Urteil des BGH vom 03.06.2014

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 394/13
Verkündet am:
3. Juni 2014
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Zu den Voraussetzungen für eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungs-
gericht.
BGB § 831
Ob ein Geschäftsherrn-/Verrichtungsgehilfenverhältnis besteht, beurteilt sich
nach den tatsächlichen Umständen.
BGH, Urteil vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13 - OLG Köln
LG Köln
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz und den Richter
Offenloch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 15. August 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-
richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach tür-
kischem Recht, deliktische Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs von
Anteilen an der Beklagten geltend.
Die Beklagte hat ihren Sitz in Konya/Türkei. Der Kläger erwarb am
21. November 1999 im Inland Aktien der Beklagten für einen Betrag von
28.350 DM. In Anwesenheit des Zeugen S. übergab der Kläger den Kaufpreis
an D. und erhielt dafür die Aktien und eine Einzahlungsquittung. Gegen Rück-
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gabe dieser Quittung übergab D. an den Kläger am 3. April 2000 eine Beteili-
gungsübersicht, nach der er 360 Anteilsscheine der Beklagten besitzt. Mit an-
waltlichem Schreiben vom 11. Mai 2010 kündigte der Kläger die Beteiligung.
Sein Begehren auf Rückzahlung des Anlagebetrages blieb erfolglos.
Der Kläger behauptet, D. sei unter Vorlage einer Visitenkarte im Namen
der Beklagten als deren Mitarbeiter aufgetreten. Im Beisein des Zeugen S. habe
D. ihn darüber getäuscht, dass es sich um eine sichere Geldanlage mit einer
Rückzahlungsgarantie der Beklagten auf Anforderung innerhalb von drei Mona-
ten handle. Der Kläger verlangt, so gestellt zu werden, als hätte er die Kapital-
anlage nicht getätigt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Be-
rufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung
weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Ge-
richte für deliktische Ansprüche bejaht und unter Anwendung deutschen Rechts
den vom Landgericht angenommenen Anspruch des Klägers gegen die Beklag-
te auf Schadensersatz gemäß § 831 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB
Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktien bestätigt. Es hat dies wie folgt
begründet:
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Der Vermittler D. habe den Kläger vor dem Erwerb der Anteile an der
Beklagten über die in Wahrheit nicht bestehende Rechtspflicht der Beklagten
zur Rückgewähr des angelegten Geldes getäuscht und ihn dadurch zum Er-
werb der Aktien veranlasst. D. sei ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten und
habe sich als deren Mitarbeiter ausgewiesen. Dies habe das Landgericht auf-
grund der Durchführung einer Zeugenvernehmung für bewiesen gehalten. An
diese Feststellungen sei der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden,
denn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit
der entscheidungserheblichen Feststellungen seien nicht gegeben. Insbesonde-
re zeige die Beklagte nicht auf, woraus sich eine unrichtige Beweiswürdigung
konkret ergeben solle. Der bloße Hinweis, der gehörte Zeuge sei unglaubwür-
dig, sei nicht ausreichend, um die Beweisaufnahme zu wiederholen. Der Zeuge
D. habe den Kläger vor dem Erwerb der Aktien über eine in Wahrheit nicht be-
stehende Rechtspflicht der Beklagten zur Rückgewähr des angelegten Geldes
getäuscht. Die Beklagte, der insoweit eine sekundäre Darlegungslast gemäß
§ 138 Abs. 2 ZPO zukomme, habe nichts vorgetragen, obwohl sie dazu in der
Lage gewesen wäre, da nur sie Angaben über das Abhängigkeitsverhältnis ma-
chen könne, was Zweifel an der Eigenschaft des D. als Verrichtungsgehilfen
begründen könnte. D. sei mit einer Visitenkarte der Beklagten ausgestattet ge-
wesen und habe Formulare verwendet, die die Beklagte zur Verfügung gestellt
habe. Die Beklagte habe anerkannt, dass D. für sie tätig geworden sei. Sie ha-
be in erster Instanz unter Beweisantritt vorgetragen, D. habe als "selbständiger
Vermittler" Handlungsvollmacht gehabt, Aktien zu veräußern, Gelder entgegen-
zunehmen sowie Interessenten grob zu informieren. Der hiervon abweichende
Vortrag in der Berufungsinstanz, wonach D. eventuell ein ehemaliger Aktionär
gewesen sei, der eigene Aktien verkauft habe, sei nicht nur rein spekulativ,
sondern lasse auch seine Einbindung in die Organisationsstruktur der Beklag-
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ten unerklärt. Der Anspruch sei nicht verjährt. Er könne gemäß § 852 BGB im-
mer noch mit Erfolg geltend gemacht werden.
