Urteil des BGH vom 25.04.2001

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 229/99
Verkündet am:
25. April 2001
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ: ja
BGB § 528; ZPO § 852
Der Anspruch des Schenkers nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Herausgabe
des Geschenks erlischt nicht mit dessen Tod, sofern er bereits vom Schenker
geltend gemacht oder abgetreten worden ist. Das gleiche gilt, wenn der Schen-
ker durch die Inanspruchnahme unterhaltssichernder Leistungen Dritter zu er-
kennen gegeben hat, daß er ohne die Rückforderung des Geschenks nicht in
der Lage war, seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten.
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BGH, Urteil vom 25. April 2001 – X ZR 229/99 – OLG Düsseldorf
LG Duisburg
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die
Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Keukenschrijver und Dr. Meier-Beck
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das am 30. November 1999 ver-
kündete Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düssel-
dorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist eine Tochter des am 30. April 1994 verstorbenen W.
A., der vom 1. Dezember 1992 bis zu seinem Tod im Altenkranken-
haus der Klägerin gepflegt wurde.
Da der Vater der Beklagten zur Bezahlung der Pflege- und Unterbrin-
gungskosten finanziell nicht in der Lage war, beantragte er am 17. Juni 1992
die Übernahme der Heimpflegekosten beim zuständigen Sozialhilfeträger. Mit
Bescheid vom 5. Mai 1993 lehnte der Sozialhilfeträger es ab, dem Vater der
Beklagten Sozialhilfe zu gewähren, und berief sich hierbei u.a. darauf, daß die-
ser 1989 bzw. 1990 je 17.000,-- DM an seine beiden Töchter und weitere
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6.000,-- DM an eine Enkelin geschenkt habe. Ein gegen diese Entscheidung
eingelegter Widerspruch blieb ohne Erfolg.
Nach dem Tod des Vaters standen noch Pflege- und Unterbringungsko-
sten in Höhe von 44.720,32 DM offen. Nachdem alle bekannten gesetzlichen
Erben das Erbe ausgeschlagen hatten, wurde ein Nachlaßpfleger für die unbe-
kannten Erben bestellt, der am 2. Dezember 1997 die Ansprüche des Nachlas-
ses gegen die Beklagte und ihre Schwester aus § 528 BGB in Höhe von je
17.000,-- DM an die Klägerin abtrat.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 17.000,-- DM nebst
Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung
der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin tritt dem
Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß dem Vater der Beklagten
zu Lebzeiten ein Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB ge-
gen die von ihm beschenkte Beklagte zugestanden habe. Der Beklagten seien
17.000,-- DM von ihrem Vater geschenkt worden. Da der Vater seit 1993 nicht
mehr in der Lage gewesen sei, seinen Lebensunterhalt angemessen zu be-
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streiten, seien objektiv der Notbedarf und der Rückforderungsanspruch gemäß
§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB entstanden.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts werden von der Revision
nicht angegriffen und lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
II. 1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß der Rückzahlungsan-
spruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB auch nach dem Tode des Schenkers
geltend gemacht werden könne, wenn er dazu diene, die vor dem Tod entstan-
denen Pflegekosten zu decken, der Sozialhilfeträger eine Kostenübernahme
mit Rücksicht auf die betreffende Schenkung abgelehnt habe und der Nachlaß
sonst keine Vermögenswerte aufweise. Zur Begründung seiner Auffassung
führt das Berufungsgericht im wesentlichen aus:
§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB werde als grundsätzlich höchstpersönlicher
Anspruch angesehen. Auf die Höchstpersönlichkeit könne sich der Beschenkte
gegenüber dem Nachlaß jedoch nur berufen, wenn der Erblasser bewußt sei-
nen Unterhalt so eingeschränkt habe, daß er keine seine tatsächlichen Mittel
übersteigende Hilfe Dritter in Anspruch habe nehmen müssen. Andernfalls
müsse er dem Nachlaß das Geschenk zum Ausgleich der Pflegekosten über-
lassen. Es könne dann auch keine Rolle spielen, ob das Sozialamt noch zu
