Urteil des BGH vom 16.05.2013

BGH: fra, ermessen, beschränkung, überprüfung, beurteilungsspielraum, bauunternehmer, nachbesserung, versicherung, ingenieur

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VII ZR 299/12
vom
16. Mai 2013
in dem Rechtsstreit
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Mai 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Eick, Halfmeier,
Kosziol und Prof. Dr. Jurgeleit
beschlossen:
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision der Klägerin gegen
den Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Bamberg vom 1. Oktober 2012 geltend zu machenden Beschwer
wird auf 20.000
€ festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege des Gesamtschuldneraus-
gleichs auf Freistellung von sämtlichen Kosten und Aufwendungen einschließ-
lich Folgeschäden in Anspruch, die im Zuge der Beseitigung eines im Einzelnen
näher beschriebenen Mangels an einer Kläranlage entstehen. Die Klägerin war
bei der Erweiterung der Kläranlage als Ingenieur tätig, die Beklagte als Bauun-
ternehmer.
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift den Gegenstandswert mit 20.000
angegeben. Hier hatte sie noch angekündigt, beantragen zu wollen, die Beklag-
te zur Nachbesserung des Mangels zu verurteilen. Das Landgericht hat die
nunmehr auf Freistellung gerichtete Klage abgewiesen und den Streitwert auf
20.000
€ festgesetzt. Mit der Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlich zu-
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letzt gestellten Antrag weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Klägerin
durch Beschluss vom 4. September 2012 darauf hingewiesen, dass es beab-
sichtige, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig zu-
rückzuweisen und den Streitwert des Berufungsverfahrens nach dem Interesse
der Klägerin auf 20.000
€ festzusetzen. Es hat der Klägerin Gelegenheit zur
Stellungnahme bis zum 28. September 2012 gegeben. Die Klägerin hat zur be-
absichtigten Festsetzung des Streitwerts keine Stellungnahme abgegeben. Das
Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 die Berufung der Klä-
gerin einstimmig zurückgewiesen und den Streitwert des Berufungsverfahrens
auf 20.000
€ festgesetzt.
II.
1. Die Klägerin beantragt, den Wert der mit der Revision geltend zu ma-
chenden Beschwer auf über 20.000
€ festzusetzen, und kündigt an, anschlie-
ßend zu beantragen, die Revision gegen den Beschluss des Berufungsgerichts
zuzulassen. Sie legt im Einzelnen dar, welche Maßnahmen zur Mängelbeseiti-
gung durchzuführen seien und welcher Kostenaufwand jeweils für die notwen-
digen Arbeiten anfalle. Insgesamt betrage er wenigstens 49.000
€ netto =
58.310
€ brutto. Hierzu legt sie eine eidesstattliche Versicherung des bei ihr
tätigen Ingenieurs G. vor.
2. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine Festsetzung des Wertes
der Beschwer auf über 20.000
€.
In Fällen, in denen das Berufungsgericht bei der Festsetzung des Streit-
werts einen weiten Beurteilungsspielraum hat, beschränkt sich die Überprüfung
des Wertes einer aus dieser Festsetzung abzuleitenden Beschwer auf die Fra-
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ge, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei
Gebrauch gemacht hat. Diese Beschränkung begrenzt auch die Möglichkeit des
Revisionsgerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals nach Abschluss
der Berufungsinstanz geltend gemacht werden (BGH, Beschluss vom
27. August 2008 - VI ZR 78/07, VersR 2009, 279).
In den Tatsacheninstanzen sind die Parteien davon ausgegangen, dass
das Interesse der Klägerin an dem geltend gemachten Freistellungsanspruch
20.000
€ betrage. Die nunmehr von der Klägerin erstmals behaupteten Kosten
für die Mängelbeseitigung sowie die Darlegung einzelner hierfür notwendiger
Maßnahmen haben in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden
und konnten deshalb vom Berufungsgericht bei der Beurteilung des Interesses
der Klägerin an dem Klageantrag nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr konn-
te sich das Berufungsgericht nur auf die von der Klägerin selbst gegebene pau-
schale Schätzung ihres Interesses auf einen Wert von 20.000
€ stützen. Das
hat zur Folge, dass die nunmehrige anderweitige Darlegung des Interesses der
Klägerin bei der Bewertung der Beschwer der Klägerin nicht berücksichtigt wer-
den kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, aaO Rn. 3
a.E.; Beschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5;
Beschluss vom 8. März 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 3).
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3. Der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde zu verwerfen.
Kniffka
Eick
Halfmeier
Kosziol
Jurgeleit
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 14.03.2012 - 1 O 298/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 01.10.2012 - 3 U 75/12 -
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