Urteil des BGH vom 07.04.2003
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 193/02
Verkündet am:
7. April 2003
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:                     ja
GmbHG §§ 43, 46 Nr. 6
a) Die  von  dem  Gesellschaftergeschäftsführer  einer  GmbH  im  Einverständnis
mit  seinem  einzigen  Mitgesellschafter  unterlassene  Beaufsichtigung  dieses
Gesellschafters,  der  von  Kunden  der  GmbH  empfangene  Schecks  verun-
treut,  stellt  keine  Pflichtverletzung  gegenüber  der  Gesellschaft  gemäß  § 43
Abs. 2 GmbHG dar.
b) Zur  Tragweite  eines  Entlastungs-  oder  Generalbereinigungsbeschlusses  im
Hinblick  auf  ein  Aufsichtsversäumnis  des  Geschäftsführers  gegenüber  dem
Mehrheitsgesellschafter.
BGH, Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 193/02 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
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Der  II. Zivilsenat  des  Bundesgerichtshofes  hat  auf  die  mündliche  Ver-
handlung  vom  7. April  2003  durch  den  Vorsitzenden  Richter  Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Dr. Hesselberger, Kraemer, Münke und Dr. Graf
für Recht erkannt:
Die Revision des  Klägers  gegen  das  Urteil  des  7. Zivilsenats des
Saarländischen Oberlandesgerichts in  Saarbrücken  vom  30. April
2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der  Kläger  war  Mandant  der  E.      Steuerberatungs-GmbH.  Ihr  Alleinge-
schäftsführer  war  der  Beklagte,  der  5 %  ihres  Stammkapitals  hielt.  Die  restli-
chen  95 %  hielt  der  Gesellschafter  W. B.        ,  der  - anders  als  der  Beklagte -
kein  zugelassener  Steuerberater  war,  aber  den  Kläger  als  Mandanten  der
GmbH  betreute.  Unter  dem  17. Januar  1996  beschlossen  die  Gesellschafter
"einstimmig"  die  Beendigung  des  Geschäftsführeramtes  des  Beklagten  zum
31. Januar  1996;  zugleich  wurde ihm  Entlastung  erteilt  mit  dem  Zusatz:  "Er  ü-
bernimmt  keine  Haftung  für  irgendwelche  Angelegenheiten,  die  die  GmbH
betreffen bzw. betrafen. Dafür steht der Gesellschafter W. B.         in Pflicht, was
dieser  mit  seiner  Unterschrift  bestätigt".  Unter  dem  17. Dezember  1997  aner-
kannte  der  Zeuge  B.          zu  notarieller,  vollstreckbarer  Urkunde,  dem  Kläger
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aus ihm von diesem in der Zeit von März 1994 bis September 1997 übergebe-
nen  Schecks  den  Gesamtbetrag  von  104.184,50 DM  (nebst  Zinsen)  zu  schul-
den.  Mit  Anwaltsschreiben  vom  2. März  1998  nahm  der  Kläger  den  Beklagten
auf Schadensersatz wegen vier dieser Schecks aus der Zeit von März bis Sep-
tember 1995 mit der Begründung in Anspruch, daß der Beklagte infolge Verlet-
zung seiner Aufsichtspflicht als Geschäftsführer und verantwortlicher Steuerbe-
rater  die  Veruntreuung  der  zur  Weiterleitung  an  das  Finanzamt  bestimmten
Schecks  durch  den  Gesellschafter  B.         ermöglicht  habe.  Im  Juli  2000  er-
wirkte  der  Kläger  gegen  die  inzwischen  in  Liquidation  befindliche  E.     -GmbH
einen  Zahlungstitel  wegen  neun  angeblich  veruntreuter  Schecks  aus  der  Zeit
vom  7. März  1994  bis  13. März  1996  in  Höhe  von  insgesamt  75.336,50 DM
(nebst  Zinsen)  und  ließ  daraufhin  angebliche  Schadensersatzansprüche  der
E.   -GmbH i.L. gegen den Beklagten aus § 43 Abs. 2 GmbHG in entsprechen-
der  Höhe  pfänden  und  sich  zur  Einziehung  überweisen.  Diese  Ansprüche
macht  der  Kläger  - neben  solchen  aus  eigenem  Recht -  im  vorliegenden
Rechtsstreit gegen den Beklagten geltend. Die Klage blieb in beiden Vorinstan-
zen erfolglos. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I. Zutreffend ist  das  Berufungsgericht  der  Ansicht, daß  Ersatzansprüche
des Klägers aus  übergegangenem  Recht  der  E.      -GmbH i.L.  gegen  den  Be-
klagten als ihren ehemaligen Geschäftsführer wegen unterlassener Beaufsichti-
gung des Mitarbeiters und Mehrheitsgesellschafters B.        nicht bestehen.