II.
Die Revision ist begründet.
1. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht in
Übereinstimmung mit dem Landgericht die Verjährungseinrede der Beklagten
zurückgewiesen hat. Dagegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.
2. Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht keine eigenen
Feststellungen zu den Voraussetzungen für die Verrichtungsgehilfenschaft des
M. getroffen hat, weil es irrigerweise gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Bin-
dung an die Feststellungen des Landgerichts zum Auftreten des D. angenom-
men hat (§ 286 ZPO).
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Ge-
richt des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht
konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der ent-
scheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute
Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Beru-
fungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können
sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei
der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom
8. Juni 2004 - VI ZR 230/03, BGHZ 159, 254, 258 f. und BGH, Urteil vom
12. März 2004 - V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 272; Begründung zum Regie-
rungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks.
14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW
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2003, 169, 171). Zweifel im Sinne der Regelung in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO lie-
gen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht
eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür be-
steht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen
Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Senatsurteil
vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480, 3481; Begründung des
Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/6036, S. 124). Ist dies der Fall, obliegt dem
Berufungsgericht nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO die Kon-
trolle der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils im
Fall eines zulässigen Rechtsmittels, wie es im Streitfall zweifellos gegeben ist,
ungeachtet einer entsprechenden Berufungsrüge (vgl. BGH, Urteil vom
12. März 2004 - V ZR 257/03, BGHZ 158, 269, 278 f.)
b) Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die auf den Inhalt der
Aussage des Zeugen S. gestützten Feststellungen des Landgerichts, D. sei als
Mitarbeiter der Beklagten aufgetreten, von den im Protokoll über die Beweis-
aufnahme niedergelegten Wortlaut der Aussagen nicht gedeckt sind. Der Zeuge
S. hat wie folgt zur Sache ausgesagt:
"Wir, d.h. ich und Herr K., sind zusammen in das Moscheelokal gegan-
gen. Der, dem wir das Geld gegeben haben, war auch in der Moschee. Wir ha-
ben das Geld abgegeben. Wir haben gefragt, ob man das Geld jederzeit zu-
rückbekommen kann. Sie haben nur gesagt, dass das geht."
Auf Nachfrage des Gerichts:
"Sonst wurde eigentlich nichts besprochen. Herr K. hat Belege bekom-
men. Ich habe an dem Tag selbst nichts eingezahlt, ich hatte ein paar Monate
vorher etwas eingezahlt. Als gefragt wurde, ob wir das Geld jederzeit zurückbe-
kommen können, war ich dabei."
