Urteil des BGH vom 13.12.2012

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 49/12
vom
13. Dezember 2012
in der Grundbuchsache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
GBO § 2 Abs. 3; Nds. FGG Art. 20a
Die Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit kann in das Grundbuch eingetragen wer-
den, wenn der abzuschreibende Teil der Gerechtigkeit durch einen Markscheider in
einem Lageriss, der die bei der Bestellung der Gerechtigkeit maßgebliche Flurkarte
fortschreibt und zur Übernahme in Berechtsamsbuch und -karte gemäß § 75 BBergG
geeignet ist, dargestellt und mit einer besonderen Nummer bezeichnet wird.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - V ZB 49/12 - OLG Oldenburg
AG Wittmund
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten werden der Beschluss
des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom
31. Januar 2012 und die Zwischenverfügungen vom 1. Juni und
27. Oktober 2011
und
der
Nichtabhilfebeschluss
vom
10. November 2011 des Amtsgerichts Wittmund - Grundbuchamt -
aufgehoben.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - wird angewiesen, die Anträge
der Beteiligten auf Teilung der Salzabbaugerechtigkeiten und auf
Eintragung einer Eigentümergrundschuld an einer Teilsalzabbau-
gerechtigkeit nicht aus den in den Zwischenverfügungen und dem
Nichtabhilfebeschluss angegebenen Gründen zurückzuweisen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der Rechtsbeschwerde
beträgt 3.000 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligte ist Inhaberin der in der Eingangsformel bezeichneten alt-
rechtlichen Salzabbaugerechtigkeiten, die vor dem 1. Januar 1982 begründet
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und unter Angabe der Grundstücke, die sich damals oberhalb der Salzvorkom-
men befanden, in das Grundbuch eingetragen wurden. Diese Grundstücke
wurden im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens umgestaltet und durch
andere Grundstücke ersetzt. Die Beteiligte teilte die Gerechtigkeiten und be-
stellte an einer der Teilgerechtigkeiten eine Eigentümergrundschuld. Sie hat die
Eintragung der Teilungen und der Grundschuld in das Gerechtigkeitsgrundbuch
beantragt und dazu neben Urkunden mit den dinglichen Erklärungen Fort-
schreibungen der vor der Flurbereinigung bestehenden Flurkarten durch einen
Markscheider und die Zustimmung der zuständigen Bergbehörde vorgelegt.
Das Grundbuchamt hat in zwei Zwischenverfügungen die Ansicht vertreten, die
Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit könne in das Grundbuch nicht eingetra-
gen werden. Die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht ab-
geholfen hat, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte die Eintragungsanträge weiter.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit
alten Rechts sei zwar materiell-rechtlich möglich. Sie könne aber nur in das
Grundbuch eingetragen werden, wenn der abzuschreibende Teil der Gerechtig-
keit in dem amtlichen Verzeichnis der Grundstücke dargestellt und mit einer
besonderen Nummer versehen sei. Grundlage hierfür könnten nur die Kataster-
angaben sein, die bei der Bestellung der Gerechtigkeit maßgeblich gewesen
seien. Diese könnten nicht fortgeschrieben werden, weil sich die Gerechtigkeit
mit ihrer Eintragung in das Grundbuch rechtlich von dem Grundstück löse und
von Veränderungen des Grundstücks nicht mehr berührt werde. Dass die an
sich mögliche Teilung dann nicht in das Grundbuch eingetragen werden könne,
habe der Inhaber der Gerechtigkeit hinzunehmen.
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III.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die nach
§ 78 GBO und § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass die Salzab-
baugerechtigkeiten der Beteiligten nach wie vor bestehen. Sie könnten zwar
seit dem Inkrafttreten des Bundesberggesetzes am 1. Januar 1982 nicht mehr
bestellt werden. Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG bleiben aber Salzab-
baugerechtigkeiten, die nach dem Landesbergrecht zu diesem Zeitpunkt wirk-
sam bestellt worden waren, uneingeschränkt bestehen, wenn sie von der zu-
ständigen Bergbehörde bestätigt werden. Zu diesen Rechten gehören die
Salzabbaugerechtigkeiten der Beteiligten, weil sie vor dem 1. Januar 1982 nach
§ 2 des in Niedersachsen fortgeltenden ehemals preußischen Gesetzes über
die Bestellung von Salzabbaugerechtigkeiten in der Provinz Hannover vom
4. August 1904 (Nds. GVBl. Sammelband III S. 359 - fortan SalzabbauGerG) in
das Grundbuch eingetragen worden sind. Ob die erforderliche Bestätigung für
alle Gerechtigkeiten der Beteiligten erteilt worden ist, ist bislang nicht festge-
stellt, aber für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren zugunsten der Be-
teiligten zu unterstellen, zumal die Behörde zur Erteilung der Bestätigung nach
§ 149 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a und Abs. 2a BBergG wegen der
Eintragung der Gerechtigkeiten in das Grundbuch (vgl. dazu OLG Celle, NdsR-
pflege 1980, 197, 198) verpflichtet ist.