Lebzeiten die Übernahme der Kosten zugesagt habe oder nicht, da Altenkran-
kenhäuser, Heime und sonstigen Pflegeanstalten ansonsten der Willkür des
Sozialhilfeträgers ausgeliefert wären. Arbeiteten die Mitarbeiter der Sozialbe-
hörde schnell, könne der pflegende Dritte mit rechtzeitigem Ausgleich der Pfle-
gekosten rechnen, ohne daß er die Last der Durchsetzung der Ansprüche ge-
gen Beschenkte tragen müsse. Gehe die Überprüfung der Ansprüche jedoch
schleppend voran, bestünde für den in Vorleistung Getretenen bei Versterben
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des Pfleglings keinerlei Ersatzmöglichkeit. Leere Kassen und die Schwierig-
keiten bei der Realisierung von Erstattungsansprüchen gegen Unterhaltspflich-
tige und Beschenkte nötigten die Sozialhilfeträger offenbar dazu, den
Nachrang der Sozialhilfe stärker zu beachten und nicht ohne weiteres in Vorla-
ge zu treten. Dieses rigidere Vorgehen der Sozialhilfebehörde dürfe aber nicht
dazu führen, daß diejenigen Dritten, die tatsächlich die Pflegeleistungen er-
brächten und denen § 90 BSHG nicht zur Verfügung stehe, letztendlich leer
ausgingen, wenn sie nicht zu Lebzeiten des Pfleglings ihre Ansprüche durch-
gesetzt hätten. Altenkrankenhäuser wie die Klägerin könnten nicht darauf ver-
wiesen werden, daß es ihnen möglich wäre, den wirtschaftlichen Ausfall da-
durch zu verhindern, daß sie rechtzeitig aufgrund des Heimpflegevertrages
Bezahlung verlangten oder das Vertragsverhältnis notfalls beendeten, weshalb
es dann keines postmortalen Rückgriffs auf den Beschenkten mehr bedürfte.
Dies zu fordern, hieße die soziale Wirklichkeit zu verkennen. Häufig werde bei
Aufnahme auch beiderseits bekannt sein, daß eigenes Einkommen oder Ver-
mögen nicht ausreiche, um das vereinbarte Entgelt in voller Höhe zu entrich-
ten. Das Heim werde vom Staat dennoch sozialstaatlich in die Pflicht genom-
men. Könne der Heimbewohner aus eigenen Mitteln nicht zahlen, werde der
Staat gegebenenfalls Sozialhilfe in Aussicht stellen, um dem Betroffenen "das
Dach über dem Kopf" zu erhalten; es könne dem Heim aber nicht zugemutet
werden, gegenüber dem Sozialhilfeträger mit einer unter Umständen rechtswid-
rigen Entlassung zu drohen, damit alsbald Sozialhilfe gewährt und eventuell
Regreßmöglichkeiten staatlicherseits durchgesetzt würden.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der An-
spruch des Schenkers nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Herausgabe des Ge-
schenks erlischt nicht mit dessen Tod, sofern er bereits vom Schenker geltend
gemacht oder abgetreten worden ist oder der Schenker - wie im Streitfall -
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durch die Inanspruchnahme unterhaltssichernder Leistungen Dritter zu erken-
nen gegeben hat, daß er ohne die Rückforderung des Geschenks nicht in der
Lage war, seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten.
a) Indem er dem Schenker einen Anspruch auf Herausgabe des Ge-
schenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung gibt, stellt § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Eingriff in den Bestand
der vollzogenen Schenkung dar. Die entsprechende Verpflichtung zur Heraus-
gabe mutet das Gesetz dem Beschenkten jedoch ausschließlich zur Behebung
einer Notlage des Schenkers zu. § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB soll den Schenker in
die Lage versetzen, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten sowie seine gesetzli-
chen Unterhaltspflichten gegenüber Verwandten und Ehegatten zu erfüllen
(BGHZ 96, 380, 382; 127, 354, 357). Damit soll zugleich eine Inanspruchnah-
me der Allgemeinheit für den Notbedarf des Schenkers verhindert werden
(Sen., BGHZ 137, 76, 82). Bei dem Rückforderungsanspruch handelt es sich
demgemäß um einen zweckgebundenen Anspruch (vgl. dazu Jauernig/
Vollkommer, BGB, 9. Aufl., §§ 528 f. Rdn. 2; Kollhosser, ZEV 1995, 391, 392;
ders. in MünchKomm BGB, 3. Aufl., § 528 Rdn. 8; Wüllenkemper, JR 1988,
353, 357 f.; Zeranski, Der Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers,
S. 55 ff.), weshalb den Gesichtspunkten der Zweckerreichung bzw. des
Zweckfortfalls wesentliche Bedeutung bei der Beurteilung der Übertragbarkeit,
der Pfändbarkeit und der Vererblichkeit des Anspruchs zukommt.