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Danach ist der Zeuge S. vor dem Landgericht nicht dazu befragt worden,
ob sich der Verkäufer der Aktien als Mitarbeiter der Beklagten durch Vorlage
einer Visitenkarte ausgewiesen hatte. Die Feststellung des Landgerichts, dass
der Zeuge D. ausdrücklich für die Beklagte aufgetreten sei und sich als deren
Mitarbeiter, unter anderem unter Vorlage einer Visitenkarte, ausgewiesen habe,
lässt sich weder mit den Angaben des Klägers selbst noch mit den Angaben
des Zeugen S. im Termin vom 4. Dezember 2012 in Einklang bringen. Der Klä-
ger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am
4. Dezember 2012 angegeben, dass er zusammen mit Freunden in einen La-
den oder ein Lokal der Moschee gegangen sei. Er habe Formalitäten durchge-
führt und unterschrieben. Man habe ihm gesagt, es gebe kein Problem. Sie hät-
ten gesagt: "Herzlichen Glückwunsch". Dann seien sie auseinandergegangen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S. Angaben gemacht hat, die nicht im
Protokoll festgehalten sind, sind nicht gegeben und werden auch von Seiten
des Klägers nicht geltend gemacht. Soweit die Revisionserwiderung meint,
dass sich die Beweiskraft des Protokolls gemäß § 165 ZPO nicht auf den Inhalt
von Partei- und Zeugenaussagen erstreckt, trifft dies zu (vgl. BGH, Urteil vom
8. Dezember 1993 - XII ZR 133/92, FamRZ 1994, 300, 302; Urteil vom 14. Ok-
tober 1981 - IVa ZR 152/80, NJW 1982, 1052, 1053 mwN). Allerdings genießt
das Protokoll die allgemeine Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 415
ZPO). Der Widerspruch zwischen dem im Protokoll niedergelegten Inhalt der
Beweisaufnahme und der Beweiswürdigung des Landgerichts musste danach
Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen, die das
Berufungsgericht hätte ausräumen müssen.
Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Eingangsgerichts wa-
ren außerdem aufgrund der von der Beklagten in der Berufungsbegründung
vorgebrachten Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen S. gegeben.
Die Beklagte hat mit der Berufung geltend gemacht, der Zeuge S. sei unglaub-
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würdig, da er seine Aussage auf die für eine Verurteilung wichtige Aussage be-
schränkt habe, dass eine jederzeitige Rückzahlung möglich sei. Das Landge-
richt bildete sich seine Überzeugung aufgrund der "glaubhaften Bekundungen
des Zeugen S.". Herkömmlich werden bei der Beurteilung von Zeugenaussagen
die Begriffe "Glaubhaftigkeit der Aussage" und "Glaubwürdigkeit des Zeugen"
unterschieden. Es besteht Einigkeit darüber, den Begriff "Glaubhaftigkeit" auf
die Sachdarstellung und den Begriff "Glaubwürdigkeit" auf die Persönlichkeit
des Zeugen zu beziehen (Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl.
Rn. 905; Reinecke, MDR 1986, 630, 632, 635; BGH, Urteil vom 13. März 1991
- IV ZR 74/90, NJW 1991, 3284). Auf Darlegungen zur Glaubwürdigkeit des
Zeugen S. hat das Landgericht verzichtet. Schon danach hätte das Berufungs-
gericht Veranlassung gehabt, den Zeugen S. erneut zu vernehmen (vgl. BGH,
Urteil vom 16. Dezember 1999 - III ZR 295/98, VersR 2000, 227, 228; Mu-
sielak/Ball, aaO, § 529 Rn. 16). Hat die erste Instanz von der Würdigung der
von ihr vernommenen Zeugenaussagen und der Erörterung der Glaubwürdig-
keit der Zeugen ganz abgesehen, muss eine Wiederholung der Beweisaufnah-
me erfolgen, wenn es für die Glaubwürdigkeit der Zeugen auf deren persönli-
chen Eindruck ankommt und diese sich nicht aus dem Vernehmungsprotokoll
ergibt und auch nicht sonst in die Verhandlung eingeführt worden ist (vgl. BGH,
Urteil vom 16. Dezember 1999 - III ZR 295/98 aaO).
c) Feststellungen zum Auftreten des D. gegenüber dem Kläger sind
- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht schon deshalb ent-
behrlich, weil die Beklagte erstinstanzlich unstreitig gestellt hätte, dass D. ihr
weisungsgebundener Mitarbeiter gewesen ist. Die Beklagte hat in der Erwide-
rung auf die Klage bestritten, dass der Vermittler ihr Mitarbeiter gewesen ist. Im
Schriftsatz vom 21. März 2011 hat die Beklagte betont, dass der Vermittler
selbständig tätig und kein Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei. Er habe
Handlungsvollmacht besessen, Aktien zu veräußern, Gelder entgegenzuneh-
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men und die Interessenten grob zu informieren. In der Berufungsbegründung
hat die Beklagte erneut geltend gemacht, dass der Verkäufer der Aktien nicht
für sie gehandelt habe. Stets hat die Beklagte bestritten, dass der Verkäufer
von ihr abhängig war.
