Rechtsfrage verschieden beantworten und dass die angefochtene
Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Senat, BGHZ 89, 149, 151). Dar-
an fehlt es hier. Zwar verweist die Beteiligte zu 4 auf den ihrer Ansicht nach in
der Vergleichsentscheidung des Senats enthaltenen Rechtssatz, dass der wirt-
schaftliche Grundstücksbegriff eine Erweiterung des grundbuchmäßigen
Grundstücksbegriffs sei. Aber abgesehen davon, dass der Senat in seinem Be-
schluss vom 9. Mai 1985 (aaO) einen solchen Rechtssatz nicht aufgestellt hat,
zeigt die Rechtsbeschwerde nicht einen von dem Beschwerdegericht aufgestell-
ten, von dem vermeintlichen Rechtssatz in dem Senatsbeschluss abweichen-
den abstrakten Rechtssatz auf. Das ist jedoch Voraussetzung für die Zulässig-
keit der Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG (Senat, BGHZ 89,
149). Im Übrigen kann auch keine Abweichung im Sinne von § 24 Abs. 2 Nr. 1
LwVG vorliegen, weil die Sachverhalte, die der Senat seinerzeit zu beurteilen
hatte, nicht vergleichbar sind mit dem Sachverhalt, über den das Beschwerde-
gericht entschieden hat; über die konkrete Problematik hinausgehende Aussa-
gen können den Entscheidungen nicht entnommen werden.
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2. Weiter meint die Beteiligte zu 4, die Entscheidung des Beschwerdege-
richts weiche auch von dem Senatsbeschluss vom 29. November 1996 (BGHZ
134, 166) ab, weil es ein vollständig landwirtschaftlich genutztes bzw. künftig
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nutzbares Grundstück unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Einheit auf-
teile. Auch darauf kann die Rechtsbeschwerde nicht gestützt werden, denn es
fehlt wiederum an der Darlegung, welchen abstrakten Rechtssatz das Be-
schwerdegericht aufgestellt hat, der von dem - nach Auffassung der Beteiligten
zu 4 in dem Senatsbeschluss enthaltenen - Rechtssatz abweicht.
3. Die von der Beteiligten zu 4 weiter angenommene Abweichung von
dem Senatsbeschluss vom 29. November 1996 (aaO) im Hinblick darauf, dass
bei der Anwendung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs auf die Art der
Nutzung und nicht auf die Person des Nutzers ankomme, besteht schon des-
halb nicht, weil das Beschwerdegericht seiner Beurteilung ebenfalls die Nut-
zungsart des verkauften Grundstücks zugrunde legt.
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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
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Krüger Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Stendal, Entscheidung vom 23.11.2005 - 4 Lw 4/05 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 15.03.2006 - 2 Ww 18/05 -