Urteil des BGH vom 02.04.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X I I Z B 4 8 6 / 1 2
vom
2. April 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 61 Abs. 1
Zur Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verpflichtung zur
Auskunftserteilung im Zugewinnausgleichsverfahren.
BGH, Beschluss vom 2. April 2014 - XII ZB 486/12 - OLG Bamberg
AG Bad Kissingen
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2014 durch den Vor-
sitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Botur
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats
- Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. Juli
2012 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Beschwerdewert: 500 €
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin nimmt den Antragsteller im Scheidungsverbund auf
Zugewinnausgleich in Anspruch. Nachdem der Antragsteller Auskunft über sein
Vermögen zu dem von ihm behaupteten Trennungszeitpunkt am 1. Juli 2009
und über sein Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsan-
trags am 30. März 2010 erteilt und Belege vorgelegt hatte, hat die Antragsgeg-
nerin auch Auskunft über sein Vermögen zu dem von ihr behaupteten Tren-
nungszeitpunkt am 24. Juni 2009 sowie ergänzende Auskunft zum Endvermö-
gen beantragt.
Das Amtsgericht hat als Trennungszeitpunkt der Ehegatten den 24. Juni
2009 festgestellt und den Antragsteller in einem Teilbeschluss verpflichtet, der
Antragsgegnerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über sein Vermögen
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am 24. Juni 2009 sowie ergänzende Auskunft zum Endvermögen zu erteilen
und diese Auskunft zu belegen.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat das Ober-
landesgericht verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des An-
tragstellers.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm
§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht
zulässig, weil die weiteren Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt
sind.
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine Ent-
scheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts nicht
erforderlich. Das Verfahren gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Ausle-
gung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts auf-
zustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Der Senat hat bereits mehrfach
über die Frage des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verpflichtung
zur Auskunftserteilung entschieden (Senatsbeschlüsse vom 23. März 2011
- XII ZB 436/10 - FamRZ 2011, 882 Rn. 9 ff. mwN; vom 11. September 2013
- XII ZB 457/11 - FamRZ 2014, 27 Rn. 8 ff. mwN und vom 22. Januar 2014
- XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 6 ff. mwN).
Auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine
Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss
verletzt den Antragsteller nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten
Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechts-
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staatsprinzip) oder in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien
den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzu-
mutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren
(vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11 - FamRZ 2011,
1929 Rn. 8 mwN).
2. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde verworfen, weil der Wert
des Beschwerdegegenstands 600
€ nicht übersteige. Das ist aus Rechtsgrün-
den nicht zu beanstanden.
a) Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdege-
genstands richte sich nach dem Zeit- und Sachaufwand, der für den Antragstel-
ler mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Vom
Antragsteller werde lediglich verlangt, Auskunft zu erteilen über sein Vermögen
zum 24. Juni 2009 und zum 30. März 2010 durch Vorlage eines geordneten
Vermögensverzeichnisses. Hinsichtlich der Auskunft zum Tag der Trennung am
24. Juni 2009 könne der Antragsteller auf das von ihm bereits erstellte tabellari-
sche Vermögensverzeichnis zum 1. Juli 2009 zurückgreifen, so dass hierfür
lediglich von einem Zeitaufwand von zwei bis drei Stunden auszugehen sei.
Auch mit der Belegvorlage seien nur geringe Kosten verbunden, weil das Amts-
gericht den Antragsteller lediglich verpflichtet habe, bei ihm bereits vorhandene
Belege vorzulegen. Ausdrücklich sei davon abgesehen worden, den Antragstel-
ler zur Erstellung von bei ihm nicht vorhandenen Belegen zu verpflichten. So-
weit der Antragsteller verpflichtet worden sei, über unentgeltliche Zuwendungen
im Zeitraum vom 31. März 2000 bis 30. März 2010 insbesondere an die ge-
meinsamen Kinder sowie über die Verwertung, den Verbleib und etwaige erziel-
te Erlöse aus Wertpapiergeschäften Auskunft zu erteilen, sei er ausdrücklich
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nicht zur Belegvorlage verpflichtet worden. Für die allein erforderliche Wissens-
erklärung sei ein Zeitaufwand von ein bis zwei Stunden anzusetzen.
Mit seinen Einwendungen zu dem im Hinweisbeschluss des Beschwer-
degerichts geschätzten Zeit- und Kostenaufwand dringe der Antragsteller nicht
durch. Zwar umfasse der Tenor des Teilbeschlusses acht Seiten. Hieran könne
aber der Umfang der jeweiligen Auskunftsverpflichtung nicht gemessen werden,
da die einzelnen Vermögenspositionen mit konkreter Nennung von Bankkonten,
Lebensversicherungen, Immobilienbesitz und einzelnen Unternehmensbeteili-
gungen in dem angegriffenen Teilbeschluss nicht hätten genannt werden müs-
sen. Vielmehr hätte es genügt, den Antragsteller durch Vorlage eines geordne-
ten Vermögensverzeichnisses zur Auskunft über sein Vermögen zu verpflich-
ten. Soweit der Antragsteller verpflichtet worden sei, Auskunft über unentgeltli-
che Zuwendungen an seine Kinder im Zeitraum zwischen dem 31. März 2000
und dem 30. März 2010 zu erteilen und diese Zuwendungen zu belegen, seien
die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihm und seinen Kindern nicht werter-
höhend zu berücksichtigen. Denn der Antragsteller sei nur zur Auskunft über
eigene unentgeltliche Zuwendungen verpflichtet worden und nicht zur Auskunft
über das Vermögen der Kinder.