2. Richtig ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, dass
Salzabbaugerechtigkeiten materiell-rechtlich geteilt werden können und die Tei-
lung einer Gerechtigkeit erst mit der Eintragung in das Grundbuch wirksam ist.
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Nach § 2 SalzabbauGerG begründete Salzabbaugerechtigkeiten können wie
Grundstücke geteilt werden. Sie gelten nach § 156 Abs. 1 BBergG mit ihrem
bisherigen Inhalt fort. Nach dem danach maßgeblichen § 3 Abs. 1 Salzabbau-
GerG gelten für sie "die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit nichts anderes bestimmt ist". Dazu gehören
mangels abweichender Regelung in dem genannten Gesetz auch die Vorschrif-
ten der §§ 903 und 873 BGB. Die erstgenannte Vorschrift vermittelt dem
Grundstückseigentümer die Befugnis, sein Grundstück real zu teilen (RG, LZ
1927, 630; OLG Hamm, NJW 1974, 865, 866; NK-BGB/Krause, 3. Aufl., § 890
Rn. 32). Aus der zweiten folgt, dass die Teilung als Verfügung über das Grund-
stück erst mit der Eintragung in das Grundbuch wirksam wird. Beides gilt auch
für Salzabbaugerechtigkeiten nach früherem niedersächsischem Landesrecht.
3. Zuzustimmen ist dem Beschwerdegericht schließlich auch darin, dass
die Eintragung der Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit in das Grundbuch vo-
raussetzt, dass der abzuschreibende Teil in einem Verzeichnis dargestellt und
mit einer besonderen Nummer versehen sein muss. Die Notwendigkeit einer
solchen Darstellung ergibt sich aus der Regelung in § 2 Abs. 3 GBO, die nach
Art. 20a Abs. 1 Nds. FGG im Land Niedersachsen auf altrechtliche Salzabbau-
gerechtigkeiten anzuwenden ist. Dieses Erfordernis soll die Einhaltung von zwei
wesentlichen sachen- und grundbuchrechtlichen Prinzipien sicherstellen, die
auch für Salzabbaugerechtigkeiten gelten: den Bestimmtheitsgrundsatz und das
Verbot der Doppelbuchung. Die Teilung eines Grundstücks lässt sich im
Grundbuch erst vollziehen, wenn der abzuschreibende Teil aus dem Kataster
ersichtlich ist (Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - V ZR 174/06, NJW 2008,
1658, 1659 Rn. 15). Erst dann ist auszuschließen, dass eine Fläche in mehre-
ren Grundbuchblättern gebucht wird. Beiden Erfordernissen muss auch bei der
Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit Rechnung getragen werden.
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4. Das Beschwerdegericht hat aber übersehen, dass der abzuschreiben-
de Teil einer Salzabbaugerechtigkeit weder in dem aktuellen noch in dem bei
der Bestellung der Gerechtigkeit maßgeblichen Liegenschaftskataster, sondern
in dem für die Eintragung der Teilung in Berechtsamsbuch und -karte gemäß
§ 75 BBergG erforderlichen Lageriss, der die frühere Flurkarte fortschreibt,
nachgewiesen werden kann.
a) § 2 Abs. 3 GBO ist nach Art. 20a Abs. 1 Nds. FGG auf Salzabbauge-
rechtigkeiten "entsprechend" anwendbar. Mit dieser Formulierung trägt der Ge-
setzgeber dem Umstand Rechnung, dass sich die auf die Verhältnisse bei
Grundstücken zugeschnittenen Vorschriften der Grundbuchordnung nicht un-
eingeschränkt auf solche Gerechtigkeiten übertragen lassen. Bei der Anwen-
dung der Vorschriften der Grundbuchordnung ist deshalb den Besonderheiten
dieser Rechte Rechnung zu tragen (vgl. KG, KGJ 51, 228, 230 für Erbbau-
recht). Die Wirksamkeit von Verfügungen über Salzabbaugerechtigkeiten hängt
wegen der mit § 3 Abs. 1 SalzabbauGerG angeordneten Anwendung des
Grundstücksrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs und damit auch der Vor-
schrift des § 873 BGB von der Eintragung in das Grundbuch ab. Die Eintragung
soll durch die Anwendung der Vorschriften der Grundbuchordnung ermöglicht
werden. Dieses Ziel ist aber nur zu erreichen, wenn die formalen Anforderun-
gen an die Vornahme einer Eintragung auch erfüllbar sind. Das entspricht auch
der dienenden Funktion des Grundbuchrechts, das rechtlich mögliche Verfü-
gungen über Grundstücks ermöglichen und nicht verhindern soll (vgl. Senat,
Urteil vom 25. Januar 2008 - V ZR 63/07, NJW 2008, 1378, 1379 und Be-
schluss vom 4. Dezember 2008 - V ZB 74/08, BGHZ 179, 102, 109 f. Rn. 13;
Leipold, FS Canaris [2007] S. 221, 230 f.; Krüger, AcP 208 [2008] S. 699,
711 f.).