Dagegen ist es nicht gerechtfertigt, wie das Berufungsgericht zu Recht
annimmt, aus einer Qualifikation des Anspruchs als eines "höchstpersönlichen"
Folgerungen für den Rechtsübergang auf Dritte zu ziehen (BGHZ 127, 354,
357). Das Gesetz qualifiziert den Anspruch nicht als höchstpersönlichen. Es
können daher aus einer solchen Qualifikation nicht Beschränkungen der Über-
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tragbarkeit abgeleitet werden, deren Bestehen es überhaupt erst rechtfertigen
könnte, den Anspruch als höchstpersönlichen anzusehen (Kollhosser, ZEV
1995, 391, 392; Haarmann, FamRZ 1996, 522, 523).
b) Die Revision hebt jedoch zu Recht hervor, daß grundsätzlich die Frei-
heit des Schenkers geschützt ist, darüber zu entscheiden, ob er den Rückfor-
derungsanspruch geltend machen will oder nicht (BGHZ 127, 354, 356), auch
wenn die Entstehung des Anspruchs nicht vom Willen des Schenkers abhängt
(Sen., BGHZ 137, 76, 82). Wie der Pflichtteilsanspruch und der Anspruch des
Ehegatten auf Ausgleich des Zugewinns ist der Rückforderungsanspruch des-
halb nach § 852 ZPO der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag
anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Hinsichtlich des Pflichtteilsan-
spruchs hat der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von
Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem diesem allein die Entscheidung überlas-
sen wollen, ob der Anspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll (vgl.
Achilles/Gebhard/Spahn, Protokolle V, S. 526 f.; Hahn/Mugdan, Die gesamten
Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 8, S. 159; BGHZ 123, 183, 186);
Gläubiger sollen diese Entscheidung nicht an sich ziehen können (Motive zum
BGB Bd. V, S. 418). Ihnen ist es untersagt, auf das den Pflichtteil ausmachen-
de Vermögen, ohne den Willen des Berechtigten zuzugreifen, den Wert dieses
Vermögens zu realisieren; dieses Entscheidungsrecht darf deshalb auch durch
die Anwendung der Gläubigeranfechtungsvorschriften nicht unterlaufen werden
(BGH, Urt. v. 6. Mai 1997 - IX ZR 147/96, NJW 1997, 2384). Derselben Rege-
lung hat der Gesetzgeber mit Rücksicht auf die (typischerweise bestehende)
persönliche Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem den Anspruch
nach § 528 Abs. 1 BGB unterstellt (Hahn/Mugdan aaO). Der Schenker kann,
auch wenn objektiv die Voraussetzungen des § 534 BGB nicht vorliegen, eine
sittliche Verpflichtung zu der schenkweisen Zuwendung empfunden haben oder
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er kann sich aus persönlicher Verbundenheit oder anderen Gründen gehindert
sehen, den Beschenkten auf Rückgabe des Geschenks in Anspruch zu neh-
men. Der Rückforderungsanspruch ist mit Rücksicht hierauf einer Pfändung
entzogen; die Motive des Schenkers unterliegen dabei keiner rechtlichen
Nachprüfung. Insoweit hängt der Eingriff in den Bestand der vollzogenen
Schenkung - sofern nicht die unentgeltliche Zuwendung selbst von dem Gläu-
biger oder dem Insolvenzverwalter angefochten werden kann (§§ 4 Abs. 1
AnfG, 134 Abs. 1 InsO) - grundsätzlich davon ab, ob sie von dem Schenker
gewollt ist oder ob es nach seinem Willen bei dem erfüllten Schenkungsver-
sprechen verbleiben soll.