Auch im Übrigen sei der Antragsteller nur zur Vorlage von in seinem Be-
sitz befindlichen Urkunden verpflichtet worden. Die Verpflichtung zur Auskunft
über seinen Pkw und seine Immobilien beschränke sich auf die Angabe der
wertbildenden Faktoren.
b) Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass für die Bemes-
sung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verpflichtung zur Aus-
kunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Aus-
kunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Ge-
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heimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen,
den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbe-
schlüsse vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 6 mwN
und vom 11. September 2013 - XII ZB 161/13 - juris Rn. 8 mwN).
Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung einge-
räumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt
darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten
oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschlüsse vom 22. Januar
2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 7 mwN und vom 11. September
2013 - XII ZB 161/13 - juris Rn. 9 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, das Beschwerdegericht habe bei der
Bemessung des Beschwerdewerts die außergewöhnlich hohe Zahl von Vermö-
genswerten, über die Auskunft zu erteilen sei, ausgeblendet, ist dem nicht zu
folgen. Das Beschwerdegericht hat sich mit dem Umfang des Tenors des amts-
gerichtlichen Beschlusses auseinandergesetzt und ferner zutreffend darauf hin-
gewiesen, dass der Antragsteller auf das von ihm bereits erstellte Vermögens-
verzeichnis zum 1. Juli 2009 zurückgreifen kann, so dass ihm nunmehr nur
noch ein reduzierter Aufwand entsteht.
Ermessensfehler des Beschwerdegerichts bei der Schätzung des Zeit-
und Kostenaufwands für die Vorlage von Belegen betreffend den Zeit- und
Rückkaufswert von vier Lebensversicherungen und für die Angabe der wertbil-
denden Faktoren von drei Immobilien, von denen eine vom Antragsteller selbst
bewohnt wird, sind nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Angabe der wertbildenden
Faktoren der Immobilien hat der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung
selbst vorgetragen, entsprechende Unterlagen, aus denen sich die wertbilden-
den Faktoren ergeben, bereits vorgelegt zu haben. Danach obliegt es dem An-
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tragsteller nur noch, die ihm bereits bekannten wertbildenden Faktoren in das
geschuldete Vermögensverzeichnis aufzunehmen. Inwieweit sich hieraus ein
erheblicher Zeit- und Kostenaufwand ergeben soll, legt die Rechtsbeschwerde
nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Soweit die Rechtsbeschwerde nunmehr vorbringt, eine Auskunft über die
insgesamt fünf Unternehmensbeteiligungen könne nur nach Einschaltung eines
Wirtschaftsprüfers erteilt werden, kann dies die Entscheidung des Beschwerde-
gerichts - unabhängig davon, dass es sich um einen in der Rechtsbeschwer-
deinstanz unzulässigen neuen Sachvortrag handelt - ebenfalls nicht erschüt-
tern. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der
Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nur berücksichtigt wer-
den, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer
sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschluss vom
22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 11 mwN). Dafür ist im
vorliegenden Fall nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Amtsgericht hat
den Antragsteller lediglich zur Vorlage von Bestätigungen der Unternehmen
bzw. Treuhänder verpflichtet.
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat sich das Beschwerdege-
richt auch mit der Verpflichtung des Antragstellers zur Belegvorlage auseinan-
dergesetzt. Hierzu hat es ausgeführt, dass der Antragsteller ausdrücklich nur
zur Vorlage der bei ihm bereits vorhandenen Belege verpflichtet worden sei und
er darüber hinaus auf die bereits zum Stichtag 1. Juli 2009 erstellten Belege
zurückgreifen könne. Im Übrigen legt die Rechtsbeschwerde nicht konkret dar,
dass durch die Kopie bereits vorhandener Belege und die gleichwohl erforderli-
che Einholung weiterer Auskünfte betreffend die Lebensversicherungen zu-
sammen mit der Aufstellung des Vermögensverzeichnisses Gesamtkosten von
mehr als 600
€ entstehen.
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Zutreffend hat das Beschwerdegericht den eigenen Zeitaufwand des An-
tragstellers entsprechend den Bestimmungen für die Entschädigung von Zeu-
gen nach dem JVEG mit maximal 17
€ pro Stunde bewertet (vgl. Senatsbe-
schluss vom 22. Januar 2014 - XII ZB 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 12 mwN).
Aus welchem Grund der Aufwand des Antragstellers für die Erteilung der Aus-
kunft im vorliegenden Fall in Abweichung hiervon nicht anhand des geschätzten
Zeitaufwands nach Stunden berechnet werden kann, legt die Rechtsbeschwer-
de nicht dar.
Dose
Klinkhammer
Günter
Botur
Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Kissingen, Entscheidung vom 25.11.2011 - 1 F 196/10 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 27.07.2012 - 7 UF 1/12 -
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