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1. Die  Klage  scheitert  insoweit  bereits  daran,  daß  in  der  von  dem  Be-
klagten in offensichtlichem Einverständnis mit seinem Mitgesellschafter B.
unterlassenen Beaufsichtigung dieses Mitgesellschafters keine Pflichtverletzung
des  Beklagten  gegenüber  der  E.     -GmbH  im  Sinne  von  § 43  Abs. 2  GmbHG
gesehen  werden  kann.  Nach  der  Rechtsprechung  des  Senates  wird  der  Wille
einer GmbH im Verhältnis zu ihrem Geschäftsführer grundsätzlich durch denje-
nigen  ihrer  Gesellschafter  repräsentiert  (vgl.  Sen.Urt.  v.  31. Januar  2000
- II ZR 189/99,  ZIP  2000,  493  m.w.N.);  ein  Handeln  oder  Unterlassen  des  Ge-
schäftsführers im - auch stillschweigenden - Einverständnis mit sämtlichen  Ge-
sellschaftern  (vgl.  dazu  Sen.Urt.  v.  15. November  1999  - II ZR 122/98,  ZIP
2000,  135 f.  zu 1)  stellt  daher  grundsätzlich  keine  (haftungsbegründende)
Pflichtverletzung im Sinne von § 43 Abs. 2 GmbHG dar.
Die  Klage  aus  übergegangenem  Recht  der  E.       -GmbH  könnte  selbst
dann  keinen  Erfolg  haben,  wenn  in  den  (angeblichen)  Scheckveruntreuungen
B.         mit  Rücksicht  auf  die  Haftung  der  E.      -GmbH  für  dieses  Verhalten
(§ 278 BGB) eine Auszahlung von Gesellschaftsvermögen an ihn zu sehen und
dem  Beklagten  über  die  unterlassene  Beaufsichtigung  B.              hinaus  eine
Mitwirkung an dieser Auszahlung zur Last zu legen wäre. Denn auch eine Aus-
zahlung von Gesellschaftsvermögen stellt bei Einverständnis sämtlicher Gesell-
schafter keine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft dar, soweit die Dis-
positionsbefugnis  der  Gesellschafter  gegenüber  der  GmbH  reicht  (vgl.  auch
BGHZ 142, 92; Sen.Urt. v. 16. September 2002 - II ZR 107/01, ZIP 2002, 2128),
also die Grenzen der §§ 30 f., 33, 43 Abs. 3, 64 Abs. 2 GmbHG oder des unab-
dingbaren Schutzes der GmbH vor existenzvernichtenden Eingriffen  (vgl.  dazu
BGHZ 149, 10, 16; Sen.Urt. v. 25. Februar 2002 - II ZR 196/00, ZIP 2002, 848)
nicht  berührt  werden.  Im  vorliegenden  Fall  ist  nicht  ersichtlich,  daß  durch  die
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zweckwidrige  Verwendung  der  Schecks  das  Stammkapital  der  E.     -GmbH
i.S.v. § 30 GmbHG verletzt oder ihre wirtschaftliche Existenz bedroht wurde.
Offen ist zudem, inwieweit der Gesellschafter B.         die Scheckbeträge
zu  eigenen  oder  für  Zwecke  der  Gesellschaft  verwendet  hat.  Im  letzteren  Fall
wäre die E.    -GmbH dadurch nicht geschädigt (vgl. Sen.Urt.  v. 21. März  1994
- II ZR 260/92, ZIP 1994, 872).
2. Selbst  wenn  ursprünglich  Schadensersatzansprüche  der  E.    -GmbH
bestanden hätten, wären diese jedenfalls dadurch erloschen, daß dem Beklag-
ten durch den Gesellschafterbeschluß vom 17. Januar 1996 Entlastung für sei-
ne bisherige Geschäftsführertätigkeit erteilt und darüber hinaus - im Sinne einer
sog. "Generalbereinigung" aus Anlaß des Ausscheidens des Beklagten als Ge-
schäftsführer  (vgl.  dazu  Senat,  BGHZ  97,  382,  389;  Urt.  v.  8. Dezember  1997
- II ZR 236/96,  ZIP  1998,  332 f.) -  auf  jegliche  Haftung  des  Beklagten  gegen-
über der E.    -GmbH "für irgendwelche  Angelegenheiten,  die  die  GmbH  betra-
fen", verzichtet wurde. Daß der Gesellschafter B.         statt dessen die Haftung
übernahm, ändert an dem Anspruchsverzicht gegenüber dem Beklagten nichts.