Für die Vererblichkeit des Anspruchs kommt es nicht nur darauf an, in-
wieweit sie mit seiner Zweckbindung vereinbar ist, sondern auch darauf, ob sie
mit dem Schutz in Einklang zu bringen ist, den das Gesetz der Entscheidungs-
freiheit des Schenkers gewährt.
c) Der Anspruch aus § 528 BGB kann deshalb dann noch nach dem Tod
des Schenkers verfolgt werden, wenn er vor seinem Tod auf einen Träger der
Sozialhilfe übergeleitet oder wirksam abgetreten worden ist (BGHZ 96, 380,
383; 127, 354, 357). Der Erbe kann den Anspruch aus § 528 BGB auch weiter-
verfolgen, wenn er noch vom Schenker geltend gemacht worden und ein Dritter
für den Unterhalt des Schenkers bis zu seinem Tod in Vorlage getreten ist
(BGHZ 123, 264, 267). In allen diesen Fällen ist der Anspruch nicht erloschen,
weil sein Zweck noch erreichbar ist und der Schenker durch die Abtretung oder
durch die Geltendmachung seinen Willen bekundet hat, den Beschenkten auf
Herausgabe des Geschenks in Anspruch zu nehmen. Hat der Schenker sich
hingegen, indem er sich mit weniger als dem angemessenen Unterhalt begnügt
und den Anspruch weder selbst geltend gemacht noch abgetreten hat, gegen
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eine Inanspruchnahme des Beschenkten entschieden, hat es dabei grundsätz-
lich sein Bewenden (vgl. Erman/Seiler, BGB, 10. Aufl., § 528 Rdn. 6; Leipold, in
MünchKomm BGB, 3. Aufl., § 1922 Rdn. 18; Soergel/Mühl/Teichmann, BGB,
12. Aufl., § 528 Rdn. 8; Staudinger/Cremer, BGB, 13. Bearb. 1995, § 528
Rdn. 12; Zeranski aaO S. 126 ff.).
d) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ferner geklärt, daß
in Fällen, in denen der Schenker Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, der
Anspruch aus § 528 BGB auch dann nicht mit dem Tod des Schenkers unter-
geht, wenn eine Geltendmachung oder Überleitung auf den Sozialhilfeträger zu
seinen Lebzeiten erfolgt ist (BGH, Urt. v. 14. Juni 1995 - IV ZR 212/94,
NJW 1995, 2287, 2288). Das ergibt sich allerdings bereits daraus, daß der
Forderungsübergang nach § 90 BSHG nach Abs. 1 Satz 4 der Vorschrift nicht
dadurch ausgeschlossen ist, daß der Anspruch nicht übertragen, verpfändet
oder gepfändet werden kann. Gegenüber dem Sozialhilfeträger ist demgemäß
die Entscheidungsfreiheit des Schenkers, ob er das Geschenk zurückfordern
will oder nicht, ohnehin nicht geschützt. Der Schenker muß es hinnehmen, daß
der Sozialhilfeträger den Beschenkten auch gegen seinen Willen in Anspruch
nimmt. Solange dem Sozialhilfeträger dieses Recht zusteht, kann der Anspruch
auch durch den Tod des Schenkers nicht untergehen.