Entscheidend für die Verrichtungsgehilfeneigenschaft ist aber, dass die
Tätigkeit in einer abhängigen Stellung vorgenommen wird und der Geschäfts-
herr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder
nach Zeit und Umfang bestimmen kann (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember
2013 - VI ZR 534/12, VersR 2014, 466 Rn. 12; vom 6. November 2012 - VI ZR
174/11, VersR 2013, 203 Rn. 15; vom 10. März 2009 - VI ZR 39/08, VersR
2009, 784 Rn. 11; BGH, Urteile vom 30. Juni 1966 - VII ZR 23/65, BGHZ 45,
311, 313 und vom 12. Juni 1997 - I ZR 36/95, VersR 1998, 862, 863). Die Qua-
lifikation als Verrichtungsgehilfe setzt Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit
voraus (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - VII ZR 348/86, BGHZ 103,
298, 303; MünchKommBGB-Wagner, 6. Aufl., § 831 Rn. 14). Der Geschäftsherr
haftet für einen Verrichtungsgehilfen deshalb, weil er aufgrund eines objektiven
Abhängigkeitsverhältnisses befugt ist, auf das Verhalten des Dritten tatsächlich
Einfluss zu nehmen und gegebenenfalls auch das Verhältnis zu diesem zu be-
enden. Bestehende Zweifel gehen zu Lasten des Anspruchstellers, dem grund-
sätzlich der Beweis dafür obliegt, dass ihm der geltend gemachte Schaden von
einem Verrichtungsgehilfen des Geschäftsherrn zugefügt worden ist (vgl. Se-
natsurteile vom 10. Dezember 2013 - VI ZR 534/12, aaO und vom 21. Juni
1994 - VI ZR 215/93, VersR 1994, 1202, 1203).
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts oblag der Beklagten
nicht eine sekundäre Darlegungslast für Umstände, aus denen sich ergibt, dass
D. nicht ihr Verrichtungsgehilfe war.
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Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt voraus, dass die
nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist,
während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zu-
mutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember
2013 - VI ZR 534/12, aaO Rn. 17 und vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85,
BGHZ 100, 190, 195 f.; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97,
BGHZ 140, 156, 158; Senatsbeschluss vom 25. März 2014 - VI ZR 271/13, juris
Rn. 7). Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag
substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Ge-
genvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvor-
trags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs-
und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1993 - VII ZR
22/92, DtZ 1993, 278, 280 und vom 30. September 1993 - VII ZR 178/91, NJW
1993, 3196; jeweils mwN; vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999,
1404, 1405). Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht
beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichti-
ge Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht
und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen
Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (st. Rspr., vgl. z.B.
BGH, Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, WM 1990, 1844, 1846; vom
17. Oktober 1996 - IX ZR 293/95, WM 1996, 2253, 2254).
Dies ist für die Beklagte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht anzunehmen. War derjenige, von dem der Kläger Aktien erworben hat,
nicht Mitarbeiter der Beklagten, ist eine dem Kläger verschlossene Kenntnis der
Beklagten von den näheren Umständen des Auftretens bei Vertragsschluss am
21. November 1999 nicht gegeben, zumal der Kläger die Aktien im Inland ge-
kauft und die Beklagte ihren Sitz in der Türkei hat.
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III.
Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Sache zur weiteren Ver-
handlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit
die gebotenen Feststellungen nachgeholt werden können. Die rechtliche Prü-
fung, ob und inwieweit eine Haftung der Beklagten überhaupt in Betracht
kommt, ist nur auf der Grundlage von Feststellungen der näheren Umstände
des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung des Inhalts ei-
nes gegebenenfalls bei dem Erwerb der Aktien mit dem Kläger geführten Ge-
spräches, möglich.
Galke
Diederichsen
Stöhr
v. Pentz
Offenloch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 04.01.2013 - 22 O 244/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.08.2013 - 18 U 5/13 -
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