a) Wie  sich  aus  § 46  Nr. 6,  8  GmbHG  ergibt,  ist  es,  solange  nicht  der
Anwendungsbereich  des  § 43  Abs. 3  GmbHG  betroffen  ist,  Sache  der  Gesell-
schafter,  darüber  zu  befinden,  ob  ein  Geschäftsführer  wegen  etwaiger  Pflicht-
widrigkeiten zur Rechenschaft gezogen oder ob auf Ansprüche gegen ihn durch
Entlastungs-  oder  Generalbereinigungsbeschluß  verzichtet  werden  soll  (vgl.
Sen.Urt.  v.  16. September  2002  - II ZR 107/01,  ZIP  2002,  2128 f.).  Daß  durch
den  Anspruchsverzicht  das  Vermögen  der  Gesellschaft  und  damit  ihr  Haf-
tungsfonds im Verhältnis zu ihren Gläubigern geschmälert wird, nimmt das Ge-
setz  hin,  soweit  nicht  der  Verzicht  auf  eine  gemäß  § 30  GmbHG  verbotene
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Auszahlung  an  einen  Gesellschaftergeschäftsführer  hinausläuft  (vgl.  dazu
BGHZ  122,  333,  338;  krit.  Roth/Altmeppen,  GmbHG  4. Aufl.  § 43  Rdn. 101 f.)
oder  gemäß  § 43  Abs. 3  GmbHG  unverzichtbare  Ersatzansprüche  zum  Ge-
genstand hat.  Sind  diese  Grenzen  zur  Zeit  des  Haftungsverzichts  gewahrt,  so
bleibt  es  bei dessen Wirksamkeit  auch  dann,  wenn  der  Schadensersatzbetrag
später zur Gläubigerbefriedigung benötigt würde (vgl. Sen.Urt. v. 16. September
2002 aaO, S. 2130).
b) Entgegen der Ansicht der Revision scheitert die Wirksamkeit des Ent-
lastungsbeschlusses nicht daran, daß der Gesellschafter B.            nicht Allein-
gesellschafter der E.    -GmbH  war und  der  an  dem  Beschluß  mitwirkende  Be-
klagte  nach  seinem  Vortrag  von  den  Verfehlungen  seines  Mitgesellschafters
keine Kenntnis hatte. Denn es ging hier nicht um die Entlastung des Mitgesell-
schafters  B.      ,  sondern  um  diejenige  des  Beklagten.  Da  dieser  gemäß  § 47
Abs. 4 Satz 1 GmbHG an sich kein Stimmrecht hatte, verkörperte der Mitgesell-
schafter B.        den Willen der Gesellschafterversammlung.
c) Umgekehrt  unterlag  der  Gesellschafter  B.          nicht  deshalb  einem
Stimmverbot  in  erweiterter  Auslegung  des  § 47  Abs. 4  GmbHG,  weil  er  selbst
die Verfehlungen begangen hatte, die der Beklagte nach dem Vortrag des Klä-
gers  pflichtwidrig  nicht  bemerkt  haben  soll.  Der  dem  § 47  Abs. 4  GmbHG
zugrundeliegende Gedanke, daß ein Gesellschafter nicht Richter in eigener Sa-
che sein darf, erfaßt lediglich diejenigen Gesellschafter, welche eine Pflichtver-
letzung  gemeinsam  mit  einem  anderen  begangen  haben  (vgl.  BGHZ  97,  28,
34),  weil  und  soweit  das  gemeinschaftliche  Fehlverhalten  in  solchem  Fall  nur
einheitlich beurteilt werden kann (BGHZ 108, 21, 25). Das gilt aber nicht, wenn
- wie  hier -  einer  vorsätzlichen  Verfehlung  eines  Gesellschafters  allenfalls  ein
Aufsichtsversäumnis  des  Geschäftsführers,  mithin  eine  ganz  andersartige
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Pflichtverletzung  gegenübersteht.  In  dieser  Hinsicht  war  der  Gesellschafter
B.            bei  dem  Entlastungsbeschluß  nicht  Richter  in  eigener  Sache.  Davon
abgesehen  könnte  eine  gegen  § 47  Abs. 4  GmbHG  verstoßende  Stimm-
rechtsausübung  bei  festgestelltem  oder  - wie  hier -  eindeutigem  Beschlußer-
gebnis ohnehin nur durch einen Gesellschafter im Wege fristgerechter Anfech-
tungsklage  entsprechend  § 246  Abs. 1  AktG  geltend  gemacht  werden,  nicht
aber zur Nichtigkeit des Beschlusses entsprechend § 241 AktG führen (vgl. z.B.