e) Für private Dritte, die durch Sachleistungen oder finanzielle Zuwen-
dungen den Unterhalt des Schenkers sichergestellt haben, gilt diese Privilegie-
rung freilich nicht. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in der vorgenannten Ent-
scheidung bereits darauf hingewiesen, daß es nicht ohne Einfluß auf die Ver-
erblichkeit des Anspruchs aus § 528 BGB bleiben kann, wenn der Schenker
sich gerade nicht im Interesse des Beschenkten eingeschränkt und mit einem
unangemessen geringen Unterhalt zufrieden gegeben, sondern fremde Hilfe in
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Anspruch genommen hat (BGH aaO, NJW 1995, 2287, 2288). Ist der Schen-
ker, wie im Streitfall der Vater der Beklagten, nicht in der Lage, sich mit einem
geringeren, ohne Inanspruchnahme des Beschenkten mit den ihm verbliebenen
Mitteln bestreitbaren Unterhalt zufrieden zu geben, weil er krank oder pflege-
bedürftig ist und auf die Inanspruchnahme der infolgedessen erforderlichen
entgeltlichen Leistungen Dritter zu seiner medizinischen Behandlung oder
Pflege nicht verzichten kann, ist seine Entscheidung über die Rückforderung
des Geschenks vorgezeichnet. Es steht dann nicht mehr in seinem Belieben,
ob er auf das ihm noch zur Verfügung stehende Mittel in Gestalt des Anspruch
nach § 528 Abs. 1 BGB zurückgreift, das ihm die Entgeltung dieser Leistungen
ermöglicht. Indem er diese Leistungen in Anspruch nimmt, bringt er vielmehr
zum Ausdruck, daß er der Rückforderung des Geschenks für seinen Lebens-
unterhalt bedarf. Der Schenker verhielte sich widersprüchlich, wenn er einer-
seits die Leistungen Dritter zur Sicherstellung seines notwendigen Unterhalts
entgegennähme, es andererseits aber ablehnte, gegenüber dem Beschenkten
den Anspruch geltend zu machen, den ihm das Gesetz gerade für den Fall ein-
räumt, daß er außerstande ist, diese Leistungen anderweitig zu vergüten (vgl.
Franzen, FamRZ 1997, 528, 534). Daher ist für die Vererblichkeit des An-
spruchs nach § 528 BGB die Inanspruchnahme solcher Leistungen Dritter der
Bekundung des Willens des Schenkers zur Geltendmachung des Rückforde-
rungsanspruchs jedenfalls gleichzustellen.
f) Dem entspricht es, daß Unterhaltsansprüche des Schenkers gegen-
über dem Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten nachrangig sind
(BGH, Urt. v. 13. Februar 1991 - IV ZR 108/90, NJW 1991, 1824). Wenn be-
reits derjenige, der dem Schenker zum Unterhalt verpflichtet ist, es nicht hin-
nehmen muß, daß der Schenker davon absieht, das Geschenk zurückzufor-
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dern, so muß dies erst recht für denjenigen gelten, der den Unterhalt des
Schenkers sicherstellt, ihm unterhaltspflichtig zu sein.
Aus § 1615 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1613 Abs. 1 BGB folgt zwar, daß Unter-
haltsansprüche mit dem Tod des Bedürftigen untergehen, sofern der Ver-
pflichtete mit ihnen nicht in Verzug war. Diese in § 528 Abs. 1 Satz 3 BGB an-
geführten Vorschriften sind jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desgerichtshofes auf den Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1
BGB nicht anwendbar (BGHZ 94, 141, 144; 96, 380, 384). Entscheidend ist,
daß der in Vorlage tretende Dritte anstelle des an sich verpflichteten Be-
schenkten Leistungen an den Schenker, die dessen Unterhaltssicherung dien-
ten, erbracht hat, um die Not des Schenkers abzuwenden. Nach dem Rechts-
gedanken des § 843 Abs. 4 BGB bringt die unterhaltssichernde Leistung eines
Dritten, die nach ihrer Zweckbestimmung nur dem Schenker, nicht aber dem
Beschenkten zugute kommen soll, den einmal entstandenen Rückforderungs-
anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zum Erlöschen (BGHZ 123, 264,
267; Kollhosser, ZEV 1994, 50, 51; Haarmann, FamRZ 1996, 522, 525). In
Fällen, in denen der Schenker zur Behebung seiner Notlage nicht selbst auf
den geschenkten Gegenstand zurückgegriffen, sondern Hilfeleistungen Dritter
empfangen hat, ist es nach der Zweckbestimmung des § 528 BGB geboten,
daß der Anspruch in Höhe der von dem Dritten an den Schenker erbrachten
Leistungen den Tod des Schenkers auch ohne die in diesen Fällen typischer-
weise fehlende Leistungsaufforderung überdauert.
g) Schließlich erscheint es auch interessengerecht, die Fälle, in denen
ein Privater den Unterhalt des Schenkers sicherstellt und diejenigen, in denen
ein Sozialhilfeträger dafür einsteht, in bezug auf die Vererblichkeit des Rück-
forderungsanspruchs nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht unterschiedlich zu
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behandeln. In beiden Fällen hat der Schenker fremde Hilfe in Anspruch ge-
nommen, ohne sich im Interesse des Beschenkten einzuschränken bzw. ohne
sich im Hinblick auf seine Pflegebedürftigkeit entsprechend einschränken zu
können.