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b) Im Rahmen einer so verstandenen entsprechenden Anwendung ist
unter dem amtlichen Verzeichnis in § 2 Abs. 3 GBO weder das aktuelle noch
das bei der Bestellung der Salzabbaugerechtigkeit maßgebliche amtliche Ver-
zeichnis der Grundstücke zu verstehen. Solche Gerechtigkeiten können weder
in das eine noch in das andere Verzeichnis eingetragen werden, weil sie keine
Grundstücke sind. Sie konnten zwar nur von dem Eigentümer eines Grund-
stücks bestellt werden. Die Bestellung führte aber nach § 1 SalzabbauGerG
dazu, dass das Salzgewinnungsrecht von dem Grundstückseigentum abge-
trennt und zu einer eigenständigen Gerechtigkeit verselbständigt wurde (Haas,
NdsRpflege 1982, 105, 106). Diese Gerechtigkeit ist selbst weder ein Grund-
stück noch ein beschränktes dingliches Recht an einem Grundstück. Sie ist ein
grundstücksgleiches Recht, das mit seiner Eintragung in das Grundbuch von
dem weiteren rechtlichen Schicksal des Grundstücks, ja selbst von seinem Be-
stand unabhängig ist.
c) Unter dem in § 2 Abs. 3 GBO angesprochenen amtlichen Verzeichnis
ist bei einer Salzabbaugerechtigkeit deshalb der für die Eintragung der Teilung
in Berechtsamsbuch und -karte gemäß § 75 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 BBergG
erforderliche Lageriss zu verstehen.
aa) Als funktionelles Äquivalent zum amtlichen Verzeichnis der Grund-
stücke scheiden bei einer altrechtlichen Salzabbaugerechtigkeit das Berecht-
samsbuch und die Berechtsamskarte aus. In diese sind zwar nach § 75 Abs. 2
und 3 BBergG auch solche altrechtlichen Gerechtigkeiten und ihre Teilung ein-
zutragen. Die Teilung einer Gerechtigkeit kann dort aber erst eingetragen wer-
den, wenn sie rechtlich wirksam geworden ist. Die Vorschrift des § 2 Abs. 3
GBO setzt jedoch ein Verzeichnis voraus, in welchem ein grundstücksgleiches
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Recht wie ein im Liegenschaftskataster verzeichnetes Grundstück kataster-
technisch zerlegt werden kann, bevor die Teilung rechtlich wirksam wird.
bb) Diese Funktion erfüllt bei dem Bergwerkseigentum, für das Art. 20a
Abs. 1 Nds. FGG die gleiche Verweisung auf die Grundbuchordnung und damit
auch auf § 2 Abs. 3 GBO vorsieht, der Lageriss eines Markscheiders, in wel-
chem die Teilung eines Bergwerkseigentums nach §§ 28, 25, 64 BBergG nach-
zuweisen ist. Die Teilung einer Salzabbaugerechtigkeit muss in einem ähnli-
chen Risswerk nachgewiesen werden, weil sie in die Berechtsamskarte zu
übernehmen ist. Grundlage dieses Risswerks ist nach § 2 Abs. 2 Nds. GBFV
das Grundstück, für das die Salzabbaugerechtigkeit bestellt wurde, mit den An-
gaben aus dem Liegenschaftskataster, die bei Bestellung der Gerechtigkeit im
(Grundstücks-) Grundbuch eingetragen waren. Ein das seinerzeit maßgebliche
Liegenschaftskataster fortschreibendes Risswerk eines Markscheiders ent-
spricht deshalb funktionell dem amtlichen Verzeichnis der Grundstücke. In die-
sem Sinne ist § 2 Abs. 3 GBO bei entsprechender Anwendung auf Salzabbau-
gerechtigkeiten zu verstehen.
cc) Diesen Anforderungen genügt das von der Beteiligten vorgelegte
Risswerk. Es stammt von einem zugelassenen Markscheider und schreibt das
seinerzeit maßgebliche Liegenschaftskataster in einer nach Mitteilung der zu-
ständigen Bergbehörde zur Übernahme in die Berechtsamskarte geeigneten
Weise fort. Aus ihr gehen die abzuschreibenden Teile der Gerechtigkeit auch
hinreichend eindeutig hervor.
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IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Ge-
schäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
AG Wittmund, Entscheidung vom 27.10.2011 - NZS Etzel Blatt 1325-7 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 31.01.2012 - 12 W 307/11 -
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