BGHZ 97, 28, 37).
d) Entgegen  der  Ansicht  der  Revision  ist  der  Entlastungsbeschluß  auch
nicht  wegen  seines  Inhalts  entsprechend  §§ 241  Nr. 4  AktG,  138  Abs. 1  BGB
nichtig.  Ein  Entlastungsbeschluß  ist  selbst  dann  nicht  nichtig,  sondern  nur  an-
fechtbar,  wenn  sein  Gegenstand  ein  eindeutiges  und  schwerwiegendes  Fehl-
verhalten des  Geschäftsleiters  gegenüber  der Gesellschaft  ist  (vgl.  Sen.Urt.  v.
25. November 2002 - II ZR 133/01, ZIP 2003, 387). Allerdings hat der Senat im
Urteil  vom  8. Dezember  1954  (BGHZ  15,  382 ff.)  entschieden,  daß  ein  Ent-
lastungsbeschluß nichtig ist, wenn er "seinem inneren Gehalt nach in einer sit-
tenwidrigen  Schädigung  nicht  anfechtungsberechtigter  Personen  besteht".  Ein
solcher  dem  Beschluß  immanenter  und  durch  dessen  Fassung  verborgener
Schädigungszweck  (Senat  aaO,  S. 386)  lag  jedoch  nach  den  Feststellungen
des  Berufungsgerichts  schon  deshalb  nicht  vor,  weil  die  Schadensersatzan-
sprüche des Klägers gegenüber der E.     -GmbH (i.V.m. § 278 BGB) wegen der
angeblichen Scheckveruntreuungen zum Zeitpunkt des Entlastungsbeschlusses
"zweifelsohne durchsetzbar gewesen wären". Hinzu kommt noch, daß nicht nur
die  Entlastung  des  Beklagten  beschlossen  wurde,  sondern  der  Gesellschafter
B.         an dessen Stelle in die Haftung gegenüber der Gesellschaft eintrat und
nicht vorgetragen ist, daß er schon damals absehbar zur Erfüllung seiner Scha-
densersatzpflicht nicht in der Lage sein würde.
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Ebensowenig  ist  der  Entlastungsbeschluß  entsprechend  § 241  Nr. 3
AktG  nichtig.  Er  ist,  wie  das  Berufungsgericht  zutreffend  feststellt,  weder  mit
dem Wesen einer GmbH unvereinbar noch verletzt er durch seinen Inhalt spe-
zielle  Vorschriften,  die  - wie  insbesondere  die  Regeln  der  Kapitalaufbringung
und  Kapitalerhaltung -  ausschließlich  oder  überwiegend  zum  Schutz  der  Ge-
sellschaftsgläubiger oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind.
II. Ansprüche des Klägers aus eigenem Recht gegenüber dem Beklagten
hat das Berufungsgericht ebenfalls im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
1. Auf  den  Gesichtspunkt  einer  Vertreterhaftung  des  Beklagten  wegen
Inanspruchnahme eines persönlichen Vertrauens (vgl. dazu Senat, BGHZ 126,
181, 189) ist die Klage nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon in
zweiter  Instanz  nicht  mehr  gestützt  worden,  nachdem  das  Landgericht  eine
derartige  Haftung  unter  Hinweis  auf  das  unstreitig  über  den  Gesellschafter
B.          zustande  gekommene  Mandatsverhältnis  verneint  hatte.  Die  Revision
erhebt insoweit keine Einwände.