Die Klägerin hat freiwillig Leistungen zur Deckung des Notbedarfs des
verarmten Vaters der Beklagten erbracht, wobei diese nicht der Beklagten als
Beschenkten, sondern nur dem Vater der Beklagten zugute kommen sollten.
Ein solches freiwilliges Eintreten eines Dritten zur Behebung einer Notlage liegt
im öffentlichen Interesse und ist von der Rechtsordnung gewünscht, wie etwa
in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck kommt, die einen Rückgriff er-
möglichen, wenn Unterhaltspflichten erfüllt werden, obwohl primär ein anderer
den Unterhalt schuldet (§§ 1607 Abs. 2 Satz 2, 1608 Satz 3, 1584 Satz 3 BGB).
Die Rüge der Revision, daß durch nichts belegt sei, daß die Klägerin,
wie vom Berufungsgericht angenommen, vom Staat sozialstaatlich in die Pflicht
genommen werde oder worden sei, kann dem Rechtmittel nach alledem nicht
zum Erfolg verhelfen. Hierauf kommt es nicht an.
h) Der Vererblichkeit des Rückforderungsanspruchs nach § 528 Abs. 1
Satz 1 BGB in dem vom Senat bejahten Umfang steht schließlich auch nicht
entgegen, daß sie mit dem für den Beschenkten gebotenen Vertrauensschutz
nicht zu vereinbaren wäre. Der Rückforderungsanspruch ist zugunsten des Be-
schenkten unter Vertrauensschutzgesichtspunkten mehrfach eingeschränkt.
Der Beschenkte braucht dem Herausgabeverlangen nicht nachzukommen, falls
er das Geschenk für seinen eigenen angemessenen Unterhalt oder zur Erfül-
lung seiner Unterhaltspflichten benötigt (§ 529 Abs. 2 BGB), wenn er entrei-
chert ist (§ 528 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB), sowie wenn bei Eintritt
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der Bedürftigkeit des Schenkers seit der Schenkung zehn Jahre verstrichen
sind (§ 529 Abs. 1 BGB). Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis nach Vertrau-
ensschutz kann angesichts dieser Regelungen nicht anerkannt werden (vgl.
BGH, Urt. v. 14. Juni 1995, aaO; Kollhosser, ZEV 1995, 391, 394; Haarmann,
FamRZ 1996, 522, 523).
3. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend angenommen, daß der
gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB als Zahlungsanspruch des Vaters entstande-
ne Rückforderungsanspruch gegen die Beklagte nicht mit dem Tod des Vaters
untergegangen ist, weshalb er vom Nachlaßpfleger gemäß § 398 BGB wirksam
an die Klägerin abgetreten werden konnte.
III. Nach den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts kann sich
die Beklagte nicht auf eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen.
Sie habe mit ihrer pauschalen Aufzählung von Ausgaben - insbesondere hin-
sichtlich der Kosten von Reisen nach Tirol in Höhe geschätzter 16.000,-- DM -
nicht dargelegt, daß sie das Geschenk ersatzlos und ohne Ersparnis an ande-
rer Stelle verbraucht habe. Ihr müßten außer den geschenkten 17.000,-- DM
zumindest weitere 33.000,-- DM zur Verfügung gestanden haben, was ihrem
Vortrag widerspreche, sie hätte sich Sonderausgaben ohne das Geschenk
nicht leisten können. Zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen im übrigen habe
sie keine Ausführungen gemacht.
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Die Revision greift dies nicht an; Rechtsfehler treten insoweit nicht her-
vor.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Rogge
Jestaedt
Melullis
Keukenschrijver Meier-Beck