2. Auch  unter  deliktsrechtlichen  Gesichtspunkten  ist  die  Klage  zu  Recht
abgewiesen worden.
a) Eine  vorsätzliche  Schädigung  des  Klägers  durch  den  Beklagten  im
Sinne  von  §§ 826,  823  Abs. 2  BGB  i.V.m.  § 266  StGB  ist  nach  den  - insoweit
von  der  Revision  unbeanstandeten -  Feststellungen  des  Berufungsgerichts
nicht  nachgewiesen.  Entgegen  der  Ansicht  der  Revision  läßt  sich  eine  delikti-
sche Außenhaftung des Beklagten gegenüber dem Kläger gemäß § 823 Abs. 2
BGB wegen angeblicher Verletzung seiner Aufsichts- und Kontrollpflichten auch
nicht aus den Vorschriften über die eigenverantwortliche Ausübung des Steuer-
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beraterberufes  gemäß  §§ 57  Abs. 1,  60  Abs. 1  Nr. 1, 72  Abs. 1  StBerG  herlei-
ten.  Diese  Vorschriften  sind  keine  Schutzgesetze  im  Sinne  von  § 823  Abs. 2
BGB (vgl. Staudinger/Hager, BGB 13. Bearb. § 823 Rdn. G 55; Gehre,  StBerG
4. Aufl. § 57 Rdn. 4).
b) Etwaige  deliktische  Schadensersatzansprüche  aus  eigenem  Recht
des Klägers gegenüber dem Beklagten wären ohnehin gemäß § 852 Abs. 1 a.F.
BGB  verjährt,  weil  der  Kläger  früher  als  drei  Jahre  vor  der  klageweisen  Gel-
tendmachung  dieser  Ansprüche  Kenntnis  von  dem  Schaden  und  der  Person
des Ersatzpflichtigen erlangt hat. Eine entsprechende Kenntnis hatte der Kläger
entsprechend  den  Feststellungen  des  Berufungsgerichts  spätestens  zum  Zeit-
punkt  seines  vorprozessualen  Schreibens  vom  2. März  1998,  in  dem  er  den
Beklagten  zur  Schadensersatzleistung  aufforderte.  Entgegen  der  Ansicht  des
Berufungsgerichts beschränkte sich die Schadenskenntnis des  Klägers  zu  die-
sem Zeitpunkt nicht auf die in dem Schreiben erwähnten vier Schecks. Vielmehr
hatte der Kläger schon vorher Kenntnis von weiteren Scheckunterschlagungen
erlangt, wie sich aus dem von dem Gesellschafter B.        gegenüber dem Klä-
ger abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnis vom 17. Dezember 1997 und
den darin aufgeführten 11 Schecks ergibt. Soweit dort zum Teil andere Schecks
als in der Klageschrift genannt sind, kommt es darauf nicht an, weil der Kläger
sich durch einfache Nachfrage bei  dem  Finanzamt  nach  den  dort  eingegange-
nen  Steuervorauszahlungen  Klarheit  über  den  Gesamtkomplex  der  Veruntreu-
ungen  hätte  verschaffen  können  (vgl.  BGHZ  133,  192,  198 f.).  Entgegen  der
Ansicht  der  Revision  wurde  die  dreijährige  Verjährungsfrist  durch  die  am
2. November  2000  bei  Gericht  eingereichte  Klage  nicht  unterbrochen  (§ 209
BGB  a.F.).  Wie  das  Berufungsgericht  zutreffend  ausführt,  hat  der  Kläger  im
Rechtsstreit  ursprünglich  nur  Ansprüche  aus  übergegangenem  Recht  der
ESA-GmbH gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber den Beklagten geltend ge-
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macht  und  dazu  auf  den  gegen  sie  erwirkten  Pfändungs-  und  Überweisungs-
beschluß verwiesen. Deliktische Ansprüche aus eigenem Recht hat er erstmals
mit Schriftsatz vom 9. Juli 2001 in den Rechtsstreit eingeführt. Da für den Um-
fang  der  Verjährungsunterbrechung  nach  § 209  Abs. 1  BGB  a.F.  der  jeweils
geltend  gemachte  prozessuale  Streitgegenstand  maßgebend  ist  (BGHZ  132,
240,  243  m.N.),  Ansprüche  aus  eigenem  und  abgetretenem  Recht  aber  unter-
schiedliche  Streitgegenstände  sind  (vgl.  Thomas/Putzo,  ZPO  24. Aufl.  Einl. II
Rdn. 32; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. § 260 Rdn. 1), wurde die Verjährungsfrist
für  die (deliktischen)  Ansprüche  des  Klägers  aus eigenem  Recht  durch  die  al-
lein  auf  die  gepfändeten  angeblichen  Ansprüche  der  E.     -GmbH  gestützte
Klage  nicht  unterbrochen  und  war  im  Zeitpunkt  erstmaliger  Erhebung  der  An-
sprüche des Klägers aus eigenem Recht bereits abgelaufen.
Röhricht
Dr. Hesselberger ist wegen
Kraemer
Erkrankung an der Unter-
schriftsleistung verhindert
Röhricht
Münke